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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration». Preis 22j Sgr. (j Thtr.) vierteljährlich, Z Thtr. für da» ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. M a g a z i n für die- Man »ränumerirt auf diese- Beiblatt der Allg. Pr. Siaatk- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. Z4); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Aemlern. Literatur des Auslandes. 102 Nord - Amerika. Die Eisenbahnen in Nord-Amcrila. Während die Eisenbahnen im allen Europa, selbst England nichl ausgenommen, nur langsame Fortschritte machen, sehen wir in den noch flüssig beweglichen Zuständen des jungen Amerika das neue System desto ungehinderter und umfangreicher sich entwickeln, desto weiter und schneller sich verbreiten — ein Gegensatz, der nicht gerade daraus er klärbar scheint, weil die Amerikaner, obgleich wirklich praktischer und indnstriöscr, überhaupt auch thäliger und aufgeweckter, wir Europäer dagegen träger und gleichgültiger wären, als sic; oder weil wir nicht Geld und Wohlstand genug haben, so ungeheure Unternehmungen schnell auSzufuhrc»; oder gar, weil wir nicht fähig oder nichl geneigt wären, Len ganzen Umfang und die Bedeutung der neuen Erfindung mit allen ihren Resultaten und Folgen zu ermessen — sondern, weil bei den Amerikanern ihre neugegründeten, noch schmiegsamen Gesellschafis-Zu stände empfänglicher und zugänglicher sind für alles Neue; weil bei ihnen jede neue Erscheinung, noch nicht gehemmt durch eine lange Ge schichte und die mit ihr gegebenen unantastbaren Beziehungen, bald freien Spielraum findet und stch leicht gellend machen kann; weil sie endlich nicht zu thun brauchen, was wir uns schuldig sind, ouSzusöhnen nämlich das Alle mil dem Neuen, die Lergangenheil mil der Zukunft, auf das; nicht das Alle, das Heilige unter dem Neuen schonungslos zertreten werde. Fragen wir nach den Resultaten der Eisenbahnen in Nord- Amerika, so erfahren wir zunächst Thatsachcn, wie folgende: Die Stadt Boston, die in ihren eigenen Ringmauern mehr als 80,000 Serien saßt, ist, etwas mehr als 40 Meilen in die Runde"), mil einer Be völkerung von 400,000 Menschen umgeben, die für ihre wannigfalligen Beschäftigungen und ihre vcrschiedenärligen Bedürfnisse auch ihre Lo- kalilälen eingerichtet haben muffen und z. B. die Vorthcile des Bodens, des weilen Raums, der Wasserkraft und manche andere unentbehrliche Vorrechte nur in ihren zerstreuten Aufenthaltsorten genießen können. Durch die vier Eisenbahnen nun, welche nach den vier Hauplpunklen des Kompasses führen, mil ihren nach allen Richtungen auseinander- iausenden Zweigen, wird dec allcrculsernteste Theil dieser Bevölkerung, statt eine ganze Tagereise weil zu wohnen, in die Nähe eine« drei stündigen Rille«, ja Manche bloß eine Slundc von der Stadl gerückl. Mit anderen Worten, die Bortbeile, die in der Nachbarschaft der Hauvlstadl liegen, werden dadurch aus die doppelte Entfernung aus gedehnt und umfassen also ein viermal so großes Areal als früher, da die neue Erfindung noch nicht bekannt war. Welches die weileren Folgen dieser bonceniration sev» werden, ist nicht vorberzusehen, noch zu sagen; so viel ober ist gewiß, daß sie den Bewegungen dec Gesell schaft einen neuen Schwung geben wirk, wie ihn kein anderer bisher bekannter Hebel erzeugen konnte. Was hier gesagt worden, deutet nur, wie man siebt, auf die enge ren und unmittelbaren Beziehungen, die sich durch die Eisenbahnen in kleinerem Maaßstabe bilden müssen, also etwa zwischen nahen Lokalitäten oder zwischen großen Städten und ihren Umgebungen. Bei dem Um fang aber und der Ausdehnung, welche das Eisenbahn-System in Nord- Amerika gewonnen bat, ist es schon erlaubt, von höhcrcn Gesichts punkten auS den Gegenstand z» betrachten und die allgemeinen Ber- silcichungen aufzunehmen, die sich hier dem tiefer forschenden Blick auf dringen. Hierher gehört namentlich das Verhältniß zwischen Eisen bahn-Verbindung zu Laude und der Wasser-Communica- tiou, ein Verbällniß, das immer wichtiger werden muß, je mehr die Eisenbahn sorlschrcilct, und das gewiß nicht wenige ter großen Um gestaltungen enthält, welche das Dampf- und Eisenbahn-System über- bauvt prophezeit. ES ist hier nicht der Ort, in diese reiche Seite unseres Thema s näher einzugebcn; um aber daS, was wir meinen, wenigstens anzudcuten, wollen wir nur einen hiermit zusammenhängenden Umstand hervorbeben, ter für Amerika besonders interessant ist. Wie bekannt nämlich, bat die Sucht New-Fort durch ihren großartige» Handel ein entschiedenes Uebcrgewichl über die anderen Aasen der Union errungen. Die von keiner Konkurrenz beschränkte inländische Schifffahrt dieser Stadl, — der rasche und regelmäßige Lauf ihrer Dampsboole nach Albany, nach Harlsord, nach Providence, ja bis nach Charleston, — ihre Postschiffe nach Liverpool, nach London, Havre und vielen anderen Hasen, — ihre großen Kanäle, die Beförderer der Wasser-Comniuni. So ost von Meilen in diesem