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7. „Wunder von Cöthen", die Bluterdbeere. Die beste Sorte für Einmachezwecke, da die mittelgroßen, rundgebauten Früchte ebenso wie der Saft ihre schöne rote Farbe behalten. Zum Roh- genuß sind die Früchte nicht geeignet, da sie zu hart sind und zu wenig Würze haben. Die Pflanzen sind widerstandsfähig gegen Frost, verlangen aber einen sehr guten, nicht zu schweren und genügend feuchten Boden, da sie sonst oft verkrüppeln. Die Blütenstiele sind sehr kurz, so daß die Ernte schwierig ist und die Früchte auch durch Schädlinge aller Art sehr zu leiden haben, wie viele andere Sorten. 8. „Weiße Ananas=Erdbeere" (, White Pine apple"). Für Liebhaber, die für ihren Garten eine vorzügliche Sorte suchen und auf hervorragend guten Geschmack mehr Wert legen als auf schönes Aussehen und hohen Ertrag, ist diese Sorte besonders geeignet. Für den Anbau zum Gelderwerb ist sie nicht zu gebrauchen. Die Früchte sind mittelgroß, regelmäßig rund, weiß, bei vollständiger Reife blaßrosa angehaucht mit hervorstehenden Samen. Das Fleisch ist weiß, schmelzend süß, sehr gewürzreich, von herrlichem Aroma und wundervollem Ananasgeschmack. Für Erdbeerbowlen gibt es keine bessere Sorte. Die Reifezeit ist mittelfrüh, und der Ertrag läßt zu wünschen übrig. Außerdem sind die Früchte sehr weich, gegen Nässe außerordentlich empfindlich, und Schnecken und anderes Ungeziefer ziehen sie allen anderen Sorten vor. Für den Versand kommen die Früchte nicht in Frage. Paul Kaiser, Berlin. Die hellrindige Vogelkirsche als Unterlage für Süßkirschen. Ohne Zweifel ist die Unterlagenfrage im Kern» und Steinobstbau noch lange nicht restlos geklärt,- deshalb muß es dankbar anerkannt werden, daß sowohl Baumschulen, wie Lehr» und Versuchsanstalten, Obstbaubeflissene in selbständiger und abhängiger Stellung usw. sich diesem Gebiet mit erneutem Nachdrude und Interesse widmen, auf dem noch mancherlei Neuland zu bearbeiten ist. Gelegentlich einer Harzreise machte ich u. a. auch einen Abstecher nach Blankenburg a. H. zur Firma Alb. Severin, deren Baumschulen mich schon längst interessierten, zumal dort in der Nähe auch der alte deutsche Kirschenvater, Provinzial»Gartenmeister Heimann (früher in Diemitz-Halle) seine langjährigen reichen Erfahrungen in der Sorten» und Unterlagenfrage für Süß» und Sauerkirschen praktisch auswertet und sie in einer besonderen Versuchsanlage peinlich beobachtet und pflegt. Neben der Wüchsigkeit der großen Baumschulbestände (Obst- und Alleebäume, Ziersträucher und Stauden) interessierten mich bei Severin besonders die Kirschen, die in allen Reichssorten vorhanden sind, sowie die Sämlinge und Heister, von denen dort alljährlich große Mengen herangezogen werden. Letztere werden hauptsächlich an Gemeinde» und Straßenbauverwaltungen abgesetzt, die Wert darauf legen, eben diese -Heister (dieser Ausdruck dürfte nur unter den Forst» und Alleebäumen vorkommen) mit eigenen erprobten Lokalsorten zu veredeln und zwar an Ort und Stelle, was bekanntlich viele Vorzüge hat. Die Ver» edlung dieser übrigens kerzengeraden Vogelkirschen-Wildstämme wird etwa zwei Jahre nach der Pflanzung auf die erforderliche Höhe <2 — 2,50 m) ausgeführt. Gerade als Unterlage hat sich die heilrindige Vogelkirsche ganz besonders bewährt, da sie aus Samen ge= Wonnen wird, der von 50—200 jährigen Mutterbäumen stammt, die mitten in den hohen, jahraus, jahrein den Gebirgswinden ausgesetzten Forsten des Harzes stehen, von Fremdbestäubung völlig verschont bleiben, und deshalb widerstandsfähig gegen tierische und pilzliche Schädlinge sind,- ohne Zweifel heutzutage eine der wich» tigsten Vorbedingungen für die Verpflanzung von Obstbäumen aller Art in andere klimatische Verhältnisse überhaupt. Eine der Hauptvorzüge der hellrindigen Vogelkirsche als Wildstamm ist außerdem, daß sie nidit so leicht von dem gefährlichen Gummifluß befallen wird und abstirbt, also eine viel längere Lebensdauer hat als der Süßkirschen-Wildling, der im allgemeinen schon deshalb empfindlicher ist, weil er eben nicht jene bodenständige, urwüchsige Wildart darstellt, wie die hellrindige Vogelkirsche, die außerdem noch die Eigenschaft eines besonders guten Stammbildners besitzt. Wenn man an die großen Verluste von Kirschbäumen nach dem strengen .Winter 1929 zurückdenkt, so treten die eben erwähnten Eigenschaften der hellrindigen Vogelkirsche noch besonders empfehlend hervor. Neuerdings hat diese Firma auch in ihrer Braunschweiger Baumschule weitgehende Versuche hinsichtlich der Tragbarkeit, Boden» und Klima»Ansprüche, Schädlingsbefall, Witterungseinflüsse bei Kern» und Steinobst» Sorten angestellt, auf deren Ergebnisse, besonders bezüglich einer engeren Auswahl unserer besten deutschen Kirschensorten man wirklich gespannt sein darf. H. L. 259