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Kiffer, die ein Fremder im Hotel abgegeben und nicht wieder geholt halte. Eine Panik ist infolgedessen in Cannes ausgebrochen; sämtliche Waffenhändler haben ausverkauft, jeder Villen- besiHer läßt elektrische Klingeln anbringen und die Parterrefrnster vergittern. Der angebliche Schneider war elegant gekleidet, einen falschen Bart und eine Perrücke hatte er im Gebüsch ver loren; er versichert, nichts aussagen zu wollen «ad sich bei nächster Gelegenheit zu töten. Ein geheimnisvoller Mord ist am 7 d. in Kopenhagen begangen worden. Ein älterer, reicher Mann wurde in seiner Wohnung tot auf- gesunden, mit zwei großen Wunden am Kopfe. Sieben ihm lag sein leerer Geldbeutel, dagegen war in der Wohnung nichts geraubt, und der Ermordete hatte auch seine goldene Uhr noch bei sich. Bares Geld fand man in der Wohnung nicht, wohl aber Wertpapiere und verschiedene Kostbarkeiten. Man hat im Zimmer eine Blut- Air und e,n Gefäß mit von Blut gefärbtem Wasser gefunden. Vom Mörder fehlt jede Spur. Der bekannte amerikanische Petroleum- könig John Rockefeller, der Stifter der Universi tät Chicago, hat dieser abermals eine Million Dollar geschenkt, so daß durch seine Generosität diesem Institut die Summe von 3 600 000 Dollar zugeflossen ist. Die neue Schenkung ge- -Ab '"folge einer Bitte der Direktoren der Universität zur Ausführung der im größten Sme gehaltenen weiteren Pläne. In Verbin dung mit der Universität wird der Bau einer Seemannsschule geplant. Die Gesamtsumme der der Universität bisher zugewendeten Schenkungen und Legate beträgt 7000 000 Dollar. Die vor riuem Jahr eröffnete Anstalt zählt zur Zeit 119 Professoren und Lehrer und 600 Studenten. Bon Nockfeller wird berichtet, er habe während der letzten drei Jahre an amerikanische sowie fremde Korporationen und Vereine zu erzieheri schen und wohlthätigcn Zwecken über 5 000 000 Dollar verteile. So reich wie die jugendliche Universität Chicago ist weder eine ihrer älteren Schwestern noch eine der ältesten Universitäten Europas. Gerichtshalle. Berlin. Eine Angelegenheit, die recht deut lich zeigt, mit welchen Lappalien mitunter die kostbare Zeit der Gerichtshöfe vertrödelt werden muß, beschäftigte am Mittwoch die 5. Straf- kammer des Berliner Landgerichts I ju der Be- rnsungsinstanz. Auf dem freien Felde in der Nähe des Zentralviehhofes vergnügte sich eines Sonntags ein Brann ans dem Volke damit, einen „Drachen" steigen zu lassen. Er hatte sich selbst ein derartiges Windspielzeug kunstgerecht hergcstellt, das Antlitz des Drachens mit buntem Klittcrkram beklebt und freute sich über das schnelle Emporkommen des Seglers der Lüfte. Seine Sonntagsfreude wurde aber arg gestört denn als er die an dem Erdboden befestigte Winde euren Augenblick außer acht gelassen hatte, machte sich ein böser Bube das Vergnügen, die Strippe" zu durchschnerden und den Drachen zum Fallen zu bringen. Der empörte Besitzer desselben wickelte schleunigst die Strippe auf und machte sich an die Verfolgung des enteilenden Miffethäters. Den Drachen selbst überließ er der Obhut dreier Knaben, die er bat das Spiel zeug aufzubewahren bis er zuruckkehren würde. Die Jungen hatten bei Abgabe des Ver sprechens gewiß nicht die Idee gehabt, daß sie event. bis zum jüngsten Tage warten wollten und als eine Stunde vergangen war, ohne daß der glückliche Besitzer deS Drachens wieder zum Vorschein kam, da sahen sich die drei Zungen mit Blicken an, als wollten sie sagen: „Hier stehn wir nu mit dasiTalent und könnens »ich verwerten." Der eine der drei Drachenhuter fand aber doch einen Weg