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2L6 den deck Königs von Spanien bleiben; bis dahin wolle man die portugiesischen Häfen den Engländern schließen. Diese Vorschläge wurden vom ersten Konsul eiligst gebilligt und zurück gesendet, um die Bestätigung Karl s IV. zu erhalten. Da dieser Fürst von der Königin und diese wiederum vom FriedcnSfürstcn beherrscht war, so willigte er in den Krieg gegen seinen Schwiegersohn, jedoch unter der Bedingung, daß man ihm nichts von seinem Lande entreiße und ihn nur zum Bruche mit England und zur Verbindung mit Spanien und Frankreich verpflichte. Diese Ansichten stimmten nicht ganz zu den Plänen des FricdenSfürsten, welcher, wie man in Madrid behauptete, sich ein Fürstenthum in Portugal zu sichern wünschte. Jndcß mußte er nachgeben und erhielt die Bestätigung als komman- Virender General. Der Hof von Lissabon wurde aufgefodert, sich binnen vier zehn Tagen zu erklären und zwischen England und Spanien zu wählen. Unter deß begann man auf beiden Seiten der Pyrenäen die Rüstungen. Der Frie densfürst, als Generalissimus der spanischen und französischen Truppen, nahm dem Könige sogar seine eigenen Garden, um eine Armee zusammenzubringen. Er ergötzte den Hof mit Revuen und kriegerischen Festen und überließ sich den schmeichelndsten Träumen baldigen FeldherrnruhmeS. Der erste Konsul be eilte sich, einen Theil der nach Frankreich zurückkehrenden Truppen nach Spanien zu senden. Er bildete eine wohlbewaffnete und gut ausgerüstete Division von 25,000 Mann. Der General Leclerc befehligte den Vortrab; der General Gouvion-Saint-Cyr, den Bonaparte mit Recht für einen seiner fähigsten Ge nerale hielt, sollte das ganze Armeecorps kommandiren und der vollkommenen Unfähigkeit des Fürsten Generalissimus zu Hülfe kommen. Das geschah im März 1801. Den weiteren Verlauf der Erzählung von den Erfolgen dieses Feldzuges, dem schnellen Frieden zu Badajoz (6. Juni 1801), in welchem Portugal das Gebiet von Olivenza an Spanien abtrat, und von dem kläglichen Schicksale des spanischen Königshauses erwarten wir in den folgenden Bänden des ThierS'schen Werkes. Rußland. Der Duran in den Steppen der Kirgis-Kaisaken.') .... Du wünschest eine Beschreibung der Phänomene der Steppe. Ich habe einen Steppensturm ausgehalten, mitten in der asiatischen Steppe; ich sende Dir daher zuvörderst eine genaue Beschreibung desselben. Durch die Stürme, die man in unseren Gegenden erlebt, selbst durch die Wasserhose, kann man nur einen schwachen Begriff davon erhalten, was man in der Steppe „Buran" nennt. Den Ramen hat die russische Sprache von den herumziehenden Völkern der Steppe ausgenommen; er bezeichnet den Sturmwind, der im Sommer den Staub, im Winter den Schnee der Steppe aufwühlt. Der Buran unterscheidet sich von unserem Schneetreiben und Schneegestöber dadurch, daß dieses in der oberen Atmosphäre sich bildet, der Buran der Steppe aber vornehmlich von der Oberfläche der Erde sich erhebt. Doch giebt es auch Burane, die oben in der Luft beginnen, und der An wohner der Steppe unterscheidet obere und untere Burane. Sobald beide zu gleich losbrechen und mit einander sich verbinden, so erzeugt ihre Wuth jenes Chaos der Natur, bei welchem Menschen und Thierc von Entsetzen ergriffen werden. Es wird zuweilen so heftig, daß es die Zelte der Kirgisen und ganze Wohnplätze zudeckt und den