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Nachrichten für Naunhof und Umgegend : 13.12.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787861864-192812135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787861864-19281213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787861864-19281213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof und Umgegend
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-12
- Tag 1928-12-13
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Monat
1928-12
-
Jahr
1928
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mungFanshruch aufgebaut ift. mit dem Standpunkt der englischen und der französischen Regierung überein. pariser Ergänzungen. In Paris hatte Ministerpräsident Poincars den deutschen Botschafter von Hoesch um einen Besuch gebeten, um mit ihm die Besprechung über die Einsetzung des SachvcrstSndtgenausschusses für die Reparationsfrage fortzusetzen. In der Unterredung wurden die noch aus stehenden Fragen nochmals einer eingehenden Prüfung unterzogen. Ein Schriftstück wurde dem Botschafter nicht übergeben, so daß man annimmt, daß die Besprechungen noch fortaesetzt werden. Frankreich, England, Italien und die übrigen Be teiligten sollen sich außer Deutschland aber in folgenden Punkten einig sein: „Die Sachverständigen sollen unab hängig fein. Die Kommission wird sich ausschließlich aus führenden Finanzfachleuten zusammensetzen. Die alliierten Sachverständigen werden von den Regierungen bezeichnet und von der Reparationskommission ernannt. Die deutsche Regierung ernennt ihre Sachverständigen selbst, sei es direkt oder durch Vermittlung der Kriegslastenkommission Die Vereinigten Staaten werden zur Teilnabme einae laden, und zwar durch die Reparationskommission. Die amerikanischen Sachverständigen werden iedoch kein offi zielles Mandal haben. Die Kommission tritt in Paris zusammen und bestimmt hier den endgültigen Sitz der Konferenz, der voraussichtlich Paris sein wird. Es soll ihr freigestellt bleiben, ihren Sitz vorübergehend nach Berlin zu verlegen/ lieber Voten-Liiauen unterhielt man sich in der öffentlichen Mittwochsitzung in Lugano sehr lange Zeit. Woldemaras legte nochmals den grundsätzlichen litauischen Standpunkt in dem Streit fall dar. Er hob hervor, daß der Streit zwischen Polen und Litauen Jahrhunderte alt sei, und kritisierte in unge wöhnlich scharfen Ausdrücken die Haltung der polnischen Delegation in Königsberg. Litauen sei Gewalt angetan worden. Mit großem Nachdruck erklärte Woldemaras dann, heute gebe es nur eines, entweder erhalte Liiauen Wilna zurück und bleibe ein unabhängiger Staat oder es werde alles verlieren. Eine andere Wahl gebe es jetzt nicht mehr. Polens Vertreter, Zaleski, erklärte, er sei der Ansicht, die Königsberqer Konferenz sei deshalb ei! Mißerfolg, weil die litqßiischen Vertreter ernsthaft nich die Absicht gehabt hatten, den Empfehlungen des Ratec Folge zu leisten. Die Sitzung wurde schließlich vertagt. Handelsverträge und -abkommen. Genehmigung durch den Auswärtigen Ausschuß. Der Reichstagsausschuß für auswärtige Angelegen heiten behandelte einen Gesetzentwurf über ein Protokoll und einen Notenwechsel zum deutsch-französischen Handelsabkommen. Von Regierungsseite wurde hierzu bemerkt, daß beide Teile bestrebt gewesen seien, sich gegenseitig die Erleichterungen zu gewähren, die der Ent wicklung der Handelsbeziehungen beider Teile förderlich sind, ohne die Interessen des eigenen Landes zu beein trächtigen. Der Ausschuß erklärte sich mit der Regierungs vorlage einverstanden. Auch mit den Gesetzentwürfen über den Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der SüdafrikanischenUnion sowie über einen Noten wechsel zu der deutsch-französischen Vereinbarung über den Warenaustausch zwischen dem Saarbeckengebiet und dem deutschen Zollgebiet erklärte der Auswärtige Aus schuß sein Einverständnis. Es folgte die Beratung des Gesetzentwurfs über den Handels- und Schisfahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Panama. Es