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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.12.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190012253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19001225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19001225
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-12
- Tag 1900-12-25
-
Monat
1900-12
-
Jahr
1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.12.1900
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklame» unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten» 75 vor de» Familiennach- richten (v gespalten) 50 Tabellarischer und Zifsernsatz entsprecheud höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). (^rtra-Neilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännalsmeschluk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 94. Jahrgang. Dienstag dm 25. December 1900. K55. Die nächste Rrriiriirer unseres Blattes erscheint Donnerstag früh* Zum Feste. K TribnacktSglockengeläute, aber nickt Frieden auf Erden im Sinne deS BölkerrechtS. Nock fließt in Ostasien Blut und ia Südafrika ist der seit mebr denn vierzehn Monaten tobende Kampf zwischen zwei christlichen Völkern neu auf geflackert. Aber da- Cbristenthum ist die Religion deS Fortschritts und dieser läßt einen Zustand absoluten Frieden- für die Menschen, ein buckstädlickeS Verstehen der WeihnachtSverbeißung, nicht zu. Nur der Bewegung, die sein Wesen ist, kann eS zugeschrieben werden, daß ein Ge schichtschreiber feslstellen durfte, in dem fast zweitausend jährigen Bestehen des Cbristentbums sei noch keine Nation, die sich zu diesem Glauben bekannt, völlig zu Grunde ge- gangen. Und ist auch der Krieg ein Ausnahmezustand, der ohne Pulver und Blei geführte Kampf, der Kampf um die Einricklungen deS Staates, der Kampf um des Lebens Güter bleibt ein ewiges Erbtheil der Menschbeit. Die Grenzen freilich, die die höhere Bestimmung deS Menschen solchem Ringen sitzt, können überschritten werden und die jüngste Zeil mag sie überschritten Haden. Laut und immer lauter tönt die Klage, daß die Welt verderbter worden, daß von Gold gier und Genußsucht die Sitte untergraben werde, daS Wort „FLulniß" ist in Vieler Munde. Jene Klage aber ist so alt wie die Well, und ob sie heute mit stärkerem Reckte erhoben wird, als in irgend einer früheren Zeit, ist eine Frage, die erst die Geschichte beantworten wird. Gewiß, der wirtbsckastliche Aufschwung der letzten Jahre hat Auswüchse gezeitigt, aber der ökonomische Fortschritt ist stets von Ausschreitungen begleitet gewesen. AlS englische Puritaner und holländische Ackerbauer Amerika zu besiedeln begannen, war freilich kein Jay Gould'scher Großbetrug, keine Vanderbilt'sche Ueppigkeit zu tadeln, aber an sittlichen Krankheiten, die von Taseinsbedingungen, wie diejenigen waren, unter denen jene einfacheren Menschen lebten, hervor gerufen zu werden pflegen, fehlte es jenen Zeiten und Gebieten keineswegs. In der Entwickelung der Menschheit paßt sich neues Schlimme- dem neuen Guten an, und wenn eine Nation sich anschickt, da« Holz des Welthandels zu spalten, so entspricht eS einem Naturgesetze, daß dabei auch moralische Späne fliegen. Eine allgemeine Ver schlechterung der Sitten, wie sie gerade jetzt so laut behauptet wird, ist im zeitgenössischen Deutschland nicht wghrzunehmen. Während nvan. sich berechtigt glaubte, aus den Verirrungen eines allerdings tief verruchten einzelnen ManneS die ungünstigsten Schlüsse auf den Stand der Volks moral zu ziehen, gerade da wurde die Statistik bekannt, die ein nicht unbeträchtliches Sinken der Zahl der Sittlichkeits vergeben in Deutschland dartbat. Mit der Einschränkung ungerechter Anklagen soll Häß liche- nicht beschönigt und soll nicht gesagt werden, wir Deutschen hätten in diesen Tagen der ArbeilS- ruhe, die zugleich Tage heiligster GotteSwcihe