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'st. 1 rt ) ll Dienstag, den 22. August 1899 49. Jahrgang k e liegen » Der Schulvorstand. Göhler, Vorsitzender. Gersdorf Bez. Zw., den 18. August 1899. Der Architekt. Delling, Chemnitz, Neefestr. »7. Die Abtheilungsliste« für die Wahle« zur II. Kammer der Stüudederfammlnng sprechen, auch für Panizzardi nicht, daher die vielen Billets. Unsere Geheimatten sind die Frucht 20jährigen Fleißes französischer und ausländischer Agenten. Ich hoffe, daß auch jetzt noch wacker weitergearbeiret wird. Meine letzten Nachrichten stammen aus dec Zeit, da die Deputationen zum Leichenbegängnisse Faures ein- trafen. In den Briefen des Agenten (lies Schwartz- koppen) und seiner Kameraden sanden wir auch schätz bares Material zur Dreyfussache. Cuignet schließt mit dem Hinweise, daß die in der Westentasche Dreyfus' gefundene Copie des Bordereaus unter den Schuld beweisen nicht zu vernachlässigen sei Nach Beendigung des anderthalbstündigen Vor trages, der, wie die früheren Generalstabsbekundungen eine Anklagerede, keine Zeugenaussage über Thatsachen ist, die der Zeuge aus eigener Wissenschaft kennt, be- rag: ihn der Beisitzer über die Art, wie er Henrys Fälschung entdeckte. Die Fragestellung läßt ver- muthen, daß der Beisitzer an der Wirklichkeit der Fälschung einigermaßen zweifelt. Ob er nicht etwa auch Henry selbst für noch lebend hält, ägt er nicht. Regierungskommissar Karriere erhebt sich und Picguart spricht Boisdeffre mit besonderer Zurück haltung. Der Zeuge erklärt heute Picquarts Angabe des Datums, wann zwischen Boisdeffre und Picquart zum ersten Male der Name Esterhazy fiel, für voll kommen richtig. (Bewegung). Von Demange befragt, warum Esterhazy vom Generalstabe gewarnt und ge schützt wurde, antwortet Boisdeffre: „Ich persönlich weiß nichts. Man sagte mir, Esterhazy sei kein Cavalier, aber auch kein Verräther." Ueber Henrys Fälschung sagt Zeuge, er habe sie, als Henry sie ihm im October 1896 zeigte, für echt gehalten Man hat sie damals Picquart nicht geze gt, obschon er Vorsteher der Abteilung war, weil Henry schon wußte, daß man Picquart versetzen werde und daß die Vorgesetzten sein Vorgehen in der DreysuS- Sache nicht billigten. Henry hatte also Recht, das Papier vor Picquart geheim zu halten. Man beha ptet heute, der Verräther sei Esterhazy Er hat angeblich selbst gestanden, das Begleitschreiben geschrieben zu haben, aber er hat auch behauptet, man habe ihm 600030 Fr. angeboren, um sich als den Verräther zu bekennen und er habe das Vergehen unter SrndherrS Diktat geschrieben, was sicher falsch rst. Wann hat bei dem AvschiedSessen zu Ehren des Agenten A. (Schwärtzkoppen) gehalten hat. Ich citire nur den letzten Satz. Nachdem der Redner von dem Bedauern gebrochen hat, A. aorcisen zu sehen, schloß er: „Lange noch wird man in allen Armeen der Welt von ihm sprechen und wird sagen, das war ein Kerl!" (a'ätait un tz'ps!) Zur Erklärung dafür, warum Schwartzkoppen und Panizzardi, obwohl am selben Orte wohnend, soviel correspondirten, erzählt Cuignet: Schwartzkoppen arbeitete, vom Morgenritte heimkehrend, den ganzen Vormittag und frühstückte dann mit seinen geheimen Helfershelfern in einem Lokale, das wir glücklich aus- fpionirten. Zuweilen gelang es uns sogar, die Tisch gespräche belauschen zu lassen. Auch Picquart könnte darüber einige Capitel erzählen, welche wie einem Gaboriauschem Romane entlehnt erscheinen. Unser Frühstücksspion führte den prosaischen Namen Durand. Besonders luxuriös wurde nicht gefrühstückt; denn Schwartzkoppen mußte mit seinen Mitteln haushalten. Die Geheimalten enthalten sogar die Copie des Rap- anwalt.) Offenbar im Hinweis auf das Dementi des Obersten Schneider sagt er, man wird niemals erlauben daß ein fremder O'ficier vor der französischen Justiz Zcugniß. gegen einen französischen Officio ableger dar ? Der Kriegsminister stellte dem