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Hohtnstciner Tageblatt Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro 'Quartal Mk. 1.40; durch die PostMk. 1.50 frei ins Haus. Geschäfts-Anzeiger Inserate nehmen die Expedition btS Vorm, tv Uh« sowie für Auswärts alle Austräger, deSgl. alle Annoncen-Expeditionen zu Original- Preisen entgegen. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lugau, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleiha, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Amtsblatt für de« Verwaltungsbezirk des Stadtrathes z« Hohenstein. 42. Jahrgang Freitag, den 1. April 1892 Nr. 76 Die Entrichtung der Ablösungs-Renten betr. Der 1. Termin der Ablösungs-Rente« ist längstens bis zum 4. April c. an die hiesige Stadlsteuer Einnahme zu bezahlen. „ , „ Wegen aller bis dahin nickt ,«r Abführung gekommenen Betrage wird sofort das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet. Hohenstein, am 31. März 1892. Der Stadtrat h. vr. Backofen. Bekanntmachung. Sonnabend, den 2. April, von Nachm. i/zl—Uhr wird in Tetzners Restauration, „ „ 2 4—7 „ „ „ Golle- Montag, „ 4 „ „ „ 4—7 Herolds der 1. Termin Brandkasse, die Einheit zu 1 Pfg., vereinnahmt. Gersdorf, 30. März 1892. Die Ortssteuereinnahme. Bochmann, E. Die Zukunft Hohenstein-Ernstthals! Q Vielen ist der Fremde ausgefallen, der seit längerer Zeit im Hotel „Drei Schwanen" wohnt. — Der große, bleiche Mann mit dem Gelehrtcnkopf, ist eine so auffallende Erschein ung, daß, trotzdem er fick sthr selten sehen läßt, die ganze Stadt von ihm spricht. Nur Wenige wissen, daß der Fremde, der noch in unserer Mitte weilt, der berühmte Geologe Professor vr. Otlo Grundner ist, dem, wie wir gleich Horen werden, unsere Stadt Viel, unendlick Viel zu verdanken hat. Er mögen nun zwei Monate her sein, da besuchte der junge Gelehrte, der s. Z. die Erforschung der Giotlcn von Sanct Caozian geleitet hat, das alte Silberbergwcrk St. Lambertus im Osten der Stadt. — Er hatte sich die Erlaub- niß eiwnkt, dasselbe näher untersuchen zu dürfen und ließ sich an einem Seile, welches von einigen Männern gehalten wurde, in die unheimliche Tiefe gleiten. — Was er nun da unten bei dem Scheine einer Fackel trieb, mag wohl die Verwunde rung der Männer, welche ihn von oben beobachteten, erregt haben. — Nachdem er den Auftrag gegeben, Alles zu ver schließen, damit von der Außenwclr nicht das geringste Ge räusch hercindringen könne, legte er sich platt auf die feuchte Erde hin, zog ein Stethoskop aus der Tasche, legte cs an einer glatten Stelle des Bodens an und horchte lange mit angestrengter Aufmerksamkeit. — Was Professor Grundner hier vernommen, bestätigte eine Lcrmuthung, welche er schon gehegt, als er ein Jahr fiühcr unsere Gegend zum ersten Male be sucht halte: was sein geübtes Ohr hörte war das Tosen unter irdisch adstürzendcr Gewässer in mächtigen höhlenartigen Räumen. Ehe man an maßgebender Stelle die nicht unbedeutenden Mittel zu den -anzustellendcn Forschungen bewilligte, wollte man festere Beweise. — Grundner ließ daher auf seine Kosten von Sanct Canzian mehrere seiner Arbeiter und einen Höhlen- bohrcr kommen. — Dieses Instrument ist so construnt, daß man es leichr nach Bedarf verlängern und so von cincm niederen Raume aus sehr tief bohren kann. — N ichdcm nun einige Tage gebohrt worden, fühlte