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Hrschcin,: Mittwoch und Soiinabeuü. Als Beiblätter: l Jllustrirtes SonntagSblatt (wöchentlich); 2. LandwirthschaftlicheBeilage (monatlich). Abonnements - Preis Viertel! hrl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu- " sendung. Blott Amts und des StadtraLhes des Königs. Amtsgerichts Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. K«stHäftsst«lren: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, CarlDaberkow, Groß röhrsdorf. Nnnonecn-Burcous vonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. schenk^ Königsbrück, Radeberg, Kadeburg, Morihburg und Amgegend. snse-ate H sind bis Dienstag und Freitag zu- Wu^snih Druck und Verlag ^örster's Erben RmNUNdVieHigstSV IahUgÄNg. Sonnabend. n r 99. Verantwortlicher Redakteur Hermann Schulze in Pulsnitz. 11. Deeember -KV7. Der Friedensschlntz von Constantinopel. Nach monatelangen schwierigen Verhandlungen ist in Constantinopel nunmehr der endgiltige Friedensvertrag zwi schen der Türkei und Griechenland unterzeichnet worden, womit die durch den türkisch-gnechischen Krieg hervorgerufene jüngste Orient-Krisis im Wesentlichen ihren Abschluß erfahren hat. Der Vertrag ist vom türkischen Ministerrath bereits genehmigt und dem Sultan zur Ratification unterbreitet worden, so daß nur noch die Annahme des wichtigen Docu- ments seitens der griechischen Deputirtenkammer aussteht, zweifellos wird jedoch auch diese letzte Formalität ohn« wei teren Verzug erfolgen. Der jetzt in Constantinopel unter zeichnete definitive Friedensvertrag kann selbstverständlich die Grundbestimmungen des schon im September abgeschlos senen Vorfriedensvertrages nicht mehr berühren, da letztere von den Großmächten vereinbart und festgesetzt worden sind. Jene Grundlagen des türkisch - griechischen Friedens legten dem besiegten Griechenland, wie bekannt, die Zahlung einer verhältnißmäßig nicht zu hohen Kriegsevtschaoigung und die Abtretung eines strategischen Grenzstreifens in Thessalien an die Türkei, sowie die Einführung einer europäischen Finanzcontralle auf; die übrigen Punkte des Friedensinstru ments blieben der näheren Vereinbarung zwischen den beiden kriegführenden Theilen selbst überlassen. Es handelte sich hierbei vornehmlich um die künftige Gestaltung der Kapitu lationen, d. h.-der griechischen Consulargerichtsbarkeit in der Türkei, um die Zuständigkeit der türkischen Gerichte gegen über griechischen Staatsangehörigen in bestimmten Fällen, um die Neuregelung der Handels- und Schiffsahrtsbeziehungen zwischen der Türkei und Griechenland und noch um ein paar andere mehr untergeordneter Fragen. Nach vielem Hin- und Herfeilschen haben nun die beiderseitigen Unterhändler alle diese Punkte klargelegt und festgestellt, wie aus den am Sonntag unterzeichneten Protocollen zu dem eigentlichen Friedensvertrag erhellt, und ist nunmehr das ganze mühsame Werk der Friedensverhandlungen zwischen der Türkei und Griechenland in aller Form zur Krönung gelangt. Der Friedensschluß von Constantinopel beendigt eine an seltsamen Verwickelungen und gefährlichen Wendungen, gefährlich für den allgemeinen Friedenszustand in Europa, reiche Phase in der europäischen Politik. Mehr wie einmal drohte der Kriegsbrand auf der Balkanhalbinsel aus seinem localen Nahmen herauszutreten, da Montenegro, Bulgarien und Serbien die kaum verhüllte Absicht zeigten, sich die kriegerische Verwickelung der Pforte mit den Griechen zu Nutze zu machen und die ihnen zunächst liegenden Gebiets theile des osmanischen Reiches an sich zu reißen. Es unter