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gäbe; die Gebrauchsspuren, die Verkehrsspuren im Fabrikbereich bestimmen die Anlagen. Gestaltungs süchtiger Kleinkram wirkt nirgends gekünstelter als im Bereich großer technischer Kraftentfaltung. Das Ein fache, das selbstverständlich sich aus den gegebenen Verhältnissen und Bedürfnissen Ergebende, soll die Grundlage unseres Schaffens sein. Nicht der Wunsch nach Repräsentation, sondern seelische, sinnliche und hygienische Notwendigkeiten haben die Betriebs-Grün gestaltung zu bestimmen. Die Zeiten des repräsenta tiven Luxus und der Dekoration, wie einstmals mit dem Teppichbeet vor dem Verwaltungsgebäude, mit der Palme, der Agave oder Drazäne in seiner Mitte und den ebenso unmöglichen Blautannen an den Ecken, sind endgültig vorbei. Gesunde Pflanzen der Heimat. Gärtnerisches Pflanzen heißt beleben, heißt ordnen, heißt Wachstum begünstigen. Die richtige Wahl der Pflanzen ist entscheidend. Als Teil des Heimatbildes soll die Fabrikanlage von heimischen Charakterbäu men umgrünt werden. Nur hat es keinen Sinn, sie so nahe an die mechanischen und chemischen Gefahren herde heranzubringen, daß sie vermutlich gar nicht zu einem gesunden und ungestörten Wachstum kom men können. Es hat ferner keinen Sinn, einen Baum zu pflanzen, wenn schon nach wenigen Jahren seine Krone einer Leitung wegen verstümmelt werden müßte. Es hat auch keinen Sinn, einen Baum im Bereich intensiver Verqualmung und Verrußung zu pflanzen oder an Wegeecken, wo er beim Umfahren doch ein mal schwer beschädigt würde. Ein Baum, auf den man acht geben muß, ist im Fabrikbereich fehl am Platze! — Das gesunde Gefühl für Blühen, Grünen und Leben sagt uns, daß z. B. dicht neben dem Hochofen kein Gartendirektor Georg Gunder (L. Späth), Berlin. Bild 15: Siedlung H. in B. Man könnte der Ansicht zuneigen, daß das Gemeinschaftsgrün innerhalb eines großen Wohnblockes nicht zum Thema gehört. Und doch ist es hier am Platze; denn es bietet jung und alt Erholung, wenn die einzelne Arbeitsstätte dem einzelnen Volksgenossen dies nicht bieten kann. — Kinderspielplätze für die Kleinen, Ruhemög lichkeiten für die Großen, für alle aber den Augenschmaus von vielen bunten Blumen! Nur nicht ängstlich sein mit den Blumen farben im Garten! Um so vorsichtiger und diskreter soll der Anstrich von Häusern und baulichen Teilen, sowie an Gartenmöbeln, Zäunen und dergleichen sein. Grün hingehört. Die Art der Fabrik bestimmt auch die Wahl des Baumwuchses. Kohlenstaub und Kohlen oxydgase, Säuredämpfe und Bodenablagerungen zer stören die Gesundheit vieler Pflanzen. Eine kranke, verkümmernde Pflanze erfüllt nicht ihren Sinn, sie drückt auf das Gemüt, wie ein kranker Mensch. Koniferen sind nicht selten sehr empfindlich. Beson ders robust ist die „zarte Birke“ und auch die Robinie. Beide gedeihen noch auf ärmsten Böden und unter besonders ungünstigen Lebensbedingungen. Bodenart, Entwässerung, der Abzug des Regenwassers, normale Windrichtung beeinflussen oft ausschlaggebend das Wohlbefinden der Pflanzen. Was dort unter dem Ein fluß verschiedener, schädlicher Faktoren nicht hoch kommt, gedeiht hier unter Einwirkung ausgleichender Kräfte gut. Gartenpflanzen der Heimat! Wie die Charakterbäume, bestimmen auch die Cha raktersträucher den Bepflanzungsplan. Besonders auch unsere frühblühenden Gartensträucher sind sehr will kommen. Die Forsythie stillt auch im Fabrikbereich die Sehnsucht nach dem Frühling. Von den Stauden eignen sich besonders jene, die auch schlechte und un regelmäßige Pflege vertragen. In den in sich geschlosse nen Gärten mag der persönliche Geschmack schalten 158