Artikel die Rede ist, stnd Englische ge meint, von denen 72 aus einen Krad gehen 1837. calion nach Nieder-Kanada und dem Champlain-See, nach den Seen Onlario und Eric, und nach dem ganzen Westen bin — und endlich ihre unerschöpfliche» HülfSqueUcn in dem Neichlbuw und dem Unler- nebmungs-Geist ihrer Bürger, dies Alle« schien dazu geeignet, ihr für eine nicht mehr ferne Zeit das Monopol des ganzen Handcls nach dem Auslande zu sichern. Die Städte zweiten Ranges, wie Philadelphia, Baltimore, Boston und Charleston, sanken täglich immer mehr zu Pro- vinzialstädicn herab und wurden in allen Haupt-Operationen dc« Han» dcls fast ganz von New-Jork abhängig. Ein großer Theil des inneren Handcls von Maffachuffens halte nach und nach eine direkte Verbindung mit dieser Stadl angeknüpfl. Es wurden Kanäle gegraben, die nach dieser Richlung führten, von den Grafschaften Hampden und Hampshire, und selbst von Worcester aus, dem eigentlichen Mittelpunkt des StaatcS. Boston, das früher die Hauptstadt von Neu-England gewesen, hatte beinahe aufgcbört, die Handels-Metropolc ihres eigenen SlaalS zu sevn. Die anderen Städte der Union litten unter einem äbnlichcn Einstuß. Der ganze Handel dc« Landes schien stch auf die Wcge beschränken zu wollen, welche sich entweder zu Dampf- oder Kaual-Schiffsahrt eigneten. — So standen die Sachen, als die Eisenbahnen in England cingrsührk und auch lii Amerika bekannt wurden. Gleich aus den ersten Proben dieser neuen Resse-Methode sah man, daß sic gceignet war, cinc große Revolution in Handel und Wandel hcrvorzubringen; daß die Richtung des Waaren- und Personen-Verkehrs, statt bloß an solche Wege ge bunden zu seyn, wo sich Wasser binleiien ließe, auch über Berge ge führt werden könne und durch jede von menschlicher Industrie belebte Gegend; und daß der Wohlstand der Städte nicht mehr bloß von ihrer zufälligen Lage an einem schiffbaren Strom abbängcn würde, der ihren Handel in ein weites Binnenland treibt, sondern von der Vorsorge und Thäligkeil ihrer Bewohner, sich selbst ihre HandelSwegc-zu schaffen und sie mit den Arbeiten ihrer Industrie zu versehen. Man kann sämmllichc Eisenbahnen in Amerika, die vollendeten, wie die im Bau begriffenen, in zwei Klassen absondcrn; in die erste gehören die, welche die Küstenlinie dc« Atlantischen OceanS bilden, und in die zweite die Verbindungen der Küstcnstädte mit dem Innern. Die Arbeiten der ersten Klaffe sollen, wenn man noch einige Dampfschiff fahrt«-Linien in der Mitte dazu rechnet, ein großes CommunicalionS- Systcm bilden von Portland in Maine nach Wilmington in Nord- Karolina, eine Strecke von »00 Meilen. Davon wird man über 800 Meilen, von Boston nämlich nach Wilmington, sobald die schon angefangenen Arbeiten vollendet sind, wahrscheinlich in vier Tagen passtrcn können, ohne des Nachts zu fahren. In Neu-England wird die Atlantische Linie von Portland oder vielleicht von Bangor anfangen und an der Seeküste hin durch Saco, Portsmouth, Newburyport und Salem nach Boston und von da durch Providence nach Stoniugton fortlaufen; nachdem man dann über den Long-Island-Sund, wo er 23 Meilen Breite hat, gekommen ist, soll sie fast in der ganzen Länge von Long-Island forlgefühtt werden, durch Jamaika nach Brooklyn und so in die Nähe der Stadl New- Jork. Dies wäre die unmittelbare Küstcnlinic. Doch neben dieser wird man noch andere, eiwas weiter landeinwärts, haben, durch einen großen Theil, ja vielleicht die ganze Strecke der Entfernung: so die erste von Portland über Dover, Srclcr, Haverhill, Boston, Worcester, Norwich oder Neu-London, und von da per Dampsboot nach New- Jork; und wieder eine andere von Boston über Worcester, Springfield, Harlsord und New-Haven durch eine Kctle von Eisenbahnen nach New-Jork. Von der Reihe der Arbeiten, welche diese doppelte und dreifache Communications.Linie längs der Küste der Staaten von Neu- England bilden werden, sind schon vier vollendet, nämlich von Boston nach Providence, von Boston nach Worcester, von Boston nach Andover und von Brooklvn nach Jamaika, was zusammen eine Strecke von 120 Meilen macht: sechs andere sind durch geordnete Aktien-Gescll- schaslrn schon angefangen und in rüstigem Forschrill: die von Provi dence »ach Sloningion, von Boston nach Newburvpori, von Andover nach Haverhill, von Worcester nach Norwich, von Worcester »ach Springfield und von Hartford nach New-Haven, wieder eine Strecke von 220 Meilrn. So weit wird die Reihe im Laufe zwei bis dreier Iabre, und auch die anderen Theile dcr beschriebenen Linien werden aller Wahrscheinlichkeit nach, wenigstens großenthcils, in einer nicht mehr entfernten Zukunft vollendet seyn. Sobald diese Eisenbahnlinien fertig sind, wird man den gewöhn lichen Weg von Portland nach Boston in ungefähr sechs Slundc» u»d von Boston nach New-Jork in zwölf Stunden zurücklegcn. Die vro-- jektirtcn Eisenbahnen zwischen Boston und New-Jork werden dem Nei sendei'. die Wahl lasten unter drei Straßen: eine durch Providence, Berlin, Freilag ven 25. August