Volltext Seite (XML)
für den Hilfsverein durch Anmeldung neuer Mitglieder zu wirken. Penig ! L. Der Vorstand des Hilfsvereins für die deutsche Papier-Industrie (gez.) Ad. Schinkel (gez.) Ferd. Münde Londoner Papiermarkt London, 30. Juni Das Geschäft im hiesigen Papier - Großhandel hat schon recht sommerliche Richtung angenommen. Seine Unregel mäßigkeit und Unbeständigkeit legen sprechendes Zeugnis hierfür ab. Bisweilen herrscht ganz flotter Zug in der geschäft lichen Tätigkeit, aber dann tritt eine unerwartete Pause ein, die wiederum ein paar Tagen guter Beschäftigung Platz macht. Dieser Wechsel in Verbindung mit der Tatsache, daß die Pausen beim jedesmaligen Auftreten an Länge zunehmen, sind untrüg liche Kennzeichen der kommenden Sommerstille. Bei dem ver lockenden Wetter ist wohl niemand besonders böse, wenn die Arbeit nicht sehr drängt, indes die Verflauung ist immerhin etwas verfrüht, denn man erwartet auch im Juli noch einiger maßen beschäftigt zu sein, ehe mit August die Zeit der Ferien beginnt. Ueber das Zustandekommen größerer Abschlüsse ist nichts verlautet. Der gegenwärtige Zeitpunkt wird gewöhnlich gern für solche Käufe, denen Spekulation zugrunde liegt, gewählt, aber diesmal fehlen die hierfür benötigten Umstände, und die allgemeine Lage des Papiermarktes ist diesen Geschäften nicht günstig. Die Fabriken sind mit Aufträgen gut versorgt und können ruhig den flauen Sommermonaten entgegensehen; von dieser Seite liegt also kein Drängen vor. Dies hat zur Folge, daß die Preise ihren Standpunkt bewahren und Käufen für Fernlieferungen kein Entgegenkommen zeigen. Es wird deshalb die Politik des Abwartens verfolgt. Das Hauptgeschäft bewegt sich zurzeit in Käufen zur Be friedigung des normalen Bedarfs. Einige Sorten sind besser daran wie andere. Pergamentersatz und echt Pergamentpapier haben unter Schleudereien viel zu leiden. Diese Papiere führen wirklich ein trauriges Dasein; man mag letzteres zu dem gewiß billigen Preise von 4 d. das Pfund weniger 25 v. H. anbieten und ist sicher, den Bescheid zu erhalten, daß günstigere No tierungen eingelaufen sind. Pergamentersatz wird zu 17 Lstr. 5 sh die Tonne ausgeboten, und da Fabrikpreis 17 Lstr. ist, so erübrigt der Händler, der sich in diesem Geschäft hervortut, den gewaltigen Nutzen von etwa 11/, v. H. und muß dazu seinem Kunden wahrscheinlich noch drei Monat Kredit gewähren. Bei solchem Treiben muß jedem die Lust vergehen, sich mit diesen Papieren überhaupt noch zu befassen. Besser steht es mit den Kraft-Einwickel- und Packpapieren. Hierfür herrscht rege Nach frage, es findet kein solches Jagen nach jedem Auftrag statt, und ein vernünftiger Gewinn an den Geschäften ist deshalb noch möglich. Es läßt sich feststellen, daß der Verbrauch in diesen Papieren zunimmt und mehr und mehr allgemein wird. Das altmodische Braun der englischen Fabriken im Preise von 8 Lstr. bis 14 Lstr. die Tonne befindet sich im langsamen Ab sterben; die Verbraucher haben sich erziehen lassen und sind endlich zu der Einsicht gekommen, daß Dicke und Festigkeit nicht identisch sind, so lange die Qualität nicht die nötige Zähig keit besitzt, und daß deshalb ein Kraftpapier von 70 g Stärke vollständig das bisherige englische Braun im doppelten Gewicht ersetzt, sich infolgedessen im Riespreis billiger stellt und dazu den