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Schmerzensgeld. Von C. Weißen. (Nachdruck verboten.) Vorkommnisse aller Art sind es, die die Menschen zu- jammensühren, im Guten und im Bösen. Tinka Wolmin war an dem Morgen jo gut aufgelegt; sie schlenkerte langsam die Straße hinauf auf den Park zu; ein Schaufenster lockte sie unterwegs an, eine Konditorei, und sie verspürte Appetit aus eine kleine Süssigkeit. Sie trat, in der Hand ein baumelndes Täschchen mit glitzernder Perlstickerei, in den Laden. Gerade verhandelte rin junger, eleganter Herr mit der Verkäuferin. Er hatte einen schmalen Kopf und trug intelligente Eefichtszüge! Tinka Wolmin fühlte leise: das war, wie man. jo jagt, ihr Typ Aus ihren angenehmen Gedanken wurde sie jäh und in unliebsamer Weise herausgerissen — sie hörte ein Helles Gekläff und fühlte einen leichten Schmerz am Bem. Der weisse Seidenspltz des Herrn, dem sie vielleicht Nit dem baumelnden Täschchen zu nahe gekommen war oder den -as Glitzern der Perlen ängstlich gemacht hatte, stand noch zähnefletschend da, bereit, dem ersten Biss weitere Merk male hinzuzufügen. Tinka Wolmin vergaß im Moment, daß der junge Herr eigentlich ihr Typ war; sie schrie laut, sie zeigte jammernd ruf den zerrissenen Strumpf, auf die blutende Wunde, ver langte Name und Adresse des Hundebefitzers, und rannte hinaus zum nächsten Arzt: denn, das hatte sie irgendwo zelesen — Hundebisse können sehr gefährlich sein! Der Arzt untersuchte die Wunde. Sie war zwar nicht ebensgefährlich, aber immerhin langwierig — drei, vier Wochen konnte man rechnen, ehe alles wieder in Ordnung war. Der Arzt bescheinigte den Befund. Vom Arzt ging Tinka Wolmin zum Rechtsanwalt: Er oollte den Fall übernehmen, sie würde bestimmt Recht be kommen. Der Hunoebesitzer Hans Heinz Ecken müßte für den Seidenspitz büßen. Tinka kam unglücklich mit verbundenem Vein zuhause an. Jetzt jagten ihr alle Hunde, die ihr begegneten, einen großen Schreck ein; sie ging in weitem Bogen um sie herum. Der Tag der ersten Verhandlung nahte. Tinka Wolmin und Hans Heinz Ecken wurden zum Gütetermin geladen. Der Beklagte Ecken war mit seinem Seidenspitz erschie nen. Er führte das harmlose Tierchen dem Richter vor. Noch nie hätte es einer Dame etwas zuleide getan, es müsse das Ganze ein ihm rätselhaftes Vorspiel gehabt hab»n. Die Klägerin Tinka Wolmin bestritt irgendein Vor spiel. Sie stellte den Tatbestand hin, wie er gewesen war: Sie war in die Konditorei getreten und sogleich habe der Seidenspitz sie gebissen. Sie verlange Schmerzensgeld Der Richter fragte, wie hoch die Summe jein jolle, die sie als Schmerzensgeld für gut und gerecht halte Tinka nannte die Arztrechnung, die Kosten der Ge- eichtsverhandlung, die Anwaltsgebühren, das zerrissene Leidenstrumpfpaar und außerdem eine geziemende Ent schuldigung des Hundebefitzers. Warum lächelte Hans Heinz Ecken so seltsam, und Darum blickten die Herren fie so merkwürdig an? Der Beklagte Hans Heinz Ecken erklärte sofort mit Zester Stimme: „Ich bitte tausendmal um Entschuldigung: ch habe es schon damals in der Konditorei getan, aber Sie Fräulein Tinka Wolmin, haben mich erst garnicht an- rehört; Sie haben nur geschrien und find sogleich zum Arzt gelaufen, und als ich Sie schüchtern vor dem Hause erwartete, haben Sie mich mit haßerfüllten funkelnden Üugen angesehen, so daß ich nicht mehr wagte, auch nur ein Wort zu Ihnen zu reden Mit allen Ihren Bedingun gen erkläre ich mich einverstanden; nur bitte ich Sie Noch, mir die Nummer und Farbe der Strümpfe anzugeben." Ein leises Lachen drang aus dem zuhörenden Publikum Der Richter legte die Akten beiseite: für ihn war der Fall erledigt. Tinka Wolmin ging aus dem Saal. Draußen trat Hans Heinz Ecken an ihre Seite. Er reichte ihr treuherzig die Hand Und da konnte fie ihm nicht länger zürnen, fie legte ihre Hand in die seine — und, wie seltsam! auch der Sei- Venspitz streckte ihr sein Pfötchen hin. „Wir müssen doch den Fall ergründen!" sagte Hans Heinz, und auch Tinka gab beklommen zu, daß vielleicht voll) etwas gewesen sei, was oen kleinen Seidenjpitz aus seiner Harmlosigkeit gerissen habe. Die richtige Lösung haben die beiden jungen Leute zwar nicht gefunden, aber dafür erkannt, daß sie für- Leden zueinander gehörten. Ein nicht zu überbietendes Schmerzensgeld für Tinka: das war der Mann, der si« liebte und den sie wiederliebte — sie wurden glücklich, und in ihrem Glück sonnte sich noch lange der weiße Spitz. Es muß alles eine Grenze haben. Philipp war zu Mittag in ein hochvornehmes Restau rant zum Essen eingeladen worden. Und da seine Finan zen nicht ganz in Ordnung waren, stand er vor einer jehi bedenklichen Situation, als sich bei seinem Fortgang zwei drei Oberkellner und ein Piccolo in den Weg stellten, um ihm die Handreichungen beim Ankleiden zu machen. „Ihr Überzieher, mein Herr!" sagte der eine und reichte ihm diesen hin. Philipp griff in die Tasche und gab dem Kellner sein Trinkgeld „Ihr Schirm und Ihr Hut, mein Herr!" sagte der an dere Kellner. Philipp griff wieder in die Tasche und bezahlte. „Ihrs Handschuhe, mein Herr!" rief der Piccolo. Aber das war Philipp doch zuviel. „Laß mich in Ruh!" sagte er, „Du kannst sie behalten, sin sind doch nichts mehr wert." Männerlist. Am Stammtisch war man in eine rege Debatte über die Frage gekommen, wer der Herr im Hause ist: die Frau oder der Mann. Herr Hinzlein meinte dazu: „Natürlich hat der Mann im Hause zu sagen. Dock, manchmal muß er dazu auch eine List gebrauchen. Soll ich euch erzählen, wie ich das mache? Also, diesen Sommer war meine Frau für ernige Wochen in die Sommerfrische gefahren. Aber was meint ihr, fast postwendend kam sie wieder zurück. Ich schickte ihr nämlich jeden Tag die Zei tung, aus der ich jedesmal eine Notiz ausgeschnitten hatte. Es vergingen keine vier Tage, da war sie wieder da; sie mußte dcch sehen, was bei uns jo interessant war, daß ich es immer ausjchnitt. Lustiges Namenrätfel. Dieser Herr ist von Beruf ? Nun, was glauben Sie wohl? Im Vertrauen gesagt: er heißt: L H Pokt-Simjon und ist aus Gera. Jetzt wissen Sie Bejcheid, wie? Auflösung aus letzter Nummer.