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— Der Bergbau, welcher in Scharfenberg bei Meissen schon im Jahre 1255 bestand und damals reiche Erträge lieferte, wurde im Jahre 1769 durch einen Wolkenbruch zum Stillstand gebracht. Obgleich es nun an Versuchen zum Theil mit staatlicher Unterstützung nicht fehlte, uni den Bergbau wieder in Flor zu bringen, war doch kein Erfolg zu erzielen. Neuerdings erst sind die Ertrüge wieder ziemlich reiche geworden, da wiederholt abbauwürdige Gänge gefunden wurden. Die Gruben erreichen eine Tiefe von ca. 150 Mtr. und wird darin meist Fahlerz, Bleiglanz und Zinkblende gesunden. Auf den Ctr. ergeben die Erze 2—16 Lth. Silber. — Zur Trichiuosis-Affaire in Grosssedlitz muss leider berichtet werden, dass Herr Baumeister Julius Hähnel nicht gerettet werden konnte, sondern am Dienstag früh seinen Leiden erlegen ist. — In Veranlassung des neuerlichen heftigen Auftretens der Cholera in Toulon und Marseille wird die nachstehende, nach zu verlässigen Publikationen gefertigte Skizze über die gleiche Epidemie vom Jahre 1866, worunter unser sächsisches Vaterland, in erheblicher Weise auch der Regierungsbezirk Zwickau, so sehr zu leiden hatte, vielen unserer Leser gewiss ein interessantes, wenn auch für gar manche mit trüben Erinnerungen verknüpftes Erinnerungsblatt bilden. Vorauszuschicken ist, dass die Cholera bereits im Jahre 1865 in Deutschland aufgetreten mar, hierbei jedoch wie im Allgemeinen, so auch speziell in Sachsen nur eine geringe Zahl von Opfern gefordert hat. Ungleich heftiger aber tritt die Cholera im Jahre 1866 in Sachsen auf, und es belief sich die Zahl der infolge derselben in unserem Vaterlande Verstorbenen 6819, als: in» Regierungsbezirk Dresden 236 „ „ Leipzig 3376 „ „ Zwickau 2680 „ „ Bautzen 527. Von den im Neg.-Bez. Zwickau überhaupt befallenen 118 Orten waren bei 43 dem ersten Todesfall ein Verkehr mit infizirten Per sonen, Dingen oder Ortschaften nachweislich vorausgegangen. 39 Orte im Neg.-Bez. waren epidemisch ergriffen, in 36 Orten kamen mehrere Todesfälle in verschiedenen Häusern, in 6 Orten mehrere Todesfälle in einem Hause und in 37 Orten kam nur je ein einziger Cholera-Todesfall vor. Die 2680 im Negierungs-Bezirk Zwickau vorgekommenen Cholera-Todesfälle vertheilen sich, nach Monaten ge ordnet, wie folgt: im Juli (vom 14. an) 7, „ August 23, „ September 1033, „ October 1154, „ November 226, „ December 170, 1867 „ Januar (bis 21.)16. Summa: 2680. Die grösste Sterblichkeit an Cholerafällen im Regierungs-Bezirke fand mit 454 in der Woche vom 28. S-ptember bis 4. October statt. Vom ersten bis zum letzten der überhaupt im Negierungs- Bezirk vorgekommenen 2680 Cholera-Todesfälle lag eine Frist von 187 Tagen inne. In Betreff des Einflusses, den Alter und Geschlecht auf die Mortalität der Erkrankten auöübten, waren von den im Negierungs-Bezirk Zwickau überhaupt vorgekommenen 5344 Cholera- Erkrankungen mit zusammen 2680 Todesfällen 5152 Erkrankungen mit 2638 Todesfällen zur Eröterung zu verwerthen wie folgt: Von 2432 Erkrankten männl. Geschlechts starben 1227 (50,g o/o), „ 2729 „ weibl. „ „ 1411 51,7 o/g). Es war also die Sterblichkeit unter den Erkrankten weibl. Geschlechts grösser als beim männl. Geschlecht. Das in Bezug auf die absolute Häufigkeit der Erkrankungen am stärksten vertretene Lebensalter mar das zwischen 30- 40 Jahr (18,Z o/^), ebenso ivar hinsichtlich der absoluten Zahl der Todesfälle das Alter zwischen 30—40 Jahren das am stärksten vertretene (16,z o/g sämmtlicher Todesfälle), dann folgten in absteigender Reihenfolge das Alter von 3—10 Jahren (14,7 o/g), 40-50 Jahren (14,g o/g), 0-3 Jahren (13,7 o/g), 20—30 Jahren (11,^ o/g) 50—60 Jahren (10,g °/g), 