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Erscheint wöchentlich drei Mal . und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prss»um«r»näo. AMiM für Inserat« werden di» spätestes» Mittags des vorhergehende» TageS des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzrile mlt tv Ps., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Amtsblatt für den Stadtnemeinderath zu Zwönitz. 138. Sonnabend, den 23. November 1878. 3. Jahrg. Tagesgeschichte. Berlin, 21. November. Das Berliner Polizeipräsidium entzog Hasselmann und Fritzsche, weil sie es zum Geschäft machen, sozialistische Bestrebungen zu fördern, die Befngniß zur gewerbsmäßigen und nicht gewerbsmäßigen öffentlichen Verbreitung von Druckschriften. Darmstadt, 20. November. Der Erbgroßherzog ist nach dem hertte ausgegebenen Bulletin fieberfrei; die diphteritischen Häute haben sich meist abgelöst; Heiserkeit ist zwar noch vorhanden, aber weder Husten noch Athmungsstörung eingetreten. Der Kräftezustand ist ein befriedigender. — Die Besserung in dein Befinden des Groß herzogs macht langsame Fortschritte, ebenso die des Befindens der Prinzessin Irene. London, 21, November. Der Emir von Afghanistan ließ das englische Ultimatum unbeantwortet. Das Kabinet zu London be schloß daher, nach Indien den Befehl zum Vorrücken zu telegraphiren. — Die Times glaubt, die ersten Operationen werden in der Be setzung des Khyber-Passes bestehen. Das Vorrücken geschieht von Quetta aus. — Heute findet wiederum Kabinetsrath statt. Bombay, 21. Novbr. Eine hier publizirte Depesche aus Thull von hellte früh meldet: Die britischen Truppen besetzten das Fort Napion widerstandslos; der Feind zieht sich zurück. Kalkutta, 21. November. Sämmtliche Kolonnen der englischen Truppen haben Befehl erhalten, die Grenze zu überschreiten. Depeschen, welche Meldungen über Truppenbegungen enthalten, werden von den Behörden zurückgehalten. Neapel, 20. Novbr. Gestern Abend fand eine große Ovation vor dem Königspalais statt. Ueber 80,000 Menschen nahmen daran theil. Das Königspaar und der Herzog von Aosta erschienen auf dem Balkon und dankten. Heute wurde der Geburtstag der Königin feierlich begangen. — Cairoli hütet noch das Bett, man glaubt, er werde dasselbe nach zwei bis drei Tagen wieder verlassen können. — Passavanteist nunmehr iir das Gerichtsgefüngniß abgeführt worden. Er beharrt dabei, er habe keinen Mitschuldigen und trügt gegen die Gerichte ein cynisches Wesen zur Schau. Unter den hier Verhafteten befindet sich ein gewisser Cicarese, welcher am Morgen des Tages, ail de>l der König eintraf, äußerte: „Wir werden hente Abend oder morgen keine Regentschaft haben." Neapel, 22. November. Die Untersuchung gegen Passavante nimmt einen raschen Fortgang. Bereits sind viele Zeugen vernommen, auch werden die Verhöre der angeblichen Mitschuldigen Passavante's fortgesetzt. Der König empfängt noch immer zahllose Telegramme aus allen Theilen Italiens, auch viele Deputationen trafen ein. In allen Kirchen fanden Tedeums statt. Mehrere Kolonien hiesiger Ausländer überreichten Adressen und veranstalteteil einen Dank gottesdienst. Florenz, 21. Novbr. Hellte fand die feierliche Beerdigung der von der Orsinibombe Getödteten statt. Die Behörden, Gesellschaften und Arbeitervereine, wie eine große Menge wohnte derselben bei. Der Präfekt hielt eine Rede, nach der Feier durchzogen Arbeitervereine die Straßen mit Hochrufen auf den König, die Königin und den Kronprinzen. Aus Sexten in Tirol, den 10. Novbr., schreibt man dem „N. Tir. St": Ein Vater ging heute Nachmittag mit seinem einzigen 11jährigen Sohne und zwei andern kleinen Knaben auf die Jagd. Als sie erst wenige Schritte von der Wohnung zu einer Thalmündung kamen, sprang ein Hase bergauf. Vater, Vater! schrie der 8 Schritt vorausgeeilte Sohn, jetzt kommt der Hase! Der Vater ergriff das Gewehr, spannte eiligst den Hahn; aber der Hahn glitschte ihm aus, der Schuß ging los und die ganze Ladung traf den unglücklichen Sohn an der rechten Seite des Kopfes. Das Kind blieb augen blicklich todt, erschossen von dem eigenen Vater! Dieser arme Vater wurde fast wahnsinnig. Er