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84 zu sich. Laßt unS fliehen, sprach er, dieser Mensch ist unserer Gaben nicht werth! und sie flohen. AlS sie fern waren, nahm der Schlaf seinen Zauberstab, halb im Zom» daß er ihm diesmal seine Kraft so schlecht bewährt hätte und steckte ihn in die Erde. Oben da« rauf hingen die Träume spielend ihre leichten luftigen, bunten Bilderchen, die sie dem Menschen hatten sehen« ken wollen. Das sah die Nacht und sie hauchte Leben in den Stab, daß er Wurzel schlüge in die Erde. Er grünt«, und barg nach wie vor in sich die Tropfen, die den Schlaf hcrbeirufen. Und die Gaben der Träu« nie gestalteten sich zn zarten, bunten, flatternden Blät« tern. So sind wir Mohnblumen entstanden! Die Erzählung war beendigt und dankend beugten sich die Blumen von allen Seiten zur Erzählerin. Da dämmerte der Morgen heran. Als cS nun bell wurde, flatterten die Blätter einer Centifolie zerstreut durch den Wald und dielten still bei jeder Blume, an der sie vorbcikamcn, jeder einen wehmüthigen Abschied zuflüsternd. Und Lhrancn hingen in alle» Blumen. Eine Gefängnißseene auS dem vorige» Jahrhundert. Eine wahrhafte Geschichte der Gefängnisse aller Zeiten würde schauderhafte Enthüllungen zu bringen haben, minder von Verbrechen des Individuums an der Gesellschaft, als von Gräuellhaten der Gesellschaft und sogenannten Rechtspflege an Einzelnen, aber auch an Taufenden. Mögen die Gegner der schönsten Ga» be unserer Zeit, des öffentlichen Gerichtsverfahrens, errötbend in den Kerkerlisten der Vergangenheit blät tern! und mögen die Zustände der Gegenwart bald die Befürchtung Niederschlagen, daß die Zukunft nicht auch über die Gefängnisse der Jetztzeit, über die Grau samkeit unserer Staatsgesellschaft gegen die Individuen dasselbe bittere Verdammungsurtbeil wiederholen muß, welche- wir über die Ungerechtigkeiten und Barbareien der christlichen Vergangenheit aussprechen. Unter die Opfer der Pariser Gefängnisse im siebzehnten Jahr hundert reiht sich ein Mann des Genius, Salomon de Eans. Er hatte sich bereits mit 20 Jahren als Architekt, Maler und im Schanzcndau unter dem Prin zen v. Wales und dem Kurfürsten von Baiern aus gezeichnet und kehrte nach Frankreich zurück mit dem Wunsche, seinem Vaterlande die Wohlihat einer Ent deckung zuzuwendcn, die er gemacht, nämlich, daß der Dampf siedenden Wassers als mächtig bewegend« Kraft gebraucht werben könne. Ein italienischer Krösus in Paris, der die schöne Marion de l'Orme liebte, führte ibn in daS Haus derselben nlit dem Auftrage, dasselbe mit allen Hülssmitteln der Kunst auszuschmücken. Salomon de Caus verlor bei der Arbeit sein Herz an rie Schöne, welche zuerst dieß Werben eines so glän zenden Geistes begünstigen mochte, aber bald seiner ernsten und leidenschaftlichen Liebe überdrüssig, um sich seiner zu entledigen, die Aufmerksamkeit des Kardinals und Ministers Richelieu auf ihn lenkte. „Er ist sehr geschickt — schrieb sie Sr. Eminenz — und har seiner Versicherung nach eine Welt von seltsamen und er. staunlichcn Dingen entdeckt, allein ick fürchte, er bat auch das Gehcimniß entdeckt, mich vor Langeweile umzubringen und Sie werden mich sehr verbinden, wenn Sie mir von einer so lästigen Bekanntschaft helfen." Den folgenden Tag ward Salomon de Caus zum Ministee beschicken, dem er Bericht über seine Entdeckungen, über die Kraft des Dampfes ablegte. Die Unterredung dauerte lange und bei ihrem Ende ward Salomon de Caus für wahnsinnig erklärt und Nach Bicetre gesandt. Der Mademoiselle de l'Orme sagte man, daß er mit einem wissenschaftlichen Auf trage außer Landes geschickt sei unk da sie nichts mehr von ihm Hörre, glaubte sie es. Aber zwei Jahre da rauf, als sie einem englischen Reisenden, dem Marquis von Worcester diö öffentlichen Anstalten von Paris zu zeigen veranlaßt wurde, führte sic ibn auch nach Bi- cerre und als sie lachend und schwatzend an einer ver gitterten Zelle vorbeigingen, sprang plötzlich ein gefes selter, hohläugiger Gefangener an die Eisengitler und kreischte laut: „Marion, Marion! befreie mich! Ich habe eine Entdeckung gemacht, die mein Vaterland be reichern wird. Befreie mich! ich bin Salomon de Caus." Der Brief, in welchem Marion de l'Orme dieß Ereigniß erzählt, ist auf die Nachwelt gekommen-, sie fügt darin hinzu, seine Erscheinung sei so furchtbar und ihr Entsetzen so groß gewesen, daß sie mehr tods als lebendig den Ort verließ. Am ankern Tage »er stattete man dem Marquis von Worcester eine Zusam menkunft mit dem Armen und als er von ihm schied, sagte der Dritte: „Auf meiner Halbinsel batte man diesen Mann statt ihn in ein Tvllhaus zu sperren, mit Ehren, Wurden und Neichtvumcrn »verschüttet. Verzweiflung und Gefangenschaft haben ibn je^l wirk lich zur Raserei gebracht. Aber da Ihr Salomon ke Caus in einem Kerker, der für ein wildes Tbier zu schlecht wäre, an die Kette legtet, habt Ihr den edel sten Genius des Jahrhunderts zerstört." Kirchliche Stachrichten. Künftigen Sonntag predigt Hr. I*. Wimme r. Am Millw. früh 7 Uhr soll allgem Beichte gehalten werden. HauS- und Grundstücksverkauf. Der Unter zeichnete beabsichtigt ein Wohnhaus, eine mit Schiefer ge deckte Scheune, einen Stall für zwei Kühe, drei Stück Feld, einen schönen WieSfl.ck, »inen schönen Grasgarten, ein Stückchen Holz, einen kleinen Leiterwagen sofort aus freier Hand zu verkaufen. Slräßel bei Siebenbrunn, den l-1 Mab Johann Gottfried Krauß. Anfrage. Wann wird denn hruer die edle Turnerei ihren An fang nehmen k Einige Turner- Otto er; Redaktor, Drucker und Verleger.