Cassationshoi den ganzen Dossier zur Verfügung. Der CassationSho' begnügte sich nick den Papieren, die sich dircct au! Dreyfus bezogen. Das Kriegsgericht habe ein Inter esse daran, den ganzen Dossier zu prüfen, dann würde es sehen, daß Dreyfus nicht der einzige Spion war Es gab noch ander- Spione. Dreyfus war nur der einzige seiner Situation. Der Agent A. (Schwartz koppen, de: immer A. genannt wird, weil er sich „Alexandrine" zu unterzeichnen pflegte) war specieü mit Spionage beauftragt A. wurde gestattet, den Hebungen der Cavallerie bcizuwohnen. Bald darauf fiel uns ein Brief in die Hände, worin A. sich über die Naivetät der „Jungen" lustig macht, die ihn auf genommen haben. Run dieser selbige Agent, der seinen Haß gegen unser Land laut äußert, verthcidigt heute Dreyfus und will ihm Esterhazy unterschieben. Als Cu'gnct weiter sagt, es sei dargcthan, daß DrcyiuS Berrath geübt habe, piotestirt Dreyfus durch den Aus ruf: „Nein, das ertrage, wer kann, ich will sofort ant worten." Der Präsidentweist ihn auf den Platz zurück. Cuignet spricht nun von den einzelnen Documenten des Dossiers, zu dem Rapport des österreichischen Obersten Schneider, den General Mercier verlesen hatte, den General Roget als das wichtigste (!) Stück der Anklage be zeichnet, und den Oberst Schneider für eine Fälschung erklärt hatte. Cuiqnct sagt: Ich babe heute das Dementi des Verfassers des Rapports gelesen und be merke, daß der Rapport zu der Reihe von Dokumenten gehört, die niemals verdächtig erschienen sind. Ich weiß nicht, ob das Dementi authentisch ist. Es richtet sich an die französische Regierung. Ich weiß auch nicht, was in dem Dementi wahr ist. Wir wissen in Frankreich, was die Emser Depeschen we.th sind! Der Verfasser ist gegenüber seinen Vorgesetzten in einer bescheidenen Stellung. Vielleicht konnte er nicht anders, als dementiren. Jedenfalls babcn wir andere Briefe von dem Autor des Rapports und seiner Regierung. Wir haben beispielsweise ei ien Brief, worin der Autor de« Rapports aufgefordert wird, sich Mittheilung über ein französisches Kriegsschiff zu verschaffen. Wir haben dann authentische Zeugnisse über einen Toast, welchen der Autor des Rapports Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1,40, durch die Post Mk. 1,50 frei in's Haus. Inserate nehmen außer der Expedit on auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Aunoncen- Expeditivnen solche zu Originalpreisen. vom 23. bis einschl. 25. August 18SS im Rathhaus, Zimmer Nr. 5, zur Einsicht der Betheiligten aus. Einwendungen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abtheiluugslisten sind, bei Verlust derselben bis zum 28. August 1899 schriftlich oder mündlich bei uns anzubringen. Hohenstein-Ernstthal, am 19. August 1899. Der Stadtrath. vr. Polster. on nn h- it- !N, ich Gersdorf Bez. Zw., den 15. August 1899. Die Sparkasse «-Verwaltung Gemeindevorstand Göhler, Bors. und verzinst Einlagen — V0M 1. Januar 1900 ab — Mit Darlehne werden zum jeweilig üblichen Zinsfüße, gegen vorschriftsmäßige Sicherheit gewährt. Auf mündliche oder schriftliche Anfragen wird jederzeit bereitwilligst Auskunst ertheilt. Schulhansdau Gersdorf „-z z« Zum Erweiterungsbau unserer Centcalschule sollen die Zimmerarbeiten Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 21. August 1899. (Mittheilungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent gegengenommen und evevtl. honvr'rt.) — Sachsenstiftung,unentgeltl icherArbeit»- nachweis für gediente Soldaten. Bei den Ge Hohenstrin-Ernstthal, Oderlungivitz, Gersdorf, Lngau, Hermsdorf, Dermsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrnnd u. s. w. für den Verwaltungsbezirk -es Stadtrathes zu Hohenstein-Ernstthal Gvgcrrr aller? Gerireirröe-Ver'rvaltrrrrgen der? rriirlregerröerr Orctschcrften. Gemeinde-Sparkasse Oersdorf s-, Dieselbe ist geöffnet an jedem Dienstag und Freitag Nachmittags von 2 bis 5 