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Pojitilche Rundschau. Die chinesischen Wirren. * In den Grenzgebirgen der Provinz Schansi haben nach Meldungen des Grafen Waldersee in den letzten Tagen mehrere Zu sammenstöße mit Boxern und regulären chinesischen Truppen stattgefunden. Der Vorstoß gegen Schanfi ist offenbar gegen den k a i s e rl i ch e n H o f und die seinen Rückzug deckenden regulären Truppen gerichtet. Trotz der eingeleiteten Friedensverhandlun gen nehmen also die militärischen Aktionen ihren Fortgang. * Graf Waldersee hat die T o d e s u r t e i l e, die gegen die in Paotingfu verhafteten chine sischen Beamten ausgesprochen sind, bestätigt. *Die jüngsten Nachrichten über die am chinesischenHofe vollzogenen Ernennungen und sonstigen Maßnahmen lassen es, wie allge mein zugegeben wird, als wahrscheinlich an- nehmen, daß in Singanfu der Geist des Widerstrebens gegen ein Einlenken in der Frage der Beziehungen zu den aus wärtigen Mächten abermals die Oberhand ge wonnen hat. *Ueber die Thätigkeit Li-Hung- Tschangs besagen Schanghaier Nachrichten, er habe an alle Vizekömge und Gouverneure die Frage gerichtet, ob sie willens find, sich an der Garantie der für die Schadlos haltung von den Mächten geforderten großen Summen zu beteiligen. Li-Hung-Tschang setzte seine Maßnahmen zur Unterdrückung der Boxer und zur Reorganisation der Armee in Petschili fort. *Der Anistand im Süden der Provinz Kwangtung scheint in sich zusammenge brochen, da die Aufständischen nicht genügend Waffen und Munition gehabt hätten. Auf dem Westfluß wird aber Pir ater ei getrieben. Deutschland. * Der Kaiser ist am Dienstag von seinem Jagdausfluge von Liebenberg nach dem Neuen Palais zurückgekehrt. *Der Reichstag zählte am Schluß der ersten Tagung 1898/1900 gegen Mitte Juni d. 392 Mitglieder, und zwar 51 Mitglieder der konservativen Fraktion, 22 der Freikonservativen, 9 der Antisemiten, 107 des Zentrums, 13 der freisinnigen Vereinigung, 27 der freisinnigen Volkspartei, 7 der süddeutschen Volkspartei, 49 Nationalliberale, 14 Polen, 55 Sozial demokraten, 38 Fraktionslose. Erledigt waren füm Mandate, nach dem Schluffe erloschen noch drei. * Der Kolonialrat soll sich außer mit den Etats iür die Schutzgebiete auch mit einer Verordnung beschäftigen, welche die Ausfuhr Farbiger zum Zweck der S ch aust e ll u n g Verbietei. *Uebcr die Frage eines Wohnungs gesetzes sind in den letzten Tagen mehrfache Meldungen ausgetaucht. Diese erklärt die,Nat.- Ztg/ für unzutreffend: die preußische Staats regierung beschäftige sich angelegentlich mit der Wohnungsfrage, doch seien die Arbeiten noch nicht soweit gediehen, daß der zu beschreitende Weg mit Sicherheit festgelegt werden könnte. Es sei daher auch noch fraglich, ob der Reichs tag oder preuß. Landtag sich bereits in diesem Winter mit einer entsprechenden Vorlage zu be schäftigen haben werden. *Auf die Ansrage des deutschen Handels tages bei den Handelskammern, ob die Errich tung einer Aus! unfts stelle für den Außenhandel erstrebenswert sei, haben sich 22 Handelskammern dafür erklärt, (darunter Berlin), 31 dagegen (darunter Hamburg, Leipzig, München und Chemnitz): acht nehmen eine ver mittelnde Stellung ein (darunter Köln, Düssel dorf und Altona). * Die Raiffeisen-Organisation umfaßt nach ihrem neuesten Bericht am Schluß des letzten Jahres mehr als 3300 Genossen schaften, darunter gegen 3100 Spar- und Darlehnskaffen - Vereine. Der Geldumsatz des Zentralgeldinstiluts, der Landwirtschaftlichen Zentraldarlehnskasse für Deutschland, betrug 416 Mill. Mk. * In Oldenburg soll dieZivilliste von 510 000 auf 