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Allgemeiner Anzeiger : 25.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190201251
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- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-25
-
Monat
1902-01
-
Jahr
1902
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 25.01.1902
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Das Stuttgarter Hoftheater abge brannt. Durch einen gewaltigen Brand ist in der Sonniag-Nacht das Stuttgarter Hostheater zu einem grossen Teil eingeäschert worden. Kurz nach 12 Mr nachts brach im Dachstock des Theaters Feuer aus, das sich mit rasender Geschwindigkeit ausdebute, so daß binnen einer halben Stunde der ganze Dachstock in Flammen stand. Trotz eifrigster Thätigleit der gesamten Stuttgarter Feuerwehr breitete sich das Feuer immer weiter aus. Zunächst brannte der Bühnenraum aus; alsdann griff das Feuer auf den Zuschauerraum über. Der an das Theater sich anschließende Schlo^flügel war eine Zeitlang ge fährdet. Um 4 Ubr morgens wurde das Maschinengebäude zerstört. Auf der Brandstätte erschien die Stuttgarter Garnison, der Minister des Innern und der Kriegsminister. Die an das Hoftheater angebauten Dienstwohnungen find bis auf die Grundmauern vernichtet. Per sonen find bei dem Brande nicht ums Leben gekommen. Entstanden ist das Feuer durch elektrischen Kurzschluß, was daraus geschlossen wird, daß das elektrische Licht, nachdem der Brand entdeckt war, versagte. Der König be suchte mit dem Branddirektor um 3 Uhr früh den ersten Rang. Der Monarch sowie andere Mitglieder des Königshauses verweilten mehrere Stunden auf der Brandstätte. Dr. Sigls Testament ist nunmehr er öffnet worden. Unter mehreren Legaten ent hält es auch ein solches von 2000 Mk. an den Münchener Journalisten- und Schriftstellerverein, dessen Mitbegründer Sigl war. Jedoch hat der Erblasser daran die Bedingung geknüvft, daß von der Nutznießung dieses Legats Preußen ausgeschlossen sind. Bis über den Tod hinaus setzt er also seine Späße fort! Nachahmenswertes Beispiel. In Sieg burg wurde am Montag eine Spar- und Bau- Genossenschaft mitbeschränkter Haftung gegründet, welcher sofort 116 Arbeiter als Mitglieder bei- traten. Die Genossenschaft bezweckt die Erbauung und den Ankauf von Arbeiterhäusern. Jeder Teilnehmer zahlt einen Anteil von 200 Mark, welche sofort, oder, wenn die Verhältnisse dies nicht erlauben, in Monatsraten von 10 Mark zu zahlen find. Selbst bei einer wöchentlichen Einlage von 50 Pfennigen, bis der Satz von 200 Mark erreicht ist, kann die Mitgliedschaft erworben werden. Die Geschäftsanteile find mit 4 Prozent verzinslich. Der Tischler Tetznow, der nach Maß gabe der umfangreichen Voruntersuchungen zweifellos der Urheber des auf Rügen (Göhren) verübten Mordes an zwei Knaben, wie auch des in Lechtingen bei Osnabrück im Jahre 1897 verübten Mordes an zwei Schulmädchen ist, wurde einer Irrenanstalt zur Beobachtung seines Geisteszustandes überwiesen. Er dürfte im April d. vor das in Greifswald zusammen tretende Schwurgericht gestellt werden. Als gemeingefährlicher Trunkenbold erwies sich in Erfurt ein Dachdecker, der am 18. d. gegen Abend auf der Straße, einen Revolver in der Rechten haltend, hin- und her schwankte. Bevor man ihm die Waffe ab nehmen konnte, feuerte er unter die ihn hän selnden Kinder. Schwer in die Seite getroffen brach ein 12 Jahre alter Knabe zusammen. Der Schütze wurde sofort verhaftet. Der Zustand des Verwundeten ist höchst bedenklich. Der wegen Unterschlagung von 23 000 Mark verhaftete Postkasfierer Verwehen in Aachen ist auf Beschluß der Staatsanwaltschaft wegen Unzurechnungsfähigkeit bei Begehung der That in Freiheit gesetzt worden. Angeblich aus Furcht vor Strafe haben sich in Kolberg ein 12 jähriger Knabe und dessen 14jLhrige Schwester in die Persante gestürzt und find ertrunken. Stinkbomben