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Nr. 1| <r. 20. Freitag, den 19. Mai 1911 XIII. Jahrgang. |Der Handelsgärtner huie, Ahonnementsprsls. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau „„Inserats.... cher Tahl 3t. bulen. Luxemburg jährl.. gespaltene Nonpareille - Zeile, Herausgegeben von Otto Thalacker, Leipzig-Gohlis. ein der Ile ei. seit so den sien, 180 4 nge = ht. au 1k. auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Reklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Vk. k. n> Mk. bei Pfg., gen- nen für das Ausland M. 8.— jährl. Ausgabe jeden Freitag. ■ Bestellungen nimmt jede Postanstalt entgegen. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Zur 'f/iirdigung der sogenannten „Blumentage“. Wann muß dem Handelsgärtner ein Entwurf bei Nichterteilung des Auftrags bezahlt werden ? Priedhofsmonopol und gärtnerische Interessen. Die Frühjahrsblumen-Ausstellung in München 1911. Volkswirtschaft — Rechtspflege — Handel und Verkehr — Zollwesen — Neuheiten — Pflanzenkrankheiten and Schädlinge — Fragekasten für Rechtssachen usw. Zur Würdigung der sogenannten „Blumentage“. Die Sitte der „Blumentage“ bürgert sich immer mehr und es werden für wohltätige Zwecke große Summen zu- • gefördert, die sonst bei einer noch so geschickten Agi [191 ant = Nachn Fink. in 2ma 2,50 Ml Ishof- [19 achs 11, 3 g. sehr 60,— t. 6,50 ssau tation schwerlich dem Säckel der Bürger entlockt würden. Aber diese ..Blumentage“ sind heute noch nicht im richtigen Fahrwasser. Als wir dieser Tage die Meldung aus Berlin lasen, daß der freiwillige Erziehungsbeirat für schulent lassene Waisen, wie auch die Zentralstelle für Jugendfür sorge, denen doch der Berliner Blumentag vom 24. und 25. Juni mit zugute kommen sollten, aus dem Komitee aus getreten seien, weil sie es für absurd erklärten, im Rosen- monat Juni einen Blumentag mit künstlichen Blumen zu veranstalten, da atmeten wir auf. Endlich einmal auch aus den Kreisen der Veranstalter solcher Blumentage ein er lösendes Wort! Endlich einmal jemand, der es auch für geschmacklos findet, mit Stoff und Papierblumen im Rosenmonat die Welt beglücken zu wollen! DreiMillionen künstliche Marguerite n sollen verkauft werden und mit dem Verkauf der Postkarten rechnet man auf eine Ein nahme von 3 Millionen Mark. Weitere solche „Blumentage“ sind angesetzt: In Bad Elster den 17. Mai, in Freiber g am 20. Mai. in Hildesheim den 14. Juni, in Adorf den 11.’ Juni, in Borna den 9. Juli, in Meerane den 16. Juli, in Hannover den 20. Mai, in Dortmund den 21. Mai. in II a mburg den 24. Mai, in Danzi g den 21. Juni, in K ö - nigsberg den 24. Mai, in Demmin den 11. Juni, in G 1 o g a u den 26. Mai, in Leipzig nochmals den.27. Mai, in 11 h e y d t den 28.Mai, in Straß b u r g (Elsaß) an demselben Tage, in Meiningen den 1. J u 1 i, in K ö 1 n den 29. Juni, in Ratibor den 30. September, in Breslau den 20. Mai usw. Man sieht die großen und mittleren, ja kleineren Städte wett- cifern in der Veranstaltung solcher Blumentage und es ist des- halb wohl an der Zeit, einmal ein Wort zugunsten der Gärtnerei Lei denselben zu sagen. Wenn in den Fachblättern der Textil industrie eitel Freude darüber herrscht, daß man sich an diesen Blumenfesten der gemachten Blumen bedient, So müssen wir im Interesse der Gärtnerei das gerade aufrichtig bedauern. Es ist tatsächlich ein Akt unfreiwilliger Komik, daß an einem „Blumentage“ die Handelsgärtnerei wohl überall bis jetzt leer ausgegangen ist, weil man stoffliche Margueriten und Kornblumen bevorzugt. Herzerfrischend ist der Ber liner Protest gegen diese Unsitte. Wenn die stofflichen Blumen wenigstens halbwegs anständig aussähen. Wir haben aber in den verschiedenen