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r. 16 Nr. 17. Freitag, den 28. April 1911. XIII. Jahrgang. nge] t. IM. 5. ‘20 M, (167 rei, h.’ Der Handelsgärtner monnsmsntsrrshs Handelszeitung für den deutschen Gartenbau für das Ausland M. 8.— jährl. Ausgabe jeden Freitag. Bestellungen nimmt Herausgegeben von Otto Thalacker, Leipzig-Gohlis. jede Postanstalt entgegen. Inserate 30 Pfennige für die vier gespaltene Nonpareille - Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennige, im Reklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. urt 1-80 cm 100 cm e, Juli- t. 10 J t 2„ [169 Jtschin. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Die Gärtnerei in der künftigen Reichsversichernngsordnung. Wohltätigkeitsanstalten als Konkurrenten der Handelsgärtnereien. Die Einfuhr von Pflanzen nach Rußland. Die Mock-Rose. Der deutsche Gartenbauhandel im März 1911. Volkswirtschaft — Lohnbewegung — Rechtspflege — Handel und Verkehr — Zollwesen — Kultur — Neuheiten — Pflanzenkrankheiten und Schädlinge — Frage kasten für Rechtssachen usw. >ü n »ü strale multi- album, ibrum, ithum. 7 20 Mk., 20 Mk., ch 1000 kme. leipzig. . bei ’pfg- igen- ionen tön Nachn, 5rlitz. adelt. Die Gärtnerei in der künftigen Reichsversicherungsordnung. Im Berliner „Ulk“ gab es dieser Tage ein hübsches Bild. Eine tote Henne sitzt auf einer ganzen Anzahl Eiern, die noch ausgebrütet werden sollen. Unter den Eiern befand sich auch die Reichsversicherungsordnung und die Henne war der deutsche Reichstag. Der Satiriker übertreibt immer! Aber wahr ist das Eine doch, daß der Reichstag schwerlich alle die Eier noch ausbrüten wird, die ihm untergelegt worden sind. Wie es mit der Reichsversicherungsordnung werden wird, ist auch noch zweifelhaft, obwohl diese so weit vorbereitet worden ist, daß man sie recht wohl noch unter Dach und Fach bringen kann, wenn im Plenum auch noch Ueberraschungen kommen. Die Kommissionsberatung ist ja in dritter Lesung vollendet und diese dritte Lesung sollte die noch bestehenden Meinungs verschiedenheiten zum Ausgleich bringen. Wir haben unsere Leser wiederholt mit dem Stand der An gelegenheit vertraut gemacht und dargetan, wie das dritte Buch, in welchem die land- und forstwirtschaftliche Unfallversicherung geregelt ist, sich zur Gärtnerei im besonderen gestellt hat. Bekanntlich handelte es sich für uns darum, für die Gärtnerei besondere Gefahrenklassen eingeführt zu sehen, da nach den gegebenen Verhältnissen an die Bildung einer eignen Berufsgenossenschaft für die Gärtnerei nicht zu denken war. Die Gründe, welche dagegen sprechen, brauchen hier nicht wiederholt zu werden. Wir haben sie oft genug im „Handels gärtner“ notiert. In der zweiten Lesung war der Wunsch der eutschen Gärtnerei, eigne Gefahrenklassen zu erhalten, wie wir auch seiner Zeit berichteten, nicht berücksichtigt worden. Erst die dritte Lesung, die Ruhe auf allen Linien bringen sollte, kam auch der Gärtnerei entgegen und erfüllte den von allen Seiten einmütig erhobenen Wunsch, wenn auch nicht in der Form besonderer Gefahrenklassen. Die §§ 999 und 1000 lauteten in der Fassung der zweiten Lesung: § 999. Für Betriebsbeamte und Facharbeiter sind zu den Bei trägen besondere Zuschläge zu erheben. Das Nähere hat die Satzung zu bestimmen. Sie hat auch die An meldung zu ordnen und die Zuwiderhandlung mit Strafe zu belegen. § 1000. Für landwirtschaftliche Nebenbetriebe hat der Unter nehmer Zuschläge zu den Beiträgen