60—70 Jahren (7,8 o/g) 10-20 Jahren (7,7 o/g), 80-90 Jahren (3„ o/g). - Wünschen wir, gewiss im Sinne aller unserer freundlichen Leser, daß mit Gottes Hilfe die Cholera unserem Vaterlande und daniit auch uns für alle Zeiten weit, weit vom Halse bleibt. politische Wochenschau. Deutschland. Wiederum weilt Kaiser Wilhelm, einer lieb gewonnenen Gewohnheit folgend, auf österreichischem Boden, in dem in den Vorbergen der Salzburger Alpen herrlich gelegenen Bade Gastein, wo er regelmässig seine alljährlichen Badecuren zu beschließen pflegt. Wenn nun auch in dem jedes Jahr sich wiederholenden Be suche des deutschen Kaisers in dem Salzburger Badeorte zunächst die Rücksicht auf die stärkende Alpenluft Gasteins und dessen heilkräftige Quellen maßgebend ist, die sich ja dem greisen Monarchen gegenüber immer so wunderbar erprobt haben, so kommt hierbei doch auch das politische Moment in Betracht. Dasselbe drückt sich in der förmlich zur Tradition gewordenen Begegnung zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef aus, welche den jedesmaligen Abschluß des Bade- Aufenthaltes des Ersteren in Gastein bildet und es ist kaum nöthig zu versichern, wie sehr diese Begegnung ein bedeutungsvolles Unter pfand für die zwischen den Kaiserhöfen von Berlin und Wien herr schenden intimen Beziehungen wie für die enge politische Freundschaft bildet, welche das deutsche Reich mit der habsburgischen Doppel monarchie verbindet. Auch in diesem Jahre wird diese Entrevue stattfinden und zwar nicht, wie sonst in Ischl, der Sommervillegiatur 1 des österreichischen Kaiserpaares, sondern in Gastein sebst, wo Kaiser ; Franz Joses, begleitet von seiner erlauchten Gemahlin, am 5. August , eiuzutreffen gedenkt. § Ein freudiges Ereigniß, dessen der Wochenchronist gern gedenkt, ! mar die glückliche Entbindung der Prinzessin Wilhelm von Preußen von einem Prinzen und die frohe Botschaft von der Geburt eines ! dritten Urenkels erreichte den Kaiser noch während dessen Reise von > Mainau nach Gastein in Rosenheim. Eine nicht unwichtige Episode in derselben bildete auch die Begrüßung mit dem württembergischen Königspaare in Friedrichshafen und dürfte nian hieraus wohl auf eine größere Annäherung zwischen den Höfen von Berlin und Stutt gart schließen, als dies bisher der Fall war. Im Uebrigen ist die Ausbeute an politischen Neuigkeiten aus dein Reiche fortgesetzt eine geringe und beschränkte sich in dieser Woche eigentlich nur auf die Ernennung des Herr v. Bödiker zum Präsidenten des Neichsversicherungsamtes, womit diese Institution nunmehr definitiv ins Leben getreten ist. Der politische Zeitungs klatsch über die angebliche Kanzlerverschmörung der „Hofliberalen" scheint jetzt endlich zu Grabe getragen zu sein, was gerade nicht zu beklagen ist. Sonst ist noch von dem rüstigen Fortgang der Wahl vorbereitungen zu berichten, die auf allen Seiten anläßlich der im nächsten Herbste bevorstehenden Neuwahlen zum Reichstage getroffen werden, ein Beiveis, daß sich keine Partei im Wahlkampfe überraschen lassen will. Oesterreich. Das Interesse an dem in Wien spielenden Anarchistenprocesse ist durch das rückhaltslose Geständniß, welches die thcils bei dem Wiener Landgerichte, theils bei dem Militärgerichte inhaftirten Anarchisten abgelegt haben, wieder lebendig geworden. Der Anarchist Kammerer gestand, daß er in Gesellschaft Stellmachers den Raubmord au Eisert und die Naubattentate in Straßburg und Stuttgart aussührte und selbst den Polizeiconcipisten Hlubek ermordete. Die erste Anregung zu den Mordthaten erfolgte in einer Nummer des „Rebell" im Sommer 1883, in welcher ein geheimes Comttee die Beschaffung der Geldmittel verlangte. Die Beute floß größten- theils in die Parteicasse. Die