sind, keinen Grund zur inneren Einkehr. Wir blicken auf Manche- zurück, wa- nicht hätte geschehen dürfen, und wir erblicken hinter dem BeklagenSwenhen eine bcklagens- werthere Ursache. Unserer Zeil haftet da- Uebel der inneren Widersprüche in hohem Maße an. „Es irrt der Mensch, so lang er strebt", läßt Goethe den Schöpfer sagen; aber nicht der Jrrtbum ist eS, von dem wir mebr als die jüngere Vergangenheit geplagt werden, sondern da- Laster des Fest haltens an bewußten, erkannten, al- solche verstandenen inneren Widersprüchen. Dir Worte, die Wilhelm I. bei seinem Regierungs antritt gesprochen, gerathen mehr und mehr in Ver gessenheit. Selbsttäuschung, häufiger noch Heuchelei und Pharisäerthum machen sich breit. Die- zeigt sich am deutlichsten ia dem E»starken des UltramontaniSmuS, dieser Richtung de» organisirten inneren Widerspruchs, die Religion zu sein vorgiebt und in Wahrheit krasseste Weltlich keit ist. Als in den siebziger Jahren in Deutschland Symptome eine- sittlichen Rückschlag» beobachtet wurden, machte man den Materialismus verantwortlich. Er ist verschwunden, die Kirchlichteit ist herrschend geworden wie seit langem nicht, und nicht nur den Proceß Sternberg, auch die Verbrechen deS Frommen Sanden sehen wir — dem Materialismus in die Schuhe geschoben. Niemand giebt sich der Täuschung hin, daß für das äußere und da- innere Volkswohl einen Unter schied bilde, ob der betrügerische Gründer die Synagoge meidet, oder ob er die Kirche frequentirt; dennoch wird der Ent larvte von den Einen der Kirche, von den Anderen der Synagoge in bewußter Täuschung-abstcht zugeschoben. Und al- dritte heuchlerische Gruppe erscheint die Socialdomokratie, um, ohne die Skelette im eigenen Hause vergessen zu haben, augenverdrehend zu danken, daß sie nicht sei, daß sie gar nicht sein könne »wie diese da". Die Pflege de- inneren Widerspruche» hat auch unser StaatSlebea heimgesucht. Man denkt und empfindet nicht mehr vollkommen richtig, wenn man Commissionen einsetzt, um einer Stelle dir absolute Integrität de- BramtentbumS zu sichern, undigleichzeitia an einer anderen Stelle durch eine, noch dazu mit Patyo» augekündigte, Nichtahndung einer Beamtenverfehlung die sittliche Feinfühligkeit der Staat-dieuerschaft verletzt; e- ist nicht mehr al- inconsequeut, einerseits die Bestrafung junger Leute, di« gespielt Haden, vermittelst eiue» ungeheuren Apparate» rn erzwingen und andererseits einen deutschen Bot schafter »ach Monaco zur amtlichen Ehrung de» schlimmsteu Beifübrer» zum Spiele zu entienden. Es war, um auch an da- wichtigste Errigniß der Zeit zu erinnern, zwar wohl menschlich thunlick, die Expedition nach Cbina al« einen zur Verbreitung de» Christenthum« unternommenen Zug aufzusaffen, aber geschah dir-, so war r- rin innerer Wider spruch, gleichzeitig zur Rach« aufzufordern. De« heiligen Feste wird nur sein Recht, wenn man e» dazu benützt, sich üder solche er»st« Dinge Rechenschaft zu geben. Weihnachten bat aber auch ein unvertilgbares Recht auf Freude, auf Freude vor allein für das junge Geschlecht, die die Er wachsenen tbeilen dürfen; denn mag auch Manches zu bessern ein: da- beute wirkende Geschlecht darf hoffen, den Kindern dereinst ein gutes Eibe zu hinterlassen. Besonders herzlich aber wünscht Deutschland diesmal die Weihnacktsfreude 'einen Söhnen, die im fernen Asien kämpfen und leiden. Mögen re bald und froh in die Heimath zurückkehren dürfen. Der Alldeutsche verband — Graf Diilow — „Kölnische Zeitung". Unter dieser Ucberschrift veröffentlicht der Vorstand der Ortsgruppe Remscheid des Alldeutschen Verbandes eine Er klärung, die wir um so lieber Wiedersehen, je mebr die in ibr zurückgewiesenen Angriffe auf die Person deS Reichstags abgeordneten Prof. vr. Hasse zugespitzt waren und je mebr sie geeignet ist, Klarheit über die durch jene Angriffe ver dunkelte Stellung des genannten Abgeordneten