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kammer zu acht Wochen Gefängniß verurtheilt, weil er Militairpflichtigen zum Entkommen nach England behilflich gewesen ist. Er hat deren Meh rern Geld zur Reise bis nach Hamburg gegeben und sie dorthin an einen „Herrn v. Marienthal" gewiesen, der, wie sich herausgeste^ts, Niemand anders als der vormals hannöversche Offizier v. Scriba ist. Schulze hat zu diesen Ausgaben Geld von anderer Hand erhalten', die anzugeben er jedoch sich weigert. In Hamburg sind die Verführten vonHrn.v.Scciba in Empfang genommen, mit 1 Thlr. und der Weisung auf ein bestimm- . trs Schiff versehen worden, auf dem sie auch Beköstigung finden würden. Dies letzterelhat sich als Täuschung herausgestellt, und die Unglücklichen haben gleich mit bitterster Hungersnoth ihr Unternehmen gebüßt. Neapel, 19. Ian. Nachrichten aus Sicilien bestätigen leider den Ausbruch und Fortgang der Rinderpest. In Catania ist die Biehausfuhr amtlich verboten worden. — Das Meer hat sich noch nicht ganz beruhigt, und die Fischer wagen noch nicht, ihrem Erwerbe nachzugehen. Augen blicklich beschäftigt man sich mit der Flo machung der 5 Schiffe, welche auf den Küstensand geschleudert worden sind. Die Zahl dieser gestrande ten und der zu Grunde gegangenen Schiffe beträgt 31s, wohl eben so viele sind so stark beschädigt, daß sie auf lange Zeit nicht mehr seetüchtig sein werden. Die ganze Wuth deS Meeres läßt sich erkennen, wenn man die Lerwüstungen übersieht, welche es namentlich von deriImmacolatella bis Carmine und bei Santa Lucia anzerichtet hat. Eine Unmasse von Schlamm, Felsstücken, ja ganzer Felsenhüzel, giebt Zeugniß von der ent setzlichen Gewalt des entfesselten Elementes. Möchten jene Prophezeiun gen nicht wahr werden, welche für die nächsten Tage eine Wiederholung dieser Stürme voraussagen. Frankreich. Das große Fackelschlittschuhrennen in Paris am 23. d. M. fand nach langen Vorbereitungen und Verzögerungen endlich gleich sam in der letzten Stunde statt, denn in der Nacht selbst trat Rogen und entschiedenes Thauwetter ein. Das Fest nahm einen prachtvollen Ver lauf, und es hatte nur ein streng ausgewähltes, den höchsten und elegan testen Kreisen angehöriges Publikum Zutritt zu der privilegirten Eisbahn. Natürlich war Alles taghell erleuchtet und mit Blumen und Laubwerk auf's Reichste verziert. Ein Orchester spielte seine schönsten Weisen, die Büffets waren ausgezeichnet, die Pavillons geheizt unv mit dem äußer sten Comfort eingerichtet. Der Kaiser und die Kaiserin waren erschienen und eine ungeheuere Menze von Zuschauern wogten um das Allerheiligste herum. * Hörde, 21. Jan. Heute Morgen fand man den Sattler Klempö- mann todt vor seinem Bette, dessen Frau in dem Bett todt und deren Sattlergisellen im dritten Stocke ebenfalls entseelt im Bette liegen. Alle waren durch Gas erstickt. Nähere Untersuchung ergab, daß das Gas rohr 1 Fuß von der FundamcntSmauer gebrochen und das Gas durch die Mauer gedrungen war. * New-Aork, 23. Zan. Auf dem Mississippi verbrannte der Dampfer „Fassten". 300 Menschen, meist Neger, kamen dabei ums Le ben. Aus'ührlicheren Erzählungen zufolge gerieth das Schiff 7 Meilen vor Baton-Nouze in Brand, vermuthlich durch Funken, die dem Nauchfange ent- fahren waren. Mit solcher Schnelligkeit griff das Feuer nm sich, daß an Rettung nicht zu denken war; zumal als die große Banmwolleniadung, 2700 Ballen, von den Flammen erfaßt wurde. Etwa 100 Kajüten- und 300 Deck paffagiere, die Lctztcrn fast sämmtlich Neger, befanden sich an Bord. Wild uud besinnungslos stürzten Biele sich in den Fluß, die Flnlhen den Gluthen verziehend, und Wenige von ihnen konnten gerettet werden. Die klebrigen rannten, um den Flammen zu entgehen, von einer Seite zur andern, bis auch sie, in eine dichte Maffe zusammengepackt, ins Wasser hinabgcvrängt wurden. Der Loolse blieb auf seinem Posten, bis das Feuer ihn erreichte und er sich zum Stern hinbegab, wonach keine Spur mehr von ihm gesehen wurde; und auch der Ingenieur kam, beider Maschine auSharrcnd, in dem Brande um. Der Capitain Prall rettete mehrere Frauen, die er in einer Jolle ans Land brachte; der Steuermann errichte das Ufer schwimmend. Eine Mutter warf ihre drei Kinder in den Flnß und sprang ihnen dann nach ; sie selbst uud ein Kind wurden in Sicherheit gebracht, während sie die bei den andern vor ihren Augen ertrinken sah. Etwa 80 Menschen sollen im Ganzen gereitet worden sein. Das Schiff trieb auf eine Sandbank und brannte bis puk den Wasserrand ab! Eine Mesalliance. Erzählung von Friedrich Gerstäcker. (Fortsetzung. ,2. Capitel. Jung gefreit; hal's Niemand gereut? Wochen waren seit dem letzten Ball vergangen und Krowskh und Benner indessen ost zusammengewesen. Beide bedurften auch einander ge genseitig, denn mit wem