deutschen und österreichischen Anarchisten werden also nicht mehr den schweren Vorwurf zurückweisen können, daß sie ihre dunkeln Pläne durch gemeine Verbrechen zn fördern suchen. Frankreich. Die deutschfeindlichen Kundgebungen während der Feier des Nattzonalfestes in Paris, die in der Zerreißung deutscher Fahnen gipfelten, bilden in der französischen Hauptstadt das Tages gespräch. Im allgemeinen sprechen sich die Pariser Blätter mißbil ligend über die bekannten Vorgänge am Hotel Continental aus, aber an dem Geschehenen und dem, dem deutschen Volke durch jenen scandalösen Vorgang zugefügten Schimpf wird hierdurch nichts geän dert. Der französische und speziell der Pariser Chauvinismus hat eben wieder einmal eine seiner Orgien gefeiert und wenn sich hier aus keine ernstere Cousequenzeu entwickeln, so ist dies nur der kühlen Art und Weise zu danken, mit welcher man deutscherseits die ganze Affaire behandelt. Die französische Regierung hat an und für sich Alles gelhan, um der deutschen Negierung Genugthuung zu leisten. Der Polizeicommissar Galten, welchem der Vorwurf gemacht wird, bei dem Tumult vor dem Hotel Contniental nicht die nöthige Energie gezeigt zu haben, ist abgesetzt worden und außerdem hat das französische Cabinet durch Baron de Courcel dem Berliner Auswärtigen Amte sein lebhaftes Bedauern über de» Vorfall aussprechen lassen und somit dürfte wohl die jüngste Heldenthat der Pariser Patriotenliga ohne weiteren Einfluß auf die guten offiziellen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich bleiben. — Die Minister des Innern, des Handels und der öffentlichen Arbeiten weilten in den letzten Tagen in Marseille und Toulon, um sich an Ort und Stell« über die durch die Cholera hervorgerufene bedenkliche wirthschaftliche Lage dieser Städte zu orientiren. England. Jenseits des Canals befindet man sich noch immer in der Wahlreformcrisis. Der vorgeschlagene Compromis zwischen Regierung und Oberhaus soll jetzt wieder weniger Aussicht auf Erfolg haben. Es heißt, die conservative Mehrheit des Oberhauses verlange die Ausführung der Bill über die Neueinthcilung der Wahlbezirke, ehe man in die Weiterberathung der Wahlreformvorlage eintrete, während die Negierung gerade das umgekehrte Verfahren wünscht. Unter diesen Umstänoen hat der von Lord Wemyß in der Donnerstags sitzung des Oberhauses eingebrachte Vermittelungsantrag keine großen Aussichten auf Erfolg, um so weniger, als eine am 15. Juli im Londoner Carlton stattgefundene große Versammlung conservativer Parlamentsmitglieder den Beschluß gefaßt hat, das Oberhaus bei Ablehnung der Wahlreformbill zu unterstützen. Italien. Die italienische Diplomatie wurde in letzter Woche durch den „Fall Pidal" stark in Anspruch genommen. Pidal, der spanische Minister der öffentlichen Arbeiten, sollte, wie man weiß, sich als Anhänger der weltlichen Papstherrschaft bekannt haben, infolge dessen sich ein lebhafter Depeschenwechsel zwischen Nom und Madrid entspann und der italienische Gesandte in Madrid war sogar beauf tragt, dem spanischen Cabinet ernste Vorstellungen zu machen. Der diplomatische Apparat hat nun seine Schuldigkeit gethan und die spanische Regierung der italienischen die beruhigendsten Erklärungen gegeben, womit auch dieser jüngste Zwischenfall in befriedigender Weise erledigt worden ist. Rumänien. In Bukarest hat die vereinigte Opposition der rumänischen Deputirtenkammer, welch' erstere von den gebräuchlichen parlamentarischen Formen wenig zu haben scheint, einen groben Straßenexceß in Scene gesetzt, um ihrem Unmuthe gegen das Cabinet Bratianu Ausdruck zu verleihen. Es ist mehr als zweifelhaft, ob die Gegner des Herrn Bratianu durch ein solches pöbelhaftes Benehmen