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r-- 7 Freiberger Anzeiger Lr t« »i, Nachmittag« gespaltene Zeile ob« , W für die nächst- der« Ramu mit » Li «scheinende Nummer berechnet. angenommen. ZU- 8 — . > ' .. c;: MsdlsN -es Königt- Byirksgerichis zu Freiberg, sowie der KSnigi. Gerichtsämter ' und der Stodträthe zu Freiberg, Sayda und Brand. 211. Sonnabend, den LR. September. 1858. Tagesgeschichte. Berlin. Der hiesige Architektenverein, an dessen Spitzt Hagen, Knoblauch, Lohse, Strack und Stüler stehen, hat als erste Preisaufgabe zum Schinkels-Feste den Entwurf eines P ar- lamentshausrs für Preußen in Berlin gestellt. Bei Ausstellung der Aufgabe ist die gegenwärtige Zahl der Mita^ glieder beider Häuser deS preußischen Landtags und zwar GW das Herrenhaus 250 Mitglieder, für das HauS der AbgeoruW neten 352 Mitglieder angenommen worden. Es sind folgende Zeichnungen anzufertigen: 1) der allgemeine Situationsplan im Maßstabe von 50 Fuß auf 1 Zoll; 2) die Grundrisse sämmt- licher Geschosse im Maßstabe von 15 Fuß auf 1 Zoll; 3) die Hauptansichten und die Hauptdurchschnitte, ebenfalls in dem Die Jesuiten, n. Die Jünger Loyolas, die bei dem Tode ihres Meisters ienitS eine Gesellschaft von mehr als 1000 Mitglieder bildeten, in Portugal aber ihre ersten Colleglen errichteten, wurden mit tm Rechten der Bcttelmönche und der Weltgeistllchen zugleich suSgcstattet, überhaupt mit Rechten, wie sich deren bis dahin noch kein Orden zn erfreuen hatte. Ihre Güter wurden von aller weltlichen Gerichtsbarkeit, Aufsicht und Besteuerung auch bischöflichen Abhängigkeit gänzlich frei erklärt: sie haben nur bm Pabst und ihren General*) als ihre Oberherren anzuerkennen. Sie erhielten die Befugniß alle Priesterfunktionen bei Men schen eines jeden Standes und sogar während eines Interdikts**) zu »errichten: sie können von allen Kirchenstrafen und Sünden eigenmächtig lossprechen, die Gelübde der Laien in andere gute Werle verwandeln, von Fastengcboten, von Abwartung der konvnWn Stunden, vom Gebrauche des Breviers sich selbst )iFM/üeu, desgleichen ohne weitere Einholung einer päpst lichen Bewilligung überall Kirchen und Güter erwerben und Orbenshäuser errichten. Der General erhielt gleich ursprüng lich unbeschränkte Gewalt über alle Ordensglieder: sie müssen auf seinen Befehl ohne Widerrede überall hingehen, wo sie Ähkg erscheinen. Auf Universitäten und höhere Bildungsan- Men jeglicher Art war gleich Anfangs ihr Absehen gerichtet. Sie dürfen in jeder Gestalt auftrcten, selbst mit Ketzern ver trauten Umgang pflegen, an protestantischen Höfen erscheinen imd zu besonderen Zwecken als feine Weltmänner selbst in Lamenkreisen sich bewegen. Um aber die hochgesteckten Ziele zu erreichen und die nach den verschiedensten Richtungen hin ausgreifenden Pläne ausführen zu können, bedurfte es vor Mm Zweierlei: ausgezeichneter Köpfe und eigener Erziehungs- institute. Und in der That haben die Jesuiten zu allen Zetten Manner gehabt, die durch große Gelehrsamkeit, namentlich auf dem Gebiete des klassischen Alterthums,, sich auszeichneten ober eine hohe Befähigung beurkundeten, sich bei wichtigen Zeltfragen zu betheiligen. Waren es doch Jesuiten, die sich zu gleich mit dem protestantischen Thomasius gegen die Hexenpro- «ße erklärten! Ausgezeichnete und angesehene, protestantische