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tie Glmb und Blässe ihres Gesichts und dcn sunkeluten Glan; ihrer Augen hervonreicn läßt. Man trägt Hüte, aber ach! was für Hutes Sie würden de» gemeinsten Dirnen in der Straße El. Denis ein ver ächtliches Lächeln abzwinge». Ich sah, denn vier sicht man Alles, kirschrolbe Seidenbüle und da;u grüne Sbawls, auch wohl gar Sbawls nnler den Manlillrn; das Spanische aus das Französische, das Grie chische auf das Barbarische gepfropft und die niedlichen Gesichter in dieses Grab aller Schönheit lebendig vergraben. Auch die Sprache verdirbt; das Französische bricht herein; der alte Castilianer hüllt sich in feinen Mantel und seus;t, wenn er die junge Spanierin die teotulias durch xuals« (soiri'cs) und ol lniaelur durch die tuulels (toiletle) ausdrucken hört, und wenn er aus dem Theater-Zettel liest, das; der und der Tänzer und die und die Tänzerin ein zinlleäu (pas «In ch-ux) tanzen werden, er nist niil Arguellcz, daß er das Kaucer- wälsch, welches in Madrid gesprochen wird, nicht mehr verstehe. Während ich hier erzähle, Hal man die Namen der Reisenden ver lesen, der Postillon Hal sich ans das vorderste der zehn Maultbicre ge fetzt, der Mahoral und der Zagal haben brüderlich den Sitz gctheilt, der Peitschen Knall zur Abreise ertönt, jeder Reisende schlägt das Zeichen des Kreuzes, und wir rollen nach Aranjuez. Da der Weg höchst traurig ist, nach aller kastilischer Sille ohne einen Baum, und man die Kulschcnsenster zumachen muß, um sich des höllischen SlaudeS zu er wehren, so will ich die Zeil dazu benutzen, unser Fuhrwerk zu beschrei ben. Boraus achl, zehn, bisweilen zwölf Maulesel ohne Führer, zwei und zwei zusammengespannt, aus einem der beiden vordersten ein kleiner Postillon; auf dem Bock der Mayoral oder Conducteur, welcher die beiden Maullhiere an der Wagendeichsel lcnkl; an seiner Seile der Zagal. Dieser Zagal ist der Pvladcs, der Eurvalus des Mahorals; er ist seine rechte Hand, sein Adjutant. Wenn ein Strang reißt, so fliegt der Zagal von seinem Sitz. Wenn ein Maulthicr stürzt oder aus dem Geleise biegt, wenn das Gespann der Peitsche bedarf, um cs in Galopp zu bringen — sogleich ist der Zagal unlcn, folgt den Maulthicren, peitscht, ermahnr sie, hält ihnen Elandreccn, wie weiland Amometon den Reu- «icrii des Achilles, rnsl sie bei Namen, saßt sic bei ter Ebre und schimpft sie aus; jetzt wendet er sich an die Capiiana, jetzt an die Coronela, und wen» er sie nun in gestreckten Galopp gesetzt hat, saßt er einen Niemen und schwingt sich mit einem Satz an tie Seite des Mavoral, welcher, majestätisch und leikcnschastsloS, ihn stillschweigend handeln sieht. Der Zagal gehört zu den Eigentbümlichkeite» Spaniens und ge deiht nur ans dessen Boden; er ist gewöhnlich klein, aber kräftig und lebhaft, und verbringt sein ganzes Leben mit Ad- und Aussteigen und Laufen. Ich glaube nicht, daß cs seit den olvmptschcn Spielen, wo die Ringelst sich mit Sand einricbcn, etwas Staubigeres, Schmutzigeres und Verwirrteres gegeben bar, als die mit Schweiß und Sand xoma- dielen Haare des Zagal, wenn cr mit seinen Maullbicrcn eine Vier telstunde gelaufen ist und sich keuchend und selbstgefällig