nahm die blutende Leiche in seine Arme und trug sie nach Hause; welche Szene sich dort abspielte, läßt sich denken. Uokales und Sächsisches. — Das Glücksrad der königlich sächsischen Landeslotterie hat, nachdem es den 100,000-Mark-Gewinn einen Voigtländer in den Schooß geschüttelt, auch einen Schneidermeister in Plauen i. V. huld voll angelächelt. Derselbe spielt mit einem auswärtigen Geschäfts manns schon eine lange Reihe von Jahren ein Achtel von dem Loose Nummer 97,543 und auf dieses ist der Gewinn von 150,000 Mark gefallen. Das Loos ist von einem Leipziger Lotterie-Kollekteur ent nommen morden. — Der am 18. d. M. gezogene Hauptgewinn von 500,000 Mark ist nach Geithain gekommen und zwar auf ein s/g-Loos. — Das „Dresdner Journal" veröffentlicht eine Bekanntmachung der Polizeidirektion, welche das Einsammeln von Beiträgen zur Förderung sozialistischer Bestrebungen verbietet. — Nach einer Mittheilung des „Sächsischen Wochenbl." hat das königliche Ministerium des Innern zu Dresden mit Rücksicht darauf, daß in 8 360 des Reichsstrafgesetzbuches das „unbefugte Tragen von Uniformen" ausdrücklich mit Strafe bedroht ist, es für erforderlich erachtet, daß künftig sowohl die Verleihung als auch die Modalität der nicht durch die Regierung verliehenen Uniformen, insbesondere der kommunlichen Beamten und Offizianten, an eine Genehmigung" der Regierung gebunden werde, lind mit Ertheilung dieser Genehmig ung die Kreishauptmannschaften betraut. — Dem Ortsrichter und Steuereinnehmer Christian Fürchtegott Beyer in Schwarzbach ist das allgemeine Ehrenzeichen verliehen worden. Dresden, 20. November. Die Geschichte mit unserer „Flügel luftschifffahrt" fängt an tragisch zn werden. Da nächsten Sonntag (dem zuerst in's Auge gefaßten Termine) Todtenfeier ist, welche öffentliche Schallstellungen verbietet, so hatte man die wiederholt verschobene Auffahrt auf heute festgesetzt. An Publikum fehlte es nicht. In dichten Massen strömte es zu Fuß und zu Wagen herbei. Leider wurde aber auch hellte nichts aus der Sache. War im ersten Falle das böse Chlorcalcium, im zweiten Freund Petrus an dem Mißlingen schuld, so fehlten heute die nöthigen Apparate zur Füllung. Der Leipziger Chemiker, welcher das letztere Geschäft besorgen sollte, war nicht eingetroffen, und Herr Lichtenberger von hier, welcher nunmehr zu Hilse gerufen wurde, konnte bei der ihm zu Gebote stehenden kurzen Zeit die herrschenden Uebelstände nicht beseitigen. An ein Aufsteigen war also nicht zu denken und tiefbetrübt stand der „Lustförster", wie der gute Baumgart hier allgemein genannt wird, an seiner Zukunftsmaschine. Wie ich soeben höre (gewiß ist's aber noch nicht), soll morgeir nun abermals manipulirt werden. Nach meiner uninaßgeblichen Ansicht wird das Resultat aber kaum ein anderes sein als heute. Ich habe mir das Luftvehikel von vorn und von hinten angesehen, kann aber beim besten Willen kein Zutrauen zu ihm gewinnen. Und mir geht's nicht allein so. Ich habe heut eine hübsche Anzahl Menscheilkinder getroffen, welche gleich meiner Wenigkeit nicht daran glauben, daß der biedere Hasentödter Baum gart im Pantheon der Erfinder einst noch eür Denkmal erhalten wird. Es sollte mir lieb sein, wenn ich mich täuschte. Leipzig, 20. Novbr. Nach einer bis zum 19. Novbr. reichenden Zusammenstellung der bezüglichen Bekanntmachungen iin „Reichs anzeiger waren bis dahin im gesammten deutschen Reiche auf Grund des Sozialistengesetzes 116 Vereine und Gewerkschaften unterdrückt und das Erscheinen von 31 Zeitungen und anderen periodischen Druck schriften, sowie von 92 nicht periodischen Zeitschriften verboten. Man kann hieraus ersehen, mit welchem dichten Netze die socialdemokratische Propaganda das deutsche Reich überzogen hatte. Das Schicksal des Vorschußvereins zu Roßwein ist nicht ohne Wirkung auf die übrigen derartigen Vereine der dortigen Gegend geblieben. Nachdem sich bereits der Vorschußverein zu Hainichen aufgelöst hat, geht auch der „Spar- und Dahrlehens-Verein" zu Döbeln seiner Liquidation entgegen. Infolge des eingetretenen Miß trauens haben seit der Roßweiner Katastrophe sehr viele Mitglieder