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— 67 — Der Musterlehrobstgarten des Bezirks - Gbstbauvereins Dippoldiswalde. Bon Bezirksarzt^vr. Endler. MN iMbbttdung. Schon seit einer Reihe von Jahren hatte man im Bezirks-Obstbauverein Dippoldiswalde die Bemerkung gemacht, daß alle Bemühungen, den heimischen Obstbau durch Vorträge, Lesezirkel, Bibliothek usw. zu fördern, nicht von dem er hofften Erfolge begleitet waren. Ungünstige Witterung, späte Fröste und nicht zuletzt die Einfuhr fremdländischen Obstes hatten ein übriges getan, merkliche Fortschritte im Obstbau zu ver hinderst und die Zahl der Obstfreunde in un erwünschtem Maße zu verringern. So kam man denn im Vorstande unseres Vereins auf den Gedanken, durch das lebendige Beispiel eines vom Verein unterhaltenen und gepflegten Obstgartens belebend auf den heimischen Obst bau zu wirken. Ein „Musterobstgarten" sollte es werden und sein: ein Muster für die drei großen Gruppen der Obsterbauer: Landwirte, Erwerbs obstzüchter und Obstliebhaber, ein „Muster" hinsichtlich Anlage, Pflege und Bewirtschaftung. Freilich war man sich schon zu der Zeit, als der Gedanke das Licht der Welt erblickt hatte, dar über im klaren, daß bis zur Ausführung des Planes noch mancher Apfel in fremden Gärten heranreifen würde. Denn Vorbilder in der erwähnten Beziehung, wenigstens soweit Vereine mit beschränkten Mitteln in Betracht kamen, fehlten fo gut wie ganz. Es zeugte daher von einer großen Beaeisterung für den Obstbau, wenn unsere Vorstandsmitglieder zwar unter dem Wahlspruche: erst wäg's, dann wag's, aber doch unverzüglich den Kriegsplan in Angriff nahmen. Freilich zum Kriegsühren gehört nach weiland Montecucculi: Geld, Geld und nochmals Geld. Und damit war's bei uns, wie schon er wähnt, nicht besonders günstig bestellt. Wären wir ausschließlich nach kaufmännischen Grund sätzen verfahren, so hätten wir noch lange mit der Ausführung unseres Planes warten müssen. Gute Freunde und getreue Nachbarn halsen uns jedoch die Vereinskasse füllen. Besonderer Dank sei auch an dieser Stelle dem Landes-Obstbauverein dargebracht, der uns durch eine außergewöhnlich hohe Zuwendung von 200 M. nicht nur finan ziell unterstützte, sondern auch dadurch zum Aus druck brachte, daß er mit unserem Plane ein verstanden war und in ihm ein wirksames Mittel zur Förderung des Obstbaues erblickte. Einen weiteren, recht namhaften Beitrag stifteten die Schulgemeinden des Bezirks; man hatte nämlich im Vereinsvorstande die Anregung eines Mit gliedes aufgegriffen, dem künftigen Musterobst garten auch den Schulkindern und Fortbildungs schülern des Bezirks zugängig zu machen und schon in die Herzen der Kinder die Liebe zum Obstbau zu pflanzen. So wurde dann aus dem ursprünglich gedachten „Musterobstgarten" ein „Biusterlehrobstgarten". Noch manch anderes Versprechen künftiger werktätiger Hilfe wurde dem Vereine dank der regen Bemühungen unseres Vorsitzenden, Herrn Amtshauptmann Or. Sala, von Freunden des Obstbaues abgegeben, so daß man im Herbst 1909 zunächst mit der Wahl eines geeigneten Grundstückes getrosten Mutes ans Werk gehen konnte. Wohl hatte man schon vorher von uns aus eine Reihe von Grund stücken in den Nachbarorten in Aussicht ge nommen, aber schließlich wieder auf sie verzichtet, da sie entweder zu weit abseits der großen Ver kehrsstraßen bezw. unserer Bezirksstadt lagen, oder da sich nicht genügend lange Pachtverträge erreichen ließen oder da sie uns aus anderen Gründen ungeeignet erschienen. Jetzt standen wir vor der Entscheidung, ob wir das dankens werte Angebot des Rates der Stadt Dippoldis walde annehmen sollten, ein unmittelbar an die Stadt angrenzendes und an der Glashütter Be zirksstraße gelegenes 45 Ar großes Gelände, das zurzeit anderweit verpachtet war und landwirt schaftlich bestellt wurde, für unsere Zwecke zu wählen. Die Bedingungen waren äußerst günstige; völlige Pachtfreiheit für die ersten 10 Jahre, von da ab ein jährlicher Pachtpreis von 40 M. auf die Dauer von 10 weiteren Jahren, an die sich dann eine anderweitige Pachtfestsetzung in zeitgemäßer Höhe durch die Stadtgemeinde anschließen sollte. Da eine Begutachtung des Grundstückes durch den Geschäftsführer des Landes-Obstbauvereins, Herrn Lindner, der auch sonst mit Rat und Tat in dankenswerter Weise uns zur Seite stand, im allgemeinen be friedigend ausfiel, und auch die Bodenanalyse ein günstiges Ergebnis zeitigte, wurde, obwohl begreiflicherweise manches auszusetzen war, rasch zugegriffen und im Frühjahr 1910 der Pacht vertrag abgeschlossen. Die Lage des Grundstückes ist hinsichtlich der Bewirtschaftung und Zugänglichkeit eine sehr günstige. Es schließt sich unmittelbar an die letzten Häuser der Glashütter Bezirksstraße an und ist in wenigen Minuten von der Mitte der Stadt aus zu erreichen. Die äußere Form ist, wie aus der Abbildung des Planes ersichtlich, etwa die eines Trapezes. Eine mäßige Neigung des Geländes von Süd nach Nord kann zwar nicht als vorbildlich bezeichnet werden, mußte aber mit in Kaus genommen werden. Ein ge ringer Schutz gegen Westwinde ist in den nicht allzuweit entsernten Wohngebäuden und in einer Gehölzanpflanzung des Nachbargartens gegeben; im^, übrigen muß die Lage als eine durchaus