liegt kaum einem Zweifel, daß England diese kriegerischen Absichten der genannten slaoischen Nachbarstaaten der Türkei wenigstens im Anfang heimlich begünstigt hat, um durch die Verwickelungen im europäischen Orient nach beliebtem briti schen Recept, im Trüben zu fischen und die Augen der übrigen Welt besonders von den selbstsüchtigen Plänen der englischen Politik in Afrika abzuwenden. Aber Oesterreich- Ungarn und Rußland ließen einen sehr deutlichen WarnungS- ruf an die Adresse Montenegros, Bulgariens und Serbiens sich in die türkisch-griechische Auseinandersetzung einzumischen, ergehen, der denn auch in Cettinje, wie in Sofia und Bel grad wohl verstanden und beherzigt wurde. Auch die hin terlistigen Bemühungen Englands, das europäische Concert zu sprengen, scheiterten an dem ehrlichen Friedenswunsch der übrigen Großmächte, das Londoner Cabinet mußte dieser allgemeinen Stimmung, wollte es England nicht gänzlich auf dem Jsolirschemel sehen, Rechnung tragen und so gelang denn glücklich die Verhütung der drohenden Verallgemeinerung des türkisch-griechischen Krieges, bis letzterer nun selber auch wieder beendigt worden ist. Die Türkei geht aus diesem ihren siegreichen Kriege zwar nur mit verhältnißmäßig ge ringem materiellen Gewinn, aber mit einer beträchtlichen Rehabilitirung und Stärkung ihres moralischen Ansehens in den Augen der ganzen Welt hervor. Sie hat gezeigt, daß sie noch heute trotz aller faulen Wirtschaft in den inneren Verhältnissen des Osmanenreiches einen durchaus beachtenswerthen politischen und militärischen Machtfactor darstellt, und es ist begreiflich, wenn durch die Documentirung dieser Thatsache das türkische Selbstgefühl eine bedeutende Zunahme aufweist. Gerade in letzterem Umstande liegt freilich noch ein Hinderniß für die endliche Lösung auch der kretischen Frage, dieser Ausgangspunkt der gesummten jüngsten orientalischen Wirren, der siegreichen Pforte will es nicht in den Kopf, daß sie künftig auf Kreta nicht mehr nach eigenem Ermessen schalten und walten soll. Hoffentlich be währt sich jedoch die Einigkeit der europäischen Mächte auch bei den ferneren Verhandlungen wegen Kretas, so daß die Versuche der Pforte, die Regelung der kretischen Angelegen heiten auf der bereits von den Mächten vereinbarten Grund lage zu hintertreiben, voraussichtlich erfolglos bleiben werden. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. — Die Tage der Hoffnung, der frohen Erwartung haben begonnen; wenige Wochen trennen uns noch von dem Feste, dar der goldenen Jugend die Erfüllung glückseliger Träume bringen soll und weiten Kreisen der werkthätigen Welt befriedigenden Lohn für mühe- und arbeitsreiche Wochen verspricht. Für die Sorglosen sind schon diese Tage der Hoffnung ein Genuß: „Erwarten ist selbstverständlich Glück für sich, In der Erwartung liegt das ganze Bild Von dem, was du erwartest, hundertfach ..." Welch bittere Enttäuschung aber für den, der vergebens ge arbeitet, vergebens gehofft hat! Für den „kleinen" Geschäfts mann bedeutet der Mißerfolg in dieser Zeit der angespanntesten Thätigkeit nicht selten den Ruin der Existenz. Zu Nutz und Frommen Aller sei hier eine kleine Begebenheit erzählt, die sich zwar schon vor Jahren zutrug, die aber gerade recht für die Weihnachtsz it paßt. Eine Dresdner Dame berichtet die Begebenheit im „Berl. Tgbl." wie folgt: „Mein Mann hatte, als unser zweites Kind geboren wurde, um unser Einkommen zu vergrößern, sich bei einein Unternehmen betheiligt, das in kurzer Zeit unser ganzes Vermögen verschlang. Nach Ablauf eines Jahres waren