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^Freiberger Anzeiger deu bi« Nachmittag« 2 Ubr für die nächst- «scheinende Nummn angenommen. Tageblatt. Prei« vierteljährlich Ik NgL Jus«at« wttden di« gespaltene Zeil« oder deren Raum mit S Pf. berechnet, i. ;« n. nissu»? nn Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der König!. GerichtsLmter und der Stadträthe zu Freiberg, Sayda und Brand. «/HS* 14Z Sonnabend, den 22. Juni. 2861. — — — Tagesoeschichte. Freiberg. Gegenwärtig in der Natur sich zu ergehen, ist eine wahre Wonne für Jeden, selbst für einen, der bei der Vertheilung der Erde auch nicht cineinZoll breit Landes bekommen hat. Wie -während der Regenzeit in den Tropenländern, so zogen jetzt auch bei uns täglich Gewitter auf, förderten den Pflanzenwuchs auf wahrhaft wunderbare Weise, und richteten sie auch hier und da Schaden an, so gilt der Satz: „ Gewitterreiche Jahre, fruchtbare Jahre" Heuer um so mehr, als nicht, wie im vorigen Jahre, nach jedem Gewitter endloser, kalter Regen sich, einstellt, sondern neue sonnige und warme Witterung ihre befruchtende und treibende Kraft äußert. Einer Hen- und Klee-Ernte sehen wir entgegen, wie solche selten vagcwesen fein dürfte, und wird und muß der Nahrnngsiioff in solcher Witterung gewachsenen Futters natürlich ein weit größerer sein, als des in der kalten Nässe des vorigen Jahres, so daß hoffentlich auch die Sehnsucht unserer Hausfrauen nach billigeren Butlcrpreisen noch einige Befriedigung finden wird. Die Gewitter haben im obern Erzgebirge bedeutenden Schaden angcrichtet, indem durch einen wolkcnbrucharligen Regen in dem Pleißen- und Bloßcn- thal, namentlich in crsterm, Häuser und Brücken weggeriffen und beschädigt wurden, auch ein Mann von 42 Jahren beim Einsturz der Brücke in Lichtentanne seinen Tod in den Fluthen der dadurch zu Strömen angewachsenen Bäche fand. In Lindenau (bei Schnee berg), wo allein 3 Häuser stark beschädigt wurden, schlug der Blitz dreimal in das dortige massive Schulhaus, ohne zu zünden. Eine darin wohnende unverehelichte Fran wollte mit ihrem 14 Monate alten Kinde flüchten, ward jedoch von dem reißenden Wasser erfaßt und mit fortgerissen. Es gelang zwar, sie zu retten, allein das Kind ist ertrunken. In Ncustädtel wurde die dortige Mühle stark beschädigt. In Schneeberg hat ein Gewitter direct über der Stadt gestanden, was dort selten und seit dem 6. Juni 1853 nicht der Fall gewesen ist. Dasselbe hat 4 Mal eingeschlagen, aber zum Glück nicht gezündet. — Ferner wird aus Wien berichtet: „Am 12. Juni Abends wurden mehrere Gemeinden des Bezirkes Matzen, Brodes, Ragendorf und AuerSthal, von einem fürchterlichen Gewitter, das am nordöstlichen Horizont aufstieg, heimgesucht. Riesige Tropfen verkündeten das Herannahen der Wolke; die Erde erbebte fast unter dem Krachen des Donners und der elektrische Funke fuhr von Minute zu Minute in die Felder oder in die Eichen des nahen Waldes. Der Donner war von einem Platzregen begleitet, der, mit hühnereiergroßen Hagelkörnern vermischt, nahe an zwei Stunden andauerte, die Wege zu Gießbächen und die Straße zum wilden Strom gestaltete, Bäume entwurzelte, Häuser fortriß, Thiere ver schlang und Menschen gefährdete, nachdem er bas Eigenthum der selben vernichtet hatte. Am andern Morgen blickte die Sonne wieder freundlich herab; sie schien nur aufgegangen zu sein, um das Bild des Jammers und der Verheerung genauer zu beleuchten. Felder waren überschwemmt oder zerrissen von den Regenfluthen; der Humus lag auf der Straße oder in den Gräben: Weinreben und Kartoffelkraut waren zum Theil abgeschlagen, die Gartenge wächse verstümmelt oder verwüstet. Mehrere Häuser drohen den Einsturz". — In gleicher Weise wurde um 9. Juni die kurhesfische Feldmark Frankenberg, die nahezu 11000 Aecker umfaßt, heimge sucht. In einem ergangenen Hilferuf von dort heißt es: „Die Wuth der Elemente hat sich in unerhörter Weise über uns ergossen. Während einer halben Stunde stürzten die Hagelkörner in der Stärke von Flintenkugeln bis zur Dicke von Tauben- und Hühner eiern in solchen Massen herab, daß die Straßen fußhoch davon bedeckt wurden. Der Tag verdunkelte sich in Nacht, die Straßen der Stadl wurden in reißende Ströme