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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 17.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189805179
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980517
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980517
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-17
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Monat
1898-05
-
Jahr
1898
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Nr. 112 — I«V8. — Dies« verbreitetste »»parteiische Leitung erscheint Wochentags Abends (»litDatn», des nächsten LageS) und kostet mit de» sechs Wöchentlichen Beiblättern: 1. Sächsischer Erzähler, L. Kleine Botschaft, S. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, >». Jllnstrirtes Unter- haltnngsblatt, K. Lustiges Bilverbuch monatlich 50 Psennige. 1888. Postliste: Nr. 2808, Telegramm -Adresse: üicaeralauzeiger. gerujprechstelle Nr. ras. General- Dienstag, den 17. Mai. für Chemnitz und Umgegend. lTächsische» SandeS-Anzeiger). Gegründet 1878 als „«»,eige^ Verlag und Notati»«Am»schtntn.Drna von Alexander Wied« in Chemnitz, Lheaterstrak« Nr. 8. Anzeigenpreis: ögespaltenr Cürp:,S.;eile(ca.9 Silbe» fassend) oder deren Raum lbPsg. (Preis verzeichnisse tr Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle (^gespaltene Petit-Zelle circa II Silben fassend) 80 Psg. — Anzeige» können nur bis Bormittag to 1jh» angcnonnnen werden, da Druck und Berbrcitniig der groben Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger- Inserate finden für billigste» PreiS znglcich Berbreitnng durch die täglich erscheinende Chemnitzer Eisellbtlhil>.ZeittlNg. Die heutigen hohen Getreidepreise. > Chemnitz, 16. Mai 1898. Die hiesige Bäckerinnung hat infolge der in letzter Zeit ge stiegene» Mehlpreise den Brotpreis auf 78 Psennige für ein 6 Pfund- Brod erhöht. Diese Preissteigerung, die seit ganz kurzer Zeit 16 Pfennige beträgt, bedeutet eine schwere Schädigung des nationalen'Vermögens und sie lastet besonders schwer auf den Schultern der unbemittelteren Volksgenossen. Die Ursache dieser unberechtigt hohen Getreidepreise liegt bei der internationalen Spekulation, die den Zwischenhandel an sich zu reißen verstand und jetzt dieses Monopol in der blukschiiidigsteu Weise ausbeutet. Es liegen heute die Verhältnisse beim Getreide- Handel so, daß nicht der Erzeuger und nicht der Konsument den Preis der Maare bestimmen; der Börsenspekulant, der meistens nicht Weizen vom Hafer unterscheiden kann, bestimmt den Einkaufs- und de» Ver kaufspreis, er beutet den Bauer sowohl, als den Konsumenten ans. Daher wäre die als Mittel gegen die Getrcidepreisstcigerung em pfohlene Zollaushebung auch ganz wirkungslos und thatsächlich steige» iu Frankreich die Getrcideprcisc ebenso wie anderwärts, trotzdem die Zölle aufgehoben wurden. Eine Zollaushebung käme nur der Speku lativ» zu Gute. Unsere Gctreidepreise haben seit Anfang der Siebziger Jahre, wo sich unsere ganze Vvlkswirthschast in einem Ausnahmezustand befand, drei Mal eine außergewöhnliche Höhenlage erreicht; 1891, 1894—95 und jetzt. Bei näherem Zusehen wird man in jedem Falle dieselbe Erscheinung finden, daß in den natürlichen Verhält nissen wohl Gründe für eine Preisbewegung in diesem oder jenem Sinne gegeben waren, daß sich dann aber alsbald die Spekulation der