im Theater. Während des Gastspiels des Fräulein Charlotte Halm im Stadttheater zu Posen verbreitet: fich plötzlich im ganzen Zuschauerraum ein schlechter Geruch. Angestellte Recherchen ergaben, daß es fich um einen Unfug mit „Stinkbomben" handle, wie sie als „Scherzartikel" in den Handel kommen und auch in Posen in mehreren Lokalen schon ver wendet wurden. Wahrscheinlich ist diese duftige Unternehmung nichts anderes als ein Dummer- jungenstreich. Antideutsche Motive spielen dabei wohl keine Rolle. Daft ei« Dieb den Wert des Geldes nicht zu schätzen weiß, kommt gewiß nicht alle Tage vor. Ein solcher Fall wird der ,Oftd. Pr/ berichtet: Der Milchkutscher des Gutes Mochollek stabl vor der Molkerei in Güldenhof dem Milch kutscher des Gutes Rucewko aus der Posttasche einen Geldbrief mit 2000 Mk. Er vermutete in demselben Bargeld. Da er aber nur blaue Scheine sand, deren Wert er nicht zu schätzen wußte, warf er dieselben fort und legte den Brief unter einen Stein. Durch den Wind ist derselbe auch fortgewebt worden. Der Milch- kuischer wurde dem Amtsgericht Jnowrazlaw eingeliefert. wenig vorwärts zu kommen, aber nur mit ganz geringem Erfolge. Das Wasser bricht mit einer Gewalt von 900 Liter in der Minute in den Tunnel ein. Man sieht keinen einheitlichen starken Wasserstrahl, sondern das Wasser sickert durch das brüchige Felsgestein hindurch und sammelt sich dann am Boden des Tunnels. Anfangs glaubte man, das Wasser rühre von dem Sturzbach Cairasca oder aus dem Avinosee her. Aber man hat in den Bach wie in den See wiederholt große Mengen Farbstoffe geschüttet, welche jenes Gewässer dunkelblau färbten, ohne je in dem Tunnel wasser eine Spur dieser Farbe wiederzufinden. Das in den Tunnel eindringende Wasser ist schmutzig-weiß. Man hält nun, wie schon oben Urin; Georg von Moles. Der englische Thron folger Prinz Georg von Wales wird am 24. d. nach Berlin kommen, un! seinen Vater, König Eduard, bei dec Geburtstagsfeier Kaiser Wilhelms zu vertreten, und wird etwa eine Woche in der Reichshauptstabt ver weilen. Den Titel „Prinz von Wales" führt er erst seit wenigen Wochen. Vis zur Rückkehr von seiner Welt reise war er als Herzog von Jork bekannt; der König übertrug ihm erst dann den Titel, den er selbst so lange geführt hat, wie vor ihm seit undenklichen Zeiten jeder englische Thronfolger. Der Prinz von Wales steht L la suits des 1. Garde-Dra- goner-Regiments und der deutschen Marine. Er wurde am 3. Juni 1865 in Marl borough House geboren und ist seit dem 6. Juli 1893 mit Prinzessin Mach von Teck vermählt. Der Ehe sind vier Kinder, drei Söhne und eine Tochter, entsprossen. Religiöser Wahnsinn. Das Strafver fahren gegen den kürzlich wegen Unterschlagung verhafteten Re btsanwalt Engler in Mannheim ist eingestellt worden, nachdem gerichtsärztlich festgestellt ist, daß Engler an religiösem Wahn sinn leidet. Rebellische Lokomotiven. Im Zentral bahnhof zu München überfuhr Sonntag vor mittag die Maschine eines einlaufenden Per sonenzuges die gewöhnliche Haltestelle, so daß sie auf den Prellbock stieß, welcher glücklicher weise dem Anpralle standhielt; der Lokomotiv führer und ein Fahrgast wurden leicht verletzt, der Materialschaden ist geringfügig. — Ein ähnlicher Vorgang, der freilich minder harmlos -ausging, wird gleichfalls vom Sonntag aus dem Haag berichtet: Infolge Versagens der Westinghouse-Bremse fuhr der Abendschnellzug der holländischen Siaatsbahn bei Ankunft auf dem Bahnhof über den Prellbock hinaus. Die Maschine rannte darauf durch eine Mauer, dann durch das Waschzimmer einer Wohnung an der Straße Bezuidenhuit und weiter in den Garten hinein, wo die Maschine einen Baum ent wurzelte. Glücklicherweise wurden nur einige Passagiere und die Maschinisten ganz leicht ver wundet. Die Durchbohrung des Simplon ist, wie man weiß, auf große Schwierigkeiten ge stoßen. Im Dezember konnte auf der