aus seinen Sitz schwingt. Doch wir sind bereits in Aranjuez; wir wollen einen Augenblick verweilen. Aranjuez, die Königliche Residenz, erbaut durch Philipp V., war im Anfang dieses Jahrhunderts Zeuge der ersten Bewegungen Spaniens. Dort begann für dieses unglückliche Land die Bahn der Revolulioncu und der bürgerlichen Zwirlrachl; dorl stürzte der Frictcnssürst unter den ungemesscnen Verwünschungen des Volks; dor' legte der schwache und gutherzige Karl IV. die Krone nieder, welche er durch die Unbe sonnenheiten seiner Gemahlin und die Verschwendungen seines Günsi- lings beflecken ließ; dort betrat Ferdinand VII., noch jung, die Babu der Jnlrigue und der Täuschung, die ihn, unterstützt von gründlicher Kcnntniß des Spanischen Charakters, bis an sein Emde über den Haß und die Verachtung, welche ec sich zugezogen, tiiumphiren machte. Die Französischen Truppen drangen von allen Seilen in dec Halbinsel ein. Murat marschirle nach Samo-Sierra; Duhcsmc überrumpelte Barcelona. Der Vorwand eines Einfalls in Portugal reichte nicht mehr aus für so viele verdächtige Handlungen. Der Friekcnssürst, gcwicgt durch die Hossn«ng auf ein Königreich in Algarbien, schlummerte über der Ge fahr ein, und der im letzten Augenblick durch die drohende Gefahr auf- geschrcckte Hof dachte zu spät daran, sich nach Sevilla zurückzuziche», um im Noihsall Amerika zu erreichen, als die Bevölkerung vo» Aranjuez und Madrid, «ülbend über eine Entfernung, welche dem Vorrath glich, und, wie c« scheint, auch au-geregt durch die Umtriebe Ferdinand s, sich erhob und den Günstling stürzte. Der alle eingeschüchlerle König Karl dankte ab und gab so durch die Zweideutigkeit dieses wichtigen Schrittes dem treulosen Schied-richler-Spruch, kessen Napoleon sich zur Beschönigung seines Vorhabens bediente, einen scheinbaren Vor wand. Aber diese historische Erinnerung, so interessant sic auch immer fcvn mag, ist in Aranjuez niäu tie Hauptsache. Die ganze Geschichte Spaniens erbleicht vor dem Reisenden, welcher von Spanien nichts al» Aragonien und Castilicn geselle» hat, vor dem Bildt, das diese Oase der herrlichsten Vegetation, die so natürlich die nackten einsörmizcn Ebenen, welche man durchreist, unterbrich«, dem Auge darbiclck. Der Tajo, der den Park von Aranjuez durchströml, belebt den Bade», de» sonst überall die Sonne aucdorrl, mit nahrhafte» Säften. Wie ei» Wunder siebt man in den struppigen Ebenen, welche kaum einige bestaubte Rosmaricn ernähren, Ulmen, Platanen, Pappeln und liesenhasie Jetern sich erbeben. Das einige Schritte davon so dürre Land entlehnt vou der wohltbätigru Feuchtigkeit des Tajo eine solche KraN nnd Fruchtbarkeit, daß ich Ulmen sand, welche nahe an fünfzig Fuß Umsang halte» und gewiß den reichsten Wäldern unscrrc ge mäßigten Zone Ebre gemacht haben würden. Ich wundere mich, daß Aran;mz keinen größeren Ruf in Europa hat; den» außer Valencia, von wo ich dies schreibe, kann ich sagen, daß ich noch nirgend in Spanien kille großartigere Natur sah Der Palast, den ich vor einigen Monaten Gelegenheit batte, im Einzelnen zu besehen, bietet nichts be sonders Merkwürdiges dar. Mehr des Ncicbihums als des guten Gc- schmac?