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282 zu verweilen, als unumgänglich nöthig ist, um die Operationen des Generals Moreau zu unterstützen. Jedoch -dürfen Sie in keinem Jalle sich so sehr von Truppen entblößen, daß Ihre anderweitigen Missionen darunter litten, und daß Sic nicht mehr im Stande wären, nach Malm Verstärkungen zu senden. Aus eben demselben Grunde müssen Sic auf der Flotte LcbcnSmittel in hinlänglicher Menge behalten, um Ihre» eigenen Unterhalt während des Feldzuges zu bestreiten und diesen Platz zu vcrproviantircn. Für die Bedürf nisse der Ligurischen Republik wird auf andere Weise gesorgt werden. Schon hat das Direktorium die Ausfuhr von Centnern Ge- rraidc nach dieser Gegend gestattet. Das Direktorium wünscht lebhaft, Bürger General, baß Sie keinen Augenblick verlieren, um sich nach den in Ihren Instructionen angegebenen. Oertern zu begeben, besonders aber, daß Sie den Be stimmungen der Depesche vom di. Prairiai schnell genügen. Sie werden aus der beiliegenden Abschrift cincs Briefes des Gesandten Guillemardcl ersehen, daß der Sturm zwar den General Mazaredo nach Carthagena getrieben hat, daß aber Lord St. Vincent nicht besser wcggekommcn ist. Sie brauchen daher nicht zu fürchten, daß der Feind Sie verfolgen wird; und da Sic bevcutendc Kräfte unter sich haben, so hängt der Erfolg vorzüglich von der Schnelligkeit Ihrer Bewegungen ab. Das vollziehende Direktorium verläßt sich ganz ans Sie. Seine Pläne und Hoffnungen sind Ihnen bekannt. Es erwartet große Dinge von den Streitkräften, die Sic befehligen, und von einem Umstande, auf welchen Eurvpa'S Aufmcrksamkeit gerichtet ist. Die Zufälle der Elemente und des Sieges gewähren Ihnen Aussichten, welche sich von hieraus nicht berechnen lassen. Bedenke» Sie, daß die Republik ihre Siege vorzüglich der Kühnheit verdankt. Möglich ist cs, daß Mazaredo bald die See halten und zu Ihnen wird stoßen können. Ich fordere Sie also auf, ein vertrau liches Schreibcii nach Carthagena zu senden und ihm einen Sammel platz zu bestimmen. Ich brauche Ihnen wohl nichl erst zu sagen, wie hoch er jedes Zeichen des Vertrauens nnd der Achtung, bas von Ihnen kömmt, aufnchmcn wird. (Unterz.) Eh. Maur. Talleyrand. V) Bries dcS See-Ministers an den Admiral Bruir zu Earthagcna, vom 27. Prairial des Jahres VII. Der Ordonnatcnr Bertin meldet mir, daß Sie, Bürger General, die Bucht von Vado Angesichts des Englischen Geschwaders verlassen und dec Richtung nach Carthagena eingeschlagcn haben. Dieser Be amte zeigt mir zugleich an, daß die Flotte der Republik 7 Meilen von Toulon mit günstigem Winde segelnd gesehen worden ist, und daß der Divisions-Chef Danaier sich »»schickte, Ihrem Befehle gemäß, zu Ihnen zu stoßen. Ich habe dem vollziehenden Direktorium sogleich von diclcm Vorgänge Bericht erstattet. Es hat eingeschen, daß das Französische Geschwader, im Falle cS mit einem überlegenen Feinde zusammemräfc, trotz dcr Talente des Anführers und der Tapferkeit der Offiziere nnd der Schiffsmannschaft, einem ungleichen Kampfe ausgesetzt werden würde, dessen AuSgang sie zu einer langen Unthä- tigkcit zwingen könnte. Sic haben alle Vorthcile crrnngcn, welche sich Vic Engländer von ihrer Stellung versprachen, und in einem Augenblicke deren Hoffnungen zerstört. Die Zweckmäßigkeit und Schnelligkeit Ihres Entschlusses, so wie die Geschicklichkeit Ihrer Bewegungen, haben die Billigung des vollziehenden Direktoriums erhalten, und ich theile Ihnen dies mit wahrhafter Freude mit. Sie werden aus dcr Abschrift dcr Bricfc an Herrn Azara und an den Gesandten Guillcmardct ersehen, daß ich nichts unterlassen habe, um die Flottmachuug der Spanischen Schisse, welche zu Ihnen stoßen sollen, zu beschleunigen. Das Direktorium hofft, daß bas vereinigte Geschwader binnen kurzem wird in See stechen können, und daß, nachdem Sic der Jtaliänischcn Armee und dcr Ligurischen Republik Unterstützungen gebracht, Sie Ihre Mission weiter ver- solgen werden. Ich überschicke Ihnen die Abschrift eines Briefes, den ich dem General Mazaredo geschrieben habe. Ich glaubte, daß es Ihne» angenehm sepn würde, daß dieser General einen neuen Beweis der Ächtung der Französischen Regierung erhielte. (Unter;.) CH. Maur. Talleyrand. 