Lage bemächtigte und diese Preisbewegung in einer Weise über trieb, die keine Grenzen mehr.kannte. Im Jahre 1891 war es die Firma Ritter und Blumenseld, welche die Mißernte Ruß lands zu einer Haussespekulation in Roggen ausnützte. Wie später vor Gericht zu Tage kam, trat sie der Firma Ural Koppel, welche die über Berlin verhängte Noggensperre zu durch brechen drohte, um dies zu verhindern, mit einem Verluste von 105,000 Mark Waare unter dem Tagespreise ab. In frischer Er innerung ist cs noch, wie dann wenige Jahre später die Firma Cohn und Rosenberg umgekehrt zum Zwecke einer Baissespekulation Berlin und die Vormärkte überfüllte, nachdem sie der gcangstigtcn Gegen partei sogar die Speichcrräumc wcggcmicthet hatte. Für den auf merksamen Beobachter konnte es kein Zweifel mehr sein, daß sich die Spekulation auch jetzt wieder der Lage bemächtigt hatte und daß die augenblicklichen Weizenprcise von 250 Mark für 1000 Kilogramm und darüber nur zum Theile die Folge eines wirklichen Mangels a» Waare, gutentheils aber das Ergebnis; eines künstlichen spekulativen Eingriffes seien. Selbst in Kreisen, die aus ihrer manchesterlichen Auffassung der Vvlkswirthschast heraus die Wirksamkeit aller Einflüsse Der grötzte französische Diplomat des neunzehnten Jahrhunderts. Zur 60. Wiederkehr des Todestages Palls/, anäs. P am 17. Mai 1838 zu Paris. Von vr. M. Graf. (Nachdruck verboten.) „Warum sind Sie so schweigsam?" fragte in einem ihrer muntere» Cercles die Gräfin Dnbarry einen jungen, scheinbar theiliiahmlos dasitzendcn junge» Geistliche» „Ach, Madame! seufzte dieser. „Ich hatte soeben einen be trübenden Gedanken!" „Und welchen, Monseigneur Tallcyrand?" lachte die reizende Favoritin. „Daß cs in Paris leichter ist, Frauen zu erobern, als Abteien!" erwiderte der junge Ekklesiast, der nach kurzer Zeit Abbs de Psrigord und fünf Jahre später ei» Generalagent des französischen Klerus wurde. Der Vater des jungen Abbs lag auf dem Sterbebeite und der König Ludwig XVI. stand traurig an der Seite seines tapfern Generalleutnants. „Majestät!" flüsterte der Verscheidende. „Erfüllen Sie die Bitte eines sterbenden Dieners und gewähren Sie seinem Sohne das Bis- thn», von Antun!" Der tieferschütterte König nickte schweigend und am 17. Jan. 1789 nannte sich der junge Abbs de Psrigord Bischof von Autun. Charles Maurice Tvllcyrand hatte in 33 Jahren eine unerhörte Carrisre gemacht, doch tie Gunst des Schicksals und die glänzenden und skrupellos angewendcten Gabe» seines eminenten Geistes sollten ihn »och höher heben und zu einem weltberühmten Diplomaten machen. Bier Monate nach feiner Kviisekrirung znm Bischof von Autun hob die sraiizvsische Revolution a» mit dem Zusammentritt der Generalstaate»» in welche er von seiner Diözese hinein gewählt wurde. Am 22. Juni trat er mit der Mehrzahl Hes Klerus in der Kirche des heiligen Ludwig zum dritten Stande über, der sich mittler weile als Nationalversammlung konstituirt hatte. Hier unterstützte er lebhaft den Antrag auf eine Anleihe von 80 Millionen Franks und stellte am 10. Oktober zum Erstaunen des Klerus selber eine» Antrag ans Einziehung der reichen Kirchcngütcr, welcher an; 2. November nach stürmischer Debatte angenommen wurde und ihn zum populärsten Manne von ganz Frankreich machte. So konnte er bei dein große» Verbrüderungsfeste auf dem