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19 7 4 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 37. 15. Februar 1909. von Amerika zu befördern gehabt hätten. Um einen vollen Nutzen aus den neuen Verhältnissen zu ziehen, ist es, besonders in der verkehrsstillen Zeit, allerdings nötig, sich über geeignete Dampferabfahrten auf dem laufenden zu erhalten, damit die Postsachen nicht im Abgangshafen erst mehrere Tagen liegen zu bleiben brauchen. Man kann annehmen, daß das ermäßigte Briefporto dann nicht nur dem Privat-, sondern auch dem Ge schäftsverkehr wachsende Vorteile bringen wird. (Deutscher Reichsanzeiger.) Eine öffentliche Bibliothek im Brooklyner Ghetto. — Vor etwa drei Jahren richtete, wie das New Parker »lübrrn-^ Journal« mitteilt, die Brooklyner öffentliche Bibliothek eine Filiale in Brownsville, dem Ghetto-Distrikt von Brooklyn, ein, indem sie eine kleine Bibliothek übernahm, die bis dahin von der Usbrev Läaeational Looiet^ geleitet worden war Diese Bibliothek bietet nicht nur wegen ihres außerordentlich raschen Wachstums seit der kurzen Zeit ihres Bestehens als öffentliche Bibliothek, sondern auch wegen mancher Eigentümlichkeiten ihres Pulikums besonderes Interesse. Brownsville unterscheidet sich nämlich von den andern jüdischen Bezirken von New Pork dadurch, daß es nahezu völlig einheitliche Bevölkerung hat. In der großen »Ostseite« von Manhattan wird die jüdische Bevölkerung nach ihrer Herkunft als russische, polnische, rumänische, litauische Juden usw. unterschieden, während in Brownsville 98 A der Bevölkerung aus Juden und von diesen 99 ^ aus russischen Juden bestehen. So stellt dieser Stadtteil eine nahezu völlig einheitliche Masse von 90 000 russischen Juden dar, die sich trotz der kurzen Zeit ihres Zusammen lebens in hohem Maße als eine geschlossene Gemeinde fühlen. Das Verhältnis dieser Bevölkerung zu der Bibliothek ist nach den Altersstufen sehr verschieden. Während die Älteren, und besonders der weibliche Teil, als Frucht des russischen Aufenthalts ein ge ringeres Interesse an anderen Büchern als Bibel und Talmud über den Ozean gebracht hat, stellt die jüngere Generation eine sehr zahlreiche Besucherschaft, die ihr Interesse namentlich der Soziologie, der schöngeistigen Literatur und den Fragen des öffent lichen Lebens zuwendet. Allerdings ist der Verkehr mit diesen Leuten, unter denen auch Kinder zahlreich vertreten sind, und die Aufrechterhaltung der Ordnung im Leihverkehr dadurch erschwert, daß sie nicht nur ihre Wohnung häufig wechseln, sondern auch ihre Namen vielfach ändern bezw. den englischen Namensformen angleichen, was die Ermittlung solcher Besucher, die in der Rück gabe der entliehenen Bücher säumig sind, sehr erschwert. Auch die Behandlung der Bücher zu Hause ließ im Anfang viel zu wünschen übrig; doch ist inzwischen durch geeignete Vorstellungen und namentlich auch durch strafweises Einschreiten der Beamten eine wesentliche Besserung erzielt worden, so daß gegenwärtig der Betrieb mit einem monatlichen Ausleihverkehr von 23 000 Bänden unterhalten werden kann. Für die ältere Gene ration der Bevölkerung, die des Englischen zum großen Teil nicht mächtig ist, sind auch einige hundert Bände in hebräischer, jiddischer und russischer Sprache angeschafft worden, doch ver mochten diese eine große Anziehungskraft bis jetzt nicht auszuüben. (Nach: ll'be lübrar^ ckournal.) Kongrcstbibliother in Washington. — Der unlängst er schienene Bericht der Kongreß-Bibliothek in Washington für das Verwaltungsjahr 1907/1908 (Schluß 30. Juni), ein sorgfältig ge- auf den im August verstorbenen früheren Vorstand dieser Bibliothek, Ainsworth Rand Sposford, einen der ausgezeichnetsten Vertreter seines Berufes in den Vereinigten Staaten. Sposford war im Jahre 1825 geboren und betätigte sich zuerst von 1849—60 in Cincinnati als Buchhandlungsgehilfe, Buchhändler und Verleger. Als Bericht erstatter der von ihm mit anderen herausgegebenen Zeitung »ll'be dineinnati