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35, 11. Februar 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1793 Kunstverlag, A. Giese (Spezialität: Porträts, Ansichts- und Neu jahrskarten), deren Inhaber vor einiger Zeit starb. Die Buch- und Kunsthandlung Thierrys Boghandel in Nakskov auf Lolland, Dänemark, feierte am 6. Februar ihr fünfundsiebzigjähriges Bestehen. Die Firma wurde 1836 von Jean Peter F. Thierry (s 1858) gegründet, ging später an P. Jansen, 1878 an Edvard Jespersen, 1889 an dessen Sohn Einar über. Seit 1907 ist Richard Scheel Edelmann Inhaber, der das Geschäft durch eigene Buchdruckerei erweitert hat. L. Neue Exlibris-Forschungen. In der Ortsgruppe München des Vereins »Heimatgau« hielt Reichsarchivassessor vr. Mitter- wieser einen Vortrag über »Das deutsche Exlibris des 15. und 16. Jahrhunderts«, der eine Fülle neuen Materials enthielt. Da, wie wir hören, der verarbeitete umfängliche und fesselnde Stoff in absehbarer Zeit nicht vor die Öffentlichkeit tritt, so seien hier die Hauptpunkte mitgeteilt. Von den sogenannten Bücherflüchen und den handgemalten Exlibris ausgehend, wies der Vortragende nach, daß von den durch Holzschnitt oder Kupferstich verviel- fältigten, eingeklebten Blättchen bis heute erst eins dem 16. Jahr- hundert sicher zugewiesen werden kann, nämlich das des Dorf kaplans Hans Jgler. Als die bedeutendsten der von Mitterwieser genau studierten Exlibris-Künstler des 16. Jahrhunderts bezeichnet er Dürer, Virgil Solis und Holbein. Die Auftraggeber für Exlibris waren besonders Angehörige aus den Patrizier-Ge- schlechter» von Augsburg und Nürnberg, dem Kreise um Kaiser Maximilian l. und der süddeutschen Gelehrten- und Klosterwelt. Überhaupt hatte die ganze Exlibris-Bewegung während der Nenaissanceperiode ihren Sitz und lange ihre Blüte ausschließlich in Oberdeutschland. I,. ?. Italienische Inkunabeln. — Obwohl die Inkunabeln wegen des beständigen Abflusses in öffentliche Bibliotheken dem Handel immer mehr entzogen und also immer eltener werden, da auch die Privatsammler Wiegendrucke stark bevorzugen, gelingt es doch einzelnen Antiquaren, von Zeit zu Zeit eine größere An- zahl derartiger Werke auf den Markt zu bringen. Auch die Firma E. E. Rappaport in Rom ist in der angenehmen Lage, den Bibliotheken und Sammlern mit ihrem soeben ausgegebenen Katalog 17: Oollsotion ck'InounLblss impriruss sn Itirlrs, 66ürit8 a-vso noin st ».oeowpa^ass cks not-es bilckioßrLpbiHuss (68 S. m. Abb.) gegen 160 italienische Inkunabeln anzubieten, die fast sämtlich selten und wichtig sind. Die von der Firma Rappaport angebotenen italienischen Inkunabeln verteilen sich auf folgende Druckorte: Bologna, Brescia, Chivasso, Cremona, Florenz, Mailand, Mantua, Neapel, Padua, Parma, Pavia, Reggio Emilia, Rom, Treviso, Venedig, Verona, Vicenza und sind von 90 verschiedenen Druckern herge stellt, unter denen wir eine ganze Anzahl von Deutschen finden, so z. B. Leonh. Achates von Basel, Bernhard von Köln. Io- Hannes von Besicken und Sigm. Mayr, Paulus Johannes von Butschbach, Joh. Herbort von Seligenstadt, Georg Herold von Bamberg, Johann Hertzog (Hammann) von Landau, Io- Hannes von Köln und Johannes Mantheu von Gerresheim, Georg Lauer von Würzburg, Nikolaus von Breslau, Hermann Lichtenstein von Köln, Mathias von Olmütz, Leonh. Pachel und Ulrich Scincenzeler von Ingolstadt, Arn. Pannartz und Konr. Sweynheym, Steph. Planck von Passau, Erh. Ratdolt von Augsburg, Franz Renner von Hailbrunn nnd Nikolaus von Frankfurt, Joh. Schall, Joh. Schurener von Boppard, Eucharius Silber (Franck, Argenteus), Christoph Valdarfer, Wendelin von Speyer. Ein sehr seltener Druck ist Nr. 10 des Rappaportschen Kata- drei weitere Exemplare bekannt sind: Copinger II 500, Pellechet 827, ein Exemplar in der üibliotbees. OorvllliLns. in Rom. Ein sehr seltenes Stück ist auch Nr. 130: l'boluas cke ^yuivo, Husstiouss ckikpvtiis cks veritats, 1476, von Pannartz in Rom gedruckt, von dem seit 16 Jahren kein Exemplar im Handel gewesen zu sein scheint. Von großem Interesse ist auch Nr. 3: ^lbsrtu« opu8 cks g.oiMiUibu8, Nom 1478, vermutlich das erste gedruckte Buch, in dem ausführlich von Tieren mit Einschluß der Vögel und Fische gehandelt wird. Dasselbe Werk ist