Mars- selde am 14. Juli, bestrahlt von der durch Regenwolken brechenden Sonne, inmitten von 300 im festlichen Ornate prangenden Priester», angethan mit weißer Robe und breite,» dreifarbigem Gürtel am Altäre des Vaterlands die Messe lesen und die Oriflamme Frankreichs, , die Trikolore, weihen. Als er aber seine Zustimmung zu der Zivil- jlsastituation des Klerus gab und selber de» Eid aus sie geleistet )t«tte, veröffentlicht« der Moniteur am 1. Mai 1791 ein Breve des leugnen möchten, die sich nicht zu den „natürlichen" zählen können, wird die Anschauung, daß die jetzigen Weizenprcise gutentheils das Ergebniß einer amerikanische» Spekulation sind, unverhohlen aus gesprochen. Di« heutige Bewegung der amerikanischen Spekulation wird von einem äußerst kapitalkräftigen Konsortium geleitet, an dessen Spitze der vielfache Millionär Leiter steht. Von der Thätigkeit dieses Konsortiums wird berichtet: „Es kaufte auf Termine enorme Quanten Weizen auf, nahm sie am Lieferungstage ab und „kontrolirte" dadurch fast den gesammten Weizenverkehr der Welt. Die Verkäufer waren der Gruppe Leiter mit gebundenen Händen in's Garn gegangen. Hurtig schnürte diese als Hauptbesitzer des Weizens Anfangs April ihren Speknlations- gegnern die Kehle zu, indem sie die Baisse vollständig „einschwänzte", und setzte min nach freier Willkür den Wrizenprcis für die Welt fest." So kam es, daß Weizen für Mailieferung a» der Chicagoer Börse am I. Januar »och mit 91'/„ am 1. April noch mit 103"/i Cents per Bnshel »otirte, heute aber schon aus 167 Ccnts steht. Das bedeutet einen Gewinn von über 116 Mark für die Tonne. Das von Herrn Leiter geführte Konsortium kann sich also nicht über eine zu geringe Ergiebigkeit des Beutezuges beklagen I Von Lewi Joe Leiter erzähle» Börsenblätter, nicht etwa agrarische, noch folgendes Geschichtchen, das beweist» in welch' unverantwortlicher Weise mit dem unentbehrlichen Nahrungsmittel spckulirt wird. Die Geschichte lautet: „In einem Augenblick liebenswürdiger Schwäche gab Herr Leiter seiner schönen Freundin Miß Nina Farrington, die »och vor Kurzem als Stern einer New-Uorker Bühne erstrahlte, den zarten Wink, daß sie nicht schlecht thn» würde, wen» sie sich dazu entschließen könnte, eine» Theil ihrer Er sparnisse sofort in „Mai-Weizen" cmznlegc». Er wollte ihr dann schon sage», wann sic mit gutem Bortheil verkaufe» müßte. Die schöne Nina zögerte keinen Augenblick, dem Rath ihres bewährten Freundes zn folgen. Aber sie that auch noch ein UebrigeS. Ihr gutes Herz dachte an eine arme Kollegin in New-Uork, die von ihrer mäßige» Gage leben mußte, und schnell ent schlossen schrieb sie an ihre beste Freundin Miß Jeannctte St. Clair, indem sie ihr als tiefstes Geheimnis; de» „Wink" von Mr. Leiter «»vertraute und ihr anempfahl, sich von einem guten Bekannten ebcnsalls WeizcnPapicrc kaufen zu lassen. Sobald der Zeitpunkt zum Verkauf heranrücken würde, sollte sie telegraphische Weisung erhalten. Miß St. Clair that nun, was neunzehn Franc» unter zwanzig stets thun würden, sie avisirte noch ein halbes Dutzend Kolleginnen und theilte ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit, a«f welche Weise sie ihre kleinen Ersparnisse erheblich vergrößern könnte». Am 10. Februar waren nun alle diese eleganten Schönen der „Casino Com- panh" von Ncw-Nork im Besitz von Weizenpapiercn