zu entrichten, um die Unfallgefahr zu decken. Die Satzung hat die Voraussetzung für diese Zuschläge zu den Bei trägen, ihre Höhe und das Verfahren zu regeln. Am 24. März beschäftigte man sich erneut mit diesem § 1000, zu welchem einige Abgeordnete unter Führung von Behrens, der sich um diese Angelegenheit ein unbestrittenes Verdienst erworben hat, einen Kompromißantrag gestellt hatten, der folgenden Wortlaut hatte: „Für landwirtschaftliche Nebenbetriebe, für die in § 915 er wähnten Betiiebe, und für andere Betriebe, die ihrer Art nach der gewerblichen Unfallversicherung unterliegen würden, so wie für Tätigkeiten der in § 917b bezeichneten Art, sind die Beiträge nach der Unfallgefahr abzustufen“. Dieser Kompromißantrag wurde von der Kommission an genommen. Die in § 915 vorgesehenen Betriebe betreffen aber die Gärtnerei, denn § 915 lautet: „Als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des §913, Abs. 1 gilt auch die Gärtnerei, die Park- und Gartenpflege, sowie der Friedhofsbetrieb, soweit er nicht der gewerb lichen Unfallversicherung unterliegt. Kleine Haus- und Ziergärten, die nicht regelmäßig und in erheblichem Um fange mit besonderen Arbeitskräften betrieben werden und deren Erzeugnisse hauptsächlich dem eigenen Haushalt dienen, gelten nicht als landwirtschaftliche Betriebe.“ Somit hat auch für die Gärtnerei eine Abstufung der Beiträge nach der vorhandenen Unfallgefahr stattzufinden. Es sind also, wie schon oben erwähnt, keine besonderen Gefahren klassen eingerichtet worden, aber man hat in dieser Abstufung das Mittel gegeben, das Gleiche auf anderem Wege zu erreichen. Behrens hat sein Ziel unentwegt verfolgt und durch seine wiederholten Anträge schließlich diesen wichtigen Kompromiß erreicht, der der Gärtnerei gegenüber endlich Gerechtigkeit übt. Die deutsche Gärtnerei kann dem genannten Abgeordneten für sein energisches Eintreten dankbar sein. Die ganze gärtnerische Bewegung bezog sich ja nur darauf, nicht mit der Landwirtschaft in einen Topf geworfen zu werden. Es war eine soziale Ungerechtigkeit, zwei Betriebsarbeiten zusammenzukoppeln und mit dem gleichen Beitrag zu belasten, die notorisch hinsichtlich der Unfallgefahr weit voneinander abweichen. Die Landwirtschaft, die heute mit Maschinen aller Art arbeitet, die im Umgang mit dem Vieh den Menschen weit eher Unfällen aussetzt, bietet tagtäglich Gefahren für Leib und Leben, welche die Gärtnerei in diesem erheblichen Umfange nicht kennt. Daher sind die Beiträge, welche die Gärtner zahlen müssen, viel zu hoch für ihre Betriebe, weil sie nach der jetzigen Organisation die zahlreichen Unfälle in der eigent lichen Landwirtschaft mit decken müssen. Diesem Uebelstand ist jetzt abgeholfen. Da sich an dem Kompromißantrag außer der wirtschaftlichen Vereinigung auch die konservative Partei, das Zentrum und die Nationalliberalen beteiligt haben, ist kein Zweifel daran, daß auch das Plenum des Reichstages dieser neuen Fassung ihr Placet geben wird. Wir sind überhaupt der Meinung, daß das Plenum des Reichs tages an dem Entwurf, wie er aus dem Schoße der Kommission hervorgeht, nicht viel ändern wird, denn das Plenum ist gar nicht in der Lage, in eine spezielle Beratung aller einzelnen Vorschriften einzutreten. Dazu gehören Vorarbeiten, die die Kommission erledigt hat und das Plenum muß der Kommission das Vertrauen schenken, daß die einzelnen Vorschriften zum Besten des Ganzen erwogen und abgefaßt worden sind.