umgewandelt. Aber was will das Alles heißen im Vergleiche zu den grenzenlosen Verwüstungen, zu der gänzlichen Zerstörung, die unsere Felder erfahren haben. Die Roggenhalmen find nicht blos geknickt, nein, im wahrsten Sinne des Worts in drei, vier, fünf Stücke förmlich zerschnitten. Die Felder gewähren nur noch den Anblick von Getreidestoppeln. Auch die Sommerfrucht, Klee, Kartoffeln, Alles ohne Ausnahme ist vernichtet, und kein Grashalm auf der Wiese stehen geblieben. Die Seitenthäler unsers Eddergrundes, namentlich das Thal der Nempfe, am Görnshäuserbach, find 6 und 8 Fuß hoch überfluthet und in wildströmende Rinnsaale verwandelt. Die zusämmengeballten Schloßen wurden den Eisschollen gleich in Geschieben von 12—20 Fuß in's Geviert 4 Fuß und mehr dick von dem tobenden Gewässer mit fortgcführt. Eine Pappelallce, deren einzelne Stämme 1'/, bi«, 2 Fuß Durchmesser haben, ist von der Gewalt des Wasser» ' zum Theil entwurzelt und quer auf die Straße geworfen, so daß der Verkehr unterbrochen ist". — In der Umgegend von Kon stantine (Algerien) zerstörte am 30. Mai ein furchtbares Hagel wetter, das 15 Minuten aühielt, die Ernte. Thiere wurden in großer Anzahl getödtet oder verwundet. Es fielen an einigen Stellen Hagelkörner von der fast unglaublichen Größe einer „Billard kugel" und „handgroße" Eisstücke. . G Die wichtigste politische Neuigkeit des TageS ist, daß Frank reich das neue Königreich Italien, so gut wie anerkannt hat, wie dieß schon früher und lange von England geschehen ist. Wenn ein Staat einen andern nicht anerkennt so steht er zu diesem in einem mehr oder minder gespannten, feindseligen Verhältnisse; so thut er, als wenn der von jenem nicht anerkannte, Staat gar nicht da sei; er hält keinen Gesandten bei der nicht anerkannten StaatS- regierung, nimmt keine amtlichen Schreiben von dieser an, richtet auch selbst keine Schriften an dieselbe, duldet keinen Gesandten Le» nicht anerkannten Staates als solchen bei sich, berücksichtigt auch in der Regel die Pässe rc. nicht, die von dort ausgestellt fiüd, stellt selbst keine dahin aus rc., kurz, er thut, als ob solcher Staat nicht da sei oder existire. Das neue Königreich Italien nun ist bekanntlich dadurch enstanden, daß die Sarden oder Piemontesen die Herzogin von Parma, den Herzog von Modena, den Grohher- zog von Toskana und den König von Neapel durch Empörung der eigenen Unterthanen und durch offene Gewalt vertrieben, ebenso dem Papst auf dieselbe Weise seines Kirchenstaates abgenommen haben. Die Lombardei ist Oesterreich im Kriege abgerungen und von diesem Staate in bester Ordnung abgetreten worden, diese besitzt also Sardinien nach Kriegsrecht. Oesterreich hat den Proceß, den Krieg verspielt, die Lombardei hergegeben und Friede gemacht, dagegen kann kein Staat etwas einwenden. Aber der Erwerb der übrigen obengenannten italienischen Länder durch Sardinien gilt für nicht in der Ordnung, für Raub, und daher haben die meisten Staaten in Europa das neue Königreich Italien, welches aus diesen mit Empörung und Gewalt gewonnenen Ländern zusammen gemacht worden ist, noch nicht anerkannt, England und Griechen land ausgenommen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, wen» ein zweiter europäischer Großstaat, wie Frankreich, diese Anerkennung jetzt ausgesprochen hat. Frankreich genehmigt oder besiegelt durch diese Anerkennung die von Sardinien gemachten Eroberungen, und wenn auch die französischen Blätter sagen, durch diese An erkennung stimme Frankreich nicht der Art und Weise bei, wie das Königreich Italien zu Stande gebracht worden sei, so thut dies doch dem Erfolge gar nichts, er bleibt derselbe. Italien als solches kann nun mit Frankreich Bündnisse Meßen und gewinnt durch diese Anerkennung eine weit festere und gesichertere Stellung unter den europäischen Staaten. Freilich fehlt noch die Anerkennung der übrigen Großmächte, vor allen Oesterreichs, und kennuna, wenn sie noch kommt, wird noch geraume Zeit auf sich warten lassen; aber es ist doch wieder em Schritt vorwärts für Italien das ist nicht zu leugnen. Ob wieder em Handel dabei staltaefünden, wie manche Zeitungen schon lange vermuthen, vM die Zukunft lehren. — In Preußen bereitet sich jetzt schon ein -