mau, daß das Instrument in einen hohlen Raum gestoßen. — Ler Bohrer wurde zurück gezogen und nun hörte man durch die Orffnung mit freiem Ohre ganz deutlich das mächtige Rauschen und Tosen eines unterirdischen Wasserfalles. Daß man auf eine Höhle ge stoßen sein mußte, ging ferner auch daraus zur Genüge her vor, daß man in einer Rinne des Bohrers das zerquetschte Ex mplar eines schwarzen, gelbgiflccktcn Höhlensalamanders gefunden. — Run wurden von zuständiger Seite Mittel zu weiteren Forschungen auf kurzem Wege bewilligt. — Selbst verständlich mußte aus naheliegenden Gründen die Angelegen heit vorläufig ganz geheim gehalten werden und sind wir erst in den letzten Tagen ermächtigt worden, die Sache in die Ocffentlichkeit zu bringen. In einem demnächst erscheinenden Buche wird die höchst interessante Geschichte der Nachforschungen ausführlich erzählt werden. — Professor Grundner durchforschte mit 16 italienischen Arbeitern, die sich schon in Sanct Canzian glänzend bewährt halten, bis jetzt schon ein sehr großes Gebiet. — Gegen Westen drang er bereits ein Kilometer, gegen Osten schon über zwei Kilometer vor. — Der oft mit Lebensgefahr erkämpfte Erfolg ist ein ungeahnt bedeutender. — Es wurden Grotten entdeckt, die an Großartigkeit jenen von AdclSbcrg und Sanct Canzian nicht nachstehen. — Die größte der bis j tzt ausgefundcnen Höhlen ist ein R esendom, welcher 70 Meter poch ist und eine Länge von 130 Meter und eine Breite von 50 Meter hat. — Manche der Grotten mit prächtigen Stalaktiten und Stalagmiten zeigt eine Fülle fesselnder, großartiger, wilder Szenerien, die umso überraschender wirken, als die Umgebung unserer Stadt doch nur milde Formen zeigt. — Eure auSsührliche, sachlich gehaltene Schilderung wird, wie gesagt, demnächst erscheinen und werden wir nicht ermangeln, einen Auszug aus dem Werke zu bringen. — Aus Eines wollen wir jedoch heute schon Hin weisen, auf die praktischen Folgen, welche dixse Entdeckung für unsere alte Bergstadt Hohenstein hoben wird. — ES unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn die unterirdischen Wunder einmal zugängig gemacht sind, Tausende von Fremden sich hier cin- finden werden. — Der zu erwartende Fremdenzuzug wird mr unsere Stadt von großem Nutzen sein, aber noch ein anderer Faktor kommt dazu, der für die Zukunft unserer Stadt von noch weit arößerer Bedeutung ist. — Als man einen der vielen Gänge ve> folgte, die sich nach rechts und links abzweigen, stieß man auf Kohlcnschichten. — Bei genauerer Nachforschung er- aab sich, daß sich im Süden unserer Stadt kolossale Stein kohlenlager befinden, eine Entdeckung, deren eminente Wichtig keit fite das Wohl Hohensteins auf der Hand liegt. — Millio nen sind hier in der Erde vergraben. Eine andere Entdeckung, für die Wissenschaft von außer ordentlicher Wichtigkeit, wurde gemacht, als man einen steil aufwärts führenden Gang untersuchte, der vcrmuthlich zu einem von der Lehmschicht bedeckten Eingang führte. Man fand hier Topsscherben und Feuersteine von un zweifelhaft, prähistorischer Abkunft, Ueberrestc aus einer eis grauen Vorzeit. Vor Tausenden von Jahren haben hier schon die Trogiodytcn gehaust, deutliche Spuren beweisen ihre Gegen wart. — Bei weiterem Nachgraben kam man auf steinerne Waffen und Werkzeuge, Knochen und Eisenstücke. — Zahlreich sind die Reste von Thieren, welche