der Verwertung: er wachte den Vorschlag, das Untier zu erlegen und sich m die Beule zu teilen, und so kam es, daß nach kurzer Zeit des Drachens blendende Gestalt grausam vernichtet war. Der eine der treulosen Hüter trug das glänzende Fell als Siegesbeute nach Hause, der andere hatte das Rückgrat er halten, der dritte begnügte sich mit dem krumm gebogenen Rohrstock, der die „Backen zu stände brachte. Aus dieser kleinen Sonntagsszene ent ¬ wickelte sich gegen die drei Jungen eine hochnot peinliche Anklage wegen Diebstahls bezw. Unter schlagung, bei deren Erledigung der ganze ge richtliche Apparat mit Staatsanwalt und Ver teidiger in zwei Instanzen in Bewegung gesetzt wurde. Das Schöffengericht hielt nämlich die drei selbstsüchtigen 'Drachenwächter für schuldig und belegte sie mit Rücksicht auf ihre bisherige Unbescholtenheit mit einem Verweise. Der eine der Jungen hatte aber nicht Lust, mit diesem „Fleck auf der Ehr" zeitlebens herum zu wan dern; er legte deshalb Berufung ein und so hatte sich denn auch noch die 5. Strafkammer mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen. Der Gerichts hof schloß sich der Ansicht des Verteidigers dahin an, daß den drei Jungen zweifellos jede Ahnung von der Strafbarkeit ihres Kampfes mit dem Drachen gefehlt habe. Das erste Urteil wurde daher auf gehoben und der Angeklagte freigesprochen. Aus dem Schmarrwalde. Durch die stets zunehmenden Verkehrswege droht den Sitten des Schwarzwaldes der lang same Untergang. An Stelle der schönen und malerischen Tracht treten städtische Kleider. Herrn Pfarrer Dr. Hansjakob und dem Schwarzwald maler Herrn Hasemann in Gutach gebührt das Verdienst, die Veranlasser zur Gründung eines Vereins zu sein, der sich die Aufgabe stellt, mit allen Kräften und Mitteln, die ihm einst zur Verfügung stehen werden, dahin zu wirken, daß die Volkstrachten, die heimatlichen Sitten und Gebräuche der Bevölkerung erhalten bleiben. Am Schluffe des Jahres wurde nun in Verfolgung dieses Zweckes eine Versammlung nach Hansach cinberufen. Geleitet wurde dieselbe von Herrn Obcramtmann Lang in Wolfach, welcher der Ver sammlung einen Statutenentwurf zur Beratung unterbreitete. Anwesend waren Beamte, Geist liche, Bürgermeister der umliegenden Ortschaften, Lehrer und andere angesehene ^Persönlichkeiten, die reges Interesse bekundeten. Einstimmig wurde die Gründung eines Vereins unter dem Namen: „Verein zur Erhaltung der Volkstrachten im Gutach-Kinziggau" konstituiert. Als Zweck und Ziel wurde ins Auge gefaßt: „Erhaltung der Volkstrachten, Pflege der Liebe zur Heimat, Pflege der heimischen Gebräuche und Sitten." Sämt liche Teilnehmer an der Versammlung erklärten sich sogleich bereit, dem Vereine beizutreten. Unter den Anwesenden befand sich auch Herr Hofrat Prof. Dr. Behaghel, der Präsident und Förderer des Schwarzwald-Vercins. Es ist der innigste Wunsch, daß der Verein auch in andern Teilen des Landes Anklang finden und von allen Seiten sich einer wohlwollenden Unter stützung erfreuen möge; denn wahrlich, es ist ein edles Ziel, um das gekämpft wird, ist es wert, daß — soweit die deutsche Zunge klingt — für den Verein von allen Seiten werktbätige Hände sich regen. Gilt es doch, die althergebrachten Lebensgewohnhciten in Brauch und Sitte und damit die Poesie des Schwarzwaldes zu erhalten und wieder neu zu beleben. Cornelius Herz. In einem französischen Provinzialblatt, dem ,Patriote des Ardennes', veröffentlicht ein Herr Marius Tallon, der den Helden der Panama- Affäre, Dr. Cornelius Herz, seit langen Jahren gekannt hat, folgende Mitteilungen über dessen Lebenslauf. Cornelius Herz