Volltext Seite (XML)
M7 befindet sich ein Leuchtthurm und der Telegraph. Schiffe, die in den Hafen wollen, muffen dicht unter den Kanonen dieser geschwärzten Burg vorbei. Ein Beamter des WartthurmS rief uns, als wir pasfirten, durch ein Sprachrohr, das beinahe so lang war, wie er selber, in halbsingendcm Tone, die übliche Frage: „Woher kommt Ihr?" zu. Wie durch einen Zauberschlag sahen wir uns aus der Einförmigkeit des ScelebcnS in eine Scene versetzt, die uns die neuesten und anziehendsten Gegenstände darbot. Vor uns lag Havanna; ihre Gebäude, von weißem Stein erbaut, mit der glänzenden Tropensonne, die auf sie herabstrahltc, blen deten fast; die terafsenförmigen Dächer mit den zahllosen Thürmchen und Spitzen, die von ihnen aufstcigen, die Stadtmauer, dick, wie die einer alten Ritterburg, mit den luftigen Zinnen, den altergrauen Kastellen, das gab dem Ganzen ein imposantes und dabei freundliches Ansehen, das an verflossene Zeiten mahnte. Um uns schien der Marktplatz aller Länder zu sepu. Jede Nation war hier repräsentirt, und alle Töne der civilisirten Welt fanden hier ein Echo. Eine zahllose Menge großer und schöner Fahrzeuge, geschmückt mit den Flaggen aller Nationen, neben und hinter uns, so weit das Auge reichte; zwischen ihnen wimmelte cs von Böten, die nach jever Richtung hinfloge», einige von braunen, hagere» Spaniern, andere von halbnackten Negern bewegt, wieder andere von bärtigen Soldaten besetzt. Wir fuhren an einem alten, schwarzen, verdächtig aussehcnden Schiffe vorüber, dessen Deck von Leuten wimmelte, deren Gesichter alle Schattirungen zeigten, die schwarz, gelb und weiß nur darbietcn können. Diese Versammlung sah verdächtig genug aus, ich dachte unwillkürlich an die Piraten, welche noch immer die Westindischen Gewässer unsicher machen. Eine elegante Barke legte an uns bei, und die Zollhaus-Ofsiziantcn, in feine Uniformen gckleivct, kamen an Bord. Sie forderten uns die Pässe ab, nahmen das Verzeichniß der Schiffsladung in Empfang und gaben uns die Weisung, das Schiff, ohne die Erlaubniß, die uns gesendet werden würve, nicht zu verlassen. Einer der Beamten wurde zur Bewachung zurückgelaffen. Uscrböte legten ununterbrochen bei uns an, theils um nach dem Cargo zu fragen, theils um Neuigkeiten einzusammcln. Es war 2 Uhr, bevor die Er laubniß zu unserer Erlösung kam. Ein hier lebcnoer Kaufmann, Mr. Knight, an den ich Empfehlungen hatte, unv der von meiner Ankunft unterrichtet war, sendete seinen Buchhalter, um mich und mein Gepäck ans User zu schaffen ; mit der im Süden üblichen Gastfreundschaft hatte er mir ein Zimmer i» seinem Hause eingeräumt. Unser Weg führte durch Straßen, die von unzähligen fremdartigen Dingen, vor Allem aber von Negern und Maulthieren wimmelten. Zu meinen Ohren drangen statt der kurzabgebiffenen Englischen Wörter, an die ich so lang gewöhnt war, die pomphaften Spanischen Laute, zwar nicht im reinsten Kastilischen Dialekt, ja sogar von Negerlippen verstümmelt, doch klingt eS edler, südlicher und gleicht mehr dem Himmel der heißen Zone. Ein reines Spanisch habe ich in den Kolonieen und in Süd-Amerika niemals sprechen ge hört, auch ist dies in einer Sprache nicht so leicht, von der Campomanes selbst sagt: „o sä >o I» smpisru." Knight war ein Anglo-Amerikaner, der sich jedoch Westindische Sitten vollkommen angceignet hatte, sein Haus sah eher einer Kaserne, als einer Privatwohnung ähnlich; cs bestand, wie hier die Häuser alle, aus zwei Stockwerken, von denen das untere zu Remisen und Waarcnlagern verwendet wird, der obere Stock aber die eigentliche Wohnung bildet. Nachdem wir einen hohen gewölbten Flur passirt hatten, traten wir in einen mit Quadern gepflasterten, dunklen und schmutzigen Hof, stiegen dann eine breite Steintreppe hinauf und gelangten zu einem hohen, langen Korridor, auf einer Seite desselben befand sich das Comtoir, auf der anderen — Fensterböhlen, die wohl niemals verglast waren und die nach dem Hofe führten. Herr Knight führte mich in das Wohnzimmer, das ich anfangs für eine Art von Kanzelci hielt, bis mein Auge auf ein Nähtischchcn und andere Artikel fiel, die mich auf andere Gedanken brachten. Kurz darauf erschien die Frau vom Hause, eine schöne Aankee, der die Hitze und das gelbe Fieber die Rosen von den Wangen ge stohlen hatten. Meine Frage, ob sic sich in Havanna glücklich fühle, beant wortete sie mit einem Seufzer. Sie konnte ihr „Parker" (Wohnzimmer) in Boston nicht vergessen. Hier waren keine Tapeten, keine Teppiche, selbst der gcmüthliche Kamin fehlte — Alles, Alles anders, als im Vaterlande! Das Haus, in dem ich meine Wohnung aufgcschlagen habe, befindet sich an der Ecke zweier Straßen und im lebhaftesten Theile der Stadt. Fenster hat mein Zimmer so wenig, wie irgend ein anderes in der Stadt; statt dessen führen hohe Thüren nach dem Balkon, der sich längs der ganzen Fronte des Hauses hinzicht; diese Thüren sind nicht verglast, sondern haben die Form von Jalousicen und verdunkeln, sobald man sie schließt, das Zimmer völlig. Wozu würden auch Scheiben dienen, in einem Lande, wo niemals ein rauheS Lüft chen weht? Die Zimmer sind zwischen zwanzig und dreißig Fuß hoch, die Wände bloß geweißt, mit der Ausnahme eines vier Fuß breiten Streifens, der den „Fuß" bildet und mit irgend einer beliebigen Farbe angestrichen ist. Die Decke meines Zimmers war gerohrt und mit Gips beworfen, in den meisten Wohnungen ist dies nicht der Fall, gewöhnlich ist das Dach sichtbar. Der Fußboden sieht wie eine einzige Marmorplatte aus und ist polirt; die Grundlage sind Backsteine, über die ein Gips-Mörtel ausgcgoffen ist, der bald so hart und glänzend wie Marmor wird. Alles ist, wie man sieht, darauf berechnet, die möglichste Kühlung herbeizuführcn, und dem müssen alle Rücksichten auf äußere Eleganz in einem Klima weichen, wo der Europäer am I. Februar, trotz der Nanquin- tracht, zerschmelzen möchte. (Fortsetzung folgt.) Moldau und Wallachei. Wie sich in der Moldau und Wallachei die Römische Sprache hat erhalten können. An der Unter-Donau, zwischen dem Balkan und den Karpathen, nennt sich ein Volk, das einen Landstrich bewohnt, größer als Portugal und Däne mark znsammengenommen, noch jetzt Römer, und ihre Sprache ist die Lateinische, wenn auch mit fremden Worten vermischt; so wie sie auch mit anderen Völkern mehr oder weniger vermischt leben. Der Orient zieht immer mehr die Aufmerksamkeit auf sich, wobei cs besonders merkwürdig erscheint, wie dieses Volk bei den verschiedenen Schicksalen jener Gegenden seine Na tionalität so wohl hat erhalten können. Nach den ältesten Nachrichten zogen in jenem fruchtbaren Becken der Donau Nomaden umher, welche Scythen, Dacier und Gothen genannt wurden. Als Darius Europa erobern wollte, ward er dort von den Scpthen hart bedrängt, und Alexander mußte es aufgcben, hier Eroberungen zu machen; die Dacier warfen ihn tapfer zurück. Bald nach ihm versuchte Lysimachus, König der Thracier, in Dacien einzudringen; er ward gefangen. Erst als die Römer die Weltherrschaft errangen, wurden die Dacier bekannter. Einer ihrer Könige, BerebisteS, drang vom Schwarzen Meere vor bis gegen den Inn und nach Noricum, so daß Statilius Taurus und nach ihm Craffus gegen die Dacier geschickt wurden. En. Lentulus vernichtete ihr Heer unter ihrem König Cotyson; doch konnte Kaiser Augustus bie Eroberung dieses Landes nicht vollenden, obwohl er den Tiber und den Cato über die Donau sandte. Die unter mehreren Häuptlingen stehenden Dacier hatten sich zur Zeit Vespasiäns unter Duras und nach ihm unter Decebalus vereinigt, und dort fanden die von Jerusalem im Jahre 70 von Titus vertriebenen Juden zum Theil sichere Zuflucht; sie sollen damals schon Talmaci (Thalmus) unfern Hermannstadt