erschien ratsam, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern auf eine feste vertragliche Grundlage zu stellen. Die Annahme dieses Vertrages erfolgte ohne weitere Aussprache. Bei dem Handelsabkommen zwi schen dem Deutschen Reich und der Republik China erklärte der Regierungsvertreter, der Handel zwischen Deutschland und China hatte in der Zeit nach dem Weltkriege die VorkriegSzahlen bald wieder erreicht und seit dem Jahre 1925 bereits Über tritten. Die Zunahme ist hauptsächlich der chinesischen Ausfuhr nach Deutschland zugute gekommen. Das Ab kommen wurde genehmigt. Ebenso wurde der Vergleichs vertrag und der Schiedsgerichtsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten von Amerika angenommen. Bei der Beratung des deutsch- tschechoslowakischen Vertrages über die Grenzoder handele es sich um eine nickt schiffbare Stromstrecke. Der Aus schuß erklärte sich mit dieser Vorlage einverstanden. Oie Krise im Zentrum. Politik und Gewerkschaften. Die Reichstagsfraktion des Zentrums beschäftigt sich zurzeit mit der Neubildung des Fraktionsvor standes, die als eine Fortsetzung der in Köln kürzlich getroffenen Entscheidungen erscheint. Es ist selbstverständ lich, daß die beim Kölner Zentrumslaa offenbar ge wordenen Unstimmigkeiten auch bei der Fraktions- vorstandswahl nachwirken. Aber dazu trat nun über raschend ein neues, schwieriges Moment, und zwar eine Erklärung des Abg. Stegerwald, dessen Wahl zum Parieivorsitzenden in Köln bekanntlich vereitelt wurde und der nun in s"ner Veröffentlichung die Beweggründe dazu und die Entwicklung bis zu seiner Ablehnung darstellt. Er selbst, Stegerwald, habe nicht, wie behauptet werde, die Partei in eine schwierige Lag; gebracht, sondern die Zen- trumspartei habe ihm, Stegerwald, seine politische Arbeit für die Zukunft außerordentlich erschwert. Er habe sich nie um den Vorsitz der Partei beworben. Vielmehr sei mehrfach auf ihn eingewirkt worden, den Vorsitz der Reichstagsfraktion zu übernehmen, insbesondere nach dem Wiederzusammentritt des Reichstages im November Demgegenüber habe er erklärt, er müsse es ablehnen, auf der einen Seite parteipolitisch und gleichzeitig auf der anderen Seite gewerkschaftlich herausgestesst zu sein. Er werde künftig entweder ganz den Gewerkschaften oder ganz der Partei gehören. Solle er in erster Linie politisch tätig sein, dann sei er geneigt, seine sonstigen Ämter aufzu geben. Das tue er nur in dem Falle, daß er vor eine größere Aufgabe als in der christltchnationalen Arbeiterbewegung ge stellt werde. Das könne er nur in der gleichzeitigen Führung der Fraktion und der Partei sehen, da nur das eine größere Aufgabe als seine bisherige Tätigkeit fei: Nur dann sei er bereit, seine gewerkschaftliche Führerstellung dranzugeben. Von alledem sei in Köln nicht die Rede gewesen Nachdem der Ausschuß der Partei, der etwa zur Hälfte aus Beamten zusammengesetzt sei, entgegen dem Vor standswillen ihn abgelehnt hatte, habe er erklärt, setzt gebe es keine Kapitulation, j-tzt gebe es nur eine Entscheidung in offener Feldschlacht. Trotzdem habe der Vorstand — und das habe ihn persönlich gekränkt — ohne weiteres vor dem Aus schuß kapituliert und in völliger Verkennung der Auffassung der Arbeiterschaft geglaubt, nunmehr an Stelle des einen einen anderen Arbeiterführer für den Parteivorsitz Vorschlägen zu sollen Die Erklärung hat natürlich die größte Aufregung in den führenden Zentrumskreifen wachgerufen und man spricht davon, daß die Partei eine Antwort auf Steger walds Angaben veröffentlichen wolle. Daß man nunmehr Stegerwald als Vorsitzenden der Reichstagsfraktion wählt wie beabsichtigt war. erscheint fast als ausgeschlossen zumal man ihm vorwirft, den Riß zwischen Arbeiterschaft und anderen Mitgliedern der Partei, namentlich der B e - amten, wesentlich verbreitert zu haben. Politische Rundschau Deutsches Reich ZollabänderungSnovelle im Reichstag. Der Gesetzentwurf zur Ausführung der Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferenz, der die Zollsenkungsaktion durchführen will, ist jetzt dem Reichstag zug^gangen. Die Vorlage enthält auch die Ratifikation der Genfer Ab kommen zur Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote, ferner die internationalen Vereinbarungen über die Ein- fuhr von Häuten, Fellen und Knochen. Verbot Or Versammlungen unter freiem Himmel in Berlin? In Berlin hat soeben der Polizeipräsident die von den Kommunisten für den 13. Dezember geplärrten Um züge und Kundgebungen aus Anlaß der Beerdigung des Mitgliedes des Roten Frontkämpferbundes Willi Schulz verboten. Bei den schweren Ausschreitungen, die sich in der letzten Zeit bei den Demonstrationen verschiedener Parteien ereignet haben, wird in ernste Erwägung ge zogen, ein allgemeines Verbot für Versammlungen unter freiem Himmel und Umzüge zu erlassen. Darüber hinaus wird der Polizeipräsident alle erforderlichen Schritte unter nehmen, dem Treiben der radikalen Elemente und den Ausschreitungen des unter politischem Deckmantel auf- tretenden politischen Rowdytums dadurch Einhalt zu tun, daß die Täter dem Schnellrichter vorgeführt werden. Abgelehntr« Wohlsahrtsgescy in Thüringen. Das von der vorigen Regierung Thüringens vorge- legte Wohlfahrtspflegegesetz, das vom Landtage nicht mehr verabschiedet werden konnte, wurde von der Linken stark bekämpft. Insbesondere wandte diese sich gegen eine Übertragung der Wohlfahrtspflege an private Organi sationen. Als in der Einzelabstimmung der Paragraph des Gesetzes, der die Mitarbeit der privaten Organi sationen an der öffentlichen Wohlfahrtspflege in verstärk tem Maße Herstellen wollte, mit Stimmengleichheit abge lehnt worden war, beantragten die Regierungsparteien Vertagung der Schlußabstimmung. Dem widersprach jedoch die Opposition und verlangte sofortige Gesamtab- ftimmung. Da jedoch sämtliche Abgeordneten Stimment haltung übten, verfiel das Gesetz der Ablehnung. Darauf verließ die Rechte des Landtages den Sitzungssaal und das Haus wurde beschlußunfähig. Der Präsident sah sich gezwungen, die Sitzung aufzuheven. — Gchlußdienst. Vermischte Nachrichten vom 12 Dezember. Eine Hamburger Stiftung für Jugendherbergen. Hamburg. Nach Mitteilung des Gaues Nordmark des Verbandes für deutsche Jugendherbergen sind dem Verband aus Hamburger Kaufmannskreisen 100 000 Mark für die Schaffung von drei neuen Jugendherbergen zugegangen, die voraussichtlich im Nordmarkgrenzgebtet, in Mitteldeutschland und im österreichischen Grenzland errichtet werden. Unfall im Hamburger Hafen. Hamburg. Ein schwerer Unfall ereignete sich auf dem Kaliumschlagswerk Kattwyk. Beim Verladen von schweren Säcken mit Kali löste sich das Halteeifen, wodurch der äußere Teil der Verladebrücke in den Laderaum des zu beladenden Schiffes stürzte. Vier Personen wurden von der abstürzen den Brücke getroffen und schwer verletzt. Sie mußten sämt lich dem Krankenhaus zugeführt werden. Eine Arbeitergruppe von einer Kraftdroschke überfahren. Köln. Auf der Neußer Landstraße fuhr eine Kraftdroschke in eine Gruppe von Arbeitern hinein, die sich zur Arbeit nach der Glanzstoffabrik begaben. Drei Frauen und vier Männer wurden verletzt, sechs von ihnen mußten ins Hospital ge bracht werden. Lebensgefahr soll bei keinem der Verun glückten bestehen. HauSeinsturz in Nordindien. Amritsar. Zwei bei dem berühmten „Vergoldeten Tempel" gelegene Häuser stürzten plötzlich ein Zehn Per sonen, die sich darin aufhielten, blieben unter den Trümmern begraben. Nur zwei wurden wiedergefunden. Zusammenstöße zwischen indischen Spinnereiarbeitern. Bombay. Zwischen zwei feindlichen Parteien in dem Arbeiterlager einer Spinnerei kam es zu Zusammenstößen. Die Polizei, die einschretten wollte, wurde von der Menge mit Steinen und Flaschen angegriffen. Da der Gebrauch des Polizeiknüppels nicht ausreichte, machte die Polizei von der Schußwaffe Gebrauch. Zwei Arbeiter wurden getötet, 23 verwundet. Ebenso wurden im Verlauf des Tumults zwei Polizisten verwundet. Oer Much der