710 000 Mark erhöht werden. * Für den w ü r tt e m b er g i s ch e nL a nd'- t a g, dessen Auflösung von der Regierung schon länger beabsichtigt war und nunmehr aus gesprochen worden ist, find die Neuwahlen auf den 5. Dezember festgesetzt worden. Frankreich. * Gelegentlich der Enthüllungsfeier des Carnot-Denkmals in Lyon »and ein in herzlichem Tone gehaltener Depeschenwechsel zwischen dem Zaren und Loubet statt. England. *Jm Dubliner Stadtrat wurde der Antrag gestellt, dem Präsidenten Krüger das Ehrenbürgerrecht der Stadt Dublin zu verleihen. Der Lordmahor erklärte den Antrag für ordnungswidrig. Es ist aber immerhin be zeichnend, daß in der Verlrening einer der eng lischen Krone unterstellten Stadt ein solcher Antrag eingebracht werden konnte. Italien. *Jnfolge kolossaler Unregel mäßigkeiten, die dieser Tage in der städtischen Verwaltung Neapels ent deckt wurden, haben der Bürgermeister und der gesamte übrige Magistrat ihren Rücktritt ange kündigt. Die Regierung wird auf speziellen Befehl des Königs eine gründliche Untersuchung anordnen. Belgien. * Fischer, das Haupt der außerordentlichen Boerengesandtschaft (gegenwärtig in Brüssel), bestätigt die Meldung über eine ernste Er krankung Krügers, der an zunehmender Erschöpfung leide. Der Zustand des Präsi denten flöße große Besorgnisse ein und werde ihn wahrscheinlich nötigen, auf alle diplo matischen Schritte zu verzichten und vor allem lange Ruhe zu suchen. Doch werde nach seiner Ankunft in Marseille eine große Beratung von hervorragenden Boeren ab gehalten werden. Spanien. * Gegen die Karlisten geht die spanische Regierung mit großer Entschiedenheit vor. Be reits sind mehrere hervorragende Karlisten des Landes verwiesen worden, unter ihnen der Pfarrer von Saint-Laurent, der mit dem Einsammeln von Geldsummen für die Karlisten beauftragt war. Alle karlistischen Blätter müssen ihr Erscheinen einstellen. Alle larlistischen Ver eine und auch mehrere katholische Vereine find geschlossen worden. Balkanstaaten. * Ernste Differenzen zwischen dem serbischen Königspaar sollen aus gebrochen sein. Privatnachrichten aus Belgrad zufolge gilt die Situation als kritisch. Die Königin Draga liegt schon mehrere Tage krank. König Alexander hat im letzten Ministcrrat angedeutet, daß er seine Aussöhnung mit seinem Vater als im Interesse des Landes gelegen halte. Das Ministerium sträubt sich dagegen, wird aber nachgeben müssen, wenn nicht die zwischen dem Königspaar bestehenden Differenzen bald beigelegt werden. Amerika. *Die Wiederwahl Mac Kinleys ist gesichert, obwohl in der Stadt New Jork Bryan eine große Mehrheit erhielt. *Jm lebten Moment hat die republi kanische Partei noch einen netten Wahl- schwindel ausgesührt. Wie nämlich ihre Blätter aus Manila berichten, hätte der Führer der Reformpartei der Filipinos, Buencamino, auf telegraphischem Wege eine von Aguinaldo und dessen vornehmsten Anhängern unterzeichnete Erklärung nach Amerika abgehen lassen, nach der die Unter zeichner sich mit der Souveränetät der Ver. Staaten einverstanden erklären, die Negierung bitten, dem Krieg ein Ende zu machen, den Schutz der Negienmg nachzusuchen und sich zur Organisierung einer eventuellen Gegenrevolution bereit erklären. Wenn die Wahlen vorüber sind, wird die Nachricht natür lich widerrufen werden müssen! * Präsident Roca von Argentinien hat sich mit Chile, Brasilien, Paraguay und Uruguay verbunden, um die zwischen Chile, Peru und Boli via schwebenden Fragen zu er ledigen ohne Krieg oder Erniedrigung einer der beteiligten Parteien. Afrika. * Der Verlust der britischen Armee in Südafrika im Monat Oktober