Vorteil angenehmerer Handhabung und größerer Widerstands fähigkeit gegen Einreißen besitzt. In guter Nachfrage befinden sich ferner die einseitig glatten weißen Seidenpapiere 17 g/qm zu 16 Lstr. 10 sh die 1016 kg für holzhaltige Sorten und 18 Lstr. 10 sh für rein Zellstoffpapier. Als Flaschenwickelpapier und zum Gebrauch in Blumen- und Fruchtläden wird jetzt meist einseitig glatt farbig Seiden benutzt im Gewicht von 20 g/qm anstatt der früher üblichen maschinenglatt farbig Affichenpapiere 26 g. Dies farbig Seiden mit etwas Holzschliffgehalt wird zum Preise von 1 bis 21/2 d das englische Pfund, d. i. etwa 1 M. 20 Pf. das Ries 20X30 Zoll, engl. 8 bis 9 Ibs 480 Bogen, weniger 5 v. H., frei Haus London, gehandelt. Allerdings ist es nötig, um dies Geschäft wirkungsvoll zu betreiben, daß Vorräte an der Werft gehalten werden, um die jeweilig gewünschten Farben in einzelnen Ballen sofort abliefern zu können. A Aussichten für die Papierfabrikation Eingesandt Wir leben jetzt in einer Zeit wirtschaftlichen Aufschwunges. Dies spricht sich, wie bei allen Industrien auch in der Papier fabrikation durch gute Dividende und auch durch eine außer gewöhnliche Höhe des Kursstandes der Aktien einzelner Fabriken aus. Die Verwaltungsberichte der verschiedenen Papierfabriks Aktien-Gesellschaften lesen sich häufig so, als ob das voraus sichtlich immer so bleiben müsse. Wer aber die schnelle Ent wicklung unserer Industrie in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat, wird diese optimistische Hoffnung nicht teilen. Der Bedarf an Zellstoffholz, voraussichtlich etwa 3 Millionen Fest meter im kommenden Jahre, ist nicht mehr zur Hälfte im In- lande zu decken, der Bedarf an Schleifholz steht gleichfalls in keinem Verhältnis zu den etwa 7 Millionen Festmetern, welche Deutschland unter Hinzurechnung recht minderwertiger Quali täten zu liefern vermag. Unter diesen Umständen ist die große Steigerung der Holzpreise erklärlich. Bedenkt man weiter, daß Harz heute statt normal 9 bis 9 M. 50 Pf., über 20 M. die 100 kg kostet, daß Filze um teilweise bis 50 v. H. gestiegen, daß Kohle, schwefelsaure Tonerde und anderes durch Syndikate auf höhere Preise gehoben sind, dann wird man begreifen, daß die Leiter einzelner Fabriken eine Erhöhung der Erzeugungskosten um 2 M. und darüber für 100 kg Papier herausrechnen. Sind nun die Aussichten für Druck- und Zellstoffpapier wenig günstig, so weiß man erst recht nicht, wie die neuen Ver hältnisse von den Fabriken ordinärer Packpapiere, vor allem von Braunholzpapier- und Pappenfabriken getragen werden sollen. Diese arbeiten schon seit Jahren mit Ausnahme der süddeutschen, welche weit höhere Preise als in Norddeutsch land erzielen und einer größeren Maschinenpappenfabrik, welche Spezialitäten erzeugt, teils mit Verlust, teils mit Verzinsung von o bis 5 v. H. Hierzu kommt für die Braunpapier-Fabrikation, daß in Verkennung der Marktlage mehrere Fabriken mit einer Erzeugung von etwa 16 Millionen kg pro Jahr errichtet werden, trotzdem die bisherige Gesamterzeugung von etwa 35 Millionen Kilo nur mit Mühe und teilweise mit Verlusten unterzubringen war. Die Folge werden für die Braunpapier-Fabrikanten sinkende Preise und für alle übrigen Schleifholz verarbeitenden Fabriken bedeutend erhöhte Holzpreise sein. Auch in der Maschinen- pappen-Fabrikation