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138 weil Deutschland den Bedarf darin nicht decken konnte. Diese Erdbeermengen wurden vor allem gebraucht, um wie seit Jahren den Bedarf unserer Großstädte, in erster Linie Berlins, zu decken, dann auch den von Hannover, Bremen, Hamburg, Leipzig, Plauen i. V., ja auch Dresden erhielt täglich Erdbeeren aus Holland. So be richtet der Obstgroßhändler Giesen aus Berlin in Nr. 3 der Deutschen Obstbauzeitung, Organ des Deutschen Pomologenvereins. Woher stammen diese Erdbeeren? In dem holländischem Orte Bevervyk, dem Hauptorte der Erdbeerzucht, sind 500 Erdbeerzüchter, die 1913 etwa 2 Millionen Mark für Erdbeeren eingenommen haben sollen. Wenn man solches liest, fragt man sich unwillkür lich: Sollte Deutsch land wirklich nicht fähig sein, den Bedarf in Erdbeeren völlig selbst zu decken und den Erlös daraus in die eigene Tasche zu stecken? Sind unsere Verhältnisse ungünstiger als in Holland? Aller dings muß zugestanden werden, daß Holland einen den Erdbeeren sehr genehmen feuchten, kalkreichen Boden hat, der noch dazu bei je der Neubepflanzung mit Erdbeeren wieder auf 70 ein tief gegraben wird. Doch sollen in Hol land sowohl die Pacht- und Kaufpreise für Bo den als auch die Arbeits löhne höher sein als in Deutschland. Hier be stehen aber doch auch schon große Pflanzungen, lohnen die etwa nicht so wie in Holland? Holländer wollen vom Quadratmeter allerdings bei sehr enger Pflanzung 1 — 2 kpl Früchte ernten, manche mehr. Ich glaube, daß man von manchen Sorten solche Erträge auch in Deutschland erzielt, ich möchte das wenigstens für mich behaupten. Ausschlag gebend für die Leistungsfähigkeit des holländi schen Erdbeerbaues und Handels ist vielleicht noch anderes. In Holland ist die Sorte Jucunda in den Betrieben alleinherrschend. Größte Fruchtbarkeit, Festigkeit der Frucht (also Versand fähigkeit) und große Widerstandsfähigkeit der Blüte gegen Frost haben ihr diesen Platz ver schafft. Ihre Ansprüche werden durch den holländi schen Boden in vollstem Maße erfüllt. Was in Holland täglich an Erdbeeren auf den Markt kommt, das sind Tausende von Zent nern, stammt nur von dieser Sorte. Loch trägt sicher auch die Betriebsweise und die Organis ation des Handels zu dem Aufschwung desselben bei. Es sind durchweg Kleinbetriebe in einem Umfange von 3000, 4000 bis 7000 ym, selten größere. Die Pflanzungen sind nur gerade so groß, daß sie von einer einzigen Familie be wirtschaftet werden können. Und wo größere Pflanzungen bestehen, da werden vor Beginn der Ernte Teile davon an kinderreiche Familien ver pachtet, die nun die Ernte auf eigene Rechnung besorgen. Die Ernte wird täglich in ganz gleich mäßigen Spankörben (sächsisches und bayrisches Fabrikat) auf den Markt gebracht und dort unter strenger Kontrolle der Ware verauktioniert. Während nun der Großhändler die erstandene Ware weiter befördert unter Benützung durch gehender Züge, geht der Züchter wieder an seine Arbeit. Ähnliche Art des Handels ist meines Wissens auch in dem sächsischen Orte Sornzig (durch Herrn Schildknecht) vor Jahren eingeführt und befriedigt beide Teile. Jedenfalls ist es der Umstand, eine gute Frucht in einheitlicher Packung und guter Ware in großen Mengen an einem Orte kaufen zu können, der die Groß händler anzieht und den Holländern das Ge schäft sichert. Jedenfalls sind die Holländer auch nicht so von ungefähr dazu gekommen, sondern nur unter Führung einer umsichtigen und ener gischen Persönlichkeit. Sollte solche in Deutsch land, speziell Sachsen, so selten sein, daß es nicht möglich wäre, die holländische Einfuhr auszu- fchalten? Und sollte es uns bei Wegfall des Ananaserdbeere „Perle".