den Höhlenbewohnern als Nahrung dienten. — Auch ein zierliches, kup'ernes Flachkelt fand man, dessen Form auf die Ucbergangtperiode zwischen Stein- und Bronzezeit hinweist. — Der für uns weitaus in- tertssanteste Fund ist aber ein ganz gut erhaltenes Stück Papier, auf dem man beim Schein der Fackel ganz deutlich lesen konnte: „Hohcnsteincr Tageblatt vom 1. April 1892." Hohenstrm, 31. März. Es war ein bedeutender Witterungsumschlag, der sich vor gestern vollzogen hat. Mit einem Male war die Wärme, die uns die vorangegangenen Tage so frühlingsmäßig erscheinen ließ, völlig verschwunden, rauh wehten die Winde, und die Niederschläge, die schon in der Nacht als schwacher Regen herabgckommen waren und auch am Vormittage als leichter Sprühregen nicdcrgingen, verwandelten sich nachmittags in er giebigen Schneefall, der bis zum Spälabcnde anhiclt. Die Wassermcnge erreichte 6 wm. Gestern ist zwar wieder Auf klärung cingctrctcn, doch ist die Luft noch kühl geblieben. Das Barometer ist gestern äußerst schnell gestiegen, bei uns stand es gestern um mehr als 20 mm höher als am Montag Abend. Das Gebiet tiefen Luftdruckes, das am Montag früh noch im Westen lag, ist an demselben Tage mit großer Schnelligkeit über Deutschland hinweg gewandert, und ein Hochdruckgebiet ist, mit gleicher Hast von Großbritannien her ihm nachgerückt. Durch die Wechselwirkung dieser beiden ver schiedenartigen Druckgebictc wurden vorgestern die feuchten, kalten Luftmassen aus dem hohen Noroen in breitem Strome über das Festland hinweggeführt. Diesem Umstande sind die beträchtliche Abkühlung und die ausgebreiteten Schneefälle zuza- schreiben. Schon am Montag gegen Abend ward der Witter ungswechsel eingeleitet, und daher sind, als sich der kalte Luflstiom mit der über dem Lande vielfach bis zu 20 Grad Celsius erwärmten Luft mischte, in Mitteldeutschland an ver schiedenen Orten Gewitter zum Ausbruch gekommen, die in einigen Gegenden mit ziemlich starken Regengüssen, wohl auch mit Hagelfall verbunden waren. Die größten Niederschlags mengen scheinen indeß die Südschweiz betroffen zu haben; denn cs sind z. B. in Genf 46 und in Lugano 94 mm vor gestern früh gemessen worden. Der große Ultimo steht bevor. Mit Ende März voll ziehen sich im Handel und Wandel Veränderungen von ein schneidender Bedeutung. Der Kaufmann, der Handwerker, der Industrielle, sie sichen vor einem monatlichen, vierteljährlichen oder JahresrechnungSadschluß und je nachdem die Erfolge ge artet sind, freuen sich oder seufzen die davon berührten Ge schäftsleute. Ultimo ist cs oder wird eS für jene, die ei» Ge halt, ein Salair, die Miethzins, Renten und dergleichen zu bekommen oder zu bezahlen haben, und für die, denen daS Couponabschneiden Vergnügen bereitet. Wieder andere wechseln fitzt zum Beginn des neuen Quartals ihren Posten, oder treten überhaupt in Stellung und lernen vielleicht zum ersten Male kennen, was Arbeit und Dienen ist. Für die Familien väter bedeutet des Winters Ultimo und des Lenzes Herrlich keits-Entfaltung eine empfindliche Schiöpiung an ihrem Geld beutel, denn nun heißt cs, der Frühjahrs-Saison Rechnung tragen, den Schneider kommen zu lassen, zum Conseetionär und zur Modistin gehen, kurz neue Toilette machen. Ultimo ist es ferner auch für die „Umzügler", die auSziehen müssen oder cs in der letzten Wohnung nicht länger