Volltext Seite (XML)
dm bi« Nachmittags gehaltene Zelle oder Z Uhr für die nächst- _ denn Naum mtt S^. scheinend- Nummer berechnet, angmommm. 24. Freitag, den SV. Januar. 1857. TaqfZlMlnchle. Leipzig, 27. Jan. Am 28. Oct. v. I. wurde auf dem j hiesigen bairischen Bahnhofe ein zu Len Posteffecten gehörender Beulet mit 500 Thlrn. entwendet. Den Nachforschungen des hiesigen Polizeiamts ist cs jetzt gelungen, in dem gewesenen Postillon R., welcher an dem fraglichen Tage den Postwagen , nach dem bairischen Bahnhofe gefahren hatte, den Urheber des gedachten Diebstahls zu ermitteln. Einen Theil des Geldes hatte R. bereits verthan, den noch aufgcfundcnen Nest aber versteckt. Das Durchgehen der Pferde mit Wagen läuft nicht immer so glücklich ab, als es bei uns in neuerer Zeit zweimal statt- gesunden. — Aus Wurzen schreibt man: Am 24. d. M. Vor- , mittags, während des Sonnabendmarktcs, gingen ein Paar Pferde mit einem Leiterwagen, ob durch Schuld des Führers oder nicht, ist unermittelt, hier Lurch, rasten über Len stark be suchten Markt weg und sprang hier ein Rad vom Wagen mit, solcher Gewalt ab, daß es, in die Buden laufend, zwei zer- trümmerte und unter den Trümmern der einen die Inhaberin derselben, die Ehefrau des hiesigen Bürgers und Drechslermei- sters Pippig, 59 Jahr alt, begrub. Als sie hervorgezogen wurde, ergab sich, daß das eine Bein mehrfach gebrochen, auch sie sonst erheblich verletzt war. Unter großen Schmerzen ist nun Lie unglückliche, eine übrigens achtbare Frau, den 27. L. M. früh j 8 Uhr an den erhaltenen Verletzungen gestorben. s In Pretzschendorf bei Frauenstein wurde ein in der Nacht vom 19. bis 20. Januar beabsichtigter und begonnener Kirchenraub in seiner vollkommenen Ausführung glücklicherweise ! verhindert. Es war kurz nach Mitternacht, als Ler Nachtwächter Lie Kirchenfenster erleuchtet sicht. Diebe sogleich vcrmuthcnd, weckt er in aller Stille eine große Anzahl in der Nähe wohnen der Männer. Diese besetzen die Kirche von allen Seiten und besonders bei allen Ausgängen, während einige von ihnen in die Kirche dringen, um den Dieb und das gestohlene Gut zu finden. Das Letztere findet sich auch bald, ein Sack mit den Altarlcuchtern, Stumpen von Wachskerzen und dem Altartuchc steht auf dem steinernen Fußboden der Kirche unweit des Altars. Die Sakristcithüre ist erbrochen, der Dieb aber nirgends zu sehen. Mit vieler Mühe durchsucht man die ganze Kirche fast drei Stunden lang, endlich findet man den Dieb lang auf dem ! Boden ausgestreckt unter einer der Frauenbänke liegen. Man ; erkennt ein berüchtigtes Subject aus einem Nachbardorfe, einen! Dieb, welcher nicht längst erst aus Lem Zuchthause entlassen worLcn. Er wird gefangen genommen, nach Frauenstein ge bracht und am 27. Januar an das Königl. Bezirksgericht zu Freiberg abgclicfert. Koblenz, 26. Jan. Die so vielfach besprochene neuere Verordnung der Beschränkung der Tanzmusiken ist, wie man hier aus zuverlässiger Quelle erfährt, nach einem bei der hie sigen königlichen Negierung eingelroffenen Erlaß von Berlin! außer Kraft gesetzt worden, und soll eS danach vorläufig bei Lem sriihern Herkommen sein Bewenden behalten. M-Gladba«h, 19. Jan. Heute Morgen 6 Uhr stürzte in hiesiger Stadt ein von sieben Familien bewohntes Wohnhaus ! unter furchtbarem Krachen zusammen. Nach einer Stunde ver- zweiflungsvoller Arbeit gelang es, die Unglücklichen unter dem Schutt hcrvorzuziehen; doch schrecklich war der Anblick. Eine Frau, ihren Säugling an der Brust, fand man bereits todt, eine Frau total zerschmettert, sydaß man an ihrem Auskommen zweifelt, eine dritte Frau total verstümmelt und lebensgefährlich verwundet, einen Mann mit zerbrochenen Armen und Beinen, dabei total wahnsinnig; der Mann der Erstgenannten, der be reits an sein Geschäft gegangen, scheint durch die schreckliche Mittheilung ebenfalls allen Verstand verloren zu haben. In einem Winkel, mit Schutt bedeckt, fand man eine Frau mit fünf Kindern ganz unverletzt, ein Kleiderschrank hatte das gänz liche Niederschlagen des Gewölbes verhindert und hatte sich auf diese Weise über dem Bett dieser stark Bedrohten ein freier Raum