Volltext Seite (XML)
Allgemeiner Anzeiger. Amtsblatt für die OrtsbekörSe und den Gememderat ?u Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf de« All Rabatt nach Nebereinkunst. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag V,11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag >/,11 Uhr einzusendon. Schristleilung, Druck unö Verlag von N. Schurig, Bretnig. 15. Jahrgang. Mittwoch den 12. Juli 1905. Nr. 55. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Inserate, die gespaltene KorpuszeUe 10 Pfg., sowie Bestellungen aus de« All Abonnementsprei« inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unters gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungsboten vierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten ins Haus 1 Mark jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« wir 20 Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Rabatt nach Nebereinkunft. —— auch gegen dessen Sohn das Untersuchung» ! verfahren eingestellt worden und befindet fiö : derselbe seit vorigem Sonnabend auf freiem > Fuße. Der Gnaukschen Familie, der man : hier wohl im allgemeinen da» Verbrechen der Brandstiftung nicht zugetraut hat, ist durö die langwierige Untersuchungshaft insofern ein nennenswerter Schaden erwachsen, al» unter diesen Umständen die Inangriffnahme de» Wiederaufbaues des Gebäude» bi« dahin ruhen mußte und eine Fertigstellung des eventuellen Baues bis zum DitterSbacher Jahrmarkts, der bekanntlich tue Haupteinnahme quelle für die betreffenden Gastwirte aufs ganze Jahr bildet, nunmehr ausgeschlossen ist. Sebnitz, 7. Juli. Der 19-jährige Schloffergehilfe Alfred Palme au» Schönlinde schoß mehrere Schüsse au» einem Revolver ab und steckte dann die noch geladene Waffe in seine Tasche. Al» er die Sicherung ein stellen wollte, krachte ein Schuß und durch bohrte ihm den Unterleib. Er starb unter großen Schmerzen bald darauf im Krankenhaus. — Im Laufe diese» Jahres soll in Frei berg da» aliertümliche Kaufhaus umgebaut werden, da vieles den polizeilichen Vorschrif ten nicht mehr entspricht. Es wurden hier für 17,000 Mark bewilligt. In Freiberg herrscht zurzeit aber Arbeilermangel. Die umfangreichen Pflasterarbeiten de« Untermark te» mußten in dresem Jahre unterbleiben, da da« Stadlbauamt nicht die notwendigen Ar beitakräfte zusammenbringen konnte. Aus länder sollen nach lange Jahre geübter Ge pflogenheit bei städtischen Arbeiten nicht be schäftigt werden. — In der Prägefabrik von F. O»kar Breuer zu Buchholz ist der seltene Fall ein getreten, daß an vier Brüder die Medaille „für Treue in der Arbeit" verliehen werden konnte. Alle vier sind von Jugend auf in der genannten Fabrik tätig. Döbeln, 10. Juli. Gestern begann bei herrlichem Wetter da» 22. Mitteldeutsche Bundesschieben, welche» von auswärtigen Schützen überaus reich besucht ist, sodaß die Stadt ein Fest von so großem Umfangt noch nicht gesehen hat. In dem Festzuge, welcher mittag» stattfand und an dem sich mehrere tausend Personen, darunter 150 Berittene, beteiligten, waren außer mehreren Musikkorps und vielen Fahnen 15 prachtvolle Festwaqen vertreten. Bei dem Festbankett wurde an König Friedrich August, den Protektor der Veranstaltung, ein Huldigungstelegramm ge sandt. Bundespräsident Luedecke Leipzig wurde zum Ehrenmitglied der Döbelner Schützen-Ge sellschaft und Bürgermeister Dr. Lehmann- Döbeln zum Ehrenmitglied de« Mitteldeut schen Schützenbunde« ernannt. Da« Fest, welche« bi» zum