Volltext Seite (XML)
No. 49. Sonnabend, den 5. Dezember 1903. V. Jahrgang. Derj/andelsgärlner. XrmannPuz7 Kandels-Zeitung für den deutschen Gartenbau, -"e-managor- Leipzig, Sudstrasse 33. Verlag von Bernhard Thalacker, Leipzig = Gohlis. Leipzig-Gohlis. Organ des „Gartenbau=Verbandes für das Königreich Sachsen E. G.“ „Der Handelsgärtner“ kann direkt durch die Post unter No. 3222a der Postzeitungsliste bezogen werden. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr: für Deutschland und Oesterreich^Ungarn Mark 5.—; für das übrige Ausland Mark 8.—. Das Blatt erscheint wöchentlich einmal Sonnabends. — Inserate kosten im „Handelsgärtner“ 30 Pfg. für die fünfgespaltene Petitzeile. Vom neuen statistischen Warenverzeichnis. i. Wir haben schon einmal kurz darauf hin gewiesen, dass der Präsident des Kaiserl. sta tistischen Amtes vor einiger Zeit an die In teressentenkreise ein Schreiben gerichtet hat. in welchem er sie ersuchte, ihre Wünsche zu dem neuen Warenverzeichnis, das sich auf den Zolltarif vom 25. Dezember 1902 zu stützen hat, zu äussern, um auf diese Weise auch dem Praktiker Gelegenheit zu geben, an der Auf stellung an seinem Teile mitzuarbeiten. Die entsprechenden Vorschläge sollen bis zum 1. Januar 1904 in die Hände des Kaiserl. statistischen Amtes gelangt sein, welches dann an eine entsprechende Bearbeitung des Materials herantreten wird. Es handelt sich dabei natür lich um Wünsche in Bezug auf die Speziali sierung. Es sollen solche Waren genannt werden, welche nicht unter einer besonderen Tarifstelle aufgesetzt worden sind, auch soll man sich darüber äussern, ob etwa besonders genannte Waren sich zur Vereinfachung mit Waren einer anderen Tarifsfelle zusammenfassen lassen. „Die Verschiedenheit der Nummern des statistischen Warenverzeichnisses und des Zoll tarifs soll künftig vermieden werden. Wo dies für die Zwecke der Handelsstatistik erforderlich erscheint, sollen Unterabteilungen der einzelnen Tarifstellen geschaffen werden. Falls aber gegenüber der Einfuhr einfachere Darstellung der Ausfuhr bei einzelnen Tarifstellen ange zeigt sein sollte, bitte ich auch das zu berück sichtigen“, heisst es in der Zuschrift. Wir sind erst heute in der Lage auf diese wichtige Frage zurückzukommen, weil andere Ereignisse sie in den Hintergrund drängten. Wir haben uns aber schon früher in mehreren Artikeln zum Zolltarifentwurf auch über das zu demselben gehörige Warenverzeichnis aus gesprochen und hervorgehoben, dass das bis herige veraltete Warenverzeichnis einer gründ lichen Umarbeitung bedürfe. Der Entwurf, welcher im Jahre 1900 dem Bundesrat zuging, ist von uns mehrfach besprochen worden und hat auch dem „Verband der Handelsgärtner“ Veranlassung gegeben, damals im Interesse der Gärtner Vorschläge zu machen. So erreichte man schon in dem Entwurf von 1900, dass Pos. 347, Blumen, Blätter, Blüten usw., frisch und getrocknet usw. in vier Unterabteilungen vorgesehen wurde und auch in Pos. 350, le bende Gewächse, Blumenzwiebeln, Knollen usw. insofern geschieden wurden, als man den Zwie beln und Knollen eine besondere Position ein räumte. Wer unsre damaligen Ausführungen nachliest, wird wissen, dass wir für den Zoll tarif, eventuell für das Warenverzeichnis, noch eine weit intensivere Gliederung verlangten. Wir wurden damals von verschiedenen Seiten angefeindet, und man hielt uns entgegen, dass bei zuviel Positionen das Warenverzeichnis alle Uebersichtlichkeit verliere. Aber die Regierung hat doch Zugeständnisse gemacht und der Bundesrat hat seine Zustimmung zu der Gliede rung der Pos. 347 gegeben, während er die auch von uns befürwortete und begründete Abgliederung der Zwiebeln und Knollen ab- lehnte. Der „Verband der Handelsgärtner“, aber auch der „Gartenbauverband für das König reich Sachsen“ nahmen sich nun der Angelegen heit noch an und versuchten durch Eingaben und Vorstellungen weiter mehr zu erreichen, ohne dass dies jedoch, wie