- wegen kann man die Eaza del Labrador, einen kleinen als Lnst- häusch»» benutzte» Pavillon, ansühicn, iu welche der alte Karl IV. Millionen vergraben hat, um sich wegen seiner Unglückssalle zu zer streuen. Das Gold- der Marmor, die kostbaren Tapeicn und einige schöne Malereien, jetzt ter Aussicht eines SchloßvogtS auhcimgcgcden, sind ein bleibtiides Zcugniß dieser Königlichen Langeweile. lieber Aranjuez hinaus fängt die Unfruchtbarkeit wieder an, aber in einer neuen Gestalt, welche sich noch immer greller zeigt, wenn man Lcanua bintcr sich Hai, Von Ocanna habe ich wenig mchr zu sagen, als daß in dem Gasthof, i» welchem mau zu Mittag ißt, die Wände mit schlechten, in Paris in der Straße St. Jacques gemalten Bildern tapeziert sind, welche die Waffcnlbalcn des Kaiserreichs, den Tod Poniatowski s '.c. und endlich die Wegnahme Algiers karstellcn, bei welchem letzteren Gebilde der Künsiler, ohne Zweitel ans Gewobuheir über alle Napoleons, welche er gepinselt, dem Herrn Admiral DuperG mit dem woblderühmien kleinen Hut den Kops dcdcckl Hai. Indes; haben mir alle diese elenden Sudeleien mit ihrem erklärenden Franzö sischen Tert mehr Vcrgniigen gewährt, als cS Zcichnuuzrn vou Raphael hätten tbün können. So friedliebend wir Franzosen auch seit einiger Zeil geworden sind, so ist unS doch das Andenken des milnairischki. Ruhms im Grunde des Herzens verblieben, und selbst das plumpe, zur Bewuuteruug der Mautthienrciber bestimmte Bild unserer Sicge in ciner Herberge der Mancha, und zwar zwischen Madrid und Bavlen, dei einer Bevölkerung, weiche uns feind war und noch diesen Lag. durch falsche Meinungen irre geleitet, uns nur gar zu gern sür sein gegenwärtiges Unglück vcramwoniich macht — selbst ein solches Gebilde kitzelt das Bischen miUiairische Eitelkeit, welches ;edcr gute Franzose in sich trägt, und dringt der Magd der Herberge ein Geldstück mehr ein Ich sagte, daß die Unsruchtbarkeil in Ocanna eine anderc Gestalt annimmt; wir sind jetzt bereits mitten in die Mcmcha cingedrungen Diese traurige Provinz bildet eine große Ebene ohne Wasscr, kiine ein zige Erhöhung des Bodens, kein Baum; es ist ein armseliger Landstrich, aus welchem das Auge nur iu scincr cigcncn Schwachheit Glänzen fin- dci. Im Süden, weil ab von der Landstraße, erscheint die Sierra Morena wie ein Nebel am Horizont, dazwischen liegen ungehrurc Wüsten sch'spoblsücm), auf welchen man vier und fünf Stunden reisr«. kann, ohne eine menschliche Wohnung zu gewahren. Die Geduld des Menschen scheint au diesem Lande vcrzwcisclt zu sehn, von dem man sagen kann, daß das Leben es unwerlh findet, sich auch nur in ter Gestalt eines Krautes oder ciner Pflanze zu zeigen. ES fliebl nichts Melancholischere« auf der ganzen Welt, als diese weite Einöde, wo die Sonne auf- und unlergehl, obnc etwas Ledcndigcs beschienen zu habe», und tie nackte Erde, ihren scurigcn Strahlen bloßgrstclli, sich spalicl und anstrockuci. Es ist die Wüste ohne ihre Stürme, ihre Sanbwirbel und tröstenden Bilder ter saka moo^.-ma, es ist tie gemeine prosaische Wüstc. Nur hicr und da zerstreut findet man aus dcm Wege einige Flecken, deren armselige an cinaudcr gelehnte Hüllen nichl übel jcncn unglücklichen Hammeln gleichen, welche, da sie nichl« mehr ablugrasen finden, schwadronweisc zusammengedrängl, dcn Kops des cjnen zwischen die Beine des anderen gcsteckl, um sich geocnseiiig vor der Sonnenhitze zu schützen, unbeweglich auf cincm Slovpclfeldc stehen. Die menschliche» Bewohner der Mancha leiden unlcr dem grausa men Druck der Natur. Der Manchego, der wenig von scincr Ai bcil zu hoffcn Hal, ist in Folge davon cin träger Vagabund. Mangel und Unrrinlichkeit veizehrcu ihn. Die Landstraße ist von Bettlern, au Krücke» gebenden Kindern, welche wieder andere splitternackte Kinder auf le» Armcu trage», belagert All und Jung, Alles bettelt, und einc unbegränzte Faulbeil bilde« beinahe das einzige Erblhcil, das diews herabgcwürdizlt Geschlecht gclrcu aus seine Nachkommen übertragt. Ich brauche nicht weiter zu sage», daß der Manchego bei scinrn Nachbar» iu eiuem abscheulichcu Ruse sicbl. Er widmc« sich gern der Conlrc- bande, einem berumstrciscndcn Lede» oder dem Dicbsiabl, leg« sich gern in einem kleinen Tanneu-Wälrchcn oder milten aus dem Despoblado in Hinierhalt, nm dem Postwagen auszulaucru und denselben auszuplün- dern, während dieser, bekannr mit dcm liebcn Treiben der Mancha, nur mit zwei oder drei EscopcleroS auf der Imperiale, davon jeder uuc einem guten Gewehr und scharfen Patronen im Gürtel versebcu, die Fahrt umernimmt. Dian sagt auch, daß dir Parteigänger, welche un- ausbörlich iu der Mancha hcrumschlcichcn, diesen nalürlichen Anlagen zahlreiche Rekruten verdanken. Man kann buchstäblich bchauplcn, daß die eine Hülste der Mancha aus Unkosten der anderen lebt, und in allen Herbergen, wo wir cmhicllen, um zu effc», erfubrk» wir jedes Mal, daß tie Sircis-CorpS zwei, tret oder vier Mal vorüber gekommen sevcn, und daß das Küchengerälh, aus Furcht vor einem Uebersall, die Hälfte der Zeit aus den« Grund dcs Ziehbrunnens zubrachte. Ein ciuzigcr Ruhm bleibt dcr Mancha. ErrvanlcS bat aus dersel ben das Vaterland und den Schauplatz ter Tbaten scines Helten ge macht. In ihr wurden der große Don Quichote und sein unsterblicher Slallmcister geboren, in ihr starben sie, und die Vvlkssage zeigt »och einige ihrer glorrcichen Schlachtsclder. Rechts von der Landstraße, einige Meilen von Quintanar de la Ordcn, zeigte man uns Toboso, das Laicrland der Dulcinea, auf der Landstraße selbst die Herberge, wo dir Hcld zum Riner gcschlagn« wurde, und nwaS wcilerbin links die vundrrlarmigcn Riesln, welche ei« kifersüchligcr Zauberer iu Windmüblrn verwand»!»-, und welche sciltcm nichl aushören, sich unter dieser vercwig- lcn Gestalt durch den bckanulcn denkwürdigen Lanzenfloß z» bewegen. Wenn «»an Albacclo, eine ziemliche bedeutende Stadl und ter Hauptork der Provinz, wrlchcs wegen der Fabricalion scincr Messer in Svanicii cbiu so bckanul ist, als Cbatellerault in Frankreich, passir: Hai, läßr man Chinchilla, eine alic graue Stadt, ähnlich einem Adler,Ncsi am cinein Felsen, links liegen und befindet sich G^kurzkr Zeit in LUmanza, wo dcr Herzog von Berwick am 25. April 1707 die berühmte Schlacht gewann, welche Philipp V. die Krone von Spanien sicherte. Ich will mich nicht dabei ausbalten, von Manöver» und Kricgs- kunst zu r^ählcn; dic Schlacht von Almanzo. war vhvc Zwtiscl linc