ist kein Deutscher, er ist vielmehr 1845 in San Francisco geboren. Sein Vater, ein geborener Bayer, war in Grenoble ein kleiner Buchhändler oder Buchbinder gewesen, batte sich dort mit einer Französin, Adelaide Friedmann, verheiratet und war dann nach Amerika ausgewandert. Cornelius' Eltern wurden tu San Francisco, wo sie eine Papierhandlung errichteten, vermögende Leute und ließen ihrem Sohne eine glänzende Erziehung geben. Nach Bc- endigung semxr Gymnasial- und Universitäts- Studien in Amerika ging Cornelius als appro- nach Heidelberg, um sich dort zu vervollkommnen. In Heidelberg arbeitete er steltzig und amüsierte sich viel. Er hatte es gut; venu von den Seinen erhielt er monatlich 1000 seine medizinischen Studien zu vernachlässigen, beschäftigte er sich eifrig mit den Künsten, namentlich mit Musik; er war ein vor trefflicher Pianist. Im Jahre 1868 gerieten seine Eltern in Vermögensverfall und verarmten, und der aufs Trockene gesetzte Heidelberger Student wendete sich nach Paris. Die vielen Kunst gegenstünde, mit denen er seine Heidelberger Studentenbude geschmückt hatte, Gemälde, Bronzen u. s. w., sein geliebtes Piano, alles verkaufte er und bezahlte seine Gläubiger. Dann wanderte er zu Fuß nach Paris, ohne Gepäck, oh ie Geld, hier und da die Mildthätigkeit in Anspruch nehmend, in einem unbeschreiblichen Elend. In Paris angekommen, infolge der Entbehrungen ge brochen, hatte er den Unfall, in der Rivoli- Apotheke vorzusprea,en und um Beschäftigung zu bitten; er hoffte sich durch seine Kenntnis der französischen und englischen Sprache und durch seine medizinischen Erfahrungen nützlich zu machen; man möge ihn beliebig beschäftigen und ihn be zahlen, wie man wolle. Mein Prinzipal, Herr Allonge, fühlte mit dem armen Kerl Mitleid, und da er einen riesigen Neufundländer besap, mit dem er selbst sich nicht viel beschäftigen konnte, so mietete er den ehemaligen Heidelberger Studenten als Hundewärter. Ich sehe Cornelius Herz noch, wie er den Hund in der Seine wusch, ihm sein Futter bereitete und ihn spazieren führte. Der Hund war glücklich, und fern Herr nicht minder, letzterer war aber auch dankbar für das Frankstück, das er außer seiner Beköstigung täglich bekam. Als einige Tage später mein Prinzipal bei seiner Familie auf dem Lache weilte, erzählte mir Herz in einem Französisch, von dem Wände hätten einstürzen können, seine Lebensschicksale. „Weißt du," schloß er, „ich will natürlich nicht mein ganzes Leben Hundehüter sein, ich will in Paris meine Studien vollenden und meinen Doktor machen. Wenn du einige medizinische Bücher hast, leihe sie mir. Hast du vielleicht auch naturwissenschaftliche Werke? Die Elektri zität interessiert mich besonders, die Elektrizität ist das große L des 19. Jahrhunderts." Ich lieh meinem neuen Freunde die wenigen Bücher, die ich besaß, und versprach ihm mehr zu be sorgen. Dann bat Herz mich, ob er sich nicht einen Augenblick vor das Piano im Salon setzen dürfe. Ich hatte nichts dagegen, und er spielte aus dem Kopfe Stücke von Haydn, Beethoven, Mendelssohn, Schubert und Mozart; er entlockte dem Piano Töne, wie ich sie noch nicht gehört hatte. Als ich am andern Tage meinem Prinzipal erzählte, was ich vernommen hatte, wollte dieser den Hu dewärter musizieren hören: aber dieser weigerte sich, in seiner abgerissenen Kleidung zu erscheinen; so kleideten wir ihn denn, und sein Spiel entzückte jedermann. Zwischen den einzelnen Stücken, die er vortrug, w"rde geplaudert, und dabei ließ er geschickt seine geistige Bedeutung erkennen. Er war ein kluger Kerl. Der frühere General-Inspektor des Sanitätswesens