Volltext Seite (XML)
Erscheint jeden Wochentag früh S UHr. Inserate wer de» bi« Nachmittag! Z Uhr für die nächst« erscheinende Nummer angenommen. Freiberger Anzeiger gespaltene Zeile oder Perm Raum mit 5 Tageblatt. > e rs^ a'. ^.. ,, 's» "1^ i 123. Dienst«g, den 2. Zuni. 1857. Die Jesuiten und die Wissenschaft. Verschiedenen Nachrichten zufolge gewinnen die Jesuiten immer mehr Einfluß auf das Unterrtchtswesen. In Oesterreich, aber auch anderwärts, haben sie sich der Gymnasien wie des akademischen Lehrstuhls bemächtigt. Welchen ungeheuer« Ein fluß sie in früheren Zeiten eben idamit geübt, ist bekannt; denn sie hielten auf tüchtige Präzeptores und ihre Schulen waren be rühmt durch die wissenschaftliche Bildung, welche die Zöglinge Empfingen. Namentlich wurden auf den Jesuitenschulen die alten Griechen und Römer tüchtig traktirt. Daran hatten freilich die Herren Patres bet aller Schlauheit nicht gedacht, daß die wissenschaftliche Bildung ein Licht ist, dessen leuchtender Kraft Grenzen nicht vorgeschrieben werden können: ganz gegen ihre Ansicht hatten sie in dieser Bildung eine Macht fördern helfen, der sie zuletzt selbst mit ikren gesammten Bestrebungen erliegen mußten. Vor dem geistigen Lichte, welches in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts die europäische Welt erhellte, haltender Jesuiten orden weichen müssen. — Noch Heller strahlte im 19. Jahrhun dert die Leuchte der Wissenschaft, und — die Jesuiten wurden wieder hergestellt. Sie waren, Wieman glaubte, nicht mehr zu furchten, und siche! zu Anfang der 2. Hälfte des Jahrhunderts sind sie wieder allmächtig. Abermals haben sie die Jugendbil dung in den Händen und ziehen sich ihre Freunde, Gönner und Rekruten. Ihre Praxis aber ist nicht mehr dieselbe. Die wis senschaftliche Bildung, besonders das Studium der alten Klas siker sckcint ihnen verdächtig geworden zu sein; denn anstatt der Werke dieser traktircn sie Schriften von Kirchenvätern und dergl. Sie wollen wahrscheinlich die Waffe nicht wieder gegen sich selbst schmieden und schleifen; der Menschengeist soll unter ihrer Leitung in seiner Erkentniß hübsch beschränkt und das Gemüth dem Ketzer haffe zugänglich gemacht und erhalten werden; vor allem sollen sich die Leute nicht mehr anmaßen, Dinge, die den Staat oder die Kirche betreffen, zu untersuchen und zu prüfen. Gleich wie der König Ferdinand von Neapel für sein Volk, so wollen sie für die Leute, am liebsten auch für die Könige denken. Einst Herrscher durch Bildung, wollen sie's jetzt durch Verdummung werden. — Es steht freilich sehr dahin, ob die Herren Patres sich nicht wieder verrechnen. Die Wissenschaft ist eine Macht, welche sich nicht ungestraft beleidigen läßt; jeder Pfeil gegen ihr Hciligthum abgeschoffen, prallt auf den Schützen zurück und ver wundet ihn tödtlich, d. h. wer wider die Wissenschaft kämpft, blamirt sich gründlich und macht, sich selbst unmöglich. Wun derbarer Weise stimmen die pädagogischen Grundsätze gewisser neumodischer Schulen mit denen der heutigen Jesuiten auffallend überein: ist's wohl bloßer Zufall oder läßt es auf Geistesver wandtschaft schließen? (D. Z.) Cages^ejchlchie. Dresden. In dem zwischen Chemnitz und Oederan ge legenen Dorfe Flöha wird am 1. Juni d. I. eine königliche Poslexpcduion errichtet, die ihre Verbindung durch die dreien Ort pafsireuden Post.