Karawanen, welche cs mitten in der Steppe an- trifft, den gänzlichen Untergang bereitet. Der Buran beginnt damit, daß ein Windzug über die Schnee-Ebene weht. Ihn erkennen die Führer bald. Die Schneekörnchcn ballen sich anfangs noch nicht, silberne Streifen erheben sich von der Ebene; diese steigen immer häufiger auf, der Wind fängt an zu sausen und zu heulen, die Lust erglänzt mehr und mehr von Krystallcn des Schnees, endlich wird alles dies eine dunkle dichte Masse, die in einer Richtung fortgetrieben wird, bis sie, wo sie Widerstand findet, vom Wirbelwinde erfaßt, im Kreise sich dreht oder von den erhabenen Stellen der Steppe abprallt. Hat sich der Buran einmal erhoben, so ruht er erst nach einem halben Tage, dauert aber höchstens nur einen Tag, selten zwei oder drei. Es ge schieht auch, daß ein gelinder Buran mehrmals an einem Tage sich erhebt und wieder aufhört. Dann tritt aber selten beständiges gutes Wetter ein. Früh am Tage und Abends beruhigt er sich gewöhnlich, gegen Mittag wirb er heftiger und nach Mitternacht hört er ganz auf. Auch beginnt er plötzlich bei sonnenhellem Wetter; dann bedeckt sich die Sonne sogleich mit undurch sichtigen Massen. Im Allgemeinen sind die Burane bei dem Wechsel der Jahreszeiten am häufigsten; der Winter und Herbst beginnt oft mit Buranen. Im Osten der Steppe blasen die Burane, sobald das Thermometer sich bis 8 oder 10° Reauinur erhebt. Bei höheren Temperaturen sind sie seltener, aber auch desto gefährlicher. Gewöhnlich entstehen sie bei Thauwetter, oder wenn Frost eintreten soll, und bei Hellem Wetter, wenn in der höheren Atmo sphäre kein Schnee sich befindet. Daher folgert der Naturforscher, Professor EvcrSmann aus Kasan, der hier unlängst Untersuchungen über den Buran angestellt hat, daß derselbe eine Folge der gefrorenen und in Schnee verwan delten Dünste sey, die während des Thauwetters in der Atmosphäre ruhen. Der Südostwind bringt kühle Burane, der Südwestwinv warme, so daß der Schnee an der Kleidung hängen bleibt. Der Buran ist für die asiatische Steppe, was der Samum für die afri kanische Wüste. Bei der Annäherung des Buran ergreift ein allgemeiner Schrecken die Karawane. Weder Menschen noch Thiere vermögen sich dann in die Ocrtlichkeit zu finden, der Orientirungs-Instinkt verliert sich. Oft geschieht es, daß ein Mensch, indem er aus einem Hause ins andere sich be geben will, in die Steppe geräth und umkommt. An einem solchen Tage bleibt daher Alles zu Hause. Der erfahrenste Führer nützt nichts, jede Spur geht verloren, die Pferde drehen sich an einer und derselben Stelle herum, und der Reisende gelangt nach einigen Versuchen, weiter zu kommen, wieder an seine frühere Stelle. Das Vieh stellt sich, sobald es den Buran spürt, ihm mit der breiten Seite entgegen; wird er heftiger, so läuft es ganze Werste mit dem Winde fort und stürzt in Abgründe und Schluchten. Im Jahre 1816 erlitten die Kirgis-Kaisaken der inneren oder der Bukijewer- Horde großen Schaden, als sie ihre Hecrden in die südliche astrachanische Steppe getrieben hatten. Noch größeren Schaden richtete der Buran im Jahre 1827 an, da von ihm ganze Heerden aus der südlichen Steppe in die Saratower Steppe nach Norden getrieben wurden. Damals kamen 10,500 Kamecle, 280,000 Pferde, 13,000 Rinder und an eine Million Schafe um, wodurch ein Schade von 13 Millionen Rubel Ass. entstand. Wie vor dem