be läuft sich auf 126 Offiziere und 3475 Mann. In Gefechten fielen 283; 367 starben in den Lazaretten, 32 verunglückten, 91 wurden ge fangen genommen, der Rest muß als invalid nach England zurückgeschickt werden. Die Ein schiffung aller zur Abreise nach England bestimmten Truppen, mit Ausnahme der völlig unbrauchbar gewordenen Leibgarde-Kavallerie, wurde wieder abbestellt. Es wird nun mehr auch amtlich zugegeben, daß die B o er en Munition und Lebensmittel in Masse besitzen und daß sich ihre Reihen wieder anzusüllen beginnen. Man befürchtet ein neuesAuf flammen der Rebellion in der Kapkolonie. Mehrere der englischen kolo nialen Regimenter meuterten und mußten entlassen werden. * Die Abreise LordRoberts' ist um vier Wochen verschoben worden. Nach ihm soll Lord Kitchener den Oberbefehl übernehmen. Ron Uah und Fern. Am Fuhr des tausendjährigen Rosen stocks in Hildesheim hat der Bischof von Hilhesheim dem Kaiserpaar als Andenken an den Dombesuch ein Kreuz überreicht, das aus dem Holz des tausendjährigen Rosenstocks ge schnitzt und in eine silberne Umhüllung gefaßt war; der Kreuzungspunkt ist bedeckt von einem silbernen Reliefüildchen (Maria mit Jesuskind), das umgeben ist von silbernen Rosenblüten, Rosenzweigen und edlen Steinen; den Fuß des Rosenkreuzes ziert eine Inschrift und das bischöf liche Wappen in Email. Ei» Pestfall in Bremen. Trotz der sorgsamsten Aufmerksamkeit der Medizinal- Behörden ist nun auch in Deutschland, und zwar in Bremen, ein Pestfall aufgetreten. Auf dem dort am 27. v. aus Argentinien ein- getroffenen Dampfer „Marienburg" erkrankten der Seemann Kunze, der sofort in einem Privathause isoliert wurde. Kunze erlag am Montag der fürchterlichen Krankheit- Seitens der Behörden ist alles geschehen, um die Aus breitung der Seuche zu hindern. Eine internationale wissenschaftliche Ballonfahrt findet am 8. November zur Er forschung der höheren Luftschichten statt. Es werden bemannte und unbemannte Ballons an folgenden Orten aufgelassen: Troppes, Paris, Straßburg, München, Wien, Bath bei Bristol, Berlin und Petersburg. Der Finder eines jeden unbemannten Ballons erhält 20 Mark Belohnung, wenn er diesen, sowie den an ihm hängenden Korb mit dem Instrument sorgfältig birgt, das letztere unberührt läßt, und sofort telegraphische Nachricht an die jedem unbemann ten Ballon beiliegende Adresse schickt. Ebenso erwünscht ist es, wenn die Sichtbarkeit des Ballons unter Angabe der Zeit und der Himmelsrichtung den benachbarten Anstalten mitgeteilt wird. Spanischer Schwindel. Die Regierungs-. Präsidenten der Provinz Sachsen machen aber mals auf ein spanisches Unternehmen aufmerk sam, das sich dazu einen deutschen Namen ge wählt hat, und zwar den der „Allgemeinen Staaispapier-Gesellschaft in Sevilla". Soweit der deutsche Konsul in Madrid iestgestellt hat, besaßt sich dies neue Unternehmen damit, minder wertige Prämienlose zu außerordentlich hohen Preisen gegen Teilzahlungen zu veräußern, und zwar mit der Maßgabe, daß die Käufer aller Rechte auf die Lose und auf die bereits ge leisteten Zahlungen verlustig gehen, wenn einer der zu zahlenden monatlichen Teilbeträge nicht vor Maus des Fälligkeitsmonats entrichtet ist. Soweit bis jetzt zu ermitteln war, steht die neue „Gesellschaft" u. a. auch mit der „Hollandschen Kreditbank" in Amsterdam in Verbindung, von der in der Presse schon so oft die Rede war. In der württembergischcn Abgeord netenkammer gab am Freitag eine Petition, über die der Abg. Spieß Bericht erstattete, Anlaß zu fortgesetzter Heiterkeit. Ein gewisser Veigel hatte nämlich an den Landtag die Bitte gerichtet um