wir aus dem „Handelsblatt“ ersehen, von Erfolg gewesen wäre. Der Garten bauverband hatte beim statistischen Amt eine Zerlegung der Positionen für frische Blumen, frische Blätter, Pflanzen und Gemüse beantragt. Wie diese Gliederung statifinden sollte, da rüber waren zunächst Vorschläge nicht gemacht worden. Unsere Vorschläge kennen unsre Leser aus den verschiedenen Erörterungen der Frage. Wir geben dem „Handelsblatt“ völlig recht, wenn es ebenfalls eine grössere Speziali sierung verlangt. Die Pos. 350 ist das beste Beispiel dafür, dass die summarische Behand lung Unzuträglichkeiten im Gefolge hat. Man fusst soviel auf den amtlichen Ausweisen des | statistischen Amtes. Aber eine wirklich zweck mässige Benutzung dieses statistischen Materials ist nicht möglich, weil eben vielzuviel in eine Position geworfen ist. Gerade bei einer grösseren Spezialisierung der gärtnerischen Po sitionen, bei einer Auseinanderhaltung dessen, was jetzt alles in einer Rubrik vereinigt ist, wird man viel besser übersehen können, in welchen Pflanzen oder Gemüsen die Stellung der deutschen Gärtnerei durch die Einfuhr vom Auslande bedroht ist, oder in welchen Erzeug nissen die deutsche Ausfuhr derartige Fort schritte macht, dass sie zu schönen Hoffnungen berechtigt und gestärkt zu werden verdient. Hinsichtlich des Obstes ist man ja den Wünschen bereits entgegengekommen, und hat die frühere Position „frisches Obst“ in Aepfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Beerenobst usw. zerlegt so dass sich der Obstzüchter über den Stand der Ein- und Ausfuhr bei den einzelnen Ländern eiq besseres BJd machen kann. Die Unterlagen, welche bei der diesmaligen Beratung des Zoll tarifentwurfes der Regierung von seifen der deutschen Gärtner gegeben wurden, stützten sich in ihrem Zahlenmaterial durchweg auf jene Angaben des Kaiserl. statistischen Amtes, die auch wir ja allmonatlich im „Handelsgärtner“ in unsren Tabellen veröfientlichen. Aber dieses Material erwies sich als unzureichend und die Eingaben der Handelsgärtner wären weit wirk samer ausgefallen, wenn sie hätten im einzelnen die Wirkung der Masseneinfuhr der betreffenden Artikel auf die heimische Gärtnerei dartun können. Sie mussten sich aber an Gesamtziffern ohne jede Bedeutung halten. Es wird jetzt unsre Aufgabe sein, einmal der Frage der Zerlegung der einzelnen Posi tionen näher zu treten. Aber wir wollen gleich im voraus bemerken, dass uns Meinungen unsrer Leser dazu zu hören, äusserst will kommen ist. Zunächst ist es natürlich not wendig, noch einmal die Positionen a zuführen, welche heute das statistische Warenverzeichnis in bezug auf die Gärtnerei aufweist. Es sind folgende: Pos. 347a. Blumen, Blüten, Blütenblätter und Knospen zu Bouquets, Kränzen, zur Dekoration usw. frisch. „ 347 b. Blätter und Gräser zu Kränzen. Bouquets, zur Dekoration usw., Kränze, frisch. Pos. 347d. Blumen, Blüten, Blätter usw. zu Bouquets, Kränzen, zur Dekoration usw., Kränze, getrocknet auch ge färbt. „ 350. Gewächse,lebende; Blumenzwiebeln, Georginenknollen. „ 351. Grassaat. Timotheesaat. „ 354. Klee-Esparsette-Luzerne-Serradella- Saat. „ 355. Küchengewächse, frische, nicht be sonders genannt, Gemüse. „ 356. Obst, frisches, mit Ausnahme der Weinbeeren und der Südfrüchte, a. Aepfel, b. Birnen, c. Kirschen aller Art, d. anderes Steinobst, äusser Z wetschen, e. Beeren zum Genuss, f. anderes (Ananas, Melonen, unreife Nüsse usw.), g. Zwetschen. „ 359. Sämereien, nicht besonders genannt. Vergleichen wir damit die Positionen des neuen Zolltarif es, so finden wir, dass eine weit erheblichere Spezialisierung schon hier Platz gegriffen hat. So sind die nicht besonders genannten Sämereien in Pos. 21 wenigstens benannt als andere Feldrübensamen (Pos. 20 weist Runkel rübensamen und Zuckerrübensamen auf) Möhren samen, Cichoriensamen, Gemüsesamen, Dill- samen, Blumensamen, Tabaksamen, sowie sonstige nicht genannte Sämereien für