auch in einem Mantuaner Druck von 1479 vorhanden. Ein sehr schönes Holz- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. schnittbuch ist Nr. 34: üiblis. latioa. des Simon (de Gabis) Brevi- von anderen dem Bellini oder Buonfiglio zugeschrieben werden. Eine andere seltene Ausgabe ist Nr. 36, ein miniiertes Exemplar der üiblis. la-tius. cum p08trlll8 Urcolai cks I^ra, Venedig 1482. Besonders angeführt zu werden verdient auch: öoeeasoio, il kbiloeolo, Mailand 1478, die dritte Ausgabe des berühmten Ritter romans Boccaccios; das Rappaportsche Exemplar ist insofern merkwürdig, als zwei Blatt desselben, die vermutlich wegen der Zensur entfernt wurden, von gleichzeitiger Hand sehr getreu mit der Feder ergänzt sind. In Nr. 65: Hu8ebiu8 kuwptnliup. Obronieoo, Venedig 1483, wird das Jahr 1440 als das Jahr der Erfindung der Buchdruckerkunst bezeichnet. In dem Rappaportschen Kataloge sind auch die beiden seltenen Drucke des unbekannten Druckers vertreten, den Proctor den Schluß:) üowLs 1wp88i ckis XX. ckunii 1493. Sehr wenig bekannt ist auch Nr. 73: 8. Ilisron^ms, Vits cksi 8Lnt.i ?a,ckr>, Vicenza 1479. Eine italienische Übersetzung des bekannten Reisebuches des Sir John Mandeville: 'I'rs.tta.to äslls piu' wiru.vi^Iio8s ev8S cksi woncko ckn.1 sLv. ckobanns cks U3.nckn>vi1la . . ., Vsnoxia 1491, wird unter Nr. 87 angeboten. Das ursprünglich französisch geschriebene Reise buch Mandevilles erschien 1481 deutsch und wurde auch ins La teinische, Englische, Spanische, Holländische, Tschechische übersetzt. Sir John Mandeville (Maundeville, Montevilla) war übrigens ein grober literarischer Fälscher, der nur in Ägypten war und über alle anderen von ihm beschriebenen Länder die ihm vorausgegangenen Schriftsteller ausschrieb. Sein anziehendes Werk fand aber trotzdem damals eine sehr große Verbreitung. In guter Erhaltung und vollständig sehr selten vorkommend ist Nr. 106 des Rappaportschen Katalogs: ?st.f3.rsa., OauLOniers: 1'rioufj, 80ost.tr s oa>n/.ovs eol comwsndo cki ksrnrrrcko Olioioo s Hüne, k'it.slko, 1478 von Theodor de Reynsburch und Reynaldus de Novimagio gedruckt. Außer dem alphabetischen Titelverzeichnis bringt der sorgfältig bearbeitete Rappaportsche Katalog eine Übersicht der Titel mit den Nummern nach Hain.Copinger, ein alphabetisches Verzeichnis der Druckorte, der Drucker, eine Zusammenstellung der ange botenen Werke nach dem Druckjahr und ein alphabetisches Ver zeichnis nach dem Inhalt der einzelnen Werke. Den Biblio theken und Liebhabern wird das Angebot der Firma Rappaport zweifellos erwünscht sein. Bergrötzeruug deS Britischen MusenmS. — Auf dem Montague Place in London kann man jetzt den stattlichen Bau bewundern, der die neuen, zur Vergrößerung des Britischen Museums bestimmten Räume einschließen wird. Mit seiner nach Norden gekehrten Fassade liegt er dem Torrington Square gegenüber und wird, wenn vollkommen fertig, nicht wenig zur Verschönerung des Bloomsbury-Viertels beitragen. Vor etwa drei Jahren wurde vom verstorbenen König Eduard VII. der Grundstein gelegt, und noch etwa zwei Jahre werden vergehen, bevor das neue Gebäude dem Publikum zur Benutzung wird übergeben werden können. Der Plan zu dieser Vergrößerung des Britischen Museums wurde vor etwa 15 Jahren gefaßt, als sich die günstige Gelegenheit bot, von der Administration des großen herzoglich Bedfordschen Grundbesitzes die zur Vergrößerung nötigen Grundstücke zu erwerben. Von der damaligen liberalen Regierung wurden 69 Häuser mit den dazu gehörigen Gärten für die Summe von 200oOO Pfund Sterling angekauft. Auf diese Weise erhielt die Museumsverwaltung einen Grundzuwachs von 5*/, englischen Acres, der den Gesamtumfang mit den jetzigen Gebäuden und Plätzen auf 13 Acres erhöhte. Die Ausführung des neuen Baues wurde dem Architekten II Burnet übertragen, der die Aufgabe in höchst zufriedenstellender Weise gelöst hat. Der Stil ist in schöner Harmonie mit dem alten Ge bäude in 6rs3.t Ku88sl1 8trest. Auf einem einfachen, aber sehr massiven Unterbau, der sich vierzehn Fuß über das Straßen niveau erhebt, stehen zwanzig schlanke Säulen ionischer Ordnung, die den bis jetzt noch nicht detaillierten Oberbau tragen. Flankiert wird die Fassade von zwei massiven Türmen (Pylonen) von un- 236