Verdreifachung der Hundesteuer. Er begründete diesen Wunsch mit den Belästi gungen, denen man von „diesen Bestien" aus gesetzt ist, und sagte: ?Jch bin zwar ein Demo krat, und zwar noch em viel kolossalerer Demo krat als alle Haußmänner zusammengenommen, aber sogar ein Demokrat hat Nerven, und wenn der Landtag meinem Wunsch nicht nach kommt, werde ich Sozialdemokrat, dann können Sie was erleben." Obwohl der Bittsteller den Vorschlag machte, 'aus den Erträgen der ver dreifachten Hundesteuer solle man billige Ar beiterwohnungen bauen, ging die Kammer doch über seine Eingabe zur Tagesordnung über. Von einem schönen Zug des Kapitän Lans wird aus Zschopau berichtet: Der dortige 13 jährige Schulknabe Walter Dittrich, welcher seit Jahresfrist an Rheumatismus schwerkrank daniederliegt und dessen einzige Freude in seiner langen Krankheit seine Briefmarkensammlung ist, hatte aus eigenem Antriebe an Kapitän Sans geschrieben und denselben um einige Marken für seine Sammlung gebeten. Dieser Tage lief nun folgender Brief von Kapitän Lans ein: „Lieber Walter! Du armer Kerl liegst schon ein Jahr krank und ich schon drei Monate. Meine Heilung ist auch noch garnicht abzusehen, da ich noch einmal operiert werden muß. Meine Knochen sind nämlich nicht aneinandergeheilt, und jetzt sollen fie aneinandergepaßt und mit Silberdraht zusammengenäht werden. So find wir denn beide Leidensgefährten. Aber Kopf oben! Es wird schon besser werden. Diebei folgenden Briefmarken werden Dir etwas Freude machen. Es ist alles, was ich hier austreiben konnte. Gute Besserung und einen freundlichen Gruß. W. Lans. Korvettenkapitän und Kom mandant S. Bl. S. .Iltis"." KeimaLtos. 1) Roman von C. v. Zell. *) Im ^liffang dieses Jahrhunderts, als kaum die KiiegSstürme im Norden Deutschlands aus- getobt hallen, erblickte Tobias Dvortschack im nordöstlichsten Teile des Königreiches Preußen — im Landstrich Litauen — das Licht der Welt. Die Eltern des Knaben wußten sehr bald kaum noch genau anzugeben, wo dieses Er eignis sich zugetragen halte, denn während der Wanderschaft, unter Gottes freiem Himmel, wurde Tobbi geboren und auf der Wanderschaft wurde er großgezogen. Daß aber ihr Kind an dem und dem Tage durch den ehrwürdigen Geistlichen von Skais girren in den Bund der Christenheit ausge nommen worden, das wußten Janosch und Sassa Dvonscheck nicht nur, das konnten fie auch beweisen! In trautester Gemeinschaft mit dem erforder lichen Hausier- und Gewerbeschein trug Vater Janosch den Taufschein seines Tobbi in einer- alten Lederlasche stets mit sich herum, und ob schon er weder lesen noch schreiben gelernt hatte, wußte er doch die Papiere sehr genau von ein ander zu unterscheiden. Der Hausierschein war längst brüchig ge worden und spielte schon stark ins Gelbliche und Graufleckige hinüber, als Tobbis Taufschein noch in tadelloser Sauberkeit und Frische prangte. *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. Janosch Dvortschack war Kesselflicker, Topf binder und Mäusefallenhändler. Er, wie auch Sassa Baranka waren ans Slavonien gebürtig und fie konnten und wollten diese Abstammung nicht verleugnen. Sassa ging ihrem Manne bei der Arbeit geschickt und fleißig zur Hand und beide er freuten sich aller Orten, wo sie je verkehrt hatten, eines durchaus guten Leumundes. Niemals war sie mit den Behörden oder mit Privatpersonen in Konflikt geraten. Meistens nur einige Tage, höchstens einige Wochen weilten sie an derselben Stelle. Gewöhnlich nicht län ger, als die Bewohner der Ortschaft, vor der sie gerade Halt gemacht, ihrer Dienste be durften. Waren aber die schadhaften