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zum Beginn der letzten Eiszeit halten. In ihrer Entwicklung werden die Stufen des Abbevilleen, Acheulen und Micoquien unterschieden 11 . Ist die Faustkeilkultur seit langem bekannt und herausgearbeitet, so stellten sich in den letzten Jahrzehnten Funde ein, die in die genannte Entwicklungsreihe nicht hineinpaßten, obwohl sie etwa gleichzeitig mit einer der Stufen sein mußten. In bestimmten Schichten, die zuerst in Südengland und Nordfrankreich, später auch in anderen Gebieten festgestellt wurden, bestanden alle Werkzeuge aus Abschlägen, während Faustkeile und andere zweiseitig bearbeitete Geräte völlig fehlten. Diese Funde führten dann zur Aufstellung der sog. Abschlagkulturen. Die älteste ist das Clactonien 12 . Kennzeichnend sind grobe Werkzeuge, die aus durch Anschlägen eines Feuersteinknollens gegen einen Amboß erzeugten Abschlägen her gestellt sind. An den Feuersteinknollen war vorher eine Schlagfläche hergestellt worden, deren Rest an den Abschlägen als geradflächige Basis erkennbar ist. Durch den harten Schlag entstehen am Abschlag Schlagkegel und Schlagbuckel. Bezeich nend für die Abschläge vom Clactontyp ist der große Winkel zwischen der Schlag fläche und der Längsachse des Gerätes, der in allen Fällen mehr als 100° beträgt. Die Abschläge sind anfangs nur wenig bearbeitet, späterhin werden sie zu Schabern, Spitzen und anderen festen Formen retuschiert. Das Clactonien tritt bereits in der ersten Eiszeit auf und bleibt bis zum Beginn der Rißciszeit leben, Nachwirkungen sind bis in die letzte Zwischeneiszeit (Riß-Würm) festzustellen. Die zweite Abschlagkultur, das Levalloisien 13 , ist durch eine andere Technik gekenn zeichnet. Bei ihr wird der Feuersteinknollen vor der Werkzeugherstellung zu einem schildkrötenförmigen Kernstück (dem Schildkern) zurechtgeschlagen, von dem dann breite, klingenförmige Abschläge abgespalten werden. Die sorgfältige Bearbeitung des Kernstücks bedingt, daß die Basis der Abschläge vielfach die Retuschen des Kernstückrandes noch zeigt (facettiert ist). Die so erhaltenen Abschläge werden ent weder als Klingen benutzt oder durch weitere Bearbeitung zu Spitzen und Schabern umgeformt. Neben dieser veränderten Technik scheint, vor allem bei der ersten Bearbeitung des Feuersteinknollens, die Clactontechnik fortzuleben. Eine allmähliche Herausbildung des Levalloisiens aus dem Clactonien ist anzunehmen 14 , sie dürfte gegen Ende der Mindel-Riß-Zwischeneiszeit erfolgt sein. Neben dem frühen Levalloi sien geht aber noch ein reines Clactonien einher. In der letzten Zwischeneiszeit scheinen beide Entwicklungslinien zusammenzufließen. Das sich jetzt herausbildende Mousterien enthält Abschlaggeräte mit und ohne zugerichtete Basis. Einwirkungen der Faustkeilkultur sowie einer altpaläolithischen Schmalklingenkultur dürften an der Herausbildung des Mousterien beteiligt sein. Gelten die bisher beschriebenen Kulturgruppen im wesentlichen für Europa und Westasien, so liegen in Ost- und Südostasien etwas andere Verhältnisse vor. Hier sind in altpaläolithischen Schichten Werkzeuge aufgefunden worden, die sich von den beschriebenen unterscheiden 15 . Zwar sind hier außer Abschlägen auch Kernstücke zur Werkzeugherstellung benutzt worden, ihre Bearbeitung ist aber durchweg ein- 11 Vgl. dazu die in Anm. 2 zitierten Arbeiten und das dort angeführte Schrifttum. Zur afrikanischen Faustkeilkultur vgl. neuerdings L. S. B. Leakey, Olduvai Gorge, Cambridge 1951. 12 Prehistoirc 1, 1932, S. 125f. (H. Breuil); Quartär 1, 1938, S. 173ff. (R. Grahmann). 13 Brandenburgische Jahrbücher 12, 1938, S. 2811'. (L. F. Zotz). 14 Vgl. Anm. la und 8. 16 Transactions of thc American Philosophical Society 38/4, 1948, S. 329 ff. (H. L. Movius); Mitteilun gen der Anthropologischen Gesellschaft Wien 80, 1950, S. 101 ff. (ders.).