gebaut haben, welche Stadt im Mittelalter durch ihren Handel berühmt ward. DccebaluS vereinigte sich im Jahre 87 mit den Parthern und Sarmaten, schlug den Römischen Feldherrn FuscuS, ward aber von seinem Nachfolger Julian bei Talpa geschlagen, so daß Kaiser Domitian einen Triumph feierte und den Namen beS Dacier annahm. Danach bewog ihn die damalige Uebcrmacht der Germanischen Markomannen, den Daciern einen Tribut zu bezahlen. Von dieser Schmach ward Rom durch Trajan befreit. Im Jahre 100 führte er seine Legionen nach Mösien, schlug den Decebalus in mehreren Schlachten, so daß er sich selbst unterwarf, und seine Hauptstadt erhielt Römische Besatzung. Doch bald standen die Dacier wieder auf, so daß Trajan von Apollodor von Damaskus eine berühmte steinerne Brücke über die Donau erbauen ließ, um sich die Eroberung Daciens zu sichern; auch vollendete er dieselbe 106 so gründlich, daß er mit 300,000 Mann bis an den Pruth und Dnieper zog und kein Mittel unterließ, um das ganze Volk der Dacier (welche aus Persien von den Ufern des Orus herstammen sollen) auszurotten, dessen Anführer Decebalus, nach tapferer Vertheidigung seiner Hauptstadt Sarmizegethusa, sich selbst den Tod gegeben hatte, da er den Untergang scincr Landsleute nicht überleben wollte. Die Trajans-Säule zu Rom verherrlicht noch die Eroberung dieses großen Landstrichs, welcher jetzt Römische Provinz ward. Diese jetzt Römische Provinz Dacien war fruchtbar, aber ohne Ein wohner. Trajan bevölkerte sie nach einem großartigen Plane durch Römische Kolonisten, erbaute Ulpia Trajana im jetzigen Siebenbürgen, auf der Stelle der alten Hauptstadt des Decebalus, Caracala in der jetzigen Wallachci, Romanu und Municipium Jassiorum in der Moldau. Er verband diese und noch viele andere neu gegründete Städte durch bie großen Römer-Straßen, welche so viel zur Kultur in den Ländern der Barbarei beigetragen haben. Das WachSthum dieser Kolonieen war daher außerordentlich, und cS ist nicht zu verwundern, daß unter solchen Umständen die Römischen Kolonisten sich in jenem fruchtbaren Lande eben so schnell vermehrten, wie wir es jetzt bei dem benachbarten Odessa gesehen haben. Nachdem diese Schöpfung Trajans, diese Kolonieen, welche von einem Proprätor, dem Befehlshaber der 1Zten Legion, verwaltet wurden, 100 Jahr geblüht hatten, erhielten diese neuen Bewohner Daciens das Römische Bürgerrecht. Wie viel damals noch von den früheren Ureinwohnern übrig geblieben waren, wird schwer seyn, auszumitteln; doch wenn auch manche sich in die Schluchten des Hämus und der Karpathen ge flüchtet hatten, so scheint doch ihre Sprache ganz ausgcrottct, und die Ge fangenen, welche man verschont hatte, mußten als Sklaven natürlich bald die Sprache ihrer Uebcrwinder verstehen lehren. So fanden die Gothen, welche 237 dies Land eroberten, schon ein ganz Römisches Volk, das sich mit diesen nomadischen Barbaren nicht mehr zu vermischen Veranlassung hatte, obwohl deren Herrschaft sich bald vom Schwarzen Meere bis zur Ostsee auSvehnte. Aurelian stellte zwar 270 die Gränzen des Römischc» Reiches wieder her; aber die Gothen vollendeten 274 die Eroberung Daciens, und Aurelian beschränkte sich auf Mösien und nannte den auf dem rechten Donau-Ufer von den Dacischen Legionen besetzten Theil des Reiches das Aurclianische Dacien. Doch nachdem Constantin Christ geworden war und seinen Sitz nach Byzanz 330 verlegt hatte, schaffte er sich 332 vor den Gothen Ruhe von dieser Seite und baute eine neue Brücke über die Donau, worauf er die Eroberer nach Sarmatien drängte und Dacien den Barbaren entriß, welche von den Besiegten Gcsittigung und zum Theil das Christcnthum angenommen hatten. Denn schon 323 befand sich auf der Kirchen-Versammlung zu Nicäa ein Gothischer und Scpthischcr Bischof, so daß, als die Ostgvthcn wieder bis an den Dnieper und die Westgothcn bis zur