der Armee, Dr. Guyou, nahm sich seiner an, und schon vom folgenden Tage ab gestattete Herr Allorge, daß Herz einige Stunden täglich für seine Prüfung zum Assistenz arzt sich vorbereiten durfte. Bald fand Cornelius Herz mit unserer Hilfe anderweitige Beschäftigung. Nicht lange darauf ward er Assistenzart in Cha- renton und verheiratete sich. Seine erste Ehe war eine Thorheit. Seine junge Frau war zwar völlig ehrbar; aber sie war eine ungebildete Feinwäscherin, arm, und in sozialer Beziehung tief unter dem Mann stehend, der sie heiratete. Sie war streng katholische Bretonin, er Jude. Die Vermählung fand auf der amerikanischen Gesandtschaft statt. Ich war der Zeuge des Ehemannes, und ich kann nur lächelnd daran zurückdenken, wie diese Ehe zwischen einer Katholikin und einem Juden vor einem pro testantischen Gesandten in Gegenwart von reli gionslosen Zeugen geschlossen wurde. Der Honig monat war von kurzer Dauer. Die zweitausend und einige Hundert Frank, die ihm Rosalie mit brachte, schwanden dahin wie eine leichte Schnee decke vor der Frühliogssonne. Herz kaufte sich moderne Kleider und für 800 Frank verschiedene ärztliche Instrumente. Dann begann das Elend. Nach einiger Zeit begegnete ich mit zwei Kame raden am Pont-Neuf unserm Corneliu? Herz; er war in einer unbeschreiblichen Verfassung. Seine Rosalie hatte er nach London geschickt, wo sie Haushälterin oder Bonne werden sollte! Er hatte Hunger. Wir gingen mit ihm in eine Weinkneive und ließen ihn frühstücken. Er . . . fraß. Dann gaben wir ihm jeder einige Sous u o sähe» ihn nicht wieder. Die Ereignisse dell Kriegsjahres hatten uns getrennt und niemand dachte an Cornelius Herz, als eines Tages die Pariser Zeitungen meldeten, daß Cornelius Herz zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden sei als Belohnung für die thatsächlichen Dienste, die er sich erworben hatte, indem er ganz allein ein Feldlazarett einrichtete. Das war 1871. Sieben Jahre später erfuhren wir abermals durch die Blätter, daß Herz wegen seiner Verdienste als Veranstalter einer Elektrizitäts-Ausstellung zum Offizier der Ehren-Legion ernannt sei. Bekannt lich hat er es in seiner rapiden Karriere bald auch zum Großoffizier der Ehren-Legion gebracht. Seither habe ich Herz vier- oder fünfmal in Paris wiedergesehen. Welche Veränderung war mit ihm vorgegangen! Das war nicht mehr mein Hundewärter, nicht mehr der Gatte der Feinwäscherin Rosalie, nicht mehr mein Gast aus der Weinkneipe! Mein früherer Kamerad war ein großer Mann geworden. Politiker, Finanz männer, Gelehrte und Industrielle folgten ihm wie einem Spender reicher Gaben. Er erzählte mir, daß er, nachdem Rosalie 1871 gestorben, sich wieder verheiratet, daß er eine zahlreiche Familie habe, daß er stets viel gearbeitet habe und noch sehr viel arbeite, daß er eine große Stellung in der Gesellschaft sich errungen. Das ist der Mann, der ganz Frankreich jahrelang „an der Strippe" hatte! Kuntes Altertet. Als Kuriosum teilt man aus Gössenheim mit, daß im abgelaafenen Jahre unter 29 daselbst vorgekommenen Geburten nicht weniger als 28 niäinliche Sprößli ge waren. Als Gegen stück ist hinwieder aus Eussenheim zu vermelden, daß in dieser Gemeinde von 39 vorgekommencn Geburten nicht ein einziger Knabe zu verzeichnen ist. Die beiden Gemei den können später ein mal hinsichtlich der Verheiratung einander auS- helfcn! Eine amerikanische „Gesellschafts dame." Eine in Peoria erscheinende Zeitung schreibt: Vor ungefähr einem Jahre arrangiert« in Peoria mit den Prominenten, die jede Ge legenheit benützen, die ihnen zum Glänzen ge boten wird, eine Frau