wir ruimrt und standen verzweifelt vor der Frage: Was beginnen? Mein Mann beabsichtigte, in Stellung zu gehen, mir aber war der Gedanke, unthätig zu sein, unerträglich, und ich beschloß, mit ein paar hundert Mark, die mir ein Onkel leihen wollte, ein Geschäft zu er richten. Bald war der kleine Laden eröffnet, — aber die Kunden blieben aus, die Freundinen und all die bekannten Damen, auf die ich so sicher gerechnet hatte, kamen nicht — nur die ärmsten Leute kauften, und meine Unkenntniß und Zaghaftigkeit bemerkend, handelten sie so, das der Ver dienst gleich Null war. Auch die Bemühungen meines Mannes waren vergeblich — er fand kein Engagement. Wenn er abends muthlos vom vergeblichen Suchen heimkam, saß ich frierend in dem kleinen Laden, und all meine erzwungene Heiterkeit konnte ihn nicht über die kargen Einnahmen täuschen. Die Weihnachtszeit kam heran. In den großen Geschäften und Bazaren drängten sich die Menschen — bei uns blieb es leer. Das arme Volk kauft erst in der letzten Woche, hieß es. Wieder ein kalter Abend. Wir saßen stumm ein ander gegenüber. Da trat eine ältere Dame herein und wünschte Geschenke für ihre Dienstboten zu kaufen. Ich legte ihr eine, wie ich wohl wußte, so geringe Auswahl vor, und glaubte schon, sie würde fortgehen, aber nein, sie kaufte, kaufte über all meine Erwartungen! Und als sie ging und der erste Hundertmarkschein in unserer Kasse lag, da war es mir, als löste sich die Bitterkeit und der Gram von meiner Seele ab, und ich weinte, weinte, als ob ich mich auflösen wollte. Und es war, als hätten wir von der Zeit an Glück gehabt. Bald richtet« sich dec Laden ein, mein Mann war unentbehrlich, und heute haben wir ein großes Geschäft und eine stattliche Anzahl von Verkäuferinnen. Jüngst sah ich jene Dame wieder — sie wurde mir vorgestellt. Als ich sagte, daß sie mir als Kundin bekannt sei, und sie fragte, warum sie unS nicht mehr besuche, da antwortete sie mit Lächeln: „Ich gehe prinzipiell nur in kleine Geschäfte!" O, meine reichen Mitschwestern! Könnt Ihr nicht zur Weihnachts zeit ähnlich handeln? Seid den kleinen Geschäftsleuten, was mir einst jene Dame war : ein beglückender Engel!" Möchten diese warmherzigen Worte ein lautes Echo finden! — Zur Erleichterung des WeihnachtSpersonenvsrkehrs gelten im Bereiche der Sächsischen Staatsbahnverwaltung die am 18. December 1897 und an den solgendeu Tagen gelösten gewöhnlichen Rückfahrkarten von tarifmäßig kür zerer Dauer zur Rückreise bis einschließlich 6. Januar 1898, und zwar sowohl die Rückfahrkarten im sächsischen Binnen- Verkehre, als auch diejenigen im Verkehre mit Stationen außersächsischer Bahnen. Betreffs der letzteren Rückfahr karten greift aus den norddeutschen und auf den österrei chischen Bahnen die gleiche Vergünstigung Platz; auf den ' süddeutschen Bahnen tritt jedoch die Beschränkung ein, daß die Rückreise spätestens am zehnten Tage auszuführen ist' Die drei, und zehntägigen Rundreisekarten des sächsischen Binnenverkehres genießen die gleiche Giltigkeitsverlängerung, wie die Rückfahrkarten. Das Nähere ist aus den auf den Stationen angeschlagenen Bekanntmachungen zu ersehen. — Diejenigen, welche im Jahre 1898 den Hausir- handel betreiben wollen, seien daran erinnert, den Antrag auf Bei Mittelung eines Wanderqewerbescheines schon jetzt bei ihrer Wohnortsbehörde zu stellen, da erfahrungsgemäß zu Beginn deS Jahres diese Anträge bei der ausstellenden Behörde sich derart häufen, daß zu deren Erledigung oft längere Zeit erforderlich ist. Insbesondere empfehlen wir auch denjenigen Personen, welche