Ähnlichkeit. Eine Geschichte aus Masuren von F r i tz S k o w r o n n e k. (Nachdruck verboten.) Solch eine Geschichte, die nur wenig ausgeputzt zu werden braucht, muß bedachtsam erzählt werden . . . Adam und Johann Stopka waren Vettern, aber sich so ähnlich wie Zwillinge, die nicht einmal von ihren Eltern unterschieden werden können. Es waren ein paar driftige Schlingel, die, als sie zum Bewußtsein ihrer wunderbaren Ähnlichkeit kamen, sich öfter den Spaß machten, die Eltern zu wechseln. Dies Vergnügen hörte erst auf, als Adam für eine Gans, die Johann mit einem Steinwurf verletzt hatte, von Johanns Vater eine heftige Tracht Prügel erhielt. Ver geblich hatte er geschrien, er wäre nicht der Johann, son dern der Adam, was ihm noch eine erhebliche Verschärfung der Strafe eintrug, weil es als ein Versuch, die Eltern zu betrügen, angesehen wurde. Als die beiden eingesegnet waren, begannen sie die übliche Laufbahn als masurische Bauernjungen. Sie hüte ten die Schafe und Schweine der Eltern. Von Jahr zu Jahr wurden sie immer mehr zu schwereren ländlichen Arbeiten herangezogen. Dann kam der Tag oder vielmehr der Abend, als sie mit neunzehn Jahren zum erstenmal beim Erntefest tanzen durften. Da begann zum erstenmal eine Rivalität zwischen ihnen aufzukeimen. Ihnen gefiel gleichermaßen die Lotte Grinda, ein blondlockiges Mädel von siebzehn Jahren. In der Kleidung unterschieden sich die jungen Bauernburschen so gut wie gar nicht. Deshalb braucht man sich nicht zu Wundern, daß Lotte fragte: „Aber Adam — oder Johann — habe ich nicht eben mit dir getanzt?" Eigentlich hätte ste nicht so zu fragen brauchen, denn Lotte war die Tochter einer wenig begüterten Eigen- kätnerswitwe und die Stopkas die reichsten Bauernsöhne des Dorfes. Und beide gefielen ihr gleich gut, weil sie sie nicht zu unterscheiden vermochte. Einige Tage später war „Kanton", d. h. Aushebung zum Militär. Adam und Johann wurden beide, da sie sich auch in der Größe bis aufs Haar glichen und hochgewach sene Jünglinge waren, zum Ersten Garderegiment zu Fuß ausgehoben. Zum 1. November mufften sie sich stellen. Im nächsten Herbst, nach dem Manöver, kamen beide auf Urlaub, beide in schmucker Extrauniform. Schon am nächsten Abend trafen sich die Vettern vor Lottes Kammerfenster. Adam war einen Augenblick früher dagewesen und hatte schon angepocht, als Johann neben ihn trat. „Was willst du denn hier?" „Und was willst du denn hier?" „Dasselbe wie du." Die Folge war, daß Lotte, die aufgestanden war, zwei Jünglinge vor ihrem Fenster stehen sah, und da sie im Fensterln überhaupt noch nicht bewandert war, es verzog, nicht zu öffnen. Mit heftigem Groll gegeneinander trennten sich die Vettern, denen ihre soziale Stellung ver bot, sich anders als auf diesem Wege dem begehrten Mädel zu nähern. Im Herbst nächsten Jahres wurde Adam vom Militär entlassen, weil sein Vater plötzlich verstorben war. Die Mutter hatte ihn als einzigen Sohn angefordert. Sie war auch schon etwas gebrechlich und wünschte, bald aufs Alten teil zu gehen. Er mußte also heiraten. Von allen Seiten wurden ihm wohlhabende Bauerntöchter zugefreit, auch solche, die besser Klavier spielen als Kühe melken und Schweine süttern konnten. Vergebens! Er setzte die Mutter aufs Altenteil und nahm sich eine ältliche Person ins Haus, die ihm die Wirtschaft führte. Noch immer verbot ihm sein Bauernstolz, um die arme Eigenkätners tochter zu freien. Und Lotte war stolz und klug genug, ihm nicht das Kammerfenster zu öffnen, obwohl sie genau wußte, wer bei ihr anpochte, so daß er bald seine vergeb lichen Versuche einstellte. Im nächsten Herbst wurde Johann vom Militär ent- lassen. Auf dem Erntefest erschien er in Uniform und tanzte nur mit Lotte. Er war nicht so stolz wie sein Vetter Adam. Er begleitete am nächsten Vormittag Lotte aus der Kirche nach Hause und plauderte mit ihr und chrer Mutter über eine Stunde lang von seiner Zukunft. Seine Eltern waren noch so rüstig, daß er noch Jahre warten mußte, bis sie ihm den Hof