Uhr Ich muß sage : Ich bleibe überzeugt, daß ein Front- officicr in Rouen daS Begleitschreiben nicht verfassen, tue fünf mitgesandten Schriftstücke nicht liefern konnte. Ucberdies hat Esterhazy ja vor einem Kriegsgericht ge standen und ist freigesprochen worden!" Ueber du Paly de Ciam sagt Zeuge in gewollt unbestimmten Wendungen, wenn er Esterhazy geschützt habe, so habe er cs größtentheils aus eigenem Antrieb gethan, um das Heer gegen die damals wuchernden Angriffe au* seine Ehre ,u vertheidigcn. Als Henrys Fälschung entdeckt wurde, habe Zeuge gesunden, es bleibe ihm nichts übrig, als zuröckzutretcn, da er sich vor den Zola-Geschworenen für die Echtheit verbürgt hatte. Er sei also zurückgetreton, und seitdem wisse er nicht- oon der Sache. Ein Beisitzer fragt nach de' KriegS- f ucht am 6. Januar 1895. Boisdeffre: An den Tag erinnere ich Mich nicht, es war in den ersten Januar tagen. Me.cier sagte mir im Kriegsministerium: „Ich gehe ins Elysce, warten Sie hier auf meine Rückkehr, man wird vielleicht hochcrnste Beschlüsse fassen und ich werde Ihnen Anweisungen zu hochwichtigen Befehlen geben. Als er dann wicderkam, sagte mir Mercier: „Diesmal ist die Gefahr vorüber." Demange: „Zeuge hat vor dem Höchsten Gericht ausgesagt, er habe er fahren, daß Picq.art 1896 mit der Familie DreyfuS Beziehungen unterhalten habe? Lie Thatsache erkläre ich für unwahr. Den Zeugen trage ich, woher er die angebliche Thatsache erfahren habe?" Boisdeffre: „Er- fahren habe ich gar nichts; ich weiß auch nichts be stimmtes. Ich vermuthe eS nur! Ich nehme an, Picquart habe zur Familie Dreyfus Beziehungen unter halten. Das meinte ich!" Präsident zu DreyfuS: „Wollen Sie sprechen?" DreyfuS, dessen Gesicht heute vergeben werden. Angebotsverzeichnisse können im Rathhaus, Zimmer Nr. 3, gegen Erstattung der Schreibgebühren entnommen werden und sind bis zum 31. Angust dss. Jahres daselbst portofrei einzureichen. sagt mit brummiger Stimme: „Ein Zeuge hat hier über einen Bericht eines in Frankreich beglaubigten ausländischen Offiziers eine Erklärung abgegeben. Im Namen der Regierung mache ich über diese Erklärung meine Vorbehalte." Carriäre wurde offenbar von der Regierung aufgefordert, Rogets Hinweis auf Schneiders gefälschten Bericht amtlich zu verleugnen. Wie er seinen Auftrag ausgeführt hat, zeigt seine wörtlich wiedergegebene Erklärung. Demange unterwirft nun Cuignet einem Kreuz verhör über feine Aussagen vor dem Höchsten Gericht, die von heutigen mehrfach abweichen. Cuignet muß diese Abweichungen zugeben und erklärt sie nicht. Auf eine Frage, ob der angebliche Bericht Schneiders, datirt vom Herbst 1897, der Zeit, als der Generalstab mit allen Mitteln Esterhazy zu schützen und die Wiederaufnahme der Dreyfussache zu verhindern suchte, nur auf Dreyfus sich bezieht, sagt Cuignet, der Bericht behandle wesentlich bloß die Dreyfussache. Andere Fragen betreffen das angebliche Verschwinden von zwölf Plänen aus der zweiten Abtheilung, das Cuignet behauptet, während ein amtliches Zeugniß des General stabes feststellt, daß kein Plan verschwunden ist. Schließlich ruft Dreyfus auf die Frage, ob er etwas zu bemerken habe: „Seit einer Stunde höre ich nicht eine einzige Thatsache, dagegen Vermuthungen und Einbildungen, die einen Unschuldigen belasten. Das ist schändlich." Cuignet tritt ab. Regierungscommissar Carriere verkündet, daß du Paty de Clam krank sei und nicht kommen könne. Wenn sein Befinden sich nicht bessere, müsse man wohl feine Aussagen vor lesen. Demange verwahrt sich dagegen. Das soll erst zuletzt geschehen, wenn du Patys Befinden sich nicht bessere. Der Zeuge Boisdeffre zeigt weder in der Er- scheinung noch in seiner Sprechweise die stolze Zu versicht seines entscheidenden Eingreifens im Zola- , Prozesse. Ganz bescheiden begnügt er sich heute mit auter Citaten. Für dieses Factum ist ihm Mercier, ür jenes Cavaignac oder Gonse