Anderen hätten sie sich an-sprechen können, wer anders hätte sie verstanden oder ihre verschiedenen LebenSansichten gcthcill? Aber nie kam der Lieutenant auf jene Andeutung zurück, die ihm Benner am Ballabend gemacht, nnd die er natürlich für ein nur im halben Rausch gethaneS Prahlen hielt. Benner konnte sich solcher Art doch auch wahr lich nicht den Rückweg in die alte Heimath muthwillig unv für immer abschneiden, was durch eine solche Heirath jedenfalls geschehen wäre, und je weniger deshalb darüber gesprochen wurde, desto besser. Ihre Zusammenkünfte in der Woche waren auch wirklich sehr spär lich, Knd Beide zu sehr und Anhaltend beschäftigt; AbendS auch viel zu müde, nm noch nach vollbrachter Arbeit lange aufzusitzen. Und was trieben Beide, die daheim nur in der staut« volvo ge lebt, nur in den ersten Cirkeln der Stadt ihre Gesellschaft gesucht und nie davon geträumt hätten, mit dem „gemeinen Mann" in anderer Art, als wie zwischen Dienern und Derren zu verkehren? Womit beschäftigten sie sich hier, nachdem sie, übersättigt von den mißbrauchten Genüssen des Le bens, die Geduld ihrer Verwandten ermüdet, in tollem Iugendtrotz eine neue Welt ausgesucht, um hier herüber wo möglich ihr altes Leben zu tragen? Waren die Träume erfüllt, mit denen sie sich die transatlanti sche Erde ausgemalt, waren ihre Ideale zur Wirklichkeit geworden? — Der Apotheker Schrader batte nicht Unrecht, wenn er behauptete, Herr von Benner sei Handlanger und Herr von Krowskh Kindermädchen geworden. Benner war nicht im Stande gewesen, in Adelaide irgend eine ihm nur Halbweg zusagende Beschäftigung zu finden, denn man konnte ihn eben zu nichts gebrauchen Daß er eine leivlige Hand schrieb, genügte nicht — es wurde bei Jedem außerdem vorausgesetzt. Und seine übrigenWhig- keiten zeigten sich sehr geringer Art. Er ritt allerdings ausgezeichnet und spielte vortrefflich Whist und Billard, aber zu alle dem brauchte ihn Nie mand. Ms das wenige mitgebrachte Geld endlich verzehrt war, wanderte er in Verzweiflung zu Fuß nach Tannnda und fand hier Arbeit bei einem deutschen Maurer, der gerade Tagelöhner brauchte. Er mußte eben leben und war zu stolz zum Betteln. Im ersten Vierteljahr ging es ihm freilich sehr knapp, aber bald arbeitete er sich hinein, so daß er im Stande war, eine einfache Mauer aufzuführen und sonstige kleine Arbeiten zu ma chen. Sein Lohn stieg damit, und da er Abends manchmal und regel mäßig Sonntags, sür die deutsche Zeitung in Adelaide — allerdings ein seh.r mäßiges Honorar — correSpondirte', so begannen sich seine Aus sichten zu bessern. Von Krowskh lebte in ganz ähnlichen Verhältnissen; nur hatte er sich nicht dazu bequemen können, bei deutschen Handwerkern iu Arbeit zu gehen. Er wollte arbeiten, ja, so bart wie Einer, aber die deut schen Erinnerungen waren ihm noch zu frisch im Gedächtniß, und da er ziemlich gut englisch sprach, fand er endlich im Haus des Friedensrichters ein Unterkommen. Dort wurde er theilweise mit der Feder beschäftigt, mußte aber auch im Garten mit anfassen, und die junge Frau des Rich ters, wenn sie mit ihrem Manne spazieren ging, verwandte ihn gar nicht etwa zu selten dazu, in der Zeit „ein wenig auf düs Kind Acht zu geben". Krowskh war dabei wirklich sehr gutmüthiger Natur und hatte Kinder gern, daß er dann zu Zeiten das Kleine auf den Arm nahm und damit herum tanzte, war natürlich. Der Volkswitz bemächtigte sich aber auch schnell dieser Thatsache und eintreffenden Fremven besonders! wurde mit Vorliebe erzählt, daß sie hier einen österreichischen Offizier hätten, der Kindermädchen geworden wäre. Es war wieder ein Sonntag Abend nnd Krowskh ging ungeduldig in seinem kleinen Zimmer auf und ab, da Benner versprochen hatte, dort vorzusprecheu — aber er kam heute spät, und der junge Mann hatte eben seinen Strohhut aufgegriffen, um selber fortzugehen, als der Freund in der Thür stand und lachend ausries: „Du bist ungeduldig geworden, wie?" „Du bist in der That länger geblieben, als ich dachte." „Unv wenn Du wüßtest, wo ich gewesen bin," sagte Benner, „und was ich^in der Zeit Alles gethan habe, würdest Du mir doch eingestehen müssen, daß ich mich wacker geeilt." » „Und wo warst Du?" „Beim dem Schuhmacher Peters." „Läßt Du bei dem arbeiten?" „Natürlich werde ich bei meinem Schwiegervater arbeiten lassen," lachte Benner, „ich darf ihm doch die Kundschaft nicht aus dem Haus hinaustragen." . „Deinem Schwiegervater? Mensch, bist Du toll?" schrie Krows- lh wirtlich erschreckt. „Die Sache ist abgemacht," sagte aber Benner in voller Ruhe, „ich habe bei ihm in aller Form um die Hand seiner Tochter Henriette ange halten, und wenn ihm auch im Anfang die Verwandtschaft zu vornehm war, willigte er zuletzt ein." „'Er hat eingewilligt?" rief der Lieutenant. (Fortsetzung folgt.)