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86 unter Darius, sondern unter Xerxes (vgl. bereits Noeldeke, „Aufsätze zur iranischen Geschieht“, S. 31. 42). Dass wichtige Ereignisse, die unter verschiedenen Herrschern stattgefunden haben, im Volksmunde auf einen, aus irgend einem Grunde besonders volkstümlichen übertragen werden, ist eine all gemein bekannte Erscheinung. Ich erinnere nur an Kroisos, hinter dem der weit bedeutendere Alyattes zurückgetreten ist, Sardanapal- Assurbanabal, der in der späteren Tradition an Stelle seiner Nachfolger als letzter Herrscher Assyriens gilt, Karl den Grossen, Friedrich Barbarossa. So sind noch mancherlei Vorgänge, die sich unter Xerxes zutrugen, auf Darius übertragen oder mit Ereignissen aus Darius’ Zeit zusammengezogen. Im vorliegenden Falle trifft es sich aber, dass Ereignisse, die in denselben Zusammenhang gehören, gleichzeitig richtig nach schriftlicher Quelle, bei Herodot dem Xerxes zugeordnet werden. Grossenteils durch die Klarstellung dieses Sachverhalts (s. beson ders aus „Xerxes und die Babylonier“, Sp. 964 f. Anm. 6) ist es mir gerade gelungen, jene für die späteren Geschicke Baby loniens und für den Ausgang von Xerxes’ Zug gegen Griechenland wichtigen Ergebnisse zu erzielen, von welchen oben S. 59 Abs. 2 die Rede ist. Ob übrigens die (zwei!) keilinschriftlichen Nachrichten, dass Cyrus ohne Kampf in Babylon einzog, darauf beruhten, dass die Babylonier mit den Persern fraternisierten (Delitzsch S. 51) und nicht vielmehr auf eine Überrumpelung deuten, wie die „Mär vom Falle Babels“ bei Herodot sie im Auge hat, ist sehr fraglich. — Kriegerische Massnahmen haben nach den babylonischen Inschriften noch nach der Einnahme der (äusseren) Stadt im Stadtkern Platz gegriffen. Delitzsch meint ferner: „Wir waren ja schon längst an seiner (Herodot’s) Glaubwürdigkeit irre geworden. Denn wer hätte ihm glauben wollen, dass es babylonische Sitte gewesen sei, die Kranken auf den Marktplatz zu bringen, und dass es streng ver boten gewesen sei, an einem Kranken vorbei zu gehen, ohne ihn wenigstens zu fragen, was ihm fehle? So töricht haben die Ba bylonier ihre Kranken gewiss nicht gefoltert.“ — In Wahrheit gibt Herodot’s Nachricht über die Kranken behandlung gerade am allerwenigsten Anlass, seine Glaub würdigkeit in Zweifel zu ziehen. Denn der Sinn und Zweck der