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46 feierlich verkündet wurde. Die ehemalige Reichsstadt Nürnberg, der eigentliche Geburtsort dieser deutschen Urtens kbsrts, wo selbst schon aus dem Reichstag von 1355 und 1356 in dem noch stehenden Hause zum „goldenen Schild" in der Schildgaffe die ersten 94 Paragraphen berathen und beschlossen wurden, sollte an diese» vielleicht im übrigen Deutschland ganz unbeachtet ge bliebenen Gedächtnißtag erinnert werden und daß germanisch« Museum «ahm eS auf sich, durch Erleuchtung seines Thurmes daran zu mahnen, sowie im engen Kreise einiger seiner Freunde durch kurzen Vortrag eines Mitgliedes seines Gelehrtenaus- schusseS auf die Wichtigkeit jenes Reichsgesetzes für deutsche Kaiser, und Fürstengeschichte, für deutsche StaatS- und RechtS- geschichte aufmerksam zu machen. Die goldene Bulle dürfte nicht unpassend das goldene Grab der deutschen Kaisergrwslt zu nennen fein. LuS »er», vom 8. Januar, bringt die „Köln. Ztg." die nachstehende Korrespondenz, welche die letzten telegraphischen Depeschen in Etwas ergänzt und klärt: Heute geht ein Licht über daS bisherige Halbdunkel der Unterhandlungen in Paris auf, und während ich die Feder zur Hand nehme, ruft der Te legraph bereits di« Mitglieder der schweizer Bundesversammlung auf den 14. d. M. nach Bern zusammen. Heute ging nämlich hier die Nachricht ein: es sei vom außerordentlichen Gesandten deS BnndeSratheS, 0r. Kern, eine Note des Inhalts angelangt: der Kaiser der Franzosen, in Verbindung mit der englischen Negierung, habe die Verpflichtung übernommen, sein Mögliches zu thun, um die unbedingte Unabhängigkeit Neuenburgs zu ga- rantiren, wenn die Eidgenossenschaft die neuenburger Gefangenen ohne Proeeß su Freiheit setze. Der Bundesrath versammelte sich und fand diese Eröffnungen mit den sie begleitenden Be dingungen annehmbar und er beschloß daher auch sofort Lie Einberufung der Bundesversammlung. Die Commissionen bei der Näthe haben sich auf nächsten Dienstag in Bern einzufin- den. Unter den vom Bundesrathe gestellten Bedingungen wird vyn einer Seite auch diese genannt, daß die Häupter der letzten Bewegung nach ihrer Freilassung sich auS der Schweiz entfer nen sollen, waS indessen von anderer Sekte dahin berichtigt wird, die Verbannung beziehe sich nur auf die Dauer der Unter- handlungSzeit bis zu gänzlicher Ausgleichung der Schwierigkei ten. Die Regierung von Bern hat gleich derjenigen von Neuen burg beschlossen, dw Civiljustizpflege während der Bewaffnung der Milizen zu suspendiren. Einiges Militär ist auch in die BnndeSstadt emberufen zur Bewachung des Zeughauses und der Pulvermagazine. A»S Serbien. Das Gefängnißwesen unterliegt im west lichen Europa großen Experimenten; man hat in neuester Zeit hemftlben mehr und mehr die Form und die Zucht deS Klosters zu geben versucht; in Oesterreich wurden weibliche Sträflinge den Ordensschwestern, in Neapel die Strafgefangenen den Je suiten und in Preußen den düstern Männern aus dem Rauhen Hause bei Hamburg übergeben. In Serbien geht man einen tutgegengesetzten Weg, der zwar in Deutschland nicht unbekannt ist, den man aber noch wenig betreten; man erzieht dort die Sträflinge durch die landwirthschaftliche Arbeit. Die Art und Weise, wie dieS geschieht, ist originell und schnell patriarchalisch. Ich wurde auf die