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4 ). A. Purpus: Yucca rostrata Engefm. — K. Matho: Victoria regia Lindf. werden wir staunend diese imposanten Gebilde der Natur, die zugleich Gigantik und Anmut in sich vereinigen, bewundern. Aber nicht alle Arten schwingen sich zu riesenhaftem Wuchs empor, sondern halten sich in bescheidenen Grenzen. Dazu gehört Yucca rostrata, die nur eine Höhe von etwa 3 m erreicht. Ihr Verbreitungsgebiet liegt im nördlichen Mexiko und man findet sie häufig in den Staaten Coahuila und Chihuahua. Wer ihr zum erstenmale begegnet, wird sie in nichtblühendem Zustande kaum für eine Yucca ansprechen, denn ihre sehr langen Blätter sind ganz schmal, kaum 1 cm in der Breite und ohne Filamenten am Rande, der vielmehr scharf und fein gesägt ist. Jüngere oder schmächtigere Pflanzen besitzen noch viel schmälere Blätter und man glaubt, einen australischen Grasbaum „Xanthorrhoea" vor sich zu haben. Der kurze, schwammige weiche Stamm hat etwa 15 — 25 cm Durchmesser und ist bei nicht zu alten Burschen bis zum Fuße in die dichtanliegenden, abgestorbenen Blätter eingehüllt, die jahrzehntelang bleiben. Meist ist die Krone einfach, seltener ganz kurz verzweigt. Der Blütenstand wird etwa i m lang und trägt zahlreiche, große, weiße, oft purpurlich angehauchte Blüten. Die Fruchtkapsel ist geschnäbelt, daher der Name „rostrata“. Da die Wintertemperaturen in den Gebieten ihrer Verbreitung unter den Nullpunkt herabgehen, oft unter — io Grad Celsius, könnte die prächtige, hohen Zierwert besitzende Art überall da angepflanzt werden, wo keine wesentlich tiefere Kältegrade auftreten und keine so triefende Nässe im Herbst und Winter vorkommt, wie bei uns. Wir können sie leider nur unter Glas fortbringen. Ausgepflanzt, wird sie bald stattlichen Wuchs erreichen und ihre schönen Blüten entfalten. Das hier abgebildete, im Kakteenhaus ausgepflanzte Exemplar blühte zum erstenmale im Mai 1922, gerade als ich noch im Lande der Palmenlilien weilte. Eine mit der ausgepflanzten gleichalterige Topfpflanze steht naturgemäß in der Entwickelung dieser weit nach. K. Matßo/Victoria regia Lincff. In Hefi ii der Gartenflora, Jahrgang 1925, beschreibt Herr Garteninspektor Meißner, Kowno, eingehend die Kultur der Victorien und ich kann seine Ausführungen nur unterstreichen. Seine Darlegungen regten mich an, zu der künstlichen Befruchtung einige erweiterte Ergänzungen zu machen. Die Befruchtung der Blüten soll in der ersten Nacht ausgeführt werden und das ist richtig. Aber die Sache hat einen Haken, und zwar den, daß der Blütenstaub (Pollen) der zu bestäubenden Blüte zu dem Zeitpunkt — also in der ersten Nacht — gar nicht reif ist. Die Antheren öffnen sich erst in der zweiten Nacht. Und das ist von der Natur vorgesehen, damit keine Selbstbefruchtung stattfindet — wird doch die natürliche Befruchtung durch Insekten bewerkstelligt. Ich verfahre hier folgendermaßen bei der künstlichen Befruchtung. Der Pollen, welcher zur Be stäubung dienen soll, wird immer von der vorhergehenden Blüte, und zwar am zweiten Tage gegen Abend, mittels eines kleinen Pinsels entnommen und in eine Samentüte getan und trocken, tags= über sonnig im Fensterbrett aufbewahrt. Vor Feuchtigkeit ist der Blütenstaub unbedingt zu schützen, weil er sonst stockt und somit seine Zeugungskraft verliert. Die Bestäubung wird dann in der ersten Nacht zwischen tz und i Uhr ausgeführt. Bei diesem Verfahren haben wir immer reichlich Samen geerntet. Durchschnittlich werden nur 8 — io Blüten befruchtet. Die ersten drei fallen aus, weil sie in der Regel anormal sind und zur Kräftigung der Pflanze entfernt werden, und auch die späteren Blüten bieten keine Gewähr für gutes Ausreifen der Samen. Bei nicht künstlich be- stäubten Blüten, also bei solchen, wo zufällig Bestäubung stattfand, kann es vorkommen, daß nur teilweise Befruchtung eintritt, wie das auch bei Äpfeln vorkommt. Es handelt sich nämlich bei der Victoriablüte nicht um eine Narbe und einen Narbengang, sondern um viele, die alle strahlenförmig von der Mitte nach den Seiten in das Innere des Fruchtknotens verlaufen. Bei der teilweisen Befruchtung sind nicht alle Narben bestäubt worden. Solche Früchte sind dann einseitig dick und auf der andern Seite taub und verkümmert. Mit dem Keimen der Victoria = Samen hat es seine Eigentümlichkeiten und man kann in das Geheimnis nie richtig eindringen. Vor vier Jahren hatten wir von zirka 80 Samenkörnern,