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PAPIER-ZEITUNG Nr. 75 3146 wir die Versicherung unterlassen. Wie wir nun in Erfahrung gebracht haben, ist der Schaden s. Zt. Herrn X von seiner Ver sicherungsgesellschaft voll vergütet worden. Sind wir berechtigt, unsern Schaden im Betrage von 57 M. 26 Pf. von X vergütet zu verlangen? Wir glauben, daß dieses Verlangen nur billig ist. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Wenn durch die gezahlte Versicherungssumme der Wert der verbrannten Ware des Fragestellers mitgedeckt wird, hat dieser Anspruch auf Erstattung dieses Wertes, da sich andernfalls die Firma X zum Schaden des Fragestellers be reichern würde. Fällt jedoch der Wert der Ware nicht in die Versicherungssumme, so würde dem Fragesteller ein Anspruch auf Schadenersatz nur dann zustehen, wenn die Firma zur Versicherung der fremden bei ihr lagernden Ware gegen Feuersgefahr verpflichtet war. Mangels Ver einbarung ist eine solche Verpflichtung (wie aus der Antwort auf die Frage 7690 in Nr. 63 hervorgeht), jedoch nur dann anzunehmen, wenn die von einem ordentlichen Kaufmann im Verkehr zu beobachtende Sorgfalt eine Versicherung des fremden Eigentums erheischte. Dies ist im Streitfälle nach freiem richterlichem Ermessen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände, namentlich auch einer etwa be stehenden Handelssittc, zu entscheiden. Gewerbegericht 7804. Frage: Gibt es eine höhere Instanz über dem Ge werbegericht? Gibt es irgend eine Schrift über die Amts pflichten eines Gewerbegerichts-Sekretärs? Gehört es zur Tätigkeit des Gewerbegerichts-Sekretärs, in die Verhandlung vor dem Gewerbegericht und der Vergleichssitzung einzugreifen? Antwort eines Gewerbegerichts-Beisitzers: Als Berufungs instanz gegen die Urteile des Gewerbegerichtes ist das Landgericht des Bezirks, in welchem sich das Gewerbe gericht befindet, zuständig. Bei einem Streitgegenstand von unter hundert Mark Wert ist Berufung nicht zulässig. Die Urteile des Landgerichtes sind endgiltig. Eine Schrift über die Amtspflichten des Gewerbe gerichts-Sekretärs gibt es meines Wissens nicht. Der Gewerbegerichts-Sekretär ist zwar nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Vorsitzenden bei der Hauptverhand lung oder Vergleichskammer in die Verhandlungen einzu greifen, doch vertritt er naturgemäß in der Vergleichs kammer zumeist die Stelle des rechtskundigen Beraters, und sein Eingreifen ist daher mehr oder weniger zur Ge pflogenheit geworden. B. Papiersäcke auf Abruf 7805. Frage: Können Sie mir eine reichsgerichtliche Ent scheidung darüber einsenden, in welcher Zeit ein Auftrag auf Papiersäcke auf Abruf abgenommen sein soll, wenn keine be stimmte Lieferzeit vereinbart war? Antwort: Eine reichsgerichtliche Entscheidung dieser Frage ist uns nicht bekannt. Dagegen hat das Reichs gericht wiederholt Entscheidungen von allgemeinerer Be deutung gefällt, wonach bei Käufen auf Abruf nicht an gebliche Handelsbräuche maßgebend sind, sondern in jedem Einzelfall der Wille der Parteien bei Abschluß des Vertrages erforscht werden muß. Haftung des Werkmeisters für Fabrikations-Fehler 7806. Frage: Ich bin in einer Kartonnagenfabrik als Meister angestellt. Vor acht Monaten wurde mit mir abgemacht, daß ich von 10000 M. Umsatz 1/4 v. H. Verdienst erhalte; sollten aber Fehler durch meine eigene Schuld entstehen, könnte ich dafür haftbar gemacht werden. Es wurde aber dabei bemerkt, daß wir alle menschlich wären, und jedem Fehler unterlaufen könnten, es sollte nur dem vorgebeugt werden, daß die Fabrik wie bei früheren Meistern um monatlich 3—400 M. geschädigt würde. Zu derselben Zeit hatte ich zur Hilfe einen Vorarbeiter für die Klebeabteilung, und ein Vorarbeiter wurde für die Maschinen abteilung eingestellt, da neue Maschinen gekauft wurden. Nach 3—4 Monaten hatten die 2 Vorarbeiter das Geschäft verlassen, und während derZeit, da ich allein bin, sind mir bis jetzt Fehler im Betrag von 60—70 M. unterlaufen und mir abgezogen. Kann ich nach dem hier Angeführten gegen die Firma den Klageweg mit Erfolg beschreiten? An welcher Stelle kann ich die Klage einreichen? Kann die Firma auch ihren Verdienst-Entgang mir abziehen, wenn sie Ersatz dafür geliefert hat? Antwort: Nach dem BGB haftet jedermann für Nach teile, die er einem andern aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit verursacht. Im vorliegenden Fall ist diese Haftung überdies vertragsmäßig festgelegt. Ob die Fehler, wegen welcher dem Fragesteller 