serbische Straf- und Erziehungsanstalt Top- schidere aufmerksam gemacht; sie wurde mir als eine der her vorragendsten Sehenswürdigkeiten des Fürstenthums bezeichnet, obwohl ihre Einrichtung noch wenig bekannt sei. Dieselbe liegt «ine Stunde von Belgrad in einem anmuthigen Thale. ES be finden sich in ihr in diesem Augenblick 330 Sträflinge und 110 Zöglinge, wtlche zumeist mit landwirthschaftlichen Arbeiten, dann auch mit Straßenbau, Cigarren-, Tuch- und Leinwandfabrikation, mit Tischler-, Schlosser-, Schneider- und Wagnerarbeiten, ja so gar mit der Verfertigung landwirthschaftlicher Geräthe beschäf tigt sind. Die Sträflinge arbeiten je nach dem Grade ihres Verbrechens und nach dem Maße einer sichtbaren Besserung theils in Ketten, theils ohne dieselben und entweder mit oder ohne Aufsicht. Ich war nicht wenig erstaunt, als ich vernahm, wie der Gärtner dem Direktor der Anstalt meldete, der Sträf ling, welcher die Schlüssel zum Strohdepot besitze, sei nach Belgrad gefahren, um daselbst Verschiedenes einzukaufen. Die Feldhüter, die Kutscher rc. sind sämmtlich Sträflinge, dieselben haben demnach freien Raum genug zu ihrer Thätigkeit; aber seit dem Bestehen dieser Anstalt ist noch kein Desertionsfall vor- gekommen. Die Sträflinge bilden gleichsam eine landwirth- schaftliche Colonie, deren Individuen zeitweise wechseln, die sich aber selbst mit dem Nothwendigsten versieht. So ist eine große Anzahl der Gebäude, so sind die Brunnen-, Brücken- und Gar- tenanlagen sämmtlich die Werke der Sträflinge und Zöglinge, und sie stehen in keiner Beziehung andern ähnlichen Arbeiten nach. Man weiß hier die Thätigkeit des Verbrechers wahrhaft productiv und nützlich zu machen. Die Verbindung und selbst die Nahestellung einer Strafanstalt mit einer Erziehungsanstalt widerstrebt wohl den gewöhnlichen Begriffen, die man im übri gen Europa von solchen Einrichtungen hat, und in der Th« ist dieselbe vielleicht nur in Serbien möglich und auf einer Cul- turstufr, wo da« Volk daS Vergehen und daS Verbrechen mit der Person nicht so streng identificirt als in hochcultivirten Län dern. Die Zöglinge der Anstalt werden in einem zweijährigen Curse in derLandwirthschaft und in deren Nebenzweigen unter richtet; sie sind militärisch organisirt und disciplinirt. Jede« Jahr wird die Hälfte derselben entlassen. Dftse Zöglinge wer den sodann entweder im Lande vertheilt oder zur größern Aus bildung in die landwirthschaftlichen Lehranstalten Deutschland« gesendet und nach ihrer Zurückkunft entweder in der Anstalt oder anderweitig im Staatsdienste verwendet. Diese Straf- und Erziehungsanstalt verdankt ihr Entstehen und ihren glücklichen Fortgang ihrem Director, Hrn. Nikolits, jetzigem Chef i« Ministerium. Durch seine Energie und seine rastlose Thätigkeit schuf er ein so großes Werk, welches damit begann, daß er die Einnahmen eines Obstgartens von zwei Joch Flächeninhalt für dieselbe bestimmte. Die Anstalt erhält sich durch ihre eigenen Kräfte; der Staat giebt ihr durchaus keine pecuniäre Unterstützung, sondern nur Grund und Boden. Sie besitzt nun nach einem fünfjährigen Bestehe« schöne Gebäude, Maschinen, gut eingerichtete Werkstätten, eine Sammlung von Modellen landwirthschaftlicher Maschinen und Geräthe und eine Sammlung der in dem Obst garten von 16 Joch erzeugten Obstgattungen in Wachs