Katharine Howe einen sogenannten Völker-Karneval, dem sie den Namen „Kirmeß" beilegte. Katharine imponierte durch eine edle Dreistigkeit namentlich den Blau strümpfen, die ein Ideal in ihr erblickten. Ob gleich sie mager war wie ein Windhund und häßlich wie eine Vogelscheuche, machte sie mit ihrer Maulfertigkeit doch Furore. Daß sie ge rade kein sauberes Pflänzchen ist, zeigte sich, nachdem sie ihren faulen Zauber ausgespielt hatte. Pümpe, die sie angelegt, wurden einfach nicht bezahlt, und Männer, die ihr Rechnungen präsentierten, wurden von der schneidigen Katharine mit Flüchen traktiert, die einem Schweinetreiber alle Ehre gemacht haben würden. Es stellte sich auch heraus, daß sie Branntwein trinken konnte wie ein Matrose. Katharine ist kürzlich im Staate New Jork wegen verschiedener Krummheiten verhaftet worden, und bei der Untersuchung hat es sich heransgestellt, daß sie ein Mann in Frauenkleidern ist und eigentlich Hennes heißt. Im Augenblick. „Bist du fertig, liebe Marie?" — „Im Augenblick, Männchen, nur die Handschuhe." — Er (für sich): „Jeder zwölf Knöpfe, jeder Knopf drei Minuten, na, da habe ich noch fünfviertel Stunden zu einer Tarok- partie frei!" (Verschwindet.) Jammer. „Denken Sie sich, Herr Doktor, mein Mann liegt, nachdem wir von der Silvester feier nach Hause gekommen sind, ganz regungs los da. . . er spricht nicht ... er stöhnt nur . . . er hat einen glühend heißen Kopf . . . es ist ein entsetzlicher Jammer!" — „Ja, dafür halte ich es auch!" Aus der Jnstruktionsstunde. Wacht- meijter: „Wißt ihr überhaupt, was ein Pferd ist? Ein Pferd ist ein vierfüßiges Geschöpf, dem jeder von euch Schafsköpfen auf den Knieen danken soll, daß es ihn auf seinem Rücken duldet." dichter Shawl geworfen, und ihr ein- sacyes Baumwollenkleiv war gerade kurz genug, " feinen, zierlichen Fuß zu zeigen, klein um rn Aschenbrödels verzauberten Pan toffel zu schlupfen. Ihr Kopf war unbedeckt, sie breitrandigen Strohhut an den Bändern über ihren linken Arm gehängt, ihre Wangen waren leicht gerötet, während ihre Augen gleich Sternen unter den langen Wimpern hervorlcuch- teten. Reginald sah sie mit einem Blicke bewun dernder -ocrehrung an. Für ihn war sie ein lebendes Bild -- ein wandelndes Gesicht. In diesem Augenblick durch den gedämpften Hufschlag des Pony auf dem moosigen Wege aufmerksam geworden, wendete sie den Kopf um und lächelte. Regi ald sprang vom Pferde und den Zügel über den Arm werfend, kam er an ihre Seite. „Darf ich Sie begleiten, Miß Chaloner?" Ja, wenn Sie an einem so heißen Tage das Gehen dem Reiten vorziehen," versetzte Ida. Das eben nicht, aber es — "Ach," entgegnete Ida trocken „ich schon, Sie beabsichtigen, mir eine Schmeichelei ^eine Schmeichelei, die einfache Wahrheit. Die "Wahrheit mag vielleicht zuweilen wie eine Schmeichelei klingen, Miß Chaloner. , Nennen Sie mich doch nicht Miß Chaloner. Seine Augen glänzten bei dieser, wie er an nahm, offenbaren Annäherung zu einer größeren Vertraulichkeit. „Sie finden es zu formell?" fragte er. „Mir ist es gleich, eines ist so gut wie das andere," antwortete sie, „aber Herr Gresham gclcgß erzählte^^hr^e^in^ ihres Bruches. Sie hatte den neuen Zögling so vollständig vergessen als ob er nie vorhanden gewesen wäre, Er aber hatte six nicht vergessen. Während der ganzen Dauer der Reitstunde stand das entzückende Bild, das sich seinem Auge in Greshams Studierstube geboten, vor seiner Seele. Das Mädchen, dessen Augen ihn an alte spanische Bildnisse erinnerten, welche er in seiner Kindheit gesehen, dessen Haar so schwarz, daß es im Sonnenschein bläulich schimmerte, daS Mäd chen, dessen Bewegungen und Stellungen so un gezwungen und doch von so malerischer Anmut waren, dessen Stimme einen so süßen tiefen Klang hatte, wollte ihm nicht aus dem Sinn. Mochte auch Gresham Reginald einen Knaben nennen, so hatte ec das tropische Klima ver sessen, in welchem jener geboren und aufge- war, ein Klima, unter dem Leib und ^5"° nch eben so rasch entwickeln, wie die dem glasbedeckten Treivhause, welche betrieben ^Ken Blüte und Frucht entgegen- keinem neun!