Samum, so kann sich der Reisende auch vor dem Buran nur dadurch retten, daß er anhält und sich auf die Erde legt. So machen es die Kirgis-Kaisaken; Manchem gelang es schon, zwei bis drei Tage so zu- zudrmgen. Wer seine Reise weiter fortsctzt, kommt gewöhnlich um und erfriert. Zuweilen bilden sich im Sommer Burane aus Sand. Sie beginnen um Mittag, dauern nicht lange, erheben sich plötzlich und hören, ohne großen Schaden anzurichten, wieder auf. Dann wird das Athmen und Sehen schwer. Der Sand wird zu ungeheurer Höhe getrieben, er dreht sich in dichten Knäueln herum und verschließt Auge und Mund. Die Sonne erhält, wie bei einer Sonnenfinsterniß, eine blutrothe Farbe. Fängt der Buran gegen Abend an sich zu beruhigen, so ragen Städte und Dörfer aus dichten Staubwolken her vor. Ein eigenthümlicher Anblick! So viel für diesmal von dem Buran. Mannigfaltiges. — Französische Orthographie. Von seinen kemargues sur ls Imigu« kranyame, die ihm vor einiger Zeit so manche, auch in diesen Blättern zur Sprache gekommene persönliche Angriffe zugezogen, hat Herr Paul Acker mann bald nach einander das dritte und das fünfte Heft erscheinen lassen, von denen das letztere die Vorrede zum Ganzen enthält, während das noch fehlende vierte Heft demnächst folgen soll. Die gedachte Vorrede selbst ist auch unter dem Titel „Untersuchung über die wahren Grundsätze der Rechtschreibung" (Kecfierciie üe« vrsi« principen üe I'ortoglmptüe) besonders ausgcgeben wor den, worin der Verfasser über die Angemessenheit, ja über die Nothwendigkeit spricht, die bisherige Schreibung des Französischen einer Reform zu unter werfen, und worin er die allgemeinen Regeln entwickelt, nach welchen dabei zu Werke gegangen werden muß. Um ähnlichen Entstellungen vorzubeugen, wie er ihnen bisher ausgesetzt gewesen, hat Herr Ackermann inzwischen für nöthig gehalten, in einem vorgedruckten „Xvercir^em«nt" zu sagen, daß die hier gemachten Vorschläge lediglich an französische Litcraturfreunde gerichtet, nicht aber so gemeint seyen, daß sie von Ausländern bei ihrer Schreibung des Fran zösischen befolgt werden sollen. „Demgemäß", fügt er hinzu, „erkläre ich auch jede Schrift und jedes Wort für lügenhaft und verleumderisch, durch welche man die Meinung verbreiten will, daß ich bei meinem Unterrichte oder bei der Korrektur der neuen Ausgabe der Werke Friedrich s des Großen die hier besprochenen Neuerungen zur Anwendung bringe." In einer Anmerkung auf S. XI-IV. seiner Schrift kommt Herr Ackermann auch noch näher auf die Angriffe zurück, die man gegen ihn unternommen. Wir glauben, darauf verweisen zu müssen, weil diese Zeitungs-Angriffe zugleich unser „Magazin" treffen sollten, wir es jevoch nicht der Mühe wcrth gehalten, in Sachen der französischen Sprache auf einen Zeitungs-Artikel zu antworten, dessen Ver fasser die berühmte ecole üer> Ostarle« mit einer «eole » Obsrtren verwechseln kann. Auf das Werk des Herrn Ackermann werden wir, sobald dasselbe voll ständig vor uns liegen wird, in einer besonderen Anzeige zurückkommen. ') Nach einem i» dem polnischen Petersburger „"rygoUuUl" erschienenen und aus Oren burg daNrten Brieie de? Nr. meii. Alphons Jagmin, von dem eine Beschreibung der Steppe mit Rüitsichi aus Medizin, Botanik und Geologie erwartet wird. HerauSgcgeben und redigirt von I. Lohmann. Im Verlage von Veit Ls Comp. Gedruckt bei A. W. Hayn-