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Eine Seucbenknlel. Die Berührung mit der Kulturwelt hat den Bewohnern der Südsee-Jnseln eine Unmenge von Krankheiten gebracht, Krankheiten, die man früher auf jenen glücklichen Eilanden nicht kannte, deren Einflüssen aber die Konstitution der Eingeborenen nicht so standhalten konnte als die der Europäer. Die Insel Hawai mutz als eine wahre Seucheninsel hin- gestellt werden, hier sind die bösartigsten Plagegeister des Menschen vertreten. An deren Spitze wird die Wurmkrank heit gestellt, die in den lebten Jahren durch ihr Auftreten in den Bergwerken auch bei uns so viel von sich hat reden machen. Der Erreger der Wurmkrank heit hat eine gewaltige Verbreitung, da er einerseits auch für die berüchtigte Schafpest in Texas, andererseits für die sogenannte Bleichsucht von Puerto Rico verantwortlich gemacht wird. An zweiter Stelle unter den Seuchen von Hawai steht eine andere Wurmkrankheit, die unter den Eingeborenen Afrikas furcht bare Verheerungen anrichtet. Es ist die sogenannte Bilharzia-Krankheit, die durch den Leberegel verursacht wird und ge wöhnlich durch Erschöpfung zum Tode führt. Wie sie von Afrika den Weg nach dem fernen Hawai gefunden bat, scheint nicht aufgeklärt zu sein. Als dritter im Bunde tritt ein Fadenwurm auf den Plan, ein Verwandter des zu einer geschichtlichen Berühmtheit ge wordenen Medinawurms, der seinerzeit den afrikanisch-orientalischen Unter nehmungen des jungen Napoleon Halt gebot. Die in Hawai vorkommende Art dieses Blutschmarotzers ist bisher nur von der Insel Puerto Rico und von einigen Gegenden der Vereinigten Staaten bekannt gewesen, und die Art seiner Verpflanzung nach Hawai ist wiederum ganz rätselhaft. Leichter ist die Verschleppung der folgenden über haupt bekannteren Seuchen zu erklären. Da ist zunächst die Beulenpest, die von China her schon vor einigen Jahren nach Australien und einigen Südsee- Jnseln verschleppt worden ist und sich namentlich auf Hawai mit scheinbar un besiegbarer Hartnäckigkeit angesiedelt hat, obgleich die Zahl der Erkrankungen bisher gering geblieben ist. Die Cholera herrscht erst seit 189ö auf Hawai und fordert ihre regelmäßigen, wenn auch gleichfalls nicht besonders zahlreichen Opfer. Schlimmer steht es um die Beriberi, die jedenfalls von den Japanern eingeschleppt worden ist, bei denen diese Seuche fast dieselbe Rolle spielt wie bei uns die Lungenschwindsucht. LLL Für unsere Töchter. Lriefbelckwerer. Zu einem hübschen und immer paffen den Geschenk lassen sich Weinflaschen kapseln und Staniolblätter von Schoko ladentafeln, Blumenhüllen usw. ver wenden. Man forme daraus Kugeln, die man mit Hilfe eines Hammers fest schlägt und mit Fischleim aneinanderklebt. Die entstehenden Zwischenräume fülle man mit kleinen Kügelchen aus Staniol aus, bis man einen großen, recht gleich mäßig runden Ball hat. Diesen überlege man alsdann mit einer dicht- und fest geknüllten, vorsichtig wieder auseinander gefalteten Staniolplatte und befestige alsdann diese somit ganz geebnete Kugel auf einem Holzfuß oder Brett mit Hilfe von Fischleim oder Nägeln. Diese l Platte kann man vorher auch mit farbigem Plüsch bezogen haben. Ats- dann malt man auf die Kugel mit Öl farben eine kleine Landschaft oder ein kleines Seestück, das sich möglichst ringsum ziehen muß, und hat so, wenn das Bildchen getrocknet ist, einen hübschen Briefbeschwerer, dessen Herstellung so gut wie nichts gekostet hat und der sehr zweckentsprechend ist und gut aussieht. kanäarbetten »us Seictenpapler. Derartige Handarbeiten sind recht beliebt. Licht- oder Lampenschirme fertigt man, reizende Pagen in entzückenden Kostümen, deren Arrangement den Damen ein weites Feld zur Entfaltung ihres Geschmacks und ihrer Kostümkunde bietet. Kopf und Beine kauft man, wie früher zu den Tänzerinnen, fertig, und zwar erhält man die verschiedensten Strumpf- und Schuhfarben, nach denen sich ja dann die übrige Farbengrupvierung richten muß. — Außer den bekannten Schneebällen, Mohnblumen und Chry santhemen kopiert man auch feinblütige Pflanzen aus Papier, Fliedertrauben und Hyazinthen, die als ganz besonders gelungen zu bezeichnen find. Die lila Töne fallen gerade in Seidenpapier sehr schön aus und Fliederzweige in weiß oder lila sind ein reizender Zimmerschmuck. S S S Kindlicher Humor. Der kleine Adolf, öfters ermahnt, bescheiden und genügsam zu sein, kommt von einem Besuch zurück und er zählt der Mama von den köstlichen Äpfeln, die er bekommen hat. «Es lagen auf dem Teller sechs kleine und in der Mitte ein ganz, ganz großer", berichtet er voll Eifers: „was meinst du wohl, welchen ich genommen habe? Nicht wahr, du denkst den großen? — Nein, die sechs kleinen!" * Lehrer: „In manchen Gegenden herr schen sehr häufig Seuchen. Karlcheu, was sind Seuchen?" — Karlchen (heraus- platzend): „Kleine Schweinchen, Herr Lehrer." * Hans (der eben aus der Schule nach Hause kommt, zu seiner Mama): „Du, Mama, bei mir ist ein Junge in der Klaffe, der spricht immer falsch. Der sagt, wenn er sein Butterbrot zum Frühstück gegessen hat, „ich habe geißt"." — Mama: „So, wie würdest du denn sagen?" — Hans: „Ich esse." — Mama: „Ja, ich meine aber, wenn du gegessen hast, wie du dann sagen würdest?" — Hans: „Mahlzeit!" * Lehrer: „Weshalb fließen alle Flüsse und Ströme in das Meer? Wer von euch kann mir hierfür einen Grund an geben?" — Anton: „Damit die Heringe nicht zu salzig werden." Lehrer: »Inwiefern sind die Gewitter wohltätig?" — Karl: „Sie reinigen die Luft." — Lehrer: „Richtig! Und wo durch reinigen sie die Luft? — Du Anton, kannst du mir das wohl sagen?" — Anton: „Durch den Regen, der wäscht sie aus!" Aus alten Erinnerungen. Vom alten Mrangel. In der Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts erhielt der greise Feldmarschall Wrangel Sonn tags öfters den Besuch eines Berliner Kadetten, der sich, obgleich er mit dem alten Haudegen nur sehr entfernt ver wandt gewesen sein soll, seinen Kame raden gegenüber rühmte, „Papachens" Großneffe zu sein. Seit einiger Zeit war es dem Felbmarschall ausgefallen, daß sein Schützling am Nachmittage allein fortging und erst kurz vor Ablauf seiner Urlaubszeit nach dem Wrangelschen Valais zurückkehrte, um sich seinen Ur- laubszetrel, den er im Kadettenkorps ab liefern mußte, ausstellen zu lassen. Diese Rücksichtslosigkeit schmerzte den Greis sehr. Am darauffolgenden Sonntag machte sich sein Gast gleich nach Tisch wieder fix auf die Beine: der General aber ließ ihn durch ein»"n Diener heim lich beobachten, und dieser stellte fest, daß der Marsjünger in dem Separatzimmer eines Restaurants mit mehreren anderen Kadetten wacker pokulierte. Um 8V- Uhr meldete sich das Bürschchen bei seinem Protektor und gab an, von seiner Tante, einer unbekannten Gröbe, zu lange auf gehalten worden zu sein. „So, so", meinte Papachen, „dann lab dich man ooch von sie den Ürlaubszettel schreiben". Der Kadett erblaßte: ohne Urlaubszettel spazierte er ins Loch. Er verlegte sich also aufs Bitten, jedoch vergeblich. „Onkelchen", flehte er, lob mich nicht ohne Zettet gehen!" „Der Deibel is dein Onkel, Junge, aber nich ich! Kehrt — Marsch!" Der Kadett ging und be hauptete, feinen Urlaubszettel verloren zu haben. Sein Kompagniechef lieb bei Exzellenz anfragen, ob der junge von K. wirklich bei ihm gewesen sei, worauf der Feldmarschall dem Herrn Hauptmann schriftlich folgenden Bescheid gab: „War bei mich — fraß fürchterlich — mindestens for zwei — ging fort um drei — kam nach 8 Uhr — wieder retour: — Urlaubs zettel von mich nicht bekam — weil er zur Lüge Zuflucht nahm. — Sprach wat von Tante, die nicht existiert — hat je doch stark tabagiert. — Weiter vermag ich nischt zu sagen — müssen darüber ihm selber befragen." — Vierundzwanzig Stunden Kasten war die Folge. Jugend und Atter. „Jedem das Seine!" gilt auch für die Lebensalter. Je früher die Er kenntnis zur Geltung kommt, dab jedes ihm eigentümliche Vorzüge hat, um so besser. Es ist widerlich, wenn Knaben sich wie Stuber kleiden und Tabak rauchen, lächerlich, wenn Männer wie Kinder Hüpfen und spielen, abgeschmackt, wenn alte Frauen sich putzen und schmücken, um die verlorene Jugend- Wische zu heucheln, und traurig, wenn im höchsten Greisenalter selbst die Ver nünftigsten kindisch werden. Ein durch Vergeudung der besten Kräfte in jungen Jahren greisenhaft gealterter Schwäch ling auf der einen Seite, ein durch Färben der Haare und andere künstliche Mittel äusserlich verjüngter Achtziger auf der andern sollten für jeden Jüngling abschreckende Beispiele sein. * Die Jugend wünscht und erhofft un ermesslich viel und erwartet von der Zukunft das höchste Glück. Je mehr man sich dem Alter nähert, um so weniger wird gewünscht und gehofft. Von der Zukunft erwartet der Greis nichts mehr. Aber durch zwei oft unter schätzte Vorzüge des reiferen Alters wird dieses für die begrabenen Hoffnungen und Wünsche der Jugend überreichlich entschädigt: einmal nimmt das Vermögen, über das was überhaupt wünschenswert ist, richtig zu urteilen, mit den Jahren zu, sodann im Zu sammenhang damit die Wertschätzung des Urteils anderer über eigene Leistungen ab. Dadurch kommt erst die geistige Freiheit und die Unabhängig keit im Fühlen und Denken, die wahre männliche Selbständigkeit zur vollen Entfaltung. Unterhattungsblattd — zur - " Sächsischen Elbzeitung HI , —» Nr. 10» :: Sonnabend, den 4. September 191». Das gnädige Kraulern von Us Roman aus der Uriegszeit von Krtur Brehmer. (12. Fortsetzung.) Und der Gedanke fraß so an seiner Seele, daß er ganz bleich und ganz hager wurde und seine Augen tief ein fielen in ihre Höhlen. Und eines Abends blieb er zu Hause und sah nicht nach den Hühnern und nicht nach dem Schwein, für das jetzt ein eigener Stall zusammengezimmert war, weil ein Schwein nicht in einen Raum mit einem Pan Offizier paßt. Sondern er saß da und tat nichts und starrte nur vor sich hin und grübelte über die Tat. Die Ahne aber sah ihn an und nahm ein altes vergilbtes Gebetbuch zur Hand und schlug die Seite auf, wo man ihr gesagt hatte, da steht das Vaterunser, denn lesen konnte sie nicht und betete laut, jedes Wort in dem Buche mit dem Finger begleitend: „Vater unser, der du bist" . . . und bei den Worten: „und führe uns nicht in Versuchung" schloß sie das Buch und sah den Joschko an und nickte ihm zu, ob wohl er es gar nicht sehen konnte, denn er hatte sein Ge sicht in beide Hände vergraben und schluchzte und schluchzte. Die Ahne aber trat zu ihm hin und fuhr ihm mit der Hand durch das Haar und sagte noch einmal nichts als nur wieder die Worte: „Führe uns nicht in Ver suchung" . . . Von dem Tage an schien die Axt nicht wieder zu glänzen, sondern erschien auch ihm wieder so verrostet und verwahrlost, wie sie immer gewesen . . . Es kam ein Tag . . . Es kam der Tag, an dem der verwundete Hauptmann ganz zum Bewußtsein kam. Es kam der Tag, wo er die Augen aufschlug und sich umsah und Kleinchen erkannte. „Kleinchen!" Und da kannte der Hund sich vor Freude nicht aus und sprang vom Bette mid wieder hinauf und bellte und bellte und holte alle, alle herbei. Die Ahne, die gerade draußen war, um das magere Kühlem zu melken, die Frau, die gerade den Hühnern das Bisserl Futter gab, das noch für sie abfiel. Den Joschko — den Kleinen zerrte er an den Hosen herein, die Mara an dem Kleid chen, das eigentlich eine Schürze der Ahne gewesen war, und den Spiri, den zog er gar am Hemdzipfel rein, so daß der hinplumpste und weinte. Und alle mußten an seiner Freude teilnehmen und sehen, daß der Hauptmann „Kleinchen" gesagt hatte. „Kleinchen!" So erstaunt, so zärtlich! Da würde sich ja ein Mensch freuen, geschweige denn ein Hund. Die Alte, die hatte der Hauptmann übrigens irgendwo schon einmal gesehen, aber wo, das wußte er nicht. Drum nickte er ihr zu und sie nickte wieder, aber die Kinder, die wurden ihm zu viel und darum schloß er die Augen wieder. Aber jeder Tag, jeder Tag brachte neue Kraft, und bald konnte er auch mit der Ahne sprechen und ihr zuhören, wie sie erzählte. Wie der Hund herbeigelaufen kam. Wie der Joschko ihn holte. Wie er gepflegt wurde, und wie schwer krank er gewesen sei. Jetzt aber sei das mit Gottes Hilfe vorbei, und er brauche nur Ruhe und dann werde er vollkommen gesund sein und könne in (Nachdruck verboten.) Gottes Namen gehen. Sie wisse ia nicht, wohin er ge hört, so sagte sie. Und seine Brieftasche sei da, und es fehle nichts darin, nicht eine Kopeke. Und seine Sachen seien da, so, wie man alles gefunden. Und mit zitternder Hand, mit der einen, denn die andere konnte er nicht rühren, suchte er aus seinen Sachen ein Buch, und das schlug sich auf wie von selbst, und da . . . lag eine Rose. Da seufzte er auf und drückte das Buch an sein Herz. Die Brieftasche aber nahm er und nahm nur ein paar Briefe daraus, das Geld aber gab er der Frau. „Das gehört Euch", sagte er, „bis ich mehr geben kann." Der Joschko aber — der Große — sagte: „Ob, so viel, Pane Offizier, so viel können wir gar nicht nehmen." Und dann kam wieder ein Tag, und der Hauptmann verlangte zu schreiben. Das ging freilich sehr schlecht. An das nächste Etappenkommando. Wo? Golivin? Ja, ja, den Namen kannte er. Da — und sein Auge leuchtete auf, da waren die Russen geschlagen worden. Hei, wie man sie in den Fluß warf. Aber, wo sind die Russen denn jetzt? „Wer weiß?" „Und wo sind die Niemczi, die Deutschen?" „In Golivin." „Noch immer in Golivin? Und Er, wo war Er?" „Wo wird er sein? In Joschko Strzelcziskys Hütte auf russischem Gebiete." „Russisch?!" ... Der Hauptmann wollte aufspringen, aber wo ging das? Drum sank er wieder zurück. Die Ahne aber sagte ihm auf Deutsch: „Kein Furcht. Kein Furcht, Ruß hier nich wieder zurück." Und es war etwas wie Freude in dem alten, verrunzelten Gesicht. Wie aber das Kommando verständigen? Wie . . . noch einen Brief befördern. Einen Brief, ganz kurz. Noch kürzer als den einen einzigen, den er dem schönen Mädchen geschrieben hatte. „Ich liege hier in einer armseligen Hütte, bei armen, an Liebe und Mitleid und Menschlichkeit wnnderreichen Leuten. Ich liege hier und eine Rose liegt vor mir, auf meiner Streu, meinem Bette. Wie frisch . . . welke . . . Rosen . . . doch sind. Dreißig Werst von Golivin lieg' ich in Joschkos Hütte und denke ... An wen denke ich wohl? . . ." Das war alles. Wer aber sollte den Brief be fördern? Joschko? Unmöglich, der riskierte, daß man ihn hängte, wenn er erwischt wurde. Und da kam die Ahne auf einen Ausweg. Ja, man musste nur immer die Ahne fragen, die wußte Rat. Selbst in Liebesgeschichten wußte sie Rat. Und sie wickelte die Briefe in ein Stück Pergament, in das ihr altes, vergilbtes Gebetbuch seit hundert und mehr Jahren eingeschlagen gewesen war und nähte die Briefe an das Halsband Kleinchens fest, ein schmieriges Hals band, das einst, zu besseren Zeiten in der Mara Haar gewesen und dort Staat gemacht hatte. Und der Hund