bosfirt, die zu den schönsten und reichhaltigsten ihrer Art gezählt wer den kann. Man verläßt mit großer Befriedigung ein Institut, das selbst die Arbeit des Sträflings benutzt, um einen Mittel punkt landwirthschaftlicher Cultur für den Osten zu gründen. (D. A. Z.) Der D. A. Z. wird aus Paris geschrieben: Ludwig Na poleon hat, wie er dies oft thut, auch in der Neuenburger Frage rasch umgesattelt, und er findet sich in diesem Augen blick noch um einen Schritt vor England voraus. Das ist allerdings ein weiter Weg von dem famosen Moniteur-Artikel, welcher die Börse von Paris und Bourgeois überhaupt in Schrecken gesetzt hatte. Das gegenwärtige Staatsoberhaupt von Frankreich hat bei Abfassung jenes Artikels vergeben, daß die Schweiz nicht von Börsenspekulanten und Agioteuren bevölkert ist, wie daS liebe Paris, und man kann fast hinzufügen, wie der größte Theil von Frankreich. Die schweizer Nation hat sich wie rin Mann erhoben und die Bewohner der Rue Vivienne und die peripathetischen CoulisfierS deS Boulevard des Italien» haben mit Erstaunen wahrgenommen, daß es noch ein Landin Europa gab, wo man sich für andere Dinge mttinteressire, al» für Mobiliarcreditactien und dergleichen. Dieses Erstaunen blieb hohen Orts nicht unbemerkt und man sagte sich mit Recht, daß das Interesse der Franzosen an den Vorgängen in der Schweiz mit dem Enthusiasmus gleichen Schritt halten werde, den die Nachkommen Wilhelm Tell's bei dieser Gelegenheit an den Lag legen werden. Man machte also rechtsum und Frankreich er schien wieder als der treue Bundesgenosse, als der warme Freund der Schweiz, und der Moniteur-Artikel al« ein schlech ter Traum, der die Pariser Spekulation einen Augenblick au» ihrer Fassung brachte. — AuS Spanien ist unS zur Abwech selung wieder die Nachricht von einem Aufstande in Valencia zugekommen; das ist nur ein kleiner Anfang. Die Aufmerk samkeit Europas war in der jüngsten Zeil zu sehr auf die Vor gänge im Orient und auf die Schwierigkeiten in der Schweiz und auf die rasch erstickte Erhebung in Sicilien gerichtet, um viel an die Minister der Königin von Spanien denken zu kön nen. Und doch vergeht kein Tag, an dem nicht neue Klagen über die haltlosen Zustände auf der Halbinsel gemeldet werden. Im Jahre 1850 sagte Salvandy bei Gelegenheit eines Balle» im Palais-Royal: wir tanzen auf einem Vulkan; von Madrid ließ sich mit ebenso viel Recht sagen: das Volk hungert über einem Vulkan. Der nächste Ausbruch wird auch ganz die Eigen schaften einer Naturerscheinung haben; es wird von keiner Lei tung die Rede sein können, sowie auch keine Partei Vortheil daraus ziehen dürfte. Es ist ein arger Zustand, der auf da» Schlimmste gefaßt macht. London, 6. Januar. Die gewaltigen Stürme der letzten Tage haben nun so ziemlich auSgetobt; furchtbar aber sind die Verheerungen, die sie an den Küsten angerichtet haben. Kaum weniger als 100 Fahrzeuge sind im Osten, Süden und Norden Englands theils gestrandet und beschädigt, theils mit ihren Mannschaften gänzlich zu Grunde gegangen. An der Mündung der Tyne allein sind 30—40 Schiffbrüche vorgekommen, und viele Menschen haben dabei ihr Grab in den Wellen gefunden. In Hartlepool sah man vorgestern Angesichts der Bai einen Schooner in Stücke gehen, ohne daß es menschenmöglich war, der unglücklichen Mannschaft zu Hilfe zu kommen. Zwei an«