und des All deutschen Verbandes zur,Krüger-Frage" zu verbreiten. Sie lautet: Aus Anlaß bet Richtempfanges des Präsidenten Krüger sind gegen den Alldeutschen Verband von den verschiedensten Seiten heftige Angriffe erfolgt, die nicht unwidersprochen bleiben können. Im Nachstehenden werden wir diese Angriffe auf ihre Berechtigung prüfen und die vorhandenen Mißverständnisse aufklären. Es handelt sich eineslbeils um die beiden Reden des Grasen Bülow im Reichstage, andererseits um die wiederholten maß losen Schmähungen und Verdächtigungen seitens der „Kölnischen Zeitung". Bevor wir daraus näher eingehen, wollen wir zur Klarstellung kurz hervorheben, welche Ansicht der Alldeutsche Verband in Lieser Angelegenheit vertreten hat. Es ist dies um so nothwendiger. von gegnerischer Seite unablässig behauvrer wird, der A.-D, V wünsche eine Intervention Deutschlanos zu Gunsten der Boeren selbsst auf Lke Gefahr eines Krieges mit Eng land. Dies ist durchaus falsch. Der A. D. B. erkennt vollständig an, daß eine Inter vention unmöglich ist und hat eine solche nicht ver- langt. Er ist ober der Ansicht, daß, wenn unsere stricte Neutralität nach beiden Seiten den Kaiserbcsuch in Eng land und die Begrüßung des Prinzen von Wales während des Krieges gestattete, es dann ebensowenig eine Neutralität-Verletzung bedeuten konnte, wenn Deutschland den Präsidenten Krüger freundlich empfing, ohne ihn darüber im Unklaren zu lassen, daß irgendwelche politische Maßnahmen zu seinen Gunsten unmöglich seien. Wenn der Verband auch anerkennt, daß seit dem Kaiser telegramm von 1896 und den energischen Erklärungen der deutschen Regierung für die Unabhängigkeit der Boerenstaaten sich die Weltlage so verändert bat, daß Deutschland nicht ein greifen kann, so ist doch eine gewisse moralische Verpflichtung der Regierung, heute unnöthige Schroffheit zu ver meiden, unbestreitbar. Der Alldeutsche Verband ist ferner der Ansicht, daß die Stimmung der überwiegenden Mehrzabl des Volkes eine Berücksichtigung verdient hätte. Diese Volks- stimmung hat sich seit Beginn des Krieges so unzweideutig Ausdruck verschafft, daß die Kundgebungen beim Empfang des Präsidenten jür England durchaus nichts Ueberra'chendes ge zeigt hätten. Ein Nichtempfang trotz alledem ließe sich nur erklären durch ein Uebermaß von freiwilliger oder unfreiwilliger Rücksichtnahme aus England, das für unser nationales Empfinden nahezu unerträglich wäre.— Das ist der Standpunct des Alldeutschen Verbandes. Die Ausführungen des Grafen Bülow liefen im Wesentlichen darauf hinau», festzustellen, was Niemand bestritten hatte, daß Deutschland zur Beobachtung strikter Neutralität gezwungen sei und daß eine Intervention für uns ausgeschlossen war. Dem Präsidenten Krüger würde der Empfang nichts genutzt haben. Hierzu ist zu bemerken, daß es Sache Krüger's war, ob er nutzlose Bemühungen machen oder sich Enttäuschungen holen wollte. Als einzige Gründe für den Richtempfang erwähnt Graf Bülow, derselbe würde unserer Stellung in der Welt keinen Nutzen gebracht haben und der Nichtempfang hätte uns die Erhaltung des Weltfriedens erleichtert. Was unsere Stellung in der Welt betrifft, so unterliegt es keinem Zweifel, daß Deutschlands Ansehen bei Rußland, Frankreich, Holland und allen anderen boerenfreundlichen Völkern ganz gewaltig gesunken ist durch den Richtempfang. Wenn aber ter Richtempfang da» einzige Mittel war, den Welt- frieden zu erholten, dann ist die Bülow'jche Erklärung unserer vollsten Unabhängigkeit von England unverständlich und der Alldeutsche Verband ist durchaus berechtigt, wenn er die Politik verurtheilt, die uns in «ine solch« Lage gebracht hat. Der Versuch, die Weigerung des Empfangs mit der gebotenen Zurückweisung einer durch die Reise nach Köln versuchten Ueber- rumpeluug zu begründen, ist hinfällig geworden durch die Mit- «Heilung, daß die Ablehnung bereits ia