Städten Margueriten in die Hand be kommen, die sich in einem geradezu bejammernswerten Zu stande befanden; das war übrigens auch in Leipzig der Fall. Man hat nun gegen die Verwendung frischer Blumen ins Treffen geführt, daß frische Blumen schnell verwelkten und keine Erinnerung an das Blumenfest zurückließen und daß so viel Blumen, wie gebraucht würden, gar nicht zu beschaffen wären. Soviel Sätze, soviel Irrtümer. Es ist richtig, die lebende Blume stirbt ab und bildet kein dauerndes Erinnerungs zeichen. Die zur Verwendung kommenden künstlichen Blumen aber werden zumeist auch ins Feuer wandern, da derartige armselige Erzeugnisse doch ganz bestimmt niemand in Vasen stecken und zum Gedächtnis aufbewahren wird. Und der Ein wurf, daß die frischen Blumen nicht geliefert werden könnten, kann nur von einer Seite aus kommen, welche mit den Verhält nissen unsrer modernen Handelsgärtnerei wenig oder gar nicht vertraut ist. Es kommt nur darauf an, die Termine rechtzeitig anzusetzen und sich dann an große leistungsfähige Firmen, die Massenkulturen haben, zu wenden, um mit ihnen über den Hauptteil der Lieferungen abzuschließen. Nebenbei aber wären auch die Gärtnereien am Platze nach ihrem Können heranzu ziehen, um auch ihnen einen Gewinn aus der Veranstaltung zu sichern. In Köln ist man von künstlichen Blumen zu frischen übergegangen und der Blumentag am 29. Juni wird sieh als ein „R o s e n t a g“ präsentieren. Wird man hinreichend Rosen beschaffen können? Wir gestehen wirklich offen, daß gerade der „Rosentag“ ein „kritischer Tag“ werden kann. Zunächst müßte für Rosen der Termin früher liegen, denn in den meisten Jahren ist die Hauptblüte Ende Juni wohl schon vorüber. Dann ist es aber auch richtig, was 'wir unlängst im „Grossist“ lasen, daß nämlich ein Rosentag niemals das klingende Ergebnis bringen wird, wie z. B. ein Margaretentag, da der Preis der frischen Rosen ungleich höher steht, wohl 2-5fach höher wie bei Margareten. Rosen halten sich auch schlechter als Margareten und Kornblumen und fallen bald ab, besonders wenn es sich um große Quantitäten handelt, die schon einige Tage vorher bereit gestellt sein müssen. In Hannover hat man Maiblumen gewählt. Auch hier wird es sich fragen, ob die Wahl richtig ist, denn es kann nicht ein einzelner Blütenstengel geboten werden, vielmehr wird man ein grünes Blatt dazu geben müssen. Dagegen wären Kornblumen und Margaretenblumen, auch im Juni, sehr gut geeignet, am Blumentage die Herrschaft über die toten Blumen anzutreten. Und es gibt noch andere frische Blumen, die das Herz er freuen und eine sinnige Gabe für die Wohltätigen bilden. Man braucht also nur „allgemeine Blumentage“ einzurichten, an denen alle Blumenkinder Floras, die um diese Zeit in Blüte stehen, teilnehmen könnten und es wäre dann Gelegenheit ge geben, einen Triumphzug für die deutsche Blumengärtnerei zu gestalten, einen wirklichen „Blumentag“, an dem nicht nur die Industrie künstlicher Blumen ihre Massenware losschlägt. Es kommt auch noch ein ästhetischer Grund hinzu. Gewiß, unsere Fabrikation künstlicher Blumen ist in Deutschland herrlich ge diehen. Sie hat große Erfolge aufzuweisen, auf die wir stolz sein können. Was aber an solchen Blumentagen geboten wird, das repräsentiert die deutsche Blumenindustrie nicht, denn diese Pfennigware macht einen so trostlosen Eindruck, daß man glauben möchte, die deutsche Blumenindustrie stecke noch in den Kinderschuhen. Wir haben sogenannte „Margueriten“ ge sehen. die eher irgend einem blumistischen Phantasiegebilde glichen als einer Margaretenblume, und man wandte gern den Blick ab in die Schaufenster der Blumenläden, wo die frischen Margareten in lieblichem Glanze prangten.