« erhält. Die Entfernung von Chemnitz beträgt und von Oederan 1 Meile. Bertin, 26. Mai. (D. A. Z.) Wie man hört, hat sich hier ein Connie der hervorragendsten Männer auf dem Gebiete der Kunst, Wissenschaft und ter Judußne gebildet, um dem Prinzen Friedrich Wilhelm und der P.inzesstu Viktoria später bei ihrem Einzug in Berlin als vermähltem Paar eine Huldigung^ darzubringen. Diesem Comiti, welchem auch die Spitzen der städtischen Behörden angehören sollen, haben sich dem Verneh men nach auch sehr namhafte Mitglieder des hohen Adels ange- fchloffen. Nach den Andeutungen über diese beabsichtigte Hul digung seitens der Kunst, Wissenschaft und der Industrie Berlins, wie sie in den hiesigen Kreisen verlautbaren, dürfte dieselbe in ihrem Ausdrucke sich vorzugsweise als eine künstlerische gestalten, da das Zusammenwirken der oben bezeichneten Männer sich auf die Herstellung von Kunstwerken und die Beschaffung der be deutenden Mittel für dieselben beziehen soll. Näheres über die auszuführenden Kunstwerke ist noch nicht bekannt. Nur soviel Hörl man, daß dieselben mit dem gegenwärtig im Bau begriffenen Palaste des Prinzen Friedrich Wilhelm in Verbindung gebracht werden würden. Die Bildung des obigen Comitv bestätigt Das, was vor einigen Tagen in England ausgesprochen wor den ist: daß nämlich die Ankündigung der Verlobung deS Prin zen Friedrich Wilhelm mit der Prinzeß Royal von der gebil deten und denkenden Bevölkerung in Preußen mit der höchsten Befriedigung ausgenommen worden sei, indem man von der An sicht ausgehe, daß die Verbindung der beiden königlichen Fa milien auch in politischer Beziehung ein Gegenstand großer Wichtigkeit sek und den beiden Völkern, die sie naturgemäß in neue und innigere Beziehung zu einander bringe, manntchfach« Bortheile verheiße. Entgegengesetzte Ansprüche, wie sie sich in England vereinzelt kundgaben, haben hier wenig Anklang ge funden, da sie mit der hiesigen Auffassung der Familienverbin- dung Englands und Preußens durchaus im Widerspruche stehen. Wien, 30. Mai. Aus Ofen ist die Trauerkunde einge gangen, daß die älteste Prinzessin Tochter Ihrer kaiserlichen Majestäten, die Erzherzogin Sophie (geb. 5. März 1855), gestern daselbst gestorben ist. Innsbruck, 25. Mai. Gestern, als dem hocherfreulichen Geburtsfeste Ihrer k. k. Hoheit der durchlauchtigsten Erzherzo gin Margarethe, wurde während des Hochamts in der Stadt pfarrkirche von der hiesigen Liedertafel am Musikchore die säch sische Volkshymne gesungen. Als Nachmittags die Liedertafel auf ihrer Sängerfahrt nach Absam vor der k. k. Hofburg an langte, brachte dieselbe Ihrer k. k. Hoheit ein dreimaliges be geistertes Lebehoch unter dem Schwenken der Sängerfahne und der Hüte. Abends dinirten Ihre kaiserl. Hoheiten im Schlosse Amras, wo die RegimentSmusik von Erzherzog Albrecht-Infan terie spielte. Als Ihre kaiserl. Hoheiten in der Hofloge deS k. k. Natioualtheaters später erschienen, wurden Höchstdicselben von dem versammelten Publikum mit enthusiastischen Akklama tionen freudigst empfangen. Stuttgart, 27. Mai. (D. A. Z.) Auch im Schooße deS königlichen katholischen Kirchenraths ist eine TheuerungSzulage für die Lehrer beschlossen worden und soll demnächst in Vollzug gesetzt werden. — Wie alle Jahre, so wurde auch diesmal wie der in Altdorf-Weingarten (bei Ravensburg) am Freitag nach dem AuffahrtSfest der sogenannte Blutritt gefeiert. Dort sollen sich nämlich noch einige Tropfen von dem „wahrhaften" Blut Jesu aufbewahrt befinden, zu dessen Ehren an dem ge nannten Tage alljährlich eine großartige Procession im Areien stattfindet. Die neuerlichen Triumphe des Katholicismus in Süddeutschland, die prächtige Frühlingswitterung, die hoff nungsreichen Aussichten auf eine gesegnete Ernte, der wiederge- kehrte Wohlstand des Volks: dies Alles mag dazu beigetragen haben, daß die „Blutfrcitagsfeier" dieses Jahr einen seltenen Glanz entfaltet hatte und von einer außergewöhnlichen Menschen menge besucht war. Zahlreiche Musiker mit Fahnen waren in angemessener Entfernung von einander dem Feftzuge einge- rcihl; Bürgermilitär zu Fuß sorgte für die Ordnung und wehne die zu stark andriugcnden Massen zurück; dann kam die Bürgergarde von dem benachbarten Sgulgau in grüner Jäger uniform mit weißen Noßschweifen auf ihren Helmen und reitend auf üattlichen Pferden. Hinter ihr erschien die ber-tteUe, kehr zahlreiche Bürgergarde von Weingarten, mit Hohen Bärenmü'tze«