nächsten Sonntag dauert, wird am Mittwoch durch den Besuch de» König» ausgezeichnet werden. Plauen i. V., 7. Juli. Im Hofe des hiesigen Landgericht» erfolgt« heute früh 5 Uhr durch den Landesscharfrichter Brand die Hinrichtung de» Raubmörder» Eduard Nau mann, der am 15. Februar d. I. gemeinsam mit seinem Neffen Hermann Naumann den 62-jährigen Guttbesitzer Kar'. Friedrich Forner au» Thoßfell am Waldrande bei Voigtgrün ermordet und beraubt hat. Bereit» am 16. und 19. Februar d. I. erfolgte die Verhaf tung der beiden Mordgesellen. Am 18. Mai wurden beide vom hiesigen Schwurgericht zum Tode verurteilt. Der jüngere Naumann ist vom König zu lebenslänglicher Zuchthaus- Oertltckes und Sächsisches. Bretnig. Am 27. August findet die Delegierten-Versammlung des Landesoereins für Homöopathie im Königreich Sachsen im deut schen Hause statt. — Am gleichen Tage feiert auch der hiesige Turnverein sein Ball-Ver gnügen im Gasthof zum Schützenhause. Nach- Mittags findet da» Schauturnen auf dem Turnplätze statt. — Das Kriegsministerium hat bestimmt, daß die Rekruteneinstellung, soweit deren Festsetzung noch vorbehalten ist, nach näherer Anordnung der Generalkommandos in der Zeit vom 10. bi« einschließlich 13. Oktober d. I. zu erfolgen hat. III. Sächsisches Kreisturnsest zu Chem nitz. Se. Kgl. Hoheit Prinz Johann Georg wird als Vertreter Sr. Majestät de» Königs 0M 16. Juli, dem Festsonntage, 12 Uhr 47 Min. in der Feststadl eintreffen und sodann den Festzug, später den Festplatz und das Turnen besichtigen. Die Stabt rüstet sich, UM den Tausenden von Gästen einen schönen Empfang zu bereiten. Der Zuzug scheint nach den Meldungen ein gewaltiger zu werden, lieber 10 000 Turner haben schon Festkarten gelöst, sodaß wohl mit 14 000 Besuchern zu rechnen ist. Das III. Kreisturnfest wird alle seine Vorgänger übertreffen. — Lord Lyveden hat namens der englischen Taste an den Oberbürgermeister Geh. Finanz rat Beutler folgenden Brief übersendet: „Lieber Herr, endlich bin ich gestern abend nach unserer überaus köstlichen Reise durch Deutschland heimgekehrt, und e« drängt mich nun, im Namen des Komitees zu schreiben und besonder« im Namen des Dr. Lunn und Nieiner selbst Ihnen für alles, wodurch Sie unseren Besuch so genußreich und so denk würdig gemacht Haden, zu danken. Sie wer ben ohne Zweifel da» Telegramm gelesen haben, mit dem Se. Majestät der Kaiser unser Telegramm beantwortete, al» wir die Grenze überschritte». Schwerlich könnte ich wir eine erfolgreichere Reise denken, al» die «den abgeschlossene, und wir sind allen, die gleich Ihnen so viel zu ihrem Erfolg beige tragen haben, tief verpflichtet. Ihre Gefällig st und Freundlichkeit wirb sicherlich keiner von uns je vergessen. Ihr treu ergebener Lyveden." Großröhr«dorf. Die Gruppe Rade berg vom sächsischen Elbgau - Sängerbund hielt am Sonntag ihr Gruppenfest in unserem Arte ab. Nachdem in der Zeit von 11—12 tlhr vormittags die einzelnen Vereine einge troffen waren, fand unmittelbar darauf die Hauptprobe im Mittelgasthof statt. Nachm. u Uhr stellte sich der Festzug, welcher durch emen Teil de» Orte» sich bewegte und aus t"m Festplatze aufgelöst wurde. '/,5 Uhr be 2°"" da« Konzert, dessen Vortrag«ordnung °u« Massenchüren und Einzelgesängen bestand. Manch herrliche« Lied au« dem deutschen Liederschatz wurde da zu Gehör gebracht, auch erwie« sich da« Publikum sehr dankbar, " ^dem Vortrage den lebhaftesten «er, all spendete. Mit einem Kommerse, der