Volltext Seite (XML)
322 Artillerie, Iea» Durand, aber gar 37 Livre» S Sou» und 6 Deiner« gezahlt habe, weil dieser Letztere an dem besagten Lage seine Kanonen ans dem Greve-Platz aussahren ließ, um da« Feuer mil dem Donner seine» Geschützes zu bcgrüljen. Auch ersubr ich aus derselbe» Quelle, daß das Festmahl, mil dem die gule Sladl Paris damals den König bewitthel, ausgezeichnet reich und glänzend gewesen und übermäßige Kosten veranlaßt habe. Meister Ivhann de la Bruvöre, Bürger und Kaufmann von Pari«, halte zu jenem wabrhast königliche» Imbiß nicht weniger al« 24 Psd. der verschiedensten Konsekie zu 23 Sou«, 12 Pfd. Zuckcrwcrk zu SO Sou«, 4 große Marzipan - Tonen für 60 Sou« und endlich 3 kolossale Französische Wappen, au« dem feinsten Zucker kunst reich geformt, für 2S Sou« geliefert. Aber alle diese Nolizen konnten mich doch nicht aus die Spur meiner galante» Katze führen. Ich durchblätterte die Rechnungen aus jenem denkwürdigen Jahre mil noch größerer Aufmerksamkeit und enldeckle endlich solgende Anmer- kuug: „Für Lucas Pommercnvr, Aufseher ter Kai« der Stadl, der zu dem Iohannisscucr IS73 so wie auch in den beiden vorhergehende» Jahren zu derselben Festlichkeil die nölhigen Katzen, nebst einem große» leinwandenen Sack, worin besagte Thicre eingeiperrl waren, geliefert: 100 Sou» Parisi«." Da hätte ich also den Sack aufgefunden, worin wahrscheinlich meine galante Katze mit alle» anderen gesteckt hat, die dazu bestimmt gewesen, in den Flammen umzukommen und da« Volk durch ihr ängst liches TodeSgeschrei und ihre Zuckungen zu unterhalten; aber wie sollte ick ibn öffnen, um da» interessante Thier berauszubckommen und e» um sein Abenteuer zu befragen, um jene dcrübmie Begebenheit von ihm zu erfahren, die die Heiraih der edlen Dame Katharina Quiqurbcenf und de« Capilain» du Ru berbcigcsübn bat« Ich wußte nicht mebr, auf welche Art ich meine Nachforschungen fortsetzen sollte, al« ich mich mil einem Male eines allen Buches erin nerte, das ich von einer meiner Reise» in» südliche Frankreich milgebracht und das solgenden Titel bat: „Ilisiolros ja^nuse« Si: galante«, »ne pnur eüaczue j»ue üo l'annee." — Mit allem Berlraucn, da» da« Vorgefühl eine« glücklichen Erfolge« un« gcwöbnlich rinfiößt, ergriff ich meinen allen Schmöker, öffnele ibn und la« wirklich unter dem Dalum de« 23. Juni: „Da« derühmle Adcnleuer der galanten Katze und dessen Folgen." Ich glaube nicht, daß Christoph Columbus, al« er die neue Welt entdeckte, glücklicher war, als ich i» diesem Augenblicke. Hier ist nun die famose Geschichte: Am 23. Juni 1S73 bemerkte man in einem Winkel de» Grövc- Platze«, bart an der Barriere, die dort von den Büchsen-, Pistolen- und Armbrustschützen der Stadt Pari» gezogen worden, um das Volk in Ordnung und von dem Johannis-Fencr scrii zu halte», eine schöne, junge, reich gckleidete Frau, die aber in Blick und Haltung de« Kopfe« mehr Stolz zeigte, als e» wohl einer Bürgerlichen zukam, die doch nur ihres Gelbe- wegen von dem edlen Herr» von Quigucboeuf gebeiralbct und in den Adrlstand erhoben workrn war. Da aber ihr Gemahl vor einem Jahre gestorben, so war sie Wilwe und von einem großen Schwarm von Verehrern limgebcn, die ihr lheilS ihre« großen Ver mögen«, lheil« ihrer Schönheit wegen den Hof machten. An diesem Tage war e» keinem der Kavaliere, die ihr huldigten, gelungen, ihr ein Zensier zu verschaffen, von wo au» sie bcgucm bas Feuer mit anschen konnte, und deshalb Halle sic sich entschlossen, nach dem Gräve-Platz zu gehen, um mitten unler dem Volke der Festlichkeil beiz,-wohnen. Fünf oder sechs ihrer eifrigsten Anbeier ