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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- PreiS 22j Sgr. (t Thlr.) vierteljährlich, Z Tdlr. für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. z i n für die Man prönumerirt auf diese« Beiblatt der AUg. Pr. Staat»' Aeitung in Berlin in der Expedition (FrledrichS-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSIande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 88. Berlin, Mittwoch den 24. Juli 1839. Asien. Die Halbinsel Korea und ihre Bewohner. Es existin wohl kaum ein Land, von dem man weniger Notiz nimmt, als Korea, obschon es reich an Produkten ist, viele sehr gute Hafen hat und den betriebsamsten Staaten Asiens — China und Japan — sehr nahe liegt. Keine einzige Dschonke fährt »ach Korea'« Küsten, es scy denn, daß sie durch Sturm dahin verschlagen wurde. Die gegenüberliegende Küste der Chinesischen Provinz Schan-tung ist nur ungefähr 36 Stunden Seeweges von der nächsten zu Korea gehörenden Insel ent fernt; dort findet man weder Bauholz noch Brennholz, hier aber Beides in Ucberfluß; und doch fällt es dem sonst so spekulativen Chinesen nicht ein, diese nochwendigen Artikel vor feiner Thür zu holen! Der ganze Verkehr Korea'« beschränkt sich auf einen Jahr markt, der im Herbst und Frühling an den Gränzen der Mand schurei gehalten wird; und doch ist das Land beinahe so groß, als Britanien. Kein Ausländer hat in Korea jemals frei herum wandern können. Selbst Chinesische Botschafter werden ängstlich bewacht und wie Gefangene behandelt; und als die Jesuiten auf Befehl des Kaisers von China die Mandschurei geometrisch ver maßen, erhielten sie strenge Ordre, di« Gränzen der Koreanischen Halbinsel nicht zu überschreiten. Der Koreaner ist eine groteske Figur. Er trägt einen unge heuren Hut, mit spitzer Kappe darüber, und ein Paar sackweiic Äermel; wogegen seine Schuhe ganz knapp an den Füßen sitzen. Die Männer sind kräftig und wohlgestaltet, die Frauen aber fehr häßlich. Junge Personen tragen sehr lange Zöpfe und scheeren das Vorderhaupi. Der Ausdruck des Gesichtes ist bei Personen jede» Alters ernst und gravitätisch, oft auch mürrisch und un freundlich. Man bemerkt Stunden lang keine Bewegung ihrer Muskeln; ihr Gang hat etwas lächerlich Grandioses. Wer ein recht treues Bild von einem Koreaner haben will, der denke sich einen Mann mit einer langen Tabackspfeife, die er selten kalt werden läßt, am Boden kauernd und immer nach Einer Rich tung hinglotzend. In mancher Hinsicht gleicht dieses Volk den Türken,- doch ist es im Ganzen betriebsamer und weniger kriege risch. Als Branntwein-Trinker hat der Koreaner vielleicht kaum seines Gleichen; er jagt den Alkohol durch die Gurgel, als wär' es reines Wasser. Wenn er von einem Fremden besucht wird, fo präseniirt er ihm keinen Thee oder Kaffee, sondern einige rohe Zwiebeln, gedörrte Fische und den stärksten Branntwein, von dem er wohl zwei Flaschen trinken kann, ohne berauscht zu werden. Die Koreaner sind in ihrer Unterhaltung sehr vorsichtig, und überhaupt Hai ihr ganzes Benehmen etwas Scheues und Furchl- fames. Ihre Sprache ist volltönend, ihre Literatur die Chinesische oder der Chinesische» nachgebildet. Obschon sie nur selten ein ganz unabhängiges Volk waren und seit Jahrhunderten dem Kaiser von China dreimal jährlich Tribut entrichten müssen, so qualifiziren sie doch alle Ausländer, selbst die Chinesen nicht ab gerechnet, mit einem Namen, der unserem Barbar entspricht. (4.siatie äourmü.) Frankreich. Erinnerungen an den Herzog von Bassano. (Schluß.) „Am 20. Mai 1794", so fuhr der Herzog in dem Bericht über seine Gefangenschaft fort, „langte der Befehl an, Semonville und mich aus dem Gefängniß von Mantua, in welchem fünf unserer Attache'« den Tod gesunden hauen, zu entlassen. Am folgenden Tage kündigte man uni an, daß wir uns zu einer weile» Reise vorzubereilen hätten. Bei dieser unerwarteten Nachricht fielen Semonville und ich uns einander in die Arme. „„Wo gehen wir hin?"" fragten wir. — „„Das darf nicht gesagt werde»"", lautete die Antwort. Semonville, welcher die glückliche Gabe haue, Alles im besten Lichte zu sehen, wußte sich vor Freuden nicht zu lassen. Schon glaubte er wieder in den Zirkeln der Hauptstadt zu seyn und durch Erzählung seiner Leiden manchem schönen Auge Thränen zu entlocken. Mir erschienen unsere Aus sichten trüber. Semonville packle unsere Sachen. Ich kann mich noch jetzl des Lachen« nichl erwehren, wenn ich ihn in auf- gestreiflen Hemdsärmeln vor mir sehe, hin und her laufend, Alle« durch einander werfend. Auf meine Lamentationen amworlele ek: „„Mein Theurer, Du bist auch schwer zu befriedigen. Ich habe nicht nach Prinzipien gelernt, einen Koffer zu packen. Du hast freilich gut reden."" „Endlich verflossen die beiden endlosen Stunden, die noch bis zur Zeil unserer Abreise fehlten, und die Thür des Gefäng nisses öffnete sich. Wir stürzten hinaus, aber die Wächter wiesen uns zurück. Erst mußten unsere Ketten, welche für die Reise zu schwer waren, gewechselt werden. Meine Ke»e mar zu kurz, und sic mußte mil Gewalt zusammengepreßl werden, um meine rechte Hand mit den beiden Ringen zu umschließen. Ich hatte einen unerträglichen Schmerz zu dulden, aber ich fühlte ihn nicht mehr, als der Wagen de» letzten Raum der Festungswerke hinter sich gelassen hatte und auf einem der Dämme des Sees von Maniua dahinrollte. Man muß zehn Monate in einem Gefängnisse zuge» brachl haben, um sich eine Vorstellung von unseren Empfindungen zu machen. Aber wohin wurden wir gebracht?" „Wir fuhren die ganze Nacht und verließen oft die Heer straße, um das Veneiianische Gebiet zu vermeiden. Ich kannte sehr wohl die Geographie des Lande«, durch welches wir reisten, und ich war fest entschlossen, nach Hülfe zu rufen, wenn wir vor dem Posten eines befreundeten Landes voräbcrkämen, obgleich ein Offizier im Wagen und zwei Soldaten auf dem Kutschersitz saßen. Während der ganzen Nacht trug ich mich mit dieser Hoff nung, aber am Tage mußte ich sie aufgeben. Als der Offizier, der uns geleitete, mich aus dem Wagen hob und dabei bemerkte, daß ich mit Blut bedeckt war, welches von meinem wunden Handgelenk niederträufelte, machte sich sein Unwille in starken Ausdrücken Luft. Er rief den Ocstcrreichischen Kommissarius, den Sohn des Doktors Pozzi herbei und ersuchte ihn, mir die Fesseln abzunehmen. Als dieser cs ablehme, unter dem Vorwande, daß er nicht den Schlüssel des Schlosses habe, ließ er sich ein Instru ment bringen, mit welchem er cs selbst zersprengte. Dieses Zeug- niß seines Mitgefühls erfüllte mich mit Dankbarkeit. In dem Augenblicke, wo er sich zu mir neigte, um mich von meinen Fesseln zu befreien, sagte ich rasch und leise zu ihm:. „„Wohin bringt man uns, um der Barmherzigkeit willen?"" Er bedachte sich einen Augenblick, aber sein Blick begegnete dem meinigen, und er antwortete; „„Nach Kufstein."" „Gegen Ende des Tages setzten wir unseren Weg fort. Ser monville, welcher sich in den Kopf gesetzt hatte, daß man un» nach Frankreich zurückführe, fing an zu verzweifeln, jedoch nach seiner Weise. „„Mein Theurer"", sagte er zu mir, „„wenn Kufstein auch nicht den Tuilerieen gleichkommt, so kann es doch auch nichl schlechter seyn, al» der Palast der Herzoge von Man tua. Wir können beim Tausche nur gewinnen. Ich werde die Tyrolerlieder singen lernen; das wird einige Abwechselung in unser Repertoire bringen."" Er ahme nicht, was uns erwartete." „Wir reisten nur des NachiS- Wäre es nach uns gegangen, so wären wir immer gereist, denn das Ziel war ja eine Festung. Kufstein, welches den Eingang Tyrols vertheidigi, ist auf einem hohen freistehenden Felsgipfel erbaut und häng« mit der Stadt durch eine hölzerne Brücke zusammen. Der Wohnsitz der Staats gefangenen ist ein hoher Thurm, und zwar dessen oberstes Stock werk. Mitten hindurch läuft ein ungeheurer Pfeiler, welcher da« Dach trägt. Der denselben umgebende Raum ist in trapezförmige Gefängnisse abgeiheilt, welcher von 1 bis 13 gehen. Ich geleitete Semonville in das, welches Nummer 11 haue. Dori fand eine herzzerreißende Scene statt. Wir sollten getrennt werden. Al« mich die Wächter forlführen wollten, stürzten wir einander in die Arme, und man mußte uns mit Gewalt aus einander reißen. Dieser Augenblick war schrecklich." „Ich wurde nach Numero 13 geführt. Als wir vor Numero 12 vorübcrgjngcn, sah ich die Thür offen stehen und Niemand darin. Also beabsichtigte man, jede Verbindung zwischen uns zu hindern. Vor meinem Gefängnisse befand sich ein kleiner Flur, welcher durch eine eiserne Thür geschloffen war. Den Eingang zu meinem Gefängnisse, welches sieben Fuß lang, sechs Fuß breit war, bildete ebenfalls eine eiserne Thür. Obgleich die Decke