und am 16. Februar tr>t bereits die Krise ein. Ganz früh am Vormittag dieses Tages wurde Miß Jeannctte telephonisch von ihrer Vertrauten in Chicago aiigeriifen und ihr initgethcilt, daß sie sofort verkaufen solle. Die gehorsame junge Dame gab ihrem Zwischenhändler schleimigst und mit solcher Bestimmtheit Auftrag, daß dieser keine Einrede wagte, sondern handelte. Desgleichen thaten die Bevollmächtigten der anderen Spekula»,innen, und »ach 24 Stunden fielen in Chicago die Preise so bedeutend, daß Mr. Leiter in größter Bestürzung rechts und links kaufte. Bevor der Markt nun geordnet werden konnte, hatte der große Weizcnspckulaiitzenien Verlust von baaren 750,000 Doll, erlittene' Bald daraus stieg der Wci en wieder. Herr Joe Leiter kam allmählich Hinte. Papstes, in welche»; es wörtlich also lautete: „De Talleyrand-Psrigord, ehemaliger Bischof von Autun, ist hiermit vom Amte suspendirt und exkoiiimuiiizirt, wenn er nicht binnen 40 Tagen Buße thut!" Und der Bischof von Autu» verließ mit Freuden einen Beruf, zu welchem er ja doch nur gezwungen worden war, trat aus der Kirche und nannte sich von nun an nur Monsieur de Tallcyrand, unter welchem Namen er in der Weltgeschichte unsterblich geworden ist. Seit Februar 1792 Gesandter in London führte, er die Geschäfte Frankreichs mit kurzer Unterbrechung bis Ende des Jahres, wo ihn die Anklage intimer Verbindung mit Ludwig XVl. traf und von Frankreich ausschloß. Man beschuldigte ih», ob mit oder ohne Grund, ist schwer zu entscheiden, der heimlichen Begünstigung der Flucht des Königs. Da man ihm auch i» England nicht mehr trau te und ihn nicht mehr länger dulden wollte, ging er im Jahre 1794 »ach Nordamerika, von wo er nach Hinrichtung Dantons und Nvbespicrres bald wieder zurückkehrtc. Ungünstige Verhältnisse zwangen ihn, anf seiner Rückkehr i»> Juli 1795 in Hamburg zu landen, welches damals der Zufluchtsort fast aller orleanistischen Emigranten war. In Hamburg lernte er die Wittwc eines Engländers, Namens Grant kennen und kehrte mit ihr über Berlin im Herbst 1796 »ach Paris zurück. Hier gelang es ihm bald, besonders durch de» Einfluß der Frau von Stasi, sich mit Barras so eng zu verbinde», daß ihm dieser im Juli 1797 das Ministerin,» des Aenßern übergab. Das Direktorium jedoch hatte cingefaiigen, sich zu überlebe»; Tallcyrand fühlte das mit de», ihm eigenen Instinkt und wandte sich alsbald dem ausgehenden Gestirn Bonaparte's zu, der ihn, als erster Konsul, zu seinem Minister des Aenßern erhob. „Die Revolution hat Frankreich das Rückgrat geraubt!" so entschuldigt er seine Schwenkung. „Was Grundsätze allein nicht vermöge», müssen Männer thun! Frankreichs Rückgrat liegt in de» Händen des Siegers von den Pyramide» I" Ais Minister und rechte Hand des erste» Konsuls leitete er die Unterhandlungen zu Lniieoillc und Amiens und trug 1802 viel zum Abschluß des Konkordats mit dem Papste bei, welcher ihm in einem äußerst srenndlichen Breve die Säkularisation gewährte und ihn mit den Worte» „Mein ihencrsier Sohn, gerührt durch deinen sehnlichen Wunsch, mit uns und ter Kirche dich auszusöhne», heben wir hiermit unser» Bann über dich auf" von der Exkommunikation lossprach, woUirch auch sei» Ver hättniß zn der Madame Grant durch eine kirchliche Einsegnung legitimirt werden durfte. Auf die Frage, warum er sich eine so schöne und doch so geistlose Frau erkoren habe, gab er zur Antwort: „Eine lluge Frau kompromittirt gar oft ihre» Galten; eine geistlose aber mir sich selbst!" Ein dunkler Fleck seines Lebens wurde die Cvnnivcnz, die er Napoleon bei der Ermordung des Herzogs oon Enghicn erwies, wofür er nach Errichtung des Kaiscrthrones 1804 die Wurde eines Obcrkammcrherrn erhielt. Gegen Ende 1805 begab er sich nach Wien nud Prcßburg und schloß den Frieden mit Oesterreich. Am 5. Juni 1806 erhob Napoleon ihn znm Fürsten von Bcncvcnt und das Geheimnis,, denn viele der Kolleginnen seiner Frcunbin waren plötzlich wohlhabend geworden. Er schwieg indeß dazu und kümmerte sich mehr wie je um sein Geschäft. Bald hatte ihm sein Weizen wieder einen Prosit von 2 Millionen Doll, eingebracht, und er konnte die 750,000 Doll, verschmerzen. ES ist nichts Neues, waS hier erzählt wird. Auch in Deutsch land sind Preise auf diese Weise gemacht worden und auch bei un» haben „schöne Freundinnen" von Börsenleuteu mitgeholscn, entweder dem Landmann die Früchte seines sauren Schweißes zu verkürzen, oder dem armen Manne sein Brod zu vertheuer». Das Verbot des börsenmäßigen Terminhandels in Getreide wird jetzt glänzend gerecht fertigt und wenn, was die Börsenblätter behaupten, aber noch er wiesen werden muß, das Aufhörcn der Berliner Produktenbörse die Preisbildung i» den letzte» Wochen ungünstig beeinflußt hat, so ist daran zu erinnern, daß die Berliner Getrcidehändler ihr Fernbleiben von der Börse nicht mit dem Erlaß jenes Verbots, sondern mit anderen, ihnen unwillkommenen Anordnungen begründet haben. Herr Leiter hat gleich unseren Ritter und Blumenfeld, Cohn und Rosen« bcrg wieder gezeigt, daß Preise künstlich gemacht werden können, und schon seine Leistung für sich ganz allein läßt es mindestens nicht ungeheuerlich erscheinen, wenn der Gedanke anfgetaucht ist, „daß für die jetzige Preissteigerung Rücksichten auf die deutschen und di« französischen Wahlen mitbestimmcnd waren. Ohne Zweifel hat der spanisch-amerikanische Krieg den Speku lanten in Chicago und Ncw-Aork ihr Manöver wesentlich erleichtert. Er rief auf den europäischen Märkten ein Gefühl der Beunruhigung hervor. Diese Tendenz »ach oben mußte die Stellung der Hausse spekulanten in Amerika stärken, zumal noch die Nothlveiidigkeit größerer Ankäufe durch die Heeres- und Flottenverwaltuug hinzukam. In dieser Gedankenverbindung drängt sich unwillkürlich ein Weiterer Verdacht gegen die Leiter und Genosse» auf. Wenn Berliner Klein- jvbber, wie Ritter und Blumenseld, Hnndcrttauseiide opfern, um ihre Spekulation erfolgreich durchzusetzen, warum sollte ein Konsortium, das sich die Welternte mit einem Gewinne von über 100 Mk. für die Tonne durch die Hände streichen läßt, nicht einige Millionen opfern, um sich durch Entzündung eines Krieges seinen Gewinn zu sichern und zu steigern? Bei der Lauterkeit, die in den parlamentarischen und journalistischen Verhältnissen der Vereinigten Staaten herrscht, war das keine Sache von allzugrvßer Schwierigkeit. Nach dem jetzigen Verlause der Dinge zu urtheilcn, liegt es mindestens im Bereiche der Wahrscheinlichkeit, daß der spanisch-amerikanische Krieg nicht nur ei» Werk des Znckerringcs, sondern auch ei» Werk des Wcizenringcs ist. Den Personen »ach mag das nicht einmal ei» großer Unterschied sein. Der spanisch-amerikanische