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17 schäftszeit mehrfach stattgefunden, und würde die Aufführung der ein zelnen Fälle an dieser Stelle zu weit führen. Derartige Revisionen sind sehr schwierig, weil nicht jede Person zu ihrer Vornahme geeignet ist und hat auch der Vorstand so unliebsame Erfahrungen gemacht, daß er namentlich bei Revisionen in der Nähe lieber den Hauptkassier dazu entsendet haben würde, wenn dieser nur immer hätte abkommen können. Was nun die Wiederbeibringung entstandener Verluste betrifft, so ist dies eine sehr schwere Sache, weil in den meisten Fallen „Nichts zu holen" ist. Alle vom Vorstand angewendeten Mittel, die Veruntreuer zum Weiterzahlen zu bewegen, alle Mahnungen und der Hinweis, daß sie sich bei Einstellung der Zahlungen auf strafrechtliche Verfolgung gefaßt zu machen hätten, fruchtete nichts und so blieb denn nichts weiter übrig als die Strafanzeige, die aber auch nicht immer anzu bringen war. In einigen Füllen, wo die Strafverfolgung eingetreten ist, sind die Betreffenden zu empfindlichen Gefängnißstrafen verurtheilt worden; in den weitaus meisten Fällen ist jedoch der Vorstand von dem weiteren Verlauf der Dinge nicht unterrichtet. In einem Fall, dem Fall Schuld-Mainz, wo der Betrag von Mk. 113.68 in Betracht kam, erfolgte Freisprechung „aus Mangel an Beweisen, da nicht ausgeschlossen sei, daß ein Anderer in die Kasse ge langt habe". Der Vertheidiger hatte es für nöthig gefunden, darauf hinzuweisen, daß es jetzt an der Mode wäre, Privatansprüche auf straf rechtlichem Wege feststellen zu lassen, um so die Kosten und das Risiko zu ersparen. Es sei zugegeben, daß der Verband einen Verlust habe, aber es handle sich nur um kleinere Beträge. Defizits kämen in allen größeren Kassen in viel größerem Umfange vor, ohne daß sich Jemand beigehen ließe, deshalb den betreffenden Beamten gleich der Unter schlagung zu zeihen u. s. w. Es mag wohl richtig sein, daß nicht jedes Defizit eine Unterschlagung ist, doch in vorliegendem Fall trifft das nicht zu, weil Schuld zwei Kassen führte und nachgewiesenermaßen das Defizit der einen Kasse mit Geldern der anderen Kasse zu ver bergen gewußt und auch verborgen hat. Aehnlich liegt die Sache in Nürnberg, wo der Einkassirer Julius Pfändt Mk. 37.12 nicht abgeliefert, also sich zum Mindesten wider rechtlich angeeignet hatte. Dies war dem Pfändt in der Gerichts verhandlung nachgewiesen worden und dennoch erfolgte auf Antrag des Amtsanwaltes Freisprechung, weil „nach juristischen Begriffen Pfändt nicht unterschlagen habe, sondern Schuldner des Verbandes sei". Es wurde auch noch darauf hingewiesen, daß Pfändt sich in Noth be funden habe. Diese drastischsten aller vorgekommenen Fälle mögen genügen. Ein Jeder wird sie selbst zu beurtheilen wissen, wenn er sich vergegenwärtigt, wie gering bezahlte Postbeamte oder arme Näherinnen, die sich ver gessen und unrechtmäßig etwas angeeignet haben, bestraft werden, und jeder Kommentar ist überflüssig. Doch, „es ist kein Unglück so groß, es ist immer noch ein Glück dabei", sagt ein altes Sprichwort, und dies gilt auch hier, denn die Ausführungen und der Erfolg des Mainzer Vertheidigers haben dem Vorstand den Weg gezeigt, den er einzuschlagen hat, und hat dieser Weg bisher insofern zum gewünschten Resultat geführt, als sich die