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Pulsnitz, 31. December 1900. er Vorstand. Reinhold Gnde, Vors. vertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz, 1. Januar. Die Sy'vesterglocken haben das neue Jahr eingeläutet. Oder war es das neue Jahr hundert ? Nun, gleichviel, ob Jahres- oder Jahrhundert wechsel. Ein neuer Zeitabschnitt liegt vor uns und muthig segeln wir hinaus ins Meer kommender Tage. Unwillkürlich lassen wir am Neujahrstage den Blick zurückschweifen in das vergangene Jahr, das wir am Sylvesterabend prosit^ufend zu Grabe getragen haben. Alles Gute und Böse, mit dem uns die verflossenen 365 Tage bedachten, zieht noch einmal an unserm Geist vorüber, trübe Bilder wechseln mit freund lichen Erinnerungen. Bald Regen, bald Sonnenschein. Hin und her flogen am Neujahrsmorgen die Glückwünsche und auch weit übers Meer zogen diesmal gar viele Wünsche bis nach Asiens fernem Osten, wo unsere wackeren Soldaten für Deutschlands Ehre im Felde stehen, um unerhörten Frevel zu rächen. Manch stilles Gebet wird aus dem Herzen der Nation am Neujahrsmorgen aufgestiegen sein zu dem Lenker der Geschicke über den Wolken: „Herr, schütze unsere Brüder da draußen und lasse sie gesund zu uns zurück kehren !" — Bei der Annahme von Zinsscheinen dürste sich j tzt etwas mehr Vorsicht empfehlen; ist doch die Möglich keit nicht ausgeschlossen, daß die kurz als Spielhagcnbanken bezeichneten „Deutsche Grundschuld-Bank" und „Preußische Hypotheken-Aktienbank" in Berlin ihre demnächst fälligen lungen mit China noch zu einem wirklich ersprießlichen Aus gange zu bringen. Dafür muß freilich eine andere Frage, in deren krieger ischen Zeichen das Jahr 1901 ebenfalls anhebt, in der Hauptsache als abgethan betrachtet werden Wohl haben sich die Boern in ihrem Verzweiselungskampfe gegen die britische Uebermacht noch einmal zu einem bewundernswerthen Vor stoße gegen die Engländer aufgerafft und hierbei sogar den nördlichen Theil der Capcolonie erneut besetzt, aber auch diese neuerliche kühne Offensive der kleinen Boernarmee wird ihren Lohn kaum noch finden. Schon befinden sich die verwegen in die Capcolonie eingedrungsncn schwachen Boernabtheilungen wiederum auf dem Rückmärsche nach Norden, bedrängt von den überstarken englischen Colonnen, ihre Hoffnungen aus eine allgemeine Erhebung der Caphoüänder gegen die ver haßte englische Herrschaft, wodurch allein der Kamps der Transvaal- und Oranjeboern gegen den britischen Coloß noch eine aussichtsreiche Wendung erhalten würde, sind nicht in Erfüllung gegangen. Sonst aber haben die Boern von außen keine Hilfe zu besehen, wenigstens keine thatkräftige, der zweifellose Mißerfolg der politischen Europafahrt des greisen Präsiventen Krüger commentirt diese traurige Tyat- sache hinlänglich, und Transvaal und Oranjefreistaat werden im neuen Jahre ihre definitive Einverleibung in das Reich des Union Jack erfahren — ein politisches Wunder wird da schwerlich noch geschehen. Wenig Schmerzen bereitet zur Zeit einer hohen Diplo matie der Stand der sonstigen politischen Angelegenheiten von mehr oder weniger internationalem Charakter. Besonders das Gewirr der verschiedenen Balkanfragen bietet gegenwär tig an keinem Punkte Anlaß zu speciellen Besorgnissen, in welcher Beziehung die „Abfuhr," welches sich Prinz Georg von Griechenland, Generalgouverneur von Kreta, bei seinen Bestrebungen zur Vorbereitung der künftigen Annexion Kretas durch Griechenland zbei verschiedenen Cabineten geholt hat, ganz besonders charakteristisch ist. Von der cgyptischen Frage aber spricht jetzt schon kein Mensch mehr, selbst Frankreich erkennt, wenngleich unter heimlichem Muthknirschen, die bri tische Schutzherrschaft im Pharaonenlandc durch seine Haltung Die Weltlage am Jahreswechsel. Im Zeichen eines großen politischen Problems, in dem der chinesischen Frage, geht diesmal die civilisirte Welt hin über in ein neues Jahr. Militairisch kann der von den Mächten gemeinsam begonnene, aber leider nicht auch gemein sam durchgesührte Feldzug in China allerdings wohl so gut wie schon zu Gunsten der Verbündeten entschieden betrachtet werden. Pessimistische Gemüther haben zwar den fremden Truppen in China in Hinblick auf den dortigen strenge» Winter und die gesummten schwierigen Verpflegungs-Trans portverhältnisse prophezeit, daß sie dasselbe furchtbare Schick sal ereilen würde, welchem dis „große Armee" Napoleons I 1812 in den ünwirthlichen Gefilden Rußlands zum