DER MÜNZFUND VON KASCHWITZ Eine Erörterung über die älteste ostdeutsche Münzprägung und die Herkunft der Brakteatenform* ) Von Walther Haupt In früheren Zeiten sah man einen Münzenfund in erster Linie an als eine Bereicherung für die Wirtschaftskasse des Finders und für die Sammlungen der Münzfreunde. Die wissenschaftliche Forschung hatte das Nachsehen. Der hier beschriebene, Ende 1949 zutage getretene Münzfund von Kaschwitz zeigt die Bedeutung der sächsischen Schutzgesetzgebung für Bodenfunde erneut, nachdem bereits der Fund Puschwitz durch dieses Gesetz der Wissenschaft erhalten worden war. Herr Baumeister Krakowski in Kaschwitz erwarb sich das Verdienst, durch die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften die gesamte Fundmenge der Forschung zu gänglich zu machen. Hätte man nach, der Gepflogenheit älterer Oberlausitzer Fund beschreibungen nur die paar besterhaltenen Münzen ausgelesen und die Menge gering erhaltener eingeschmolzen, ja nicht einmal die Anzahl der einzelnen Sorten überliefert, dann hätten wir bei dem in jeder Weise spröden Material unseres Fundes nie und nimmer zu leidlich gesicherten Ergebnissen kommen können. So aber zeigt der Kasch- witzer Fund, wie durch Beobachtung aller Umstände ein geschlossener Münzenfund zum Reden gebracht werden kann, wo die einzelne Münze schwiege. Fundort Der Fundort Kaschwitz gehört zum Kreise Kamenz, dem am weitesten westlich gelegenen Landkreise der alten Oberlausitz, jenes östlichsten Teiles des heutigen Landes Sachsen. Das kleine Bauerndorf liegt zwischen den Städten Bischofswerda und Kamenz. Anderthalb Kilometer von Kaschwitz finden wir das Dorf Ostro mit seinem großen Burgwall, den Resten einer ehemaligen vorgeschichtlichen Straßen burg. Diese bewachte den alten west-östlichen Heerweg, der die Oberlausitz vom Rehnsdorfer nach dem Königshainer Paß durchquerte, noch ehe der spätere mittel alterliche Wagenverkehr die Hohe Straße über Kamenz—Bautzen—Görlitz schuf. Diese Lage des Fundortes ist wichtig für die weiter unten folgende Erklärung des Fundinhaltes. Fundumstände Zunächst erhielt ich 102 Münzen mit dem Bemerken, sie seien unter einer Tenne in einem Gefäß gefunden worden. Das Gefäß sei erhalten, und man erwarte von dem Münzinhalt seine Datierung; denn bekanntlich ist die Keramik aus der Übergangszeit zwischen Vorgeschichte und Frühgeschichte eines der am wenigsten durchforschten Gebiete. Vorwegnehmend sei schon hier gesagt, daß das Gefäß, das von sachkundiger Hand im Zusammenhänge mit der vorliegenden Arbeit beschrieben wird, durch den Fundinhalt auf die Zeit um 1130 als terminus ante quem festgelegt wird. Dadurch wird die bisherige Ansetzung dieser als spätslawisch-frühdeutsch bezeichneten Topf ware bestätigt. Später fand sich noch eine weitere Fundmenge von 144 Stück herzu, so daß der Umfang des Fundes auf 246 Stück anwuchs. Die Überlegung, erfahrungs- *) Vorbemerkung des Herausgebers: Bekanntlich werden von namhaften Numismatikern andere Theorien zur Entstehung der Brakteaten als die hier vorgeführte vertreten. Die vorliegende Arbeit soll der Versuch einer neuen Deutung sein und wird sicherlich eine Diskussion entfalten, die hoffentlich der end gültigen Lösung näherführt. Die Hauptschwierigkeiten der hier vorgelegten Deutung be stehen in der Verbreitung der Brakteaten und deren Vorformen. Weitere Funde östlich der Elbe/Saale-Linie können uns hier vielleicht in Zukunft rasch weiterführen. 175