italieni schen Seite des Tunnels das Bohrloch nur um 2 Meter verlängert werden. Das Hinder nis besteht in einem unterirdischen See, für den durch die Tunnelarbeiten ein Abstoß geöffnet wurde und der nun durch die Südöffnung des Tunnels mit solcher Gewalt ausfließt, daß das Arbeiten nahezu unmöglich gemacht wird. Die Bohrmaschinen mußten aus dem Tunnel ent fernt werden. Man sucht durch Handarbeit ein angedeutet wurde, allgemein dafür, daß der Tunnel in die Nähe eines unterirdischen Sees gekannt war, dessen Wasser nach dem Tunnel durchfickert. Ein Mittel, um das Eindringen des Wassers zu verhindern, scheint es nicht zu neben, vielmehr wird man warten müssen, bis fich dieser See geleert hat. Wie lange das dauern wird, kann niemand Voraussagen. In zwischen werden die Bohrarbeiten auf der Nordseite des Tunnels energisch gefördert. Man dringt hier jeden Tag im Durchschnitt sieben Meter vor und der Tunnel ist hier bereits 6400 Meter lang. Bei der Explosion in der Spinnerei in der Nähe von Manresa (Katalonien) wurden 60 Personen getötet, etwa 100 Personen er litten Verletzungen. Bisher find 16 Tote ge borgen; die Verwundeten wurden nach dem Hospital von Manresa gebracht. Die Hälfte des Dorfes Puente de Vilumara, in welchen fich die zerstörte Fabrik befand, liegt in Trümmern. Gebäudeeinsturz. Die Seitenmauer einer Flachsspinnerei in Belfast stürzte am Montag plötzlich ein; die Fußböden iu zwei Stockwerken wurden mit in die Tiefe gerissen. Zahlreiche Arbeiter und Arbeiterinnen der Haipelräume liegen unter den Trümmern; bisher find zehn tot hervorgezogen worden. Grrichtshalle. Kastel. Die Anklage gegen die AukstchtSräte der Trebertrocknungs-Gescllfchaft, deren Verhandllmg am 3. Februar beginnt und voraussichtlich k Tage in Anspruch nehmen wird, richtet sich anscheinend nur auf Verschleierung der Bilanz und Vergehen gegen das Aktiengesetz. Herr Rechtsanwalt Kohn aus Dortmund wird den Angeklagten Otto vertreten, während dm Brüdern Sumpf Herr Justizrat Dr. Harnier von hier, der als Vorsitzender der Herkulesbrauerei schon früher ihr Vertrauen gen ob, als Rechtsbeistand zur Seite stehen wird. Von Interesse ist, daß der eniflohene Direktor Schmidt sich bereit erklärt Hai, in dem Prozesse Aussagen zu machen, allerdings auf Umwegen. Sei« hier ansässiger Schwager kann aus solchem Wege unter Benutzung von Deckadressen mit ihm verkehren, er selbst weiß nicht, wo Schmidt sich aushält. Er weilt höchst wahr scheinlich in Amerika. Eine gewisse Zeit würde allerdings immer vergehen, ehe. eine Antwort ein trifft, falls das Gericht auf solche Sachen überhaupt eingehen sollte. Ein ungrtrruer Notar. Zu der Verhaftung des Rechtsanwalts und Notars Gustav Flatow in Berlin wegen Unter schlagung werden noch folgende Einzelheiten mitgeteilt. Die Ermittelungen haben ergeben, daß der Zusammenbruch auf übermäßigen Auf wand in der Familie zurückzusühren ist, während der Verhaftete für seine Person sehr bescheiden lebte. Um billiger zu wohnen, ver legte Flatow vor zwei Jahren sein Büreau nach Kronenstraße und mietete eme.Pr'vatwohnung in der Königgrätzerstraße 67. Schon damals stand es schlecht mit ihm. Sein Bnreanvor- steher, der zehn Jahre bei ihm tbätiq ist, hatte schon ein volles Jahr sein Gehalt nickt be kommen und sogar einen Vorschuß zur Miete gegeben. Trotzdem verlangte Frau Flatow für die neue Wohnung allerhand Anschaffungen, gab große Gesellschaften und machte kostspielige Reisen. Es konnte ihr nicht hoch genug ber- gehen. Unterdessen legte der schwache Monn fich alle möglichen Beschränkungen auf. Oft mußte er fich vom Büreauvorfteher einige Groschen leihen, wenn er zum Termin ging. Häufig genug sah man ihn bei Aschinger ein Brötchen essen. Von Mandanten, die keine Vorschüsse Misteten, wurden schon längere Zeit keine Aufträge mehr angenommen, und verlor iemand, so wurde es ihm schwer, einen etwaigen Rest seines