Opfer fiel, aber es sind alle Anzeichen vorhanden, daß die verbün deteck T-upvcn den chinesischen Winter ganz gut überstehen werden. Sicherlich werden sie jedoch dann auch fernerhin die Boxerhorden und dis chinesische Soldateska zu Paaren treiben, mag es gleich gelingen, etwa noch 100 000 Zopf- träger gegen die „fremden Teufel" zusammenzutrommeln, der chinesische Feldzug bat schon zur Genüge die große Ueber- legenheit der verbündeten Truppen über die fanatischen Mafien ihrer bezopften Gegner dargethan. Dagegen läßt die poli- tisch-diplomatische Lösung des chinesischen Problems offenbar noch immer zu wünschen übrig. Ist doch erst nach Ueber- windung ganz unglaublicher Schwierigkeiten und Hindernisse jetzt die Ueberreichung der gemeinsamen Note der Pekinger Gesandten, welche die bekannten Sühneforderungen der Mächte enthält, an die chinesische Regierung gelungen — wie aber, wenn der Hof Singansu auf die Friedensbedingungen nur zum Schein eingeht, wie dies vermuthlich auch der Fall sein wird? Bei dem zweifellosen Egoismus gewisser Interessenten in der chinesischen Frage würde ein falsches Spiel der ge genwärtigen politischen Machthaber im Reiche der Mitte bei Durchführung der Friedcnsabmacyungen leicht von den ver- hängwßvollsten Folgen sein, und man kann deshalb nur dringend wünschen, daß die hohe Diplomatie es im Inte resse des allgemeinen Friekcus verstehen möge, die Verhand an. Auch Marokko und Centralasien werden jetzt im Kreise der ernsthaften Politiker fast gar nicht mehr genannt; und was die Philippinen anbelangt, nun, so bleibt dies eine „häusliche" Angelegenheit der Nordamerikaner. Im Uebrigen kann constatirt werden, daß die beste und älteste Friedens bürgschaft für die Völker Europas seit dem letzten Viertel- jrhrhundert, das Bündniß zwischen Deutschland, Oesterreich- Ungarn und Italien, noch immer mit ungeschwächter Kraft fortbesteht, und so dmfen gewiß die Friedensfreunde unseres Welttheils das neue Jahr 1901 mit frohen Hoffnungen begrüßen! Ortskranken-Kasse Pulsnitz. Hierdurch wird bekannt gegeben, daß sich vom I. Januar 1901 ab die Kassenstelle gegenüber der seitherigen, bei Herrn Schuhmachermcister Austttst Hedrich befindet. Geschäftsstunden: Vormittags von 9—12, nachmittags von 2—6 Uhr. I. T. Und wahrlich, eine hohe Sendung Ist jedes Jahr der Menschenbrust; Deuu bei des alteu Jahr's Vollendung Hofft Mancher Glück, hofft Mancher Lnst. Da will's auch jedem Menschen ziemen, Zu Gott, der aus der Noth befreit, Zu ihm den tausend Hymnen rühmen, Hinauf zu schau'n aus allem Streit. Da schwindet Sorge, Angst und Zagen, Ein Helfer, ird'schem Äug' versteckt, Läßt uns vergessen alle Plagen, Und frohe Hoffnung wird erweckt. Nun ziehet aus dem Erdenlande Das alte Jahr dahin, dahin, Mit Vielem, was der Himmel sandte Seit seinem fröhlichen Beginn Wohl bleibet in den Menschenherzen So manch' Erinnern stolz wie bang, Melodisch mischt sich in die Schmerzen Der Hoffnung fröhlicher Gesang. Da Da Es i Von wird dem Herzen Ruh' beschieden, jauchzt cs wieder auf getrost, fühlt den wahren Gottesfrieden l Lebenswellen rings umtost; Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Preis für die ei Blatt Amts und des SLadtratbes des Königt. Amtsgerichts VveiundMnfzigstbv NahrgÄNg puSzeile (oder deren Raum) 10 Pennige. A b o n n e m e n t s - Pr e i s Vierteljährl. 1 Mk. 25 Pf. Aus Wunsch unentgeltliche Zu sendung. KescHästsstekren: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. Inserate sind bis Dienstag und Freita Vorm. S Uhr aufzugeben. ...... AlS Beiblätter: l Jlluitrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Landwirthichafttiche Beilage (monatlich). Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in PulSnitz. Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. ZL Wnlsnih 1. Ammar 1W1. Dienstag. Bekanntmachung 17945 18028 19316 unter Lina Röschke in Rutsnih, Raul Mader in Köerlichtenau, Lina Hübet in Kteindittmanns- ausgestellten Einlage- und Quitlungsbücher abhanden gekommen. Auf Grund von H 11 des Sparkassen - Regulativs werd.n die etwaigen Inhaber der bezeichneten Bücher hiermit aufgefordert, dis Ansprüche, welche sie an die genannten Bücher zu haben glauben, binnen 3 Monaten, vom Tage dieser Bekanntmachung an, bei unserer Kaffe anzumelden. Pulsnitz, am 31. Decembec 1900. Der Vorsitzende des S p a r k a s s e n - A u s s ch u s s e s. Nruuo Amsdorf. Nach uns erstatteter Anzeige sind die von der hiesigen Sparkasse M. 11545 für