den Landbau. Auch die Position Küchengewächse (.Warenverzeichnis 355, Tarif 33) hat eine Unter abteilung erfahren, insofern drei Abteilungen gebildet worden sind: a. Rotkohl, Weisskohl, Wirsingkohl. b. Artischocken, Melonen, Pilze, Rhabarber, Spargel, Tomaten. * c. Andere, Auch hinsichtlich der lebenden Gewächse sind im Tarif bereits Untergruppen gebildet, welche das Warenverzeichnis nicht kennt. So werden unterschieden: a. Pflanzen in Töpfen, b. Pflanzen ohne Erdballen, c. Rosen, d. Cycas- stämme ohne Wurzeln und Wedel, e. andere. In besonderer Position sind schon unter 39 Orchideenbulben und 40 Blumenzwiebeln, Knollen und andere Bulben abgetrennt. Diesem Wunsche der Gärtner hat man also bereits Rechnung Der Bankdirektor. Roman von Reinhold Ortmann. Fortsetzung und Schluss. (Nachdruck verboten.) „So hatte ich mich denn allerdings einer groben und fast unverzeihlichen Fahrlässigkeit schuldig gemacht, als ich das Zeugnis eines Mannes zurückwies, das mich schon da mals auf die rechte Fährte zu leiten versuchte; aber wir sind eben allzumal irrende Menschen, und nie in meiner jahrzehntelangen Praxis ist mir ein Fall vorgekommen, in welchem wie hier so viel scheinbar überzeugende Belastungs- Momente gegen einen Unschuld gen sprechen. Auf welche Weise Ihre Rechtfertigung schliesslich ohne mein Verdienst heibeigeführt wurde, ist Ihnen wohl inzwischen schon teil weise bekannt geworden. Dem heldenhaften Eingreifen Ihrer Gattin haben Sie dieselbe in erster Linie zu verdanken; denn dieser Herr von Kerstens, durch dessen Zeugnis Randows Schuld auch ohne sein eigenes Geständnis äusser Zweifel gestellt worden wäre, räumt offen ein, dass er geschwiegen hätte, wenn ihm nicht der widerwärtige Kampf seines Kom plizen mit einem wehrlosen Weibe über den schurkischen Charakter Randows vollends die Augen geöffnet und sein etwas schlafsüchtiges Ehrgefühl aufgerütlelt hätte. Und diese Frau, die er im Augenblick der höchsten Not aus den Händen des Verbrechers befreite, war Ihre Gattin, Herr Püttner — Ihre Gattin, welche dem Flüchtigen nachgereist war, um ihn, mit dem Revolver in der Hand, zu einem Bekenntnis zu zwingen. Sie werden sich die Einzelheiten dieser Scene später von ihr selber erzählen lassen, und sie wird dazu besser im stände sein, als ich. Lassen Sie mich nur die Tatsachen kurz dahin zusammenfassen, dass sich der Revolver, welchen' Randow festhielt, bei dem Ringkampfe zwischen den beiden Männern entlud, und dass die Kugel dem Defraudanten in den Unter leib drang, ihm eine tödliche Verletzung zufügend. Sechs Tage später ist er im Kurhause zu Hamburg gestorben, nach dem er nicht nur wiederholt ein vollständiges, unumwundenes Geständnis abgelegt, sondern auch — und zwar in seinen letzen Lebensstunden — einen für Sie bestimmten Brief dik tiert hatte, welchen ich Ihnen mit der Erlaubnis Ihres Arztes hier überreiche. Als Untersuchungsrichter war ich genötigt, von dem Inhalt desselben Kenntnis zu nehmen; aber es hat ihn äusser mir niemand gelesen, und ich brauche Ihnen hoffent lich kaum zu versichern, das durch mich niemals irgend ein Mensch etwas von diesen ihren Privatangelegenheiten erfahren wird. “ Er verabschiedete sich bald, und Püttner las an diesem und an den beiden folgenden Tagen mehr als hundertmal was der Sterbende ihm mitzuteilen hatte über seine eigene, und über Magdas Schuld. — Am dritten Tage aber las er nicht mehr, denn an diesem Tage geschahen allerlei Dinge, welche wichtig genug waren, um ihn ganz und gar in Anspruch zu nehmen. Der Medizi nalrat hatte ihm die Erlaubnis erteilt, zum erstenmal auf einige Stunden das Bett zu verlassen, und nun sass Püttner, durch Kissen gestützt, am Fenster des Stübchens, wo er in den kleinen, herbstlichen Vorgarten hinaus und ein gutes Stück die Strasse hinabschauen konnte. Der Medizinalrat, der heute aussergewöhnlich viel Zeit haben musste, stand noch immer neben ihm und trommelte zu seiner Unterhaltung einen kleinen Generalmarsch an das Fenster. Plötzlich kehrte er sich mit einer beinahe heftigen Bewegung gegen seinen Patienten und sagte: „Wissen Sie auch, dass Sie von morgen ab wieder eine andere Pflegerin haben werden, mein Lieber?“ „Das ist eine schmerzliche Neuigkeit, Herr Medizinalrat! Keine kann sanfter, stiller und aufmerksamer sein, als es Schwester Emilie war! „So! — Meinen Sie wirklich? — Und wenn ich Ihnen nun sage, dass die neue Pflegerin noch hundertmal sanfter und aufmerksamer sein wird? — Wenn ich Ihnen offenbare, dass Sie ihr Ihre Wiederherstellung eigentlich zum allergrössten Teil schon jetzt zu verdanken haben?“ Der berühmte Arzt musste doch ein schlechter Diplomat sein, denn die matten Züge des Rekonvalescenten nahmen plötzlich einen gespannten Ausdruck an und in seinen Augen begann es zu flimmern. „Meine Wiederherstellung, Herr Medizinalrat? — So kommt sie morgen zum erstenmal hierher?“ „Gott bewahre! — Es ist vielmehr beinahe, als ob sie hier zu Hause wäre! — Hätten Sie nur den vernünftigen Einfall gehabt, einige Tage früher aus Ihrer Betäubung zu erwachen, so würde ich heute wahrscheinlich nicht nötig haben, sie Ihnen besonders zu empfehlen. Und es ist jammerschade, dass Ihnen die Gelegenheit entgangen ist, sie zu beobachten — zu sehen, wie sie in der letzten Zeit Tag für Tag und Nacht für Nacht hier an Ihrem Bette gesessen, einem ausser irdischen Wesen gleich, das für seine eigene Person weder Schlaf, noch Speise, noch Trank oder was wir armen Sterb lichen sonst nötig haben, bedarf. Was sie damals an Ihnen getan hat, wäre genug gewesen, um ein ganzes Leben von Sünde hundertfach abzubüssen, und wenn Sie mir nicht feier lich versprechen, ihr —“ Aber Friedrich Püttner liess ihn nicht weiter reden. Mit beiden Händen erfasste er die Rechte des Medizinalrats. „Martern Sie mich nicht“, bat er, „denn Sie wissen vielleicht nicht, welche Hoffnung Sie mir erwecken und wie grausam die Enttäuschung wäre! Wer — wer ist die Pflegerin ge wesen, von der Sie sprechen? „Ich habe ihren Namen vergessen, aber vielleicht ist sie Ihnen dem Aussehen nach bekannt“, erwiderte der Arzt, der nachgerade selber Mühe hatte, seine Erregung und Rührung zu bemeistern. Und mit einem kräftigen Ruck riss er beide Flügel der Tür auf, die auf den Flur hinausführte. „Eintreten!“ donnerte er. „Und wenn ich jetzt meine Sache schlecht gemacht habe, so soll hinfort jeder Bartkratzer das Recht haben, mich einen Pfuscher zu heissen!“ Aber es schien nicht, als ob er es schlecht gemacht habe; denn voll so tiefer Zärtlichkeit und voll so namenlosen Glückes waren sich wohl kaum jemals zwei Augenpaare be gegnet als die des kaum genesenen, noch von der Geissel der schweren Krankheit gezeichneten Mannes und des schönen, jungen Weibes, das neben ihm in die Kniee geglitten war. Lange Zeit verging, ehe eines von ihnen das erste Wort ge funden, und dann sprachen sie leise, f üsternd, in unvollstän digen, abgebrochenen Worten, wie wenn sie fürchteten, mit dem ersten lauten Ton das Glück zu verscheuchen, an das sie noch kaum zu glauben wagten, weil sie längst aufgehört hätten, es zu erhoffen. „Nur eines sage mir, Friedrich“, hauchte Magda end lich — glaubst Du jezt, dass ich Dich liebe —, und nur Dich lieben werde bis an meinen Tod?“ Er beugte sich zu ihr nieder und seine blassen Lippen berührten fast ihr goldig glänzendes Haar, während er er widerte : „Ich glaube daran, Magda, wie ich an die ewige Gerech tigkeit Gottes glaube!“ Der Medizinalrat steckte seinen Kopf zur Tür herein und selbst seine Brillengläser schienen in hellen Vergnügen zu funkeln. „Guten Morgen, meine Herrschaften — ich darf mich nicht länger aufhalten, wenn nicht alle meine Patienten inzwi schen ohne mich gesund werden sollen! — Aber ich kann nun recht ohne Sorgen gehen. Der Rekonvalescent ist ja, wie ich sehe, bei seiner neuen Pflegerin in den allerbesten Händen!“ (Schluss.)