Vorschusses wieder zu be kommen. Die Mündelgelder wurden vom Büreauvorfteher sämtlich ordnungsmäßig ge bucht, die Anlage aber behielt der Notar sich selbst vor. so daß der Bürauvofteher über ihren Verbleib nichts wußte. Seit Montag erschien Flatow nicht mehr im Büreau, erledigt« aber noch mehrere Angelegenheiten durch Fern gespräche mit seinem Büreauvorfteher. Am Mittwoch hörte auch das auf, nachdem am Dienstag abend zwei Briefe von der Hand deS Anwalts im Büreau abgegeben worden waren. Der eine Brief war an Frau Flatow gerichtet, in dem andern gestand Flatow dem Büreauvorfteher seine ganze Schuld und beauf tragte ihn, dem Landgerichtspräfidenten Anzeige zu machen. Dieser benachrichtigte sofort die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei. Kriminalbeamte durchsuchten die Büreauräume, beschlagnahmten die Geschäftsbücher und ver schlossen das Privatzimmer des Anwalts im Büreau. Nach den bisherigen Ermittlungen belaufen fich die Unterschlagungen auf 80 000 Mark. Der Büreauvorfteher hat seit sieben Monaten kein Gehalt bekommen und aus V« Jahr die Büreaumiete aus seiner Tasche bezahlt. Die übrigen Angestellten kommen um ein Monats gehalt. Deckung ist für den Fehlbetrag nicht vorhanden. Die lausenden Aufträge übernimmt ein vom Gericht bestellter Substitut, um sie zu Ende zu führen. Frau Flatow erkundigte fich auf Grund des Abschiedsbriefes, nach dem ihr Mann sich erschießen wollte, alsbald nach der Lebensverficherungs-Police, konnte sie aber nicht bekommen, da sie verpfändet ist. Knute» Allerlei. Bei Wunden und Geschwüren ist Honig ein vorzügliches Desinfektionsmittel, ähnlich wirkend wie Karbolwaffer und dergl. Am besten wird derselbe auf einen Lappen gestrichen und aufgelegt. Besonders gut ist es, die Wunden mit Honigwasfer auszuwaschen, und diesem einige Tropfen Arnika oder Kalendulatiuktur beizumischen. Honig, mit Roggenmehl gemischt, bringt Geschwüre zur baldigen Zeitigung. Auch bei Brandwunden erweist fich der Honig vorteilhaft. °»-°» » ----- hatten. D cser konnte sich eines Schauders nicht erwehren, als er sich in seine verzweiflungs- volle Lage neuerdings hineindachte. Besonders jene Wand machte ihn erbeben, obgleich seine Augen dessenungeachtet häufig auf derselben hasten blieben. Nach diesen Vorbereitungen nahm das Lerhör seinen Anfang, und Verwalter Glock erhielt die Weisung, die Vorgänge nochmals aus führlich zu beschreiben. „Als ich wieder zu mir kam und Herr v. Ahlburg mich der Fälschung zieh, sprang ich empor," fuhr der Verwalter in fieberhafter Erregung, die Worte mühsam hervorstoßend, fort. „Er hielt mich fest; ich riß mich ge waltsam los — Port aber — ja dort — grinste mich die todbringende Versucherin an!" Nach diesen Worten wankle der Unglück liche bis ziim schranke hin. Nun ums annte er die Waffe M!t seinen zitternden Fingern und richtete oie schwarzen Mündungen der beiden Läufe direkt aus die Stelle des Herzens. „Ick zielte auf meine Brust," stammelte -rr m i fliegendem Atem, „da erfaßte er mich — wir rangen - er griff hierher —" „Geben Sie acht!" rief der Untersuchungs- Lichter, als der Ge'augene den Hahn berühren wollte „Ich sagte Ihnen schon, daß der -weite Lauf noch eine scharfe Patrone enthält! Dabei streckte er den Arm aus, um die un vorsichtige Behandlung der Pistole zu ver hindern. .. Aber es war zu spät. In diesem Augen- Aick krachte der Schuß und Matthäus Glock "*ach unter gellendem Aufschrei zusammen. — Die Minuten, welche der Sterbende zu verleben hatte, waren gezählt. Einmal noch versuchte er es, sich mit letzter Kraftanstrengung aufzurichten und in halb gebrochenen Tönen entrangen fich seinem Munde die wenigen Laute: „Ihn hab' ich nicht getötet — ihn nicht! Nur mich! Gott verzeihe mir!" Für die Gusherrschaft war das, was fich in dieser Stunde zugetragen hatte, wiederum ein schwer zu verschmerzender Schlag. Vor allen anderen erlitten