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1108 Nichtamtlicher Teil. 24, 30. Januar 1906. (Henning) der Architektur angebracht ist und auch möglichst sichergestellt werden muß. Gerade bei der heutigen Kompliziertheit dieser Verhältnisse ist etwas derartiges sehr notwendig. Es ist wiederholt darauf hingewiesen worden, auch heute seitens des Herrn Abgeordneten Müller (Meiningen) und des Herrn Staatssekretärs, daß nicht bloß in diesem Gesetz, sondern überhaupt in der heutigen Gesetzgebung es immer mehr Methode geworden ist, Bestimmungen in die Motive hineinzuverlegen. Natürlich, »wo man nicht definieren kann, da kommt es auf die Motive an«; aber die Motive werden doch nachher nicht in dem Maße beachtet, wenn es sich bei der Rechtsprechung um wörtliche Fassung des Paragraphen handelt. Aus diesem Grunde ist die ganze Vorlage mit ihren tausendfachen Schwie rigkeiten, all den kleinen Zweifeln und Unsicherheiten, die da entstehen, so recht eine Vorlage, die für die Kommission wie geschaffen ist und nur dort richtig und eingehend geprüft und behandelt werden kann. Da müssen wir bei den einzelnen Paragraphen versuchen, unfern Scharfsinn zu üben. Hoffent lich sind recht viele Juristen in der Kommission, die im Be sitze eines solchen Scharfsinns sind und uns zu einer möglichst korrekten Fassung eigentlich verhelfen können. Es ist für die Jurisprudenz, für Advokaten und solche, die es werden wollen, diese Vorlage ja eine rechte Fundgrube, es ist ein wahrer Leckerbissen, an dem man ein bißchen Sport treiben kann. Das hat auch der Gesetzgeber gefühlt, insofern, als er als gesetzmäßig hier eine Sachverständigenkommission hineingefügt hat, die prüfen und entscheiden soll und die Verpflichtung hat, nach bestem Wissen und Gewissen ein maßgebendes Urteil abzugeben. Das werden oft sehr schwierige Fragen sein, die da zu entscheiden sein werden, aber auf andre Weise nicht entschieden werden können. Die Folgen dieser Vorlagen würden, glaube ich, unendliche Dimensionen in der Recht sprechung annehmen, wenn nicht die heutige Kunst so reich an Werken wäre, die sich selber vor der Gefahr der Repro duktion schützen — durch ihre Minderwertigkeit. Wir schätzen also das Gesetz, wir achten es hoch als die denkbar beste Fassung, die demselben den Umständen nach gegeben werden konnte. Die Bedenken, die wir zu einzelnen Paragraphen haben, werden sich in der Kommission erledigen lassen, und wir hoffen, da zu einem glücklichen Ende zu kommen. Wir stimmen dem Anträge, diese Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern zu verweisen, zu. Präsident: Das Wort hat der Abgeordnete Dove. Dove, Abgeordneter: Meine Herren, wenn ich mit dem Herrn Vorredner der Ansicht wäre, daß alles, was gesagt werden kann, schon gesagt worden ist, würde ich Ihnen die Freude machen, auf das Wort zu verzichten. Ich will aber mit Rücksicht auf die vorgerückte Zeit und die Geschäftslage des Hauses nur auf einige Gesichtspunkte mich beschränken, die in der bisherigen Diskussion zum Teil schon hervor getreten sind, aber meiner Meinung nach noch einer kleinen Erörterung bedürfen. Im allgemeinen kann ich mich der allgemeinen An erkennung, die das Gesetz gefunden hat, anschließen. Es be währt sich auch hier wieder der Weg, der eingeschlagen worden ist, nämlich rechtzeitig Sachverständige und Inter essentenkreise zuzuziehen und dann den Entwurf der öffent lichen Kritik zu übergeben, aus der im Vergleich zum ersten der uns jetzt vorgelegte Entwurf offenbar Nutzen gezogen hat. Ich glaube auch, daß die Abgrenzung der verschiedenen Gebiete des Rechtsschutzes vollständig gelungen ist. Ins besondre bin ich mit dem Herrn Staatssekretär der Ansicht, daß die zu weit gehenden Wünsche der Architekten keine Be rücksichtigung finden konnten. Das gilt namentlich von der Einschränkung, die da gemacht ist, wonach die Verviel fältigung durch die malende, die zeichnende Kunst oder die Photographie bei solchen Bauwerken, die an öffentlichen Straßen stehen, gestattet sein soll. In dieser Beziehung gingen ja die Wünsche der Architekten sehr viel weiter; wir würden aber durch deren Berücksichtigung in die Interessen wichtiger Industrien, namentlich auch der Ansichtskarten- Jndustrie, eingreifen, wenn wir unbegrenzten Schutz ge währten. Ich bin auch nicht der Ansicht des Kollegen Lucas, daß Gefahr vorliegt, daß die internationale Rechtsprechung den Umfang der Schutzobjekte, wie er gezogen ist, nicht an erkennen wird. Ich glaube, daß die Fassung, die hier ge wählt wird, doch die Garantie gewährt, daß auch die inter nationale Rechtsprechung sich daran halten muß. Wenn es im Entwurf heißt: »Bauwerke und gewerb liche Erzeugnisse gehören, soweit sie künstlerische Zwecke ver folgen, zu den Werken der bildenden Kunst«, so, meine ich, muß um so mehr die auswärtige Rechtsprechung — zumal auch in andern Ländern die gewerblichen Erzeugnisse vielfach zu den Werken der bildenden Kunst gerechnet werden — anerkennen, daß auch den deutschen kunstgewerblichen Er zeugnissen in ihrem Lande dieser Schutz zukommt. Wenn wir dabei allerdings mit Staaten wie den Vereinigten Staaten zu rechnen haben, so können wir immer nur den Wunsch aussprechen, daß mit möglichster Energie ans sie eingewirkt wird, ihre bisherige Praxis zu verlassen. Nun, meine Herren, noch einige wenige Bemerkungen zu Z 22, dem Recht am eigenen Bilde. Ich glaube, daß dies eigentlich in dies Gesetz nicht hineingehört; denn hier handelt es sich nicht um das Urheberrecht: denn man ist doch nicht Urheber seines eignen Äußern, sondern höchstens Rechtsnachfolger des Urhebers, und es sind doch ganz andre Gesichtspunkte, von denen aus dieser Schutz stattfindet. Nun war ich, als anfangs Bedenken geäußert wurden, man wäre zu weit gegangen, der Ansicht, daß diese Bedenken durch die Einschränkung beseitigt wären, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte freigegeben sind. Ich bin allerdings bedenklich geworden durch die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs. Das Gesetz bestimmt in einem weitern Absatz: Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Ver breitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Inter esse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird. Ich gebe dem Herrn Staatssekretär vollkommen zu, daß eine solche Einschränkung erforderlich ist; aber er scheint mir doch zu weit zu gehen, wenn er sagt: wenn ich irgend eine Per sönlichkeit, die der Zeitgeschichte angehört, in einer Landschaft als Paris erscheinen lasse, so würde sie der 8 22 schützen. Ja, wenn es sich um eine ideale Landschaft handelt, ist das vollkommen richtig. Es kann aber z. B. ein Witzblatt den Reichskanzler in einer Karikatur, die politische Beziehung hat, in der Rolle des Paris austreten lassen, und dann müßte ihm der Z 22 und die Ausnahme, die er enthält, zur Seite stehen und jeden Anspruch beseitigen, der etwa auf das Recht am eigenen Bilde begründet werden könnte. Nun, meine Herren, möchte ich einen Gedanken — es sind eben doch noch nicht alle ausgesprochen — hier aus sprechen, der mir bei der Lektüre dieses Entwurfs gekommen ist. Ich habe gesagt: der Gesichtspunkt, der in dem Schutz des Rechts am eignen Bilde zutage tritt, ist ein andrer Ge sichtspunkt als der, der den übrigen Bestimmungen des Ge setzes zugrunde liegt; das ist eben der Schutz der Persön lichkeit. Ich bin nun der Ansicht, daß wir auf diesem Ge biete nicht stehen bleiben können bei dem Äußern des Menschen, das ja eigentlich doch Nebensache ist. Ich glaube, wir müssen in der Tat zu einem wirksamem Schutz der Persönlichkeit kommen. Wir haben neulich bei Gelegenheit