aushalten zu können glaubten. Im Reichspost- und Telegraphengebiet wird vom 1. April ab für den inneren Telegraphendienst unter Aufhebung der gegenwärtigen Zeitrechnung nach Berliner Zeit die mittel europäische Zeit zur Anwendung gebracht. Die mittel europäische Zeit ist die Zeit des 15. Längengrades östlich von Greenwich; dieselbe ist gegen die Berliner Zeit um 6 Min. 25,1 Sec., rund 6^ Min. voraus, demnach gegen die mittlere Ortszeit in Hohenstein-Ernstthal 9'/^ Min. voraus. Infolge der Einführung der mitteleuropäischen Zeit treten vom ge nannten Zeitpunkte ab folgende Aenderungen im Tclegraphen- dicnste ein. Die westlich des 15. Längengrades gelegenen Telegrophrnanstalten (also auch diejenigen in Sachsen) mit verlängertem oder mit vollem Tagesdienst beginnen den Dienst nach mitteleuropäischer Zeit und schließen ihn nach Ortszeit; die östlich des 15. Längengrades gelegenen Telegraphcnanstalten derselben Klasse beginnen den Dienst nach Ortszeit und schließen ihn nach mitteleuropäischer Zeit. Das tägliche Uhrenzeichen erhalten die Telegraphcnanstalten vom Haupttelegraphenamte in Berlin. Die Angabe der Ausgabezcit im Kops der Tele gramme, ferner die Zeitangabe der Ausnahmezeit erfolgt fortan allgemein nach mitteleuropäischer Zeit; dagegen erfolgt die Angabe der Ausfertigungszeit in den angekommen Telegrammen bis auf Weiteres noch nach Ortszeit. Um ein richtiges Bild über die BesörderungSzeit rc. eines empfangenen Telegramms zu erhalten, muß man demnach stets auf die Zntunterschiedc der brctreffeuden Orte in Anrechnung bringen. Bom Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen ist, einem Berliner Blatte zufolge, beschlossen worden, vom 1. Mai ab die Bedingungen, unter welchen die zusammenstellbaren Fahr scheinhefte ausgegebcn werden, wie folgt festzujetzen: s. die bezahlten Fahrscheine müssen eine Entfernung von mindestens 600 Kin umfassen; b. die Reise muß zur AusganqSstation zurückführen, die letztere darf vor Beendigung der Reise nicht wieder berührt werden; c. Fahrschein-, Auslands- und Ver- bindungsstrcckm müssen unmittelbar aufeinander folgen, derart, daß die Reise sich als eine geschlossene darstellt, im übrigen können Auslands- und VerbindungSstrecken vor oder hinter bezahlten Fohrscheinstrecken benutzt werden. Der Bedingung, daß die Reise sich als eine geschlossene darstellt, wird auch genügt, wenn die etwa vorhandenen Fahrscheine für Verbind ungsbahnen an den Orten mit mehreren getrennten Bahnhöfen nicht ausgenommen werden; ck. von Auslands- und Verbind- ungSstrecken, für welche besondere Scheine in das Heft nicht ausgenommen werden, kann in beliebiger Zahl Gebrauch ge macht werden, jedoch darf die Kilometerzahl dieser Strecken nicht größer sein, als die Hälfte der auf bezahlte Fahrschein- strcckc entfallenden Gesammtkilometer. Das Finanzministerium der Vereinigten Staaten von Amerika hat zur strengen Durchführung der Bestimmung des Tarifgesetzes, nach welcher eingeführte Waaren einen deutlich lesbaren Stempel oder Vermerk mit dem Namen des Ur sprungslandes tragen müssen, folgende Vorschrift erlassen: Vom 1. März d. I. ab müssen die Zollbeamten genau darauf achten, daß außer den üblichen Handelsschutzmarken (traäo mank8), sofern dieselben nicht den Ramen de- Ursprungslandes eul- halten, ein besonderer Stempel mit der Bezeichnung des letzte-