Frau von Ahlburg und Charlotte so starke Gemiuserschütterungen, daß man anfangs ernstliche Besorgnisse für sie hegte. Glücklicherweise erwiesen sich dieselben jedoch als überflüssig, so daß die Damen nach Ver lauf einer Woche eine Erholungsreise antreten konnten. Die Kriminalakten wurden nach dem trau rigen Vorfälle selbstverständlich abgeschlossen, nachdem Ferdinand Krons Schuldlosigkeit zur öffentlichen Kenntnis gebracht war. Gertrud Reich kam mit einem gnädigen Verweis davon. Nat Jäger kam um seine Versetzung ein, und nachdem seinem Wunsche in Bälde ent sprochen worden war, fand die Vermählung un mittelbar vor dem Umzüge des Beamten nach dem zukünftigen Domizil statt. — Im Hause des Landgerichtsrates sand bald darauf auch Ferdinands und Gertruds Hoch zeit statt, als der erstere fich einstellte, um seine heißgeliebte Braut heimzusühren. Wiederum waren Jahre verstrichen, da wurde das glückliche junge Ehepaar am herr lichen Schweizersee während der hohen Saison von einem unverhofften, aber freudigst begrüßten Besuche überrascht. Auf den Karten, welche die Einlreffenden bei ihrer Anmeldung in Dr. Krons Wohnung abgaben, waren die Worte verzeichnet: Olaf Lindström, Charlotte Lindström, Gutsbesitzer. geb. v. Ahlburg. Ende. Die bkmerlichr HettknnK und die beliebtesten bäuerlichen Hausmittel in Rußland behandelt ein Feuilleton in der,Now. Wremja^. Der Verfasser schildert die Auf nahme einer Kranken in ein ländliches Hospital und die Erklärungen, die ihm dabei zu teil wurden. „Wir haben," sagte die Begleiterin der Kranken, „alles Erforderliche gethau, aber es wurde nicht besser. Zuerst legten wir einen Topf an — es wurde schlimmer. Dann setzten wir sie eine ganze Woche auf „Zinnober" — es wurde nicht besser. In die Badestube brachten wir sie — aber auch das half nicht." Der Arzt wird bei diesen Angaben ganz blaß vor Wut. „Wissen Sie, was diese Angaben bedeuten? „Den Topf anlegen" bedeutet nichts anderes, als einen glühend heißen Kochtopf auf den Leib des Kranken andrücken: wenn der Topf erkaltet, zieht er den Bauch in fich hinein. Der „Zinnober" ist noch schlimmer. Der Kranke wird mit Sackleinwand bedeckt, und eine Pfanne mit glühenden Kohlen wird darunter gestellt, auf die Kohlen aber wird Zinnober-Pulver ge- gestreut, und diese Dämpfe müssen die Kranken dann einatmen. Das wird täglich eine Woche lang wiederholt, wobei man den Kranken fast Hungers sterben läßt. Und die „Badestube?' Das klingt ganz unschuldig, ist aber im Grunde der reine Mord. In einer möglichst heißen Badeftube wird der Kranke an den Beinen, mit dem Kopf nach unten, emporgezogen und von den „Operateuren" aus allen Kräften ge schüttelt ... Ich sah im Krankenzimmer eine Frau, der die Wimpern ins Auge wuchsen und der da geraten war, die Augen mit Spiritus- Ausguß auf Pfeffer zu waschen. Das Weib erblindete natürlich. Ich sah Brandwunden, die brandig geworden waren, weil man Kuh mist aufgelegt hatte. „Ach, dieser Dünger," sagte die Vorsteherin des Krankenhauses. „Diese unglückselige Vorliebe für Mist in allen Formen und von den verschiedensten Tieren. Kuhmist ist ein Spezialmittel bei Brandwunden, die Jauche von Pferdemist, innerlich genommen, ein Mittel gegen Fieber, Sperlingswist wird kleinen Kin dern gegen Husten auf die Brust geschmiert." Sehr verbreitet ist unter den Bauern die „Brot- wanne": Der Kranke wird ganz mit eben aus dem Ofen gekommenem Brot und dann mit allen verfügbaren Pelzen bedeckt. Gewissenhaft. Professorin: „Um Gottes willen, nehmen Sie sich nur kernen Geschichts- Professor zum Mann, beste Freundin!" — „Warum denn nicht; find Sie mit dem Ihrigen unzufrieden?" — Pro-essorin: „Ach Gott, ja, im höchsten Grade; jeden Abend tällt ihm ein, daß irgend ein historischer Gedenktag ist, und dann geht er auch gleich ins Wirtshaus, um deu würdig zu begehen I" «-
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