Gelehrte zu gewinnen war zu allen Zeiten eine Aufgabe der Jesuiten und galt im Falle des Gelingens für einen besonderen Triumph bis auf diesen Tag. — Zur Charakteristik jesuitischer Erziehungsmethode — das ganze System hier darzulegen, würde Zweck und Naum dieses Blattes weit überschreiten — nur Fol gendes. Bei den Novizen (für den Orden zu Erziehenden) wird besonders darauf gesehen, daß sich der Verstand unter der Wucht geistlicher Uebungen nicht frei und selbstständig ent wickeln kann; denn das Noviziat soll sein „eine Zeit der Um» ! Wandlung und Bearbeitung für den Orden, eine Zeit der Ber- > lernung alles bisherigen Lebens, Wissen« und jeder Denkweise, eine Zeit fast gänzlicher Unthätigkeit des Geistes, um denselben ! wie einen Acker brach liegen zu lassen, damit man ihn nach» > her mit einerlei Korn bestellen könne, nachdem die Egge de« Gebetes und der Betrachtung jede Spur der früheren Besrüch» ! tung ausgerauft hat". Sobald nun der Angemeldete (Novize> sein Examen zur Befriedigung bestanden und eine Generalbeichte über sein ganzes früheres Leben abgelegt hat, tritt er seine erste Prüfung an, während welcher er genau beobachtet und wiederholt gefragt wird. Jetzt beginnen auch die geistlichen i Uebungen. Ihr Gang ist derselbe, den Loyola in der Höhle i von Manreza befolgt haben soll. „Zuerst hat man den gege benen Stoff durchzulesen und seine Gefühle zu ordnen. Mit i dem Glockenschlage beginnt man alsdann sich einige Schritte ! vom Betpulte entfernt hinzustellen und Gott und seine Heiligen , als gegenwärtig zu denken. Darauf küßt man die Erde, nähert , sich d;müthig dem Betschemel, kniet nieder und beginnt die Vorspiele in Thätigkeit zu setzen. Diese Vorspiele bestehen i in einer lebendigen sinnlichen Vorspiegelung des Orts, der Per» I sonen, der Eigenschaften der Personen z. B. ihrer Schönheit, einer lebhaften Vergegenwärtigung der Scenen oder bei über sinnlichen Gegenständen in der Vorstellung eines entsprechenden sinnlichen Bildes. Hierauf Bcgehrung des nothwendigen Gei» stes, um vorschriftsmäßig verfahren zu können und dann Ueber- ! gang zu den einzelnen Punkten der Betrachtung. Diese müs sen gleichmäßig sinnlich gehalten werden, indem man sich in eine demüthige, ehrfurchtsvolle, theils in eine reumüthige, thetiS in eine anbetende Stimmung versetzt: jede Prüfung des Gege benen ist streng untersagt, das Herz soll in demselben gleichsam umherschwärmen; der Phantasie muß der möglichste Spielraum gelassen werden u. s. w. Psychologisch ist diese Methode ohn- streitig vollkommen erklärlich und für den Zweck mit großem Scharfsinn berechnet. Ueberhaupt haben die Jesuiten zu allen Zeiten durch Menschenkenntniß sich ausgezeichnet und haben alle Zeitalter sowie alle Gesellschaftskreise.bei ihrer schwachen Seite zu fassen gewußt: auch die Gegenwart straft diese Wahr nehmung nicht Lüge. (Fortsetzung folgt.) *) Loyola als ehemaliger Offizier konnte sich als Chef seines Ordens nur einen General denken. **) Zeitweiliges Verbot aller kirchlichen Handlungen im Bereich eines Territoriums dessen Herr der kirchlichen Gewalt sich nicht fügen wollte. Seit dem 11. Jahrh. öfters verkommend; ganz Deutschland ß»nd in der ersten Hälfte Les 14. Jahrh. unter Kaiser Ludwig IV. unter dem Interdikt; doch ohne Erfolg. Die Waffe war bereits abgestumpft.