IV. Der Gerbstoff in den Holzgewächsen. Uebersicht der Verhältnisse. Winterruhe der Zweige, immergrüne Blätter. Knospenentfaltung im Frühling, Antheil der Zweige. Die Blätter im Sommer und der Blattfall. Der Gerbstoff im Stamm. Gerbstoffhaltige Samen
Gleichwohl muss ich annehmen, dass wenigstens ein Theil des im gefärbten Kern auftretenden Gerbstoffs zugeleitet ist. Das zeigen die Ringelungsresultate zweifellos; sowohl in dem Beispiel von Aes culus als bei der Ulme sehen wir bis ins innerste Holz Differenzen zwischen oben und unten auftreten, wenn der Rindenstrom des Gerb stoffs unterbrochen wird (Versuchsreihe XXI). Für die Abnahme des Gerbstoffs mit dem Altern des Kerns darf ohne Zweifel die fortschreitende Verkernung des Holzes in Anspruch genommen werden, für die ja auch das plötzliche Erscheinen der grossen Gerbstoffmengen gegenüber dem Splint von höchster Bedeu tung ist. Das Verkernungsproblem, an dessen Lösung in neuester Zeit Rob. Hartig mit grossem Erfolge gearbeitet, darf hier nur in soweit gestreift werden, als es mein Thema zu fördern im Stande ist. Der genannte Forscher ist auf von ihm veranlasste Unter suchungen Dr. Löw’s über den »auffallend höheren Gerbstoffgehalt des Kernholzes« gegenüber dem Splint zu der Ansicht gelangt, dass »die Verkernung des Eichenholzes im Wesentlichen auf Oxydation des Gerbstoffs beruht« (Untersuchungen aus dem forstbotanischen In stitut zu München von R. Hartig. II. 4882, S. 51 und 52. Auch Flora 1882, S. 543 und jüngst in Hartig-Weber, Das Holz der Rothbuche ■1888, S. 30). Meine oben angeführten Analysen vom Kernholz ver schiedener Bäume stützen diese wesentlich an der Eiche gewonnene Ansicht völlig und verallgemeinern dieselbe. Besondere Untersuchun gen über diesen ebenso interessanten als wichtigen Gegenstand müssen das Weitere entscheiden; dem Gerbstoff aber ist bei der ganzen Frage, so viel ist schon jetzt klar, eine hochbedeutende Rolle ge sichert. *) 5. Gerbstoffhaltige Samen. Wo immer über den Gerbstoff der Samen und seine eventuelle Bedeutung bei der Keimung gesprochen wurde, da fehlte die Eichel *) Von den verschiedenen in neuester Zeit erschienenen Arbeiten, welche die Kernholzbildung mikroskopisch verfolgen (Landwirthschaftl. Jahrbücher XIV. <885, S. 465; Pringsheim’s Jahrbücher XIX. 1888, S. 1) ist mit Ausnahme der Arbeit Gaunersdorfer’s (Sitzb. Wien, Acad. LXXXV. Bd. 1882, I. Abth. S.41 (33) der Gerbstoff in seiner Bedeutung gar nicht erkannt worden. — Grosses Gewicht dagegen legt Mer in seiner Abhandlung: »Recherches sur la formation du bois parfait dans les essences feuillues« in Bull. Soc. bot. de France, Tome XXXIV. 1887, p. 341, auf den Antheil des Gerbstoffs bei der Verkernung; von seinen deut schen Vorgängern scheint der Autor aber gar nichts zu wissen.