Kessel kunstge recht ansgebessert, die geborstenen Kochtöpfe mit den engeren oder weiteren Maschen eines Draht netzes umzogen worden, war der Lohn für die Arbeit einkassiert, dann zogen Janosch und Sassa in den meisten Fällen sofort der nächsten Ort schaft zu, um dort in gleicher Weise segen bringend für ländliche Haushaltungen zu wirken. Dem alten.Kunter (ein kleines Bauernpferd), einem Schecken, wurde dann das vielfach ge flickte und zusammengeknotete Geschirr über die hautbedeckten Knochen gehängt und fort ging es, gleichviel ob es regnete oder schneite, ob die Sommersonne ihre sengenden Strahlen ent sendete, oder ob der Sturmwind über die Erde dahinraste. Die kleine Feldschmiede auf ihren vier niedrigen Rädern ward hinten au den Wagenkasten angebunden, während der Fahrt beständig hin und her schlenkernd. Sie „spurte" nicht und die Wagengeleise in dem schweren Lehm der Straßen waren oft so tief ausge fahren und holperig, daß sie Berge und Klüfte bildeten, oder sie waren auch zu Zeiten so weich nnd von so bodenloser Tiefe, daß die Räder bis an die Nabe einsanken. Es war ein rastloses, wechselvolles und doch unsäglich eintöniges Dasein. Weder Janosch noch Sassa gaben sich viel mit der Lenkung ihres mageren Kleppers ab. Waren fie einmal auf der Fahrt, dann über ließen sie sich mit Vorliebe einem gedankenlosen Dahiuträumen; von dem Rütteln und Schütteln ihres Wagens darin durchaus nicht gestört. Un ermüdlich fleißig bei der Arbeit, konnten sie in der Zwischenzeit auch ebenso unermüdlich träge sein. Ihr Haus war der alte Rumpelkasten, ihre Heimat die weite Welt! Litauen, Böhmen viel leicht! . . . Was wußte Tobbi davon?! Er sagte sich nur, daß das eine so groß, so riesengroß sein müsse, während das andere, der Wagenkasten, so winzig klein und eng war. Ach Gott, wäre es doch umgekehrt: möchte die Welt noch so klein und eng sein, wenn seine Eltern nur irgendwo in ihr ein Haus, ein Häuschen, ach, eine Hütte nur, ihr eigen nennen dürften! Aber so heimatlos umherziehen; Tobbi schauderte, als diese Vorstellung sich ihm zum ersten Male aufdrängte. Er fühlte etwas wie Neid und Bitterkeit in seinem Herzen auf wallen. Seltsam! Während Janosch und Sassa niemals daran zu denken schienen, sich irgend wo einen festen Wohnsitz zu gründen, richtete sich Tobbis ganze Sehnsucht in frühester Jugend schon aus dies Ziel. Er wagte es einmal, davon zu reden. Aber Vater und Mutter lachten ihn aus. „Ja, ja," hieß es, „das, was man nicht besitzt, scheint allemal das begehrenswerteste. Glaube nur, Tobbi, es gibt unzählige Menschen, große und kleine, die uns beneiden! Un abhängiger, sreier, sorgloser als wir lebt kein König und kein Kaiser auf der Welt. Arbeiten muß ein jeder; nach ihrer Weise also auch Könige und Kaiser. Das Festhocken auf einem Fleck verspürt man sich auf die alten Tage. Die Plackereien der Ansässigen kennen wir zur Genüge. Wir mögen sic uns nicht unnötig früh auf den Hals laden." Also doch!" dachte Tobbi. Aber wann, wann? Er fragte es sich oft und ärgerte sich, daß er es that. Warum konnte er denn nicht auch, gleich Vater und Mutter, Behagen empfinden bei dem Leben, das sie führten? Warum kam ihm denn immer wieder eine Sehnsucht, die weder Janosch noch Sassa je gekannt zu haben schienen? Frühzeitig verriet Tobbi einen Hang zum Beobachten, zum Vergleichen. Wenn er die Kinder in den Dörfern und Städten miteinander spielen, auch wohl mit einander raufen sah, dann packte ihn ottmal» ein heißes Verlangen, sich unter fie zu milchen und gemeinsame Sache mit ihnen zu machen, trotz aller bösen Erfahrungen, die ihm dabei ! bereits geworden.