Krieg. Das Kriegsglnck scheint sich den Spaniern zugclvandt zu haben, wenigstens werden einige spanische Erfolge gemeldet. Die mit aller nahm ihn mit sich in den preußisch-russischen Feldzug. Um diese Zeit drang er mehr denn je i» den Kaiser, den allgemeinen Friede» durch eine feste Verbindung mit Oesterreich und England zu suchen; Napoleon aber neigte hartnäckig zu Rußland. Dadurch entstand ein Zwiespalt zwischen dem Kaiser und seinen; Oberkammcrherm und dieser suchte die Erlaubnis; nach, sich von seine»; immerhin an strengenden Posten zurückziehen z» dürfe», welche ihm Napoleon auch unter gleichzeitiger Verleihung des Titels eines Reichsvizcgroß- wahlherrn (Vies-granä-sisotsur) crtheilte. Seitdem wurde Talley- rand's Salon der Sammelplatz der Mißvergnügten. Zwar machte er noch den Fiirstenlag in Erfurt 1808 mit, fiel aber 1809 ganz und gar in Ungnade und zog sich anf fein Landgut bei Valenxay zurück. Als 1812 die Nachricht von dem Brande von Moskau und dem Rückzuge des kaiserlichen Heeres nach Paris gelangte, gab Tallcyrand die Sache Napoleons, als eine verlorene, auf. Zwar trug Napoleon ihm aus's Neue das Portefeuille des Aenßern an unter der Be dingung, daß er den Titel eines Vios-granä-sleoteuo fallen lass«, doch Tallcyrand schlug das kaiserliche Anerbieten a»S mit de» Worten: „Wenn der Kai,er mir sein Vertrauen schenke» will, so muß er mich nicht degradieren wollen! Wenn er mir aber nicht traut, so sollte er wir kein Amt anliete»! Die Zeiten sind für halbe Maßregeln nicht mehr günstig!" Von in»; an fing Tallcyrand an, mit den Bourbonen zu lieb äugeln. Während des Feldzuges 1814 in Frankreich hielt er sich lauernd im Hintergründe. Bei dem Einzuge der Verbündeten in Paris nahm er den Kaiser Alexander 1. in seinem Hotel in der Nue St. Florcntin anf, in welchem dieser unter der Leitung seines Gast gebers Berathnngci, über das nächste Schicksal Frankreichs abhielt, welche Bcrathnilgen Tallcyrand dazu benutzte, eifrig auf die Restau ration der Bourbonen hinznarbeite». „Sire!" so rief er Alexander I. zu, „verlassen Sie sich darauf! Es bleibt nur die Wahl zwischen Bonaparte »nd Ludwig XV11I.! Verlassen Sie sich darauf!" Am nächste» Tage las man an den Straßenecken: „l-sa scnivsi-ains attiss ns traitvronss plus ni avso ^iapolson Honaparts »i avso anouu insmdrs äs sa kaniilis!" Damit war das Schicksal Napoleons be« siegelt. Tallcyrand bemächtigte sich des Senats, erwirkte die Ab setzung Napoleons und die Einsetzung Ludwigs XVIIl. Als dieser den Thron bestiegen hatte, wurde Tallcyrand znm Oberkammerherrn „nd zum Minister des Auswärtigen ernannt, in welcher Eigenschaft er aus dem Wiener Kongreß 1815 Frankreich mit Oesterreich und England znsammenbrachtc, Sachsens Annexion durch Preußen hinter- tried »nd die Rückführung der Bourbonen nach Neapel beförderte. Die Rückkehr Napoleons von Elba schlug die Zerwürfnisse nieder, die durch Tallcyrauds geschickte Hand zwischen den siegreiche» Mächten genährt wurde». Napoleon nahm ihn am 12. Mai 1815 von der Amnestie aus und dekretierte die Konfiskation seiner Güter, wogegen Tallcyrand die Acchtnng des Kaisers durch die Verbündeten betrieb. Nach der zweiten Restauration übernahm er abermals das Pvrte- senille des Aenßern mit der Präsidentschaft des Ministeriums. Ver-
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