spuken an allen Ecken und Enden neue Projekte, die sich auf die guten Erfolge der schon erwähnten einen Maschinenpappenfabrikstützen. Daß diese ihren Verdienst aus Spezialitäten zieht und vielleicht unter besonders günstigen Be dingungen arbeitet, und gewöhnliche Maschinenpappen so zu sagen nur als Maschinenfutter benutzt, ist natürlich den Bau lustigen nicht bekannt. Ebenso wissen sie wohl kaum, daß der jetzige Preisstand von Maschinenpappe, der gerade eine be scheidene Verzinsung von 3 bis 5 v. H. gewährt, nur durch das notgedrungene Zusammenhalten der Fabrikanten erzielt wurde. Noch vor 2 Jahren war der Preis so niedrig, daß von manchen Fabriken, mit Ausnahme der einen, welche durch die Eigen schaft ihres Betriebes nicht in Betracht kommen kann, zum Teil mit erheblichen Unterbilanzen gearbeitet wurde. Mit dem Auf tauchen von neuen Fabriken wird auch dieser Zustand wieder kehren. Also die Aussichten für die Neugründungen dieser Art sind recht wenig verlockend, sie werden aber Wald- und Herr schaftsbesitzern recht verlockend geschildert durch berufsmäßige Projektemacher und verkaufslustige Maschinenfabriken. Wir wollen eine solche Rentabilitätsrechnung nachstehend näher be leuchten. Es handelt sich darum, einige oberschlesische Magnaten zu einer Neugründung zu bewegen. Um den betreffenden Herren die Sache recht lecker zu machen, mußte grob aufgetragen werden, und so kommt die famose Rentabilitätsberechnung bei einer Kapitalanlage von 450000 M. zu einem jährlichen Rein gewinn von etwa 90000 M. außer einer sprozentigen Verzinsung. Daß zu einer Fabrik in der in Aussicht genommenen Größe auch Betriebskapital von mindestens 120000 M. gehört, wird ver schwiegen, die Anlagekosten sind natürlich auch um etwa 130000 M. zu niedrig angesetzt. Für Siebe, Filze, Riemen, Schläuche, Schmiermaterial, Steine, Reparaturen usw. sind 15000 M. ausgeworfen, während 30000 M. im günstigsten Falle reichen, Krankenkasse, Berufsgenossenschaft und sonstige Wohl fahrtsausgaben, Feuerversicherung, Emballagekosten, Reisespesen, Steuern, Verluste durch Skonto und Dekorte gibt es überhaupt nicht! Die Frachten, ein Hauptfaktor für die in Frage kommende Fabrik, sind allein um etwa n 000 M. zu niedrig angenommen. Ein gewissenhafter Nachprüfer ermittelte dann für dasselbe Projekt unter Einstellung der durch Erfahrung gegebenen Ziffern einen Ueberschuß von höchstens 7000 M., also eine Verzinsung von etwa 1 v. H. für das tatsächliche Kapital von 600000 M., gegenüber der 25 Verzinsung des wackeren Projekte machers. Bei einem Sinken der Preise auf den Stand von 1903/1904 muß ein Verlust von über 40000 M. eintreten. Vor Finanzierung solcher auf Gutachten berufsmäßiger Projekte macher und interessierter Maschinenfabriken gestützte Projekte kann nicht genug gewarnt werden. Man informiere sich erst genau, ehe man sein Kapital in Verlust bringende Unternehmen steckt. Es werden sich jederzeit Fabrikanten finden, welche Interessenten an Hand ihrer Bücher gern Auskunft und Auf klärung geben. Wald- und Herrschaftsbesitzern aber ist zu raten, ihr Holz zu den immer steigenden Preisen an die bestehenden Werke zu verkaufen, sie werden ihr Schleif- und Zellstoffholz so günstiger verwerten, als durch Bau neuer Anlagen, für welche kein Bedürfnis vorliegt. Durch Neugründung können sie