7) Brief des Admirals Bruir an den Bürger Joseph Bonaparte, vom 22. Vendömiaire des Jahres VII. Empfangen Sic, Bürger, die Glückwünsche, welche mein Herz wegen der glücklichen Rückkehr Ihres Bruders an Sic richtet. Das Glück Ihrer Familie ist ein allgemeines Glück. Ich ersahre, daß Sie heute Nacht oder morgen nach Frejus reisen. Ich sende Ihnen einige Aktenstücke, welche Sie und Ihre» Bruder interessiren werden. 1) Die Abschrift eines Briefes, welcher mir vom Direktorium auf der Rhede von Bado zugcgangen ist. In Gemäßheit dieses Briefes habe ich an Ihren Bruder durch einen Griechen das Schreiben geschickt, dessen Abschrift ich Ihnen in Paris gezeigt habe. Sie wissen, daß nach meiner Vereinigung mit den Spaniern die Uebcrlegcnheit des Feindes meine ferneren Pläne vereitelte. 2) Zwei Briefe des Direktoriums an Ihren Bruder. Ich sollte sie selbst übergeben. 3) Einen Brief des Bürgers Talleyrand, welcher dieselbe Bestim mung hatte und in welchem ein anderer des Direktors BarraS eingcschlossen war. 4) Die Abschrift des Briefes, mit welchem mir Talleyrand diese Depesche übersendete. Ich theile Ihre Freude und grüße Sie von Herzen. (Unterz.) E. Bruir. (Schluß folgt.) Rußland. Uebcr das Leben und den Tod des Dimitri, letzten Groß herzogs von Moskau. (Fortsetzung.) Am folgenden Sountagc war nochmals große Tafel. Dcr Gc, sandte des Königs von Polen hatte früher erklärt, daß er nicht zur Tafel fahren werbe, wenn ihm nicht gleiche Ehre zu Theil würbe, als dem Russischen Gcsanvten am Königlichen Hofe zu Krakau er wiesen worden sey, und hatte er demnach darum gebctcn, daß man ihm einen Platz an der Tafel des Zaren geben möge, was dcr Zar anfangs nicht hatte bewilligen wollen, sondern besohlen hatte, ihm zu sagen, baß er ven Platz über allen Bojaren und Wclmoshcn des Landes erhalten solle. Der Polnische Gesandte hatte dies ,edoch sogleich ab gelehnt, so baß der Zar ihm endlich doch erlaubt hatte, sich mit an seine Tafel zu setzen, worauf er denn mit Geschenke» erschien, die noch reicher als die früheren waren. Dcr Schmaus bauerte bis in bic späte Nacht. Beim AuScinandergchcn schlug jcvvch ein Pole einen Russe» so heftig, baß bcr Berwuiwcte laut über Mord schrie; dcr Lärm wurde indessen sogleich wieder beschwichtigt. An den bcidcn folgenden Tagen erschallten Pauken und Trom pete» iittunterbrochc». Ma» hatte sogar vorgcschlagen, daß die Garde schießen, und daß das Geschütz und die Morticrc, mit Lustfeuer- werke» gelaven, ein Freuvcnseuer eröffne» sollten; die Kanonen waren schon vor die Stadt hinausgcbracht und eine hölzerne Festung zur Belagerung erbaut worden; es wurde dies Alles jedoch als eine böse Vorbedeutung unterlassen. Am Mittwoch, als dem Tage, an welchem die Russe» kein Fleisch essen, war Alles, so wie auch am folgenden Donnerstage, still, um so mehr, als dcr Zar schon cinigc Kunde von den Umtrieben der Russen erhalten und, da er immer mehr davon erfuhr, die Polen hatte benachrichtigen lassen, auf ihrer Hut zu seyn, nachdem er »och allen Leuten seiner Garbe anbesohle» hatte, mit geladenen Gewehren und brennenden Lunten in den Palast zu kommen. In der That waren auch schon gegen 15,OVO Moskowiter bereit, ihren Plan in Ausfüh rung zu bringen; da die Polen jedoch vorsichtig waren und sich durch einzelne Schüsse unter einander Kunde gaben, auch lärmend die Pauken schlugen, so wagte» die Russe» »och nicht, in dieser Nacht schon einen Versuch zu machen, denn sie sahen wohl deutlich, daß alle Hochzeits- Freuden sogleich unterbrochen seyn würde», und daß Alles in trauri ges Schweigen versinken, so wie, daß man ihnen am folgenden Freitage kein Pulver und andere Kriegs-Bedürfnisse verkaufen würde. Die junge Zarin brachte jedoch die Zeit mit ihren Bojaren aus Bälle» mit Tättzen hin, indem sic Maskeraden veranstaltete und so gar die Absicht hatte, am nächsten Sonntage maskirt beim Zaren zu erscheinen, wenn er mit den Wclmoshcn beim Schmause sitzen würde, um ihm ein neues Vergnüge» zu verschaffen. Dies Alles wurde je doch unterbrochen, indem die Russen beschlossen hatten, ihren laiig- gcnährccn Plan nun zur Ausführung zu bringen. Es war nämlich auf Sonnabend ven 17. Mai alten Stils, Morgens 7 Uhr (nach unserer Zeit), vcr von den Verschworene» verabredete Plan zur Ermordung des Dimitri bis zur Ankunft des Wojcwoden mit seiner Tochter im Lande verschoben worden, und längst wartete man darauf, sich aller unter den Waffen befindlichen Polen bemächtigen zu können, und durch dieses Mittel alle Kostbarkeiten zurück zu erhalten, welche von Rußland aus dem Wojcwoden und feiner Tochter zugesandt wor ben waren, und ko begann den» an biciem Tage das fürchterliche Trauerspiel. Die Bojaren mit ihren Leuten erschienen zu Pferde in Rüstun gen, mit Lanzen, Wurfspieße», Schwertern, Flinten und Waffe» aller Art in den Händen; der Pöbel strömte von allen Seiten mit eisernen Keulen, Brechstangen und Schwertern bewaffnet hcrbei, und die Zahl der Menschen mar so groß, daß es schien, sie seyen wie Hagel vom Himmel gefallen, und Alles stürzte dem Palaste zu, in de» Straßen „Mord »nd Fcuer!" rufend, indem Einer dem An deren versicherte: „die Polen erschlüge» die Bojaren im Palastc", obgleich nur sehr wenige Bojaren daselbst wohnten; dies geschah jedoch aus keiner anderen Absicht, als um den Pöbel gegen die armen Polen noch mehr aufzubringcn. Dieser Aufstand war so plötzlich, daß viele Russen, welche Pol nisch gekleidet waren, von dem rohen Haufen getödtet wurden, und sofort wurden auch die Häuser und Wohnungen der Polnischen Edel- leute umzingelt, so daß dieselben nicht mehr heraus und einander mit den Waffen unterstützen konnten. Tauienve derselben flohen in den Palast, wo ihnen jedoch von Len Schützen des Fürsten, obgleich dieselbe» Russen und mit den Uebrigcn schon einverstanden waren, kein Hinderniß in den Weg gelegt wurde. Das Unglück des armen Fürsten war so groß, daß, während sonst täglich 100 Hcllebardircr sich auf dcr Wache befanden, an diesem Tage deren nur etwa 30 daselbst anwesend waren und kein einziger Capitain sich einfand; wenn sie aber auch alle zugegen gewesen wären und sich auf das allertüchtigste vertheidigt hätten, so würden sie doch gegen die Masse des Volkes'nichts ausgerichtct habe» und ihrer nur noch mehr getödtet wordcn seyn. Aber auch wir Deutschen Kaufleute und aydere Ausländer geriethcn in augenscheinliche Ge fahr. Die Russen riefen den auf der Wache Befindlichen zu: „die Waffen zu strecken und sich mit ihnen zu vereinigen, indem ihnen nichts Böses geschehen solle, wenn sie zu ihrem Haufen überträten"; worauf Jene denn auch die Waffen streckten und sich gern ergaben. Hierauf drangen die Russen in zahlreichen Haufen in de» großen Saal, wo sie den vorerwähnten Pcter Baßmänoff, den ehemaligen treuesten Freund dcS Zaren, trafen, und da sie einen früheren Diener