Oownmreial« wurde er im Jahre 1860 auf das Schlacht- ihm in Washington der Posten eines ersten Assistenten (etwa unserm rangältesten Bibliothekar entsprechend) an der Kongreß bibliothek angeboten, den er im Jahre 1864 auf Präsident Lincolns Vorschlag mit dem des Oberbibliothekars und Vorstands ver tauschte. Diese Stellung bekleidete er bis zur Übersiedelung der Kongreß-Bibliothek in ihr neues Gebäude im Jahre 1897, wo er sie mit der eines ersten Bibliothekars (ebisk assibtand librarian) vertauschte, die er bis zu seinem Tode innehatte. Als Sposford im Jahre 1861 in die Bibliothek eintrat, umfaßte diese ungefähr 63 000 Stück. Im Jahre 1897 war diese Zahl auf 1006 055, im Jahre 1908 auf 1 534 346 Bücher und Hefte (Broschüren) und seit vielen Jahren der Senior der amerikanischen Bibliothekare. Die Zunahme dieser Bibliothek an Büchern betrug im an gegebenen Berichtsjahr 101 160. die der Karten und Mappen 6736, so daß deren Gesamtzahl jetzt 105 118 beträgt. Die Zunahme an Musikalien betrug 18 793 (Gesamtzahl 483 411), die an Stichen 25 745 (Gesamtzahl 279 567). Die juristische Ab teilung ist durch einen Zuwachs von 4697 auf 126 816 Bücher angewachsen. Die größte Erwerbung des Jahres war die der Privatbibliothek des im Jahre 1905 verstorbenen norwegischen Staatsarchivars Hvitfeld-Kaas, die etwa 5000 Bände, darunter viele Seltenheiten, wie Erstausgaben norwegischer Schriftsteller und seltene norwegische Rechtsbücher, umfaßte, so daß sie in dieser Beziehung wahrscheinlich von keiner anderen Bibliothek Europas erreicht wurde. Die Ausgaben der Bibliothek betrugen zusammen — einschließlich des Oop^ri^llt. OkLes — 463 415.73 Dollars, wovon 74 824.29 auf Beamtengehälter des Oküee und 107 999.33 auf die Vermehrung der Bibliothek, der Nest auf die mannigfachen Verwaltungsbedürfnisse entfielen. (Nach: »Ibs lübrar^ ckournal-.) Ein bevorstehender Kongreß russischer Buchhändler und Verleger. — Der Russische Buchhändlerverein mit dem Sitz in St. Petersburg hat sich kürzlich an das russische Mini sterium des Innern mit dem Gesuch gewendet, es möge ge statten, daß in St. Petersburg Ende Juni (a. St.) 1909 der erste allrussische Kongreß der Verleger und Buchhändler stattsinde. Die Zusammenstellung des Programms und der Anträge für diesen Kongreß ist einer Kommission übertragen, die aus dem Vor sitzenden des Vereins, F. W. Ettinger, A. S. Tschemikowskij, W. G. Bartenew, N. R. Selesnew und L. G. Wolfs besteht. Dem Kongreß soll ein rein gewerblicher Charakter gegeben werden. Es wird verhandelt werden über die gegenseitigen Be ziehungen zwischen den Verlegern und den Sortimentern, über gewerbliche Vereinigung, über Verbilligung der Bücher u. a. (8t. ?6terd. ^Vjeckowogti) * Postcheckverkchr. — Aer Monat Januar hat im Reichs postgebiet mit insgesamt 16210 Postscheckkonten abgeschlossen. Davon entfielen auf Berlin 3479, Leipzig 2877, Köln 2872, Frankfurt a. M. 1555, Breslau 1444, Karlsruhe 1138, Hamburg 1126, Hannover 1043, Danzig 676. Ausgeführt wurden 80 345 024 ^ Gutschriften und 62 352 977 Lastschriften. Das Gesamtguthaben der Kontoinhaber belief sich am 1. Februar auf 17 992 047 Aus Bayern und Württemberg fehlen bezüg liche Angaben. * Neue Bücher, Kataloge usw. für Buchhändler: ckanuar°1909. 8°.^8. 1—16.^ ! " ' ckanuar—k'sbruar 1909. 4". 8. 1—121. Personalnachrichten. * Gestorben: am 11. Februar im 69. Lebensjahre, in Jena nach einer Operation, der Hofbuchhändler Herr Franziskus L äm m el, Inhaber der angesehenen Hofbuchhandlung seines Namens in Schleiz. Seine buchhändlerische Ausbildung hatte der Verstorbene in der C. C. Müller'schen Buchhandlung in Holzminden, in Ad. Appuns Buchhandlung in Bunzlau und bei A. Schöpfer in Reichenberg erworben. Am 1. Januar 1874 übernahm er vom Vorbesitzer Eduard Volger die C. Hübscher'sche Buchhandlung in Schleiz. Er gab ihr die Firma seines Namens und hat sie in den Grenzen ihres Wirkungskreises in ehrenhafter und um sichtiger Arbeit geleitet und zu geachtetem Bestände entwickelt.