Musikaufführungen, Schaustellungen rc. im Umherziehen darbieten wollen, sich rechtzeitig in den Besitz des neuen Wandergewerbescheines zu setzen, da die Ausstellung eines derartigen Scheines -versagt werden kann, sobald der den Verhältnissen des Verwaltungsbezirkes der zuständigen Verwaltungsbehörde entsprechende Anzchloon Personen Wandergewerbejchemen ertheilt worden sind. Dresden, 9. Decbr. Se. königl. Hoheit Prinz Ernst Heinrich, der dritte Sohn Ihrer königl Hoheiten des Prinzen und der Prinzeß Friedrich August vollendete heute sein erstes Lebensjihr. — Dem Landtage ist ein Decret betreffend den Bau mehrerer N bei,bahnen zagegangen. Die Siaalsregierung richtet darin an die Ständeversammlung den Antrag, dieselbe wolle 1. zur Herstellung u) einer normalspurigen Neben bahn von Altenhain nach Seelingstädt, ft) einer normal spurigen Nebenbahn von Bischofswerda nach Elstra, o) einer normalspurigen Nebenbahn von Kieritzsch über Groitzsch nach Pegau, ä) einer normaispurigen Nebenbahn von Lottengrün nacv Theüma, s) einer schmalspurigen Neben bahn von Thum über Ehrenfriedersdorf nach' Geyer, k) einer schmalspurigen Nebenbahn von Reichenau nach Hirschfelde, Z) einer normalspurigen Industriebahn von der Linie Chemnitz-Kieritzsch nach dem Pleißebachthal und nach Obergrüna, ft) einer normalspurigen Nebenbahn von Altenburg nach Langenleuba das Einverständmß erklären; 2. zur Ausführung der unter 1 genannten Bahnen und der dabei erforderlichen Anschlußgleise — und zwar was die unter 1 ft genannte Bahn anlangt, soweit das diesseitige Staatsgebiet dabei betroffen wird,das Expropliationsbefugniß der StaatSregierung ertyeilen. — Das dritte Verzeichniß der bei der Petitionsdepu- tation der Zweiten Kammer eingegangenen Petitionen (Nr. 103 bis 135) ist erschienen. Es enthält fast nur Eisenbahn-Petitionen und zwar folgende: Erbauung einer Anschlußbahn von der Linie Wolkenstein-Jöhstadt ab nach dem Bahnhofe Reitzenhain unter Berücksichtigung der Ge meinde Satzung; Korrektion der Bahnlinie Radeberg- GroßröhrSdorf; Erbauung einer Eisenbahn zwischen Lotten grün und Plauen und zwischen Rodewisch-Treue,--Plauen; Ablehnung des Ankaufs der Eisenbahn Zwickau - Crofsen- Mosel durch den StaatSfiscus für jetzt und eventuell Feststellung anderer Verkaussbedingungen; Erbauung einer Eisenbahn von Reick über Possendorf nach Altenberg oder Dippoldiswalde; zwischen - Böhlen - Rötha - Belgershain- Naunhof-Ammelshain; von Eibenstock und Kirchberg zum Anschluß an die Bahnlinie Leipzig-Hof, sowie einer Ab zweigung nach Schneeberg - Neustädtel; Anschlußerklärunz an die Petition des Gemeindevorstandes Hübschmann in Waschleithe und Genossen um Erbaunng einer Eisenbahn Grüistädtel-Elterlein-Geyer-Ehrenfrieversdorf; Errichtung einer Haltestelle in Kemtau; Erbauung einer Eisenbahn von Freiberg nach Hainichen und weiter nach Westen; Errichtung einer Güterhaltestelle in Seerhausen; einer Haltestelle an der projeztirten Linie Chemnitz-Raabenstem- Wüstenbrand; Berücksichtigung des Ortes Rammenau bei Erbauung einer Projeklirten Eisenbahn Elstra-Bischofswerda; Erbauung einer elektrischen Straßenbahn von Dresden nach Cossebaude. — Die Stände werden vor Weihnachten ihre Sitzun gen am 17. December schließen und am 10. Januar n. I. wieder sortsetzen. Dresden, 7. Dec. Die deutschsoziale Reform- Partei beschloß, den bisherigen Reichstagsabgeordneten für DreSdcn-Altstadt Oswald Zimmermann wieder aufzustellen. Die Konservativen beabsichtigen, demselben den Grafen Herbert Bismarck gegenüber zu stellen. Dresden. Der jähe Tod des städtischen Elektri-