gebildet. Hesterreich. Die österreichische Armee soll um 70,000 und die französische um 50,000 vermindert werden. Das ist eine Freude nicht nur für die Soldaten und Mütter und Bräute daheim, sondern mehr noch für die Finanzminister, die oft nicht wissen, wo sie das viele Geld-, das zur Erhaltung der Armee nöthig ist, hernehmen sollen. Wie die „Weserzg." aus Wien meldet, ist jetzt auch der vormalige deutsche und österreichische Reichstagsdeputirte vr. Zimmer, der wegen Bethciligung an dem Prager Matcomplott v. I. 1849 zu 18 Jahren Festung verurtheilt war, begnadigt worden, vr. Zimmer war bekanntlich im Jahre 1850 in Ber lin verhaftet und ausgeliefert worden, obwohl ein hochgestellter preußischer Staatsmann, welcher unter den damaligen politischen Conjuncturen sich noch für das Schicksal eines deutschen ReichS- tagsdeputirten zu interessiren schien, sich für den Verhafteten verwendete. Nun hat das österreich. Gouvernement aus freien Stücken dem Genannten die Freiheit wieder gegeben; da der» selbe ein durch sein früheres Privatleben geachteter Character ist, so verfehlte dieser Gnadenact nicht, in allen Kreisen den besten Eindruck hervorzurufen. Ueberhaupt dürfte bei dieser Gelegenheit Lie Thatsache hervorgehoben werden, daß man in Oesterreich, obwohl die revolutionären Bewegungen hier gewiß am tiefsten in das gesammte Staatswesen eingegriffen, doch am schnellsten zu einer versöhnlichen Anschauung zurück kehrt, und besonders den Amnestirten und früher Compromit- tirten nicht mit jener kleinlichen Verfolgungssucht begegnet, wie dies heute in manchen deutschen Staaten Ler Fall ist, welche nur zu oft für Lie ganze materielle und geistige Existenz, für das häusliche Leben und Lie Familienbeziehungen des Betroffe nen verderblich einwirkt. Auch hierin, wie in der gesammten Politik Ler Neuzeit bewährt Oesterreich den Charakter einer Großmacht und Las Bewußtsein einer Staatsexistenz, die, gestützt auf 40 Millionen Menschen, nicht durch die Gesinnung oder die That einzelner Persönlichkeiten sich bedroht sehen kann. Sehr richtig sagt die officiöse ,,Oester. Ztg." gelegentlich deS Mailänder Gnadenactes: Die Staats-Idee sieht in dem Geg ner nur einen gefährlichen oder gefahrlosen Feind, und selbst wo das Gesetz zum Verdammen und zum Schwerte greifen mußte, wirft der Träger der Staats-Idee den Purpurmantel der Majestät verhüllend über das Geschehene, wenn die Wand lung Ler . Zeil das politische Uebel bereits geheilt und in die Vergangenheit entrückt hat. Die reactionäre Tobsucht mißkenne Lie StaatS-Jdee, wenn sie unversöhnlich Verfolgung der politi schen Uebelthat verlangt. — Die „Times" begrüßt mit Freuden die von dem Kaiser von Oesterreich Len Lombarden crtheilte Amnestie und bemerkt, Oesterreichs Macht in Europa sei jetzt größer, als jemals. — Die „Wien. Ztg." enthält den Staatsvertrag zwischen Oesterreich und Nordamerika wegen gegenseitiger Auslieferung der Verbrecher, geschlossen zu Washington am 3. Juli, in den beiLerseitigen Ratificirungen daselbst ausgewechselt am 13. De- cember v. I. Wien, 26. Januar. Die Amnestie, welche der Kaiser von Oesterreich in Mailand erlassen, ist einer der großartigsten politischen Acte, die seit einer Reihe von Jahren in Euroha stattgcfundcn. . . . Die politische Amnestie, die ein Monarch öffentlich und im Großen erläßt, ist ein Dokument deö Vertrauens, das er der ganzen Bevölkerung ertheilt. Darin liegt der we sentliche Unterschied zwischen der Einzelnbegnadigung und einem collectiven Gnadenacte. Die Einzelnbegnadigung kann auS Mo tiven der Barmherzigkeit, wie aus der Ucberzeugung von der Reue und ferner« Unschädlichkeit deS Vcrurchcilten «fließen; eine Collectivbegnadigung aber spricht das Vertrauen zu der Treue der Gesammtheit aus, in deren Mitte selbst der ungebes- sert Heimkehrende als bedeutungslos und unschädlich erkannt wird. Eine Amnestie, die im Großen ertheilt wird, ist ein ge schichtlicher Abschnitt, der eine Vergangenheit abschließt und eine neue, schönere Epoche eröffnet. In dieser Beziehung steht die Amnestie vom 25. Januar als ein Act da, der seit langen Jah ren ohne Beispiel ist. Selbst an jener Stelle, wo man am