em Konzerte folgte, erreichte da« allenthalben gelungene Fest sein Ende D»tter»bach, 10 Juli. Nachdem der ^°""°'"'"itose, Herr Restaurateur Gnauk dA Grundstück am 25. Mai d. I. " zerstört wurde, und der nebst 7°^ Sohne, al» der Brandstiftung verdäch g, inhaftiert worden war, bereit» vor einiger t au» der Haft entlassen wurde, ist nun strafe begnadigt worden. Die Vollstreckung de« Todesurteil» erfolgte durch die Guillotine die von Dresden am Mittwoch hierher tran»- portiert und am Donnerstag aufgebaut war- ven war. Der Exekution, deren Termin bis zum letzten Tage geheim gehalten worden war, wohnten de» beschränkten Raume» wegen nur wenige Zeugen bei und zwar die Herren Staatsanwalt Nebentrost, LandgerichtSdireklor Oeser, Landrichter Nehrhoff von Holderberg, Sekretär Ritterwald al» GerichtSschreiber, Arresthausinspektor Löbmann al» erster Ge fängnisbeamter, Gefängnisgeistlicher Pastor Hain, zwölf Urkundöpeisonen au» der Stadt und einige Vertreter der Presse. Der grau sige Akt war in wenigen Minuten vorüber; der Mörder, ein alter Zuchthäusler, blieb ver stockt bl» zum letzten Augenblick. Der „B. A." erinnert daran, daß seit der letzten Hin richtung 52 Jahre verflossen sind, damals wurde die Exekution noch in voller Oeffent- lichkeil auf einem freien Platze in der Nähe de» Bärenstein» vollzogen; ihr wohnten gegen 30,000 Menschen bei. Ueber die letzten Nächte, die Naumann im Gefängnis verlebt Hal, erfahren wir folgende«: In den beiden letzten Nächten wurde Naumann in seiner Zelle von dem Transporteur Herrn Richard Meinhold bewacht. In der Nacht zum Don nerstag schlief der Verbrecher zwei Stunden, in der Nacht zum Freitag gar nur eine Stunde; während der übrigen Zeit saß er mit gefesselten Händen auf dem Strohsacke. Donnerstag früh 5 Uhr redete er seinen Wächter mit den Worten an: „Herr Mein- hold, morgen früh um die Zeit geht der Kopf fort. Ich habe das Verbrechen begangen; die Gerechtigkeit will freien Lauf haben.* Zur letzten Mahlzeit hatte Naumann „su e wing griene Klietz un Kuhhos" verlangt, aber „sei Frau mißt' se zammdrenge". Dieser Wunsch wurde dem Delinquenten jedoch nicht erfüllt. Mit gutem Appetit verzehrte der Todeskandidat da» ihm Dargebotene — ein Kotelett, Brot und Rotwein — di» auf den etzten Rest. Die letzte Nacht hat Naumann ehr ruhig verbracht, wenn auch seine körper- iche Lage in den letzten Wochen sehr unan genehm war. Tagsüber lag der Verbrecher an eine Kette am rechten Fuß angeschlossen, und während der Nacht wurden ihm beide Hände an einem starken Leibgurt befestigt. Der Gesundheitszustand des Inhaftierten war n der letzten Zeit nicht sonderlich günstig ; reilich seinen Trotz, seine Menschenverachtung und seine Frechheit hat der Mörder bi» zu letzt nicht verloren. Naumann« Frau hatte am Mittwoch von ihm Abschied genommen Der Gefängniegeistliche, Herr Pastor Hain, hat den Delinquenten Freitag früh in seiner Gefängniszelle zum Tode vorbereitet; der Seelsorger sprach in der Zelle den Segen und da» Vaterunser, da» die Umherstehenden im stillen mitbeteten. Naumann selbst blieb bis zum Ende der hartgesottene, verstockte Ver» brecher, al» welcher er sich während der Ge richtsverhandlung und der ganzen Dauer seiner Hast erwiesen hat. Da» heilige Abend- mahl verschmähte er. „Fer wo» ner?" war seine Antwort, al« man e» ihm anbot. Be zeichnend für seinen Charakter sind einige zynische Aeutzerungen, die er am Tage vor seiner Hinrichtung fallen ließ. Er meinte: „Jetzt wäre e» mir lieb, wenn ich noch zwei Mann bei mir hätte und emen Skat spielen könnte. Ich ließe mir von meiner Frau einen Taler holen, sden wir vertrinken wür» den. Morgen früh schöbe ich dann mit mei nem Kopfe Kegel." Leipzig, 7. Juli. Der Prozeß Ebe ling und die kirchliche Oberbehörde. Im Ver lauf de» Aufsehen erregenden Strafverfahren» gegen den Diakonu« Ebeling war der kirch lichen Oberbehörde, d. i. dem Landeskonsisto» rium, in der Presse wiederholt der Vorwurf gemacht worden, daß e» dem öffentlichen seLväälum nicht rechtzeitig durch Disziplinier ung Ebeling» vorgebeugt habe. Jetzt schreibt die ministerzelle „Leipziger Zeitung", offen bar eine Aeutzerung de» Landestonsistorium» offiziös wiedergebend, am 15. Dezember v. I. sei Beschwerde in Sachen Ebeling in Dresden eingegangen- und bereit« am 17. Januar d. I. habe da» Landerkonsistorium die Einleitung de» förmlichen, auf Entfernung aus dem Kirchenamte gerichteten Disziplinar verfahrens gegen Ebeling beschlossen. Daß dieses nicht habe zu Ende geführt werden können, erkläre sich daraus, daß nicht weniger als fünfmal eine Verlegung der an gesetzten Schlußverhandlung, teil« auf Antrag de« Angeschuldigten, teils mit Rücksicht aus das eingeleitete Strafverfahren habe eintreten müssen. Die von Ebeling ausgesprochene Be schuldigung (Geh. K. R. Rietschel habe einen Falscheid geschworen. D. R.) sei bei ihm zur fixen Idee geworden, über deren Begründung endgültig zu entscheiden eben doch nur da» Gericht berufen gewesen sei. Leipzig, 8. Juli. In einem kürzlich ergangenen Urteil hat sich das Reichsgericht in bemerkenswerter Weise über die Haftung de« Verkäufer« eine« Gebäude« für Schwamm ausgesprochen. E« hat erklärt, daß nicht allein das Auftreten des Hausschwamme» in einem Gebäude ein Sachmangel erheblichster Art, andern auch die sog. Schwammverdächtigkeit eine» Gebäude», d. i. die dem Gebäude an iastende Befürchtung de» jederzeit möglichen Wiederauftreten« de» in seinem Keime schwer u beseitigenden Hausschwamme», ein solcher sehler sei, der den Wert de» Gebäude», namentlich im Verkehr erheblich mindere. E» »estehe somit gesetzliche Gewährleistungspflicht te» Verkäufer» für Nichtvorhandensem von Sau»schwamm oder Schwammverdächtigkeit, und der Verkäufer eine» mit Schwamm oder auch nur mit Schwammverdächtigkeit behafteten Gebäude» sei, fall» er hiervon Kenntni» habe, verpflichtet, e» dem Käufer mitzuteilen, wenn er nicht gegenTreu und Glauben verstoßen wolle. Leipzig. Mitgefühl erweckte die Schwur- gerichtsverhandlunz gegen die Gattin de« Zteindruckereibesitzer» Naumann wegen vor- ätzlicher Brandstiftung. Die Frau arbeitete durch Hand- und Bureauarbeit Tag und Nacht apfer mit, um das Geschäft ihre« Manne» iber Wasser zu halten. Da dieser aber immer tiefer in Schulden geriet und elend und krank wurde, faßte sie in dem Gefühl der Aufopferung für ihren Gatten, und ohne sich ne Schwere der Tat zu überlegen, den ver hängnisvollen Entschluß, durch eine Brand- iftung und die dann zu erwarten»« Ver- cherungssumme seinen Finanzen aufzuhelfen. In der Nacht zum 1. März 1905 zündete sie tue Kontorräume ihre» Manne« an. Da« Feuer wurde gelöscht und der Verdacht fiel auf Naumann selbst. Da« konnte die Frau nicht mit anschen. Sie gestand selbst ihre Schuld ein. Da« Schwurgericht verurteilte e in Anbetracht der Tatsache, daß sie ledig» ich au» Liebe zu ihrem Manne gehandelt habe, zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis.