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Willentlich erscheinen drei Nummern. Pränumcrations- Preis 22 ; Sgr. (s Tblr.) vierteljährlich, 3 Thir. für V,S ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man xränumerirt auf diese» Beiblatt der Wg. Pr. DtaatS- Zcitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. 34); in der Provinz'so wie im Auslands bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 138. Berlin, Freitag den 17. November 1837. Polen. Memoiren deL Johann Chrysosiomus Pasek. °) Der Gras Eduard Kaczynski, der Herausgeber des oben genannten Werkes, spricht sich in einem kurzen Vorworte folgendermaßen über dasselbe auS: „Seit niedreren Jahren mit de» Denkmälern unserer Alt-Polnischen Geschichte und Literatur beschäftigt, übergebe ich bier dem Publikum die Memoiren des I. Ed. Pasek. Ich schmeichle mir, daß das Werk den Leser zu fesseln vermag. Mil großer Unparteilichkeit geschrieben, ergän zen diese Memoiren die Geschichte der Könige Johann Kasimir, Michael Korybul und Johann III. Sobieski, indem sie uns nicht nur viele bisher unbekannte Umstände aus jenem Zeitalter mit- theilen, sondern auch die Sitten und das häusliche Leben unserer Vor fahren, zuweilen in roher Form, doch immer in bestimmten Umrissen darstcllcn. Sie zeichnen sich dadurch gar sehr vor andere» GeschichlS- werken damaliger Zeit auS." „Nach dieser Empfehlung des Werkes wird der Leser etwas Näheres über den Bers, zu erfahren wünschen. Leider kann ich aber solchem Verlangen nicht genügen und führe hier nur an, was ich ans den Memoiren selbst entnommen habe." „Pasek war aus adligen, Geschlechte in der Gegend von Rawa geboren, besuchte die dortige» Jcs»üc»-Schulc» und diente im Polnischen Heere unter Czarniecki gegen Rakoczvn, gegen die Schweden und Russen. Während des unglücklichen Bürgerkrieges, welchen Georg Lubomirski erregte, war Pasek ci.n treuer Anhänger seines Königs. Gegen das Ende der Regierung Johann Kastmir's trat er aus dem Kriegsdienste und ließ sich als Gutspächier in der Wojewodschaft Rawa nieder. Er befand sich auf mehreren Landtagen; auf dem zu Rawa 1661 wurde er zum Marschall des Rilterstandcs erwählt. Mit Johann Kasimir und Johann III. Ivar er bekannt und bei Beide» beliebt. Er starb um das Jahr 1690." Die Memoiren sind nach Art der Annalen in einzelne Jahrgänge abgetheilt und reichen von deni Jahre 1686 — 1688. Wir tbeilc» hier einen dieser Jahrgänge bis auf Einzelnes mit, um Deutschen Lesern von der anschaulichen Darstelluugsart und der derben Zeichnung des Vers, wenigstens einen Begriff zu geben. Das Jahr 1688. Im Jahre des Herrn 1688 befand sich der König mit einem Theile des Heeres bei Thorn, ein anderer stand in der Ukraine, die eine Division unter dem Herrn Czarniecki. Drei Monate lang standen wir bei Drahim, Ende Augusts aber marschirten wir gen Dänemark, dem dortigen Könige zu Hülse, der für uns im Schwedischen Kriege eine Diversion gewagt halte. Er lbal das nicht etwa au» Erbarmen über uns, wenngleich das Dänische Volk von jeher den Polen zngethan ist, wie alte Schriften bezeugen; er ergriff vielmehr die Gelegenheit, in angestammtem Haffe gegen Schweden, wie dies unter Nachbarvölkern vorkommt, sich in der Zeit, da er den König Karl Gustav in Polen beschäftigt sah, alter Unbill wegen zu rächen. Er fiel diesem also ins Land, plünderte und mordete. Gustav, ein tüchtiger und glücklicher Krieger, kam, nachdem er einige Festungen in Preußen besetzt balle, aus Polen zurück und trieb die Dänen gar weidlich in die Enge, so daß er nicht nur das Seine wiedererobcrte, sondern auch bald eine» großen Theil deS Dänischen Landes im Besitz Halle. Da gab der Däne der Sache den Anstrich, als ob er auS lauter Liebe zu "vcm Polnischen Volke seine Verträge gebrochen und mit den Schweden Krieg begonnen hätte; er sprach "die Polen und den Kaiser um Hülse a». Der Kaiser entschuldigte sich: Traktate, die er mit Schweden cingcgangen wäre, erlaubten ihn, nicht, Hülse zu senden, auch besäße er jetzt kein Heer; doch batte er den König von Polen autorisirt, überall Werbungen zu einem HülfS-CorpS anzustellen. — So sandle denn unser König ein Polnisches Corps von 6000 Mann unter Czarniecki, und zugleich, eigentlich auch aus eigenen Mitteln, ein Kaiser liches Heer von 14,000 Mann unter dem General Montecuculi. Des Königs Stelle im Heere vertrat der Kursürst von Brandenburg, Friedrich Wilhelm; dieser führte gewissermaßen den Oberbefehl. Wir ließen unsere Zelte in Czaplmek (Deutsch-Krone), in der Hoffnung, spätestens in einem halben Jahre zurück zu sevn. Al- es nun aber sorigeben sollte, da traten die Herren mit ihren mancherlei Bedenklichkeiten hervor. Nicht Wenige entsetzten sich darüber, OsuiIetulLt 2te Ausgabe. Posen, 0137, daß wir bis über daS Meer ziehen wollten, wohin noch kein Polnischer Fuß gekommen war; daß 6000 Mann gegen einen Feind ins Feld rücken sollten, zumal in sein eigenes Reich, dessen Macht wir in unserem Va- tcrlande mit allen unseren Kräften nicht hallen brechen können. Ueber- LieS cS noch nicht einmal ausgemacht war, daß die Kaiserlichen mit uns marschiren würden. Nun kamen Briese von de» Balern an die Herzsöhne, von den Frauen an ihre Männer, mil Nach und Bille, nichl miizugchen, sollte es auch die Stelle» kosten, denn Alle hielten uns für verloren. Mein Vater aber, obgleich ich sein Einziger war, schrieb mir und befahl, ich sollte mich nicht schrecken lassen, sondern inr Namen Gottes und unter valeUichcn und mütterlichen Segenswünschen getrost dahin gehen, wohin des Feldbcrrn Wille es erheischte; er werde täglich sür mich zu dem Vater im Himmel beten, ohne dessen Wissen mir auch nicht ein Haar vom Haupte fallen werde. Kaum waren wir bis Meseritz gekommen, nahe der Polnischen Gränzl, da kehrten ganze Mässe» Reiterei und Fußvolk wieder um, be sonders Eroßpolnische Muttersöhnlein, auch Viele aus den in einzelnen Kreisen u»u angcworbcnen Schaaren, wie aus dem Regimcmc des Starostcn von Ostek und des Wojewoden von Podiachien , Opalinski. Die Ablheilung des Kozubski zerstieb völlig, nur der Fähnrich und ein Reiter blieben zurück. Die Husaren - Schwadron des Wojewoden von Sandomir, Zamoiski, trat aus Reih und Glied und schleppte sich hinter der Armee her; wir nannten ste Zigeuner, weil inr Troß viele Roth- röcke waren. Bei manchen anderen Fahnen blieben ihrer Zwei oder Drei. Selbst ordentlichen Kerle» benahmen diese Feiglinge den Muth, und mancher sonst Brave fing endlich auch zu wanken an. An der Granze schüttele Jeder noch einmal sein Herz vor Gott ans, und Alle stimmten wir darr» nach Polnischer Weise den Gesang „o Alarinsa chxnino" an. Die Pferde begannen lustig zu scbnauben, daß Einem das Herz anfgirrg, denn es galt uns dies für eine gute Vorbedeutung. Hinter Meseritz, von einem Hügel, übersahen wir zum letzten Male die Polnische Gränze, und nicht Einer mag beim Unischauen gedacht haben: „Werd' ich dich auch Wiedersehen, IheürcS Vaterland?" — Das Heimweh stellte sich gar bald ein, quälte uns aber nur so lange, als wir Polen in der Nahe batten; hinter der Oder wurden wir schon leichteren Mulhes, und je weiter wir kamen, desto mehr trat dar Andenken an Polen in den Hintergrund. Die Brandenburger nahmen uns sreuudlich auf und sandten uns ihre Commissaire bis über die Oder entgegen. Die erste Ration erhiel ten wir in Küstrin und so fort durch das ganze Brandenburgische Laud. Ich muß bekennen, Alles war hier in sehr guter Ordnung. Uebcrall waren unsere Nachtlager bereit- angesetzl, und dort sanden wir die nöthigcn Nahrungsmittel vor. Auch führte man damals in unserem Heer die Deutsche Manier ein, daß bei Durchmärschen durch Städte die Offiziere mil bloßen Degen den Fahnen voranritlcn, die Reiter die Pistolen und die Fußgänger die Musketen erhoben. Verbrecher wurden nun nichl mehr geköpft oder erschossen, sondern mit den Beinen an ein Pferd gebunden und so mehrere Male im Kreise umhergeschleist, was keine Kleinigkeit, sondern eine fürchterliche Pein war, da der Körper dabei so zugericblct wurde, daß die Knochen kaum zusammenhielten. Unscr Marsch ging über Nübol nach Apenrabe, von da in die Winterquartiere nach HadcrSleben, wo unser Regiment nebst einem Re- gimenlc Dragoner unter dem Wojewoden selbst verblieb; die übrigen Regimenter wurden in Kolbrück, HorsenS und anderen Städten und Dörfern umher cinquarlierl. Anfang- hieß cs, wir wurden noch tiefer ins Dänische Land bincinrücken, aber unser Feldherr Czarniecki zog es vor, dem Feinde näher zu bleiben, besonders damit wir mehr Schwe dische-, als Dänisches Brot äßen. In der Thal durchschwärmien unsere Patrouillen den ganzen Winter hindurch die Schwedischen Dörfer »nd rächten das an unserem Volke verüble Unrecht. Sie versorgten uns reichlich mit Proviant, mit Rindvieh und Schaafen. Im Ucberfluß wurde uns Honig zugeführt, denn dort wird viel Biencnzuchl getrieben, die Bienen aber werden in kleinen Schachteln von Stroh, nichl in Stöcken gehalten. Fische gab es in Menge. Stall des Holzes brennt man dorl in Stücken abgestorbene und getrocknete Erde (Torf), die sehr gule Kohlen giebt. Hirsche, Rehe nnd Hasen sah man in großer An zahl, weil die Jagd nicht Jeden, gestaltet ist und es dort keine Wölfe giebt. Spürt man einen Wolf, so muß Alles auS Städten und Dör fern hinaus und ihm nach, bis er geiödlet oder gefangen ist; dann wird er an einer Arl Galgen oder an einem Baume mil einer starken Kette ausgchangen. Die Däne,, sind hübsche Leute und haben schöne Frauen, die aber zu hellblond sind. Die Kleidung derselben ist zierlich, bis aus ihre hölzerven Schuhe, mit denen ste auf dem Steinpflaster ein solches Ge<