maßgebend. Von i eine fieberhafte Röthe zeigt: „Ich habe dem General Boisdeffre nichts zu sagen und ihn nichts zu fragen." Diese Worte, an den Mann gerichtet, welchem DreyfuS noch vor zwei Monaten für die Revision Dank zu schulden glaubte, machten tiefen Eindru^. General Gonse erklärt, sei : Verhalten in der „Affaire" hake den Zweck verfolgt, daS Heer vor den verbrecherischen Versuchen zu schützen, welche sich gegen vasselbe r.chtcn. Zeuge sagt, Esterhazy sei niemals im Bureau des Nachrichtendienstes beschäftigt gewesen; ebenso habe Oberst Sandherr niemals irgend eine Mission gehabt. Gonse hält es für unmöglich, daß Esterhazy das Bordereau verfertigt und sich die auf- gezählteu Schriftstücke verschafft habe. Gonse weist die Ausführungen Picquarts zurück und nimmt du Paty gegen di Andeutungen in Schutz, daß du Paty mit Esterhazy an dem Bordereau mit gearbeitet habe. Hin sichtlich der Geständnisse Dreyfus' giebt General Gonse Erklärungen ab, die denjenigen MercierS entsprechen, fügt jedoch hinzu, Lebrun-Renault habe, eingeschüchtert durch den Tadel des Präsidenten Perier nicht gewagt, von Geständnissen zu sprechen. >'onse widerlegt hier auf die Angaben des Untersuchungsrichters BertuluS bezüglich Henrys. — Rach Vernehmung deS General Billot wird die Sitzung aufgehoben. HrMs »ar dm KmMrW in KM. RenneS, 18. scugust. Das Hauptverdienst der Picquartschen Ausführungen ist, daß endlich die Mög lichkeit vorhanden ist, über die Vorgänge im Berath- ungSzimmer des Kriegsgerichts von 1894 einige Klar heit zu gewinnen. DaS Kriegsgericht von RenneS weiß nunmehr auS der Darstellu g L'cquarts, welche am Richtertische trotz d:r mehrfachen Unterbrechungen des Präsidenten vollste Aufmerksamkeit fand, welche Elemente damals für das einstimmige Schuldig ent scheidend waren. De ange forderte Mercier aui, die Stücke bekannt zu geben, die dem damaligen Kriezs- gerichtspräsidentcn Maure! übermittelt wurden. Mercier suchte die peinliche Frage zu umgehen, aber Demange ließ heute nicht locker. Unwirsch zählte Mercier an seinen Fingern die Schlagworte zur Bezeichnung der Documente her. Picquart durste zufrieden sein; au! seinen fünfstündigen Vortrag, in welchem er gegen die Personen und Zustände im Generalstab unter genauer Aufführung aller Taten die schwersten Anklagen er- hoben hatte, fanden die Paladine Mercier und Reget nichts zu erwidern, als daß die Untersuchung über den nach DreyfuS' Entfernung entdeckten Verroth von 1895 nicht von du Paty de Clam, sondern von einem an deren Officier geführt w rden sei. Rennes, 19. August. Die heutig? Sitzung wird mit dem Zeugenverhör des Commandanten Cuignet begonnen. Man erinnert sich, daß Cuignet von Ca vaignac it der Durchsicht des geheimen Dossiers be auftragt worden war und die Fälschung Henrys ent deckte. Vor dem CaffationShvf w r er neben Roget der leidenschaftlichste Ankläger Dreyfus, daneben be schuldigte er du Paty de Clam der Fälschung. Bald darauf wurde er wegen einer Indiskretion aus dem Dienste entlasst!,. Er beqinnt mit lauter, schneidiger Stimme: Ich war von dem Minister Cavaignac be- auftragt worden, die geheimen Acten zu sichten. Die selben enthielten Einzelheiten über die Jntnzuen zwischen Persönlichkeiten, die heute noch eine hervorragende Stellung im Staate bekleiden, und Repräsentanten einer fremden Macht. (Man fragte sich im Saale, in was dieser Zeuge sich nnscht. DaS besondere m diesem Processc ist, daß jeder Belastungszeuge nickt nur über das reden darf, waS er gesehen und gehört Haft sondern eine Anklagerede mit sogenannten großen Gesichtspunkten halten darf. Nach den „General"- StaatSanwältsn kommt der „Commandant"-Staats- Anzeiger Mr WWWEM Nr. 194 Portes, worin wegen Vermehrung seines Hilfspersonals eine Subvention verlangt wird. Nachmittags arbeitete . . . .. , . , - Schwartzkoppen w-eder und war .für niemand zu Z'1"hazy nun gelogen? Wann die Wahrheit gesagt?