^ Reginald Delaware hatte in hinter sich aela»'^ ^ahre den Knaben längst L Mil? KL E darin lag des -hrwürdi- Reginald befand sich noch immer unter diesen nne, als er mehrere Tage später, er m dem etwa eine Meile von der Rektorei entfernten Walde einen Spazierritt machte, Iva Chaloner einholte, die sich 5^,1 nur wenig um ihn kümmerte Sie gwg mit langsamen und elastischen Schritten den Pfad entlang; über ihre Schultern liebt es nicht. Jedermann nennt mich einfach Ida." „Jedermann!" Reginald Delamare biß sich auf die Lippen bei dem Gedanken, daß er auf dieselbe Stufe gestellt werden sollte, wie jeder mann. „Herr Gresham ist Ihr Onkel, nicht wahr?" „Nein," sagte Ida, „er ist mir nicht ver wandt. Ich habe überhaupt keine Verwandte." „Ich auch nicht." „Nicht?" fragte Ida, ihn mit einiger Teil nahme ansehend. „Wie kommt^das?" „Ich weiß nicht. Vermutlich sind sie alle gestorben." „sind ich glaube, die meinigen haben nie existiert," lachte Ida. „Es ist eigentlich traurig, finden Sie nicht auch?" „Nun — nein, ich sehe das nicht ein," sagte Reginald nachdenklich. „Mir macht eS keinen Kummer." „Ja, weil Sie reich find." „Und Sie?" „O," sagte Ida freimütig, „ich bin so arm, wie — Hiobs Katze, wenn Sie einen richtigen Begriff davon haben, wie arm das ist. Ich habe auch gar nichts. Wenn ich den Schuhband oder eine Stange Kandis-Zucker haben möchte, muß ich Frau Gresham bitten, mir zwei Cents zu geben. Es muß hübsch sein, wenn man reich ist." „Aber," erlaubte sich Reginald zu sagen, »das lautet sehr sonderbar; würden Sie es un bescheiden finden, wenn ich Sie bäte, mir Ihre Geschichte zu erzählen?" . «Die ist kein Geheimnis," sagte Ida bitter; »ledermann in Deepdale weiß, wie freundlos und verlassen ich bin, ich hänge ganz von der Güte derer ab, an die ich auch keinen Schatten von Ansprüche zu machen habe." > Und dann an einen moosbedeckten Felsen ge- k lehnt, während die vereinzelten Strahlen der ' scheidenden Sonne über ihr Gesicht huschten, er zählte sie ihm die seltsame romantische Geschichte ihres Lebens. 1 „Ich empfand es niemals, so lange ich ein Kind war," sagte sie traurig. „In der That, ich hatte kaum daran gedacht, bis in diesem Früh jahr, wo Frau Gresham, als die anderen alle ausgegangen waren, eines Tages mit mir da- über sprach und mir sagte, daß es für mich Zeit werde, ernstlich an meine Zukunft zu denken. Zukunft! Ich mag nicht daran denken. O, ich wollte, ich hätte immer ein Kind bleiben können," rief sie, während ihre Augen sich mit Thränen füllten. „Kommen Sie, wir wollen weiter gehen," sagte sie, ihren Strohhut aufhebcnd, der zur Erde gefallen war. „Ich mag nicht mehr darüber reden." „Das begreife ich wohl," erwiderte Negi ald, die Zügel des Pferdes nehmend, daS während dessen friedlich das frische Waldgras abgewcidet hatte. „Aber, Ida, es freut mich, daß Sie mir dies alles erzählt haben." „Warum?" „Ist es nicht ein Zeichen deS Vertrauens gegen mich?" „Vertrauen? Durchaus nicht," versetzte Ida kurz. „Habe ich Ihnen denn mehr erzählt, als was jedes Kind in Deepdale weiß?" „Aber nicht aus Ihrem Munde?" „Das macht keinen Unterschied." H» « (Fortsetzung folgt.)