Übergaben. Da er jedoch gern bald heiraten möchte, wolle er die Eltern bitten, ihm vorläufig eine kleine Klitsche zu kaufen, auf der er selbständig wirt schaften könnte. Mutter und Tochter sahen in dieser Erklärung einen verblümten Heiratsantrag und billigten seine Absicht. Und als er zum Abschied fragte, ob er abends wiederkommen dürfe, wurde seine Frage freudig bejaht. Als Johann in der Schummerstunde erschien, fand er nur Lotte zu Hause. Die Mutter war weggegangen, um dem jungen Paar Gelegenheit zu geben, sich gründlich auszusprechen. Das geschah denn auch. Johann rückte offen mit der Sprache heraus, fragte Lotte, ob sie seine liebe Frau werden wollte, und empfing ein beglücktes, zärtliches Ja. ! Es entsprach durchaus den ländlichen Sitten, daß Johann als ihr Verlobter bei ihr bleiben durfte. Die Kunde, daß Johann die Lotte von der Kirche heimbegleitet und eine Stunde bei ihr geblieben war, lief schnell durchs Dorf und entfachte Adams Eifersucht und Zorn, vor denen sein Stolz verflog. Was konnte denn der Bursche, der Johann, dem Mädel für Aussichten > bieten? Der mußte doch noch jahrelang bei feinem Vater als Knecht dienen und konnte noch lange nicht ans Hei-1 raten denken. ! Er konnte weitaus mehr in die Waasckale werfen. Er war der unabhängige Besitzer des größten Bauernhofes und konnte Lotte, wenn sie nicht nein sagte, vom Fleck weg heiraten. Es widerstrebte ihm, sich der Hilfe der alten Frau zu bedienen, die in der ganzen Umgegend geschickt und verschwiegen Ehen vermittelte, so daß der Freier bei ver Erkorenen mit voller Sicherheit, keinen Korb zu be kommen, anhalten konnte. Um jedoch ganz sicher zu gehen, beschloß er, an Lottes Kammerfenster zu pochen und sich mit ihr auszusprechen. Öffnete sie nicht, dann mußte er die alte Frau bemühen. Es war nicht nötig. Lotte öffnete ihr Fenster, schlang ihren Arm um seinen Hals, zog ihn an sich und küßte ihn. Dann reichte sie ihm einen Schemel hinaus, damit er be quem einsteigen könnte. Erst nach einer sehr zärtlichen Begrüßung, über die sich Adam im stillen wunderte, fragte äe, ober er schon mit ihrer Mutter gesprochen habe. „Aber Lotte," erwiderte Adam vorwurfsvoll, „ich brauch' doch niemand zu fragen als bloß dich. Und das brauch' ich doch jetzt auch nicht mehr. Gleich morgen be stelle ich das Aufgebot. Und für deine Aussteuer sorge ich." Er fühlte Lotte in seinen Armen zittern und hörte sie leise schluchzen. Doch das schrieb er ihrer freudigen Er regung zu, streichelte und küßte sie, bis sie sich beruhigte. „Eigentlich könntest du böse auf mich sein, daß ich so lange gezaudert habe," meinte er treuherzig. „Aber als ich erfuhr, daß Johann gestern bei euch war, da hielt ich es nicht länger aus. Also, wenn es dir recht ist, machen wir in vier Wochen Hochzeit." Nach einem zärtlichen Abschied versprach er, schon morgen bei der Mutter um sie anzuhalten. Lotte blieb in Heller Verzweiflung zurück, sie weinte und rang die Hände. Wen liebte sie denn eigentlich? Den Adam oder den Jo hann? Oder alle beide? Es wäre sicherlich klüger, wenn sie den Adam heiratete. Aber was würde Johann dazu sagen? „Ach Kind," meinte die Mutter, der sie ihr Leid klagte, „was zerbrichst dir den Kopf? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst." Es war Johann, der zuerst mahlte. Kaum war Lottes Kammerfenster dunkel geworden, als er anpochte, um ihr die freudige Nachricht zu bringen, daß seine Eltern ihm eine Klitsche von achtzig Morgen im Nachbardorf kaufen wollten. Das Fenster öffnete sich, Lotte bog sich hinaus und legte die Arme um seinen Hals. „Adam, lieber Adam. . ." „Adam? ... Ach so, du wartest auf den Adam? Na, meinetwegen! An der Nase herumführen laß ich mich nicht." Als sie das Fenster schloß, hörte sie, wie zwei Männer aufgeregt Worte tauschten. Und vergeblich wartete sie am Tage auf Adam, der bei ihrer Mutter um ihre Hand an- halten wollte . . . Die beiden Vettern lebten fortan in Frieden und Eintracht. . .
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