60—70 M. abgezogen wurden, auf Fahr lässigkeit beruhen, und demgemäß ihm die Strafe mit Recht auferlegt wurde, läßt sich ohne genaue Kenntnis der ein zelnen Fälle nicht beurteilen. Der Umstand, daß z. Zt. als die Fehler vorkamen, 2 Vorarbeiter fehlten, deren Arbeit Fragesteller verrichten mußte, ist ein Entlastungsgrund für den Fragesteller. Da es sich hier um eine Streitfrage handelt, welche über den gewerblichen Lohnvertrag ent standen ist, so ist für die Klage das Gewerbegericht am Wohnort der Firma zuständig. Wenn die Firma für die verdorbene Ware Ersatz geliefert hat, so kann sie dafür keinen Verdienstentgang, sondern nur die Selbstkosten der verdorbenen Ware als Schadenersatz fordern. Fixgeschäft 7807. Frage: Wenn einer einen Auftrag annimmt mit der Verpflichtung, ihn innerhalb einer bestimmten Frist auszuführen und dieser Verpflichtung nicht nachkommt, muß ihm dann nach dem deutschen Handelsgesetzbuch eine gewisse Nachlieferungs frist bewilligt werden und welche? Falls ihm diese Nachlieferungsfrist nicht bewilligt werden muß, darf dann gerichtlich gegen ihn vorgegangen werden? Antwort: Das HGB schreibt vor, daß, falls zwischen Kaufleuten eine genau bestimmte Lieferfrist festgesetzt wird, dem Lieferer nach Versäumen dieser Frist keine Nachfrist gewährt zu werden braucht, vielmehr darf der Käufer dann sofort vom Vertrag zurücktreten und kann Schadenersatz wegen Nichtlieferung fordern. Ob ein solches Fixgeschäft vorliegt, muß jeweils unter Berück sichtigung der vertraglichen Abmachungen beurteilt werden. Mietsrecht 7808. Frage: Nach dem BGB ist ein 6jähriger Mietsvertrag für einen Laden gemacht worden. Da sich mir augen blicklich ein besserer Laden bietet, will ich ihn mieten und den alten Laden an einen Untermieter weiter vermieten, um keinen Verlust zu haben. Ist dies nach dem BGB gestattet? Antwort: Nach dem BGB darf der Mieter die vermietete Sache an einen anderen nur mit Zustimmung des Ver mieters weiter vermieten. Der Vermieter darf jedoch seine Zustimmung nur versagen, wenn ein triftiger Grund dafür vorliegt. Der Mieter haftet dafür, daß die Miete richtig ein geht. Nachbildung von Ansichtskarten 7809. Frage: Zu einer Fest-Versammlung sind wie üblich Ansichtspostkarten herausgegeben. Schon vor Fertigstellung des Festzeltes erschien im Verlag von A hier, beiliegende Karte (Muster I). Da ich schon vorher beabsichtigt hatte, eine Karte mit Abbildung des Festzeltes herauszugeben, kam mir der Reisende der Firma Y in B damals sehr gelegen, indem er mir versprach nach eigener Skizzierung des damals erst in groben Umrissen fertigen Zeltes eine Karte anzufertigen. Ich warnte ihn hierbei, etwa die A.’sche Karte nachzubilden, und erhielt nun Karten wie Muster II und III. Als A diese Karten sah, verlangte er von mir sofort Ein stellung des Verkaufs und Auslieferung des vorhandenen Vor rats oder eine Entschädigung von . . M. aufs Tausend mit der Begründung, daß meine Karte eine grobe Nachbildung seiner eigenen sei. Da ich in meiner Karte keine Verletzung des Ur heberrechts erblicken kann, verkaufte ich die Karten weiter, worauf mich A bei der Staatsanwaltschaft anzeigte. Durch die Gerichtsferien scheint eine Stockung des Verfahrens gegen mich eingetreten zu sein, was A. dazu benutzt das Gerücht auszu streuen, bei mir seien 10000 Karten beschlagnahmt. Ferner warnt er vor Ankauf meiner Karten und macht bekannt, daß die Abnehmer derselben die Karten wieder herausgeben müßten und obendrein noch den Schaden zu tragen hätten. Ich habe außer diesen Karten nach eigenen photographischen Aufnahmen und Skizzen noch mehrere Karten anfertigen lassen. Da sich nun obiges Verhalten des A gegen alle meine Fest karten richtet, bin ich im Verkauf derselben sehr geschädigt. Sind meine Karten II und III wirklich grobe Nachbildungen der A.'schen Karte und gegen das Urheberrecht verstoßend? Wie kann ich mich gegen das Vorgehen des A schützen? Antwort: Die ursprüngliche Ansichtskarte gibt eine Federzeichnung wieder, welche die ganze Innenfläche be deckt. Auf den nachgebildeten Postkarten findet sich eine verkleinerte Wiedergabe des ursprünglichen Bildes. Diese ist offenbar durch photographische Verkleinerung erfolgt, also eine mechanische Nachbildung. Nach der heutigen Rechtsprechung des Reichsgerichts ist eine solche Karte nicht ohne weiteres als Werk der Industrie zu betrachten, wenn ihr Hauptzweck das Bild und nicht die Verbreitung von Mitteilungen ist. Da jedoch diese Karte einen Schreib-