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UNTERSUCHUNGEN IN RÖTHA-GESCHWITZ Von Gerhard Mildenberger Vor- und frühgeschichtliche Funde aus dem Bereich unserer Dörfer gehören bisher zu den Seltenheiten. Sie stammen dabei im allgemeinen aus den Rand gebieten der heutigen Dörfer 1 ), wo sie meist bei Neubauten entdeckt wurden. Archäologische Untersuchungen in den Dorfkernen liegen so gut wie gar nicht vor. Daher sind Aussagen über Alter und Gründungszeit unserer dörflichen Siedlungen bisher fast ausschließlich auf Grund des Ortsnamens, der Dorf- und der Flurform gemacht worden. Ihre Bestätigung durch Bodenfunde ist eine mit Nachdruck zu erhebende Forderung 2 ). Die Möglichkeiten planmäßiger Untersuchungen in den dichtbebauten Dorf kernen sind gering, zumal die vielhundertjährige Dauerbesiedlung zu erheb lichen Störungen älterer Schichten geführt hat. Immerhin sollten Gelegen heiten zu solchen Untersuchungen genutzt werden. Aus diesem Grunde wurde der Abbruch des früheren Dorfes Geschwitz, zuletzt Ortsteil von Rötha, Kreis Borna, im Zuge der Erweiterung des Braunkohlentagebaus Espenhain zum Anlaß genommen, im Ortsbercich einige Schnittgräben zu ziehen. Durch sie sollten nicht nur Aussagen über den Beginn der heutigen Siedlung ermöglicht, sondern auch die Frage nach dem Vorhandensein ungestörter frühgeschicht licher oder mittelalterlicher Schichten beantwortet werden. Die Grabungen wurden am 18. und 19. April 1953 vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Leipzig durchgeführt; an ihr nahmen unter der Leitung des Verfassers sämtliche Studenten sowie die wissenschaftlichen und technischen Angestellten des Institutes teil. Die Arbeiten erfreuten sich der Verständnis- 1) Alft Beispiel sei auf die Fundkarte von Obermöllern, Kreis Naumburg, hingewiesen: Jahres sehrift Halle 35, 1951, S. 195, Abb. 1 (P. Grimm). 2) Erste Versuche in dieser Richtung unternahmen für Mitteldeutschland Th. Voges (Jahrbuch d. Geschichtsvereins f. d. Herzogtum Braunschweig 6, 1907, S. 1 ff.), P. Grimm (Mittel deutsche Volkheit 1936, S. 108ff., erweitert Jahresschrift Halle 35, 1951, S. 194ff.) und K. Schir- witz (Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 70, 1937, S. 27ff.). Sie mußten vorwiegend Funde aus den Gemarkungen heranziehen. Auch in Süddeutschland basiert die archäologische Erforschung der Geschichte dörflicher Siedlungen nach dem Vorgang K. Schu machers (Mainzer Zeitschrift 15/16, 1920/21, S. 15f.). im wesentlichen auf den innerhalb der Gemarkung gelegenen Friedhöfen (zusammenfassend: Badische Fundberichte 13, 1937, S. 124ff., G. Kraft). Die Forderung nach archäologischer Dorfkernforschung wird neuerdings auch von historischer Seite erhoben: W. Schlesinger, die Entstehung der Landesherrschaft, Dresden 1941, S. 23; Wissenschaftl. Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1, 1951/52, H. 3, S. 70 (A. Timm) und Forschungen und Fortschritte 28, 1954, S. 182 (ders.).