Paris statt- gesunden hat. Wenn dann Graf Bülow gegenüber der durchaus maßvollen und sachlichen Rede deS Abg. Prof. Haffe aussührtr, daß wir nickt überall loSrennen könnten, wo in der Welt englische Wind mühlen gehen, und von dem guten Herzen de- Abg. Haffe redete, der seine Aufgabe darin sehe, fremde Völker zu retten, so verfällt er damit bedonerlicher Weise in den Fehler, dem Gegner Absichten «nterzufchirben, die dieser nicht hat. Am bedauerlichsten aber ist der geringschätzig überlegene Ton, den er der öffentlichen Meinung, der Volkes»immung gegenüber, an- zuschlaqen für gut befindet, die er mit der verächtlichen Bezeichnung al» Bierbankpolttik absertigt. Wir kommen darauf noch zurück. Die „Kölnische Zeitung", auf welche, wie Abg- Hasse treffend bemerkte, alles was der Alldeutsche Verband tkut, wirkt, wie das rolhe Tuch aus den Stier, hat die Gelegenheit benutzt zu wüsten Ausfälle», die wir hiermit etwas niedriger hängen wollen. Sie spricht von den „alldeutschen Schwärmern, die Deutsch land in unabsehbare Abenteuer hiiieinzuviä gen versuchen, von den lieben Kleinen des Alldeutschen Verbundes, die unerfüll baren Zielen nachitreben und die den Namen des deutschen Volkes vor der Well lächerlich machen. Zweck des Ver- bandes, der eine geineiugeiährliche Erscheinung genannt wird, sei es, das Teuliche Reich in Bewegung zu setzen, um Sonne, Mond und Sterne vom Himmel zu holen, Mißtrauen und Ve» stimmung gegen den Kaffer und das aus- wärtige Amt zu eiregeu, die natioualgesiuuten Kreise zu ver hetzen und den Reichewagen aus den »ewädrlcn Gleisen Bis- marck'jchcr Politik Herauszuwersen. Er versolge die heuchlerische Taktik, glauben zu machen, er wolle die Regierung nicht zu einem Schiedsgericht drängen" u. s. w. Demgegenüber verweisen wir nur aus die eingangs festgelegte Stellung Les A.-D. V. zu dieser Frage. Tie „Kölnische Zeitung" mißbraucht die Unkenntnis; eines Theils ihrer Leser mit den Einzelheiten des alldeutschen Vorgehens zu solchen Unter schiebungen, die sich bei anständig denkenden Menschen von selbst richten, und wettert gegen Absichten, die der A.-D. B. nie gehabt hat und nie haben wird. Wenn heute zwischen Kaiser und Volk eine tiefe Meinungsverschiedenheit besteht, wenn, wie die „Kölnische Zeitung" selbst zugiebt, „cs dem Volksempfinden schwer wird zwischen der Haltung Kaiser Wilhelm's 1896 und jetzt Len richtigen Ausgleich zu finden", wenn heute weite Kreise national empfindender Deutscher Worte unterschreiben, die von Socmldemokraten gesprochen werden, so ist das tief bedauerlich aber es ist eine Vermessenheit, den Alldeutschen Verband hierfür verantwortlich zu machen. Von den Organen Les Verbandes, in erster Linie den alldeutschen Blättern, sagt die „Kölnische Zeitung" in ihrer vornehmen Aus- druckswegse: . i !.,Ma:.che Organe des Verbandes steyen sittlich und' geistig auf einem jo unendlich niedrigen Riveau, daß sie außer Stande sind, eine abweichende Ansicht als eine ehr liche Ueberzeugung zu achten." Dein gegenüber wollen wir an einein krassen Beispiele die Kampsesweffe der „Kölnischen Zeitung" beleuchten. In der voin Alldeutschen Verband dem Präsidenten Krüger überreichten Adresse heißt es am Anfang: „Als Abgesandte und Vertreter des Alldeutschen Ver bandes, der Deutsche in allen Erdtheilcn zu seinen Mitgliedern zählt, nahen wir uns Ew. Excellenz, um öffentlich zu bekunden, daß in der Noih und Trübsal dieser Zeit die Herzen der Teuffchen noch heißer und treuer als je zuvor unseren Stammverwandten in Südafrika und Ew. Excellenz als deren verehrtem Führer eutgegenjchlagen." Die „Kölnische Zeitung" wagt es, ihren Leseru wie folgt zu berichten: «... und dort hat vr. Hasse gestern dem Präsidenten Krüger eine Adresse überreicht, worin der A. D. V. sich anmaßt, im Namen des deutschen Volkes über die auswärtige Politik des Kaisers und seines Kanzlers den Stab zu brechen. Nicht etwa der deutsche Kaiser, sondern Herr Krüger ist diesen Leuten, wie die Adresse behauptet, der „ver ehrte Führer."." Zwei Tage später erklärt sie dann, daß ihre Annahme, die All» deutschen proclamirten den Präsidenten Krüger zu ihrem Führer, „diesem Wortlaut nach nicht ganz zutreffend war. Dem Sinne nach aber trisst sie auch heute noch zu, denn niemand kann zween Herren dienen und „heiß und treu" können und sollen deutsche Herze» nur für Kaiser und Reich schlagen." Tas sagt dieselbe „Kölnische Zeitung", die es vor einigen Jahre» wagte, dem Kaiser mit dem „Rückwärts.Revidiren des monarchischen Gefühls" zu drohen. Wir überlassen es unseren Lesern, zu beurtheilen, auf welcher Seite die Niedrigkeit der Gesinnung zu suchen ist. Selbstverständlich ist es, daß die „Kölnische Zeitung" es sorg- sam verschweigt, wenn sie Ansichten vertritt, die der Alldeutsche Ver- band theilt. So stellt sie den Boerenfreundeii gegenüber die An sicht der„denkenden Welt" und giebl eine Aeußerung von Pros. Mommsen über Holland wieder, die sich genau deckt mit dem Standpunct, den der Alldeutsche Verband stets ver- fochten hat. Auch weiß sie in den Bericht über eine Hamburger Ver- sammlung, in welcher heftige Angriffe auf Kaiser und Kanzler er- solgten, mit welcher Versammlung aber der Alldeutsche Verband nicht das Geringste zu thun hat, sehr geschickt das Wort „alldeutsch" hinein zu schmuggeln, so daß Jeder glauben muß, auch hier seien die bösen Alldeutschen die Missethäter. Solcher Kampsesart, die mit den vergifteten Waffen der Ent- stellung und Berdrehunsg arbeitet, wird Jeder rechtlich Denkende die Billigung versagen und dem Alldeutschen Verband Recht geben, wenn er auf solche Gegner, wie das „Weltblatt" in Köln, mit Verachtung herabsieht. Wa- aber die Anmaßung de» A. D. V. betrifft, im Namen de» deutfchea Volke» zum Präsidenten Krüger zu sprechen — nun, wir glauben behaupten zu dürfen, daß die Mehrheit der Deutschen eiar« Sinne- mit nn» ist, und die Adresse unter- schreiben würde, in der eS ferner noch heißt: „So vereinigtn wir heut, in den Tagen de« Unglück- und der Trauer noch inniger und wärmer unfere heißen Wünsche und innigsten Gebete mit den Gefühlen Ew. Excellenz und des ruhmreichen Boerenvolke«. Wir beklagen e- tiet, baß nicht das gesummte übrige Europa der englischen Gewaltihot entgegen getreten ist; wir fühlen mit die unauSspiechlichea Leiden b,S gequälten «oerenvolke». Wir erflehen und erhoffen m,t Sw. Excellenz. Hatz hinter dtefer laugen Nach» de« Unglücke« «in sonniger Tag der Freiheit auch für das Boerenvolk wieder auf steigen werde, den Ew. Excclleuz selbst noch erblicken mögen! Wir aber, gekommen als Vertreter des Alldeutschen Ver bandes, wir wissen und ve>sickern, daß das deutsche Volk in aller Zukunft und in jedem Leide Len Boeren die Liebe und Treue beweisen werde, die neben der „Geineinschaft von Name und Sprache" das Blut in uns für alle Ewigkeit gelegt hat." Nach dem Gesagten drängt sich folgende Frage auf: Was ver anlaßt den Reichskanzler und sein osficiöses Blatt zu Liesen An griffen gegen den Alideuischcn Verband, der sich in der Bocrensrage von übertriebenen Forderungen durchaus fern gehalten hat und völlig aus dem realen Boden der Wirklichkeit geblieben ist? Es erweckt fast den Anschein, als ob sich hier der Unmuth der Berufspolitiker Les auswärtigen Amtes und der „Kölnischen Zeitung" darüber austobe, daß der A. D. V. es sich herausnimmt, sich in F agen der auswärtigen Politik eine eigene Meinung zu bilden und dieselbe zu verfechten, selbst wenn sie von der ofsiciellen Politik abweicht. Für die Beurthcilung der deutschen Politik England gegenüber sind für uns die nachstehenden allgemeinen Gesichtspuncte maßgebend: Deutschland und England sind heute wirtbschaftlich die beiden ckäristen Concurrentcn auf dem Weltmarkt. Deutschlands Ent wickelung, die mit Nothwendigkeit Ellbogenraum für Menschen und Waarcn draußen in der Welt suchen muß, verschärft diese Gegensätze unaufhaltsam. Wir sind der Meinung, daß in der Zukunft ein dauerndes Einvernehmen und sreundsckastliches Zusammengehen da durch undenkbar wird, und halten die Bismarck'jche Politik für richtig, die es Deutschland zur Ausgabe machte, rechtzeitig für Rückendeckung zu sorgen. Tas Ziel der deutschen Politik solle nicht dahin gehen, durch unausgesetztes Entgegenkommen und Nachgiebigkeit, die von England doch nur als Schwäche gedeutet wird, die Gegensätze zn überkleistern, sondern da Rückhalt zu suchen, wo in der natürlichen Entwickelung der Dinge keine sich verschärfenden Gegensätze zu er^ wartcn sind. Von dieser Anschauung ist der A. D. V. ausgegangen, wenn er von allem Anfang an für die Bocren eiugetreten ist. Ter englische Plan, Afrika englisch vom Cap bis zum Mittelmcer, bedeutet eine schwere Bedrohung unserer afrikanischen Colonien, für deren Zukunft die Erhaltung der selbiiständigen Boerenrepubliken von höchster Wichtigkeit gewesen wäre. Tas, und nicht etwa nur das ideale Streben, für unterdrückte Völker bedingungslos einzu treten, sind die Beweggründe des Alldeutschen Verbandes. Diese abweichende Anschauung mag der Regierung lästig sein. Freilich — es wäre ja wohl schöner, wenn der deutsche Michel in ver trauensvollem Schlummer sein Geschick ruhig in die Hände von Kanzler und „Kölnische Zeitung" legen könnte und nur zu gelegentlichem Beifall Geist und Hände zu regen brauchte. Leider berechtigen un» die Erfahrungen der Zickzackcurse der Vergangenheit nicht zu solch blindem Vertrauen. Wir Lanken unserem großen Lehrmeister Bismarck, daß er das deutsche Volk aus dem Schlaf gerissen, Laßer es mündig gemacht hat. Mit dem Stolz, ein Deutscher zu sein, Hot er uns die Pflicht der Verantwortung LeS Einzelnen seinem Volke gegenüber gegeben. Wir wollen nicht mit den Händen in den Taschen zu- jeheii, sondern sest daran glauben, daß unserem Volk noch eine große und machtvolle Entwicklung bevorsteht, daß große Ausgaben zu lösen sind und nur gelöst werden können, wenn in immer weiteren Kreisen unseres Volkes das Verständniß für die selben, das volle Bewußtsein von der Nothwendigkeit opferwilliger Mitarbeit jedes Einzelnen geweckt wird. Nicht in blindem Autoritätsglauben, nicht in thatenlosem Ver trauen aus Andere, sondern in ernster Arbeit, in treuer Hingabe und Vertiefung jedes Deutschen in die großen Zukunsssragen seines Volkes liegt das Heil. Tas 20. Jahrhundert wird der Schauplatz gewaltiger Kämpfe sein, des heißen Ringens der großen Völker um ihre Weltmacht stellung, nm Sein oder Nichtsein. Nicht Minister und Zeitungen werden diesen Kampf entscheiden-— das Volk wird siegen, das sich am klarsten bewußt ist seiner Ziele und bei dem bis in die tiefsten Schichten hinein begeisterte Hingabe an die VolkSsache herrscht. Sich selbst und ihr Volk in ernster Arbeit durchzuringen zur Klarheit über das, was unS frommt, das ist die große Aufgabe, an der Tausende deutscher Männer im Alldeutschen Verband arbeiten. Und sie werden weiter arbeiten al- freie deutsche Männer, un bekümmert um Hohn und Spott der Gegner, wir hoch sie auch stehen mögen. Und wenn der Reichskanzler Gras Bülow eine solche Bewegung voll Les ernsten Strebens für die Zukunst unseres Volkes mit der Bezeichnung Bierbankpolitik abthun zu dürfen glaubt, so weijrn wir die- mit Entrüstung zurück. „An der politischen Erziehung unsere» Volkes mit arbeiten, das Interesse und da» Verständniß für öffent liche Angelegenheiten beleben, da- schläfrige d e ut s ch « Nationalgefühl wach rütteln, den opfermuthigenSinn für di« großen Aufgaben einer großen Nation rege halten", das sind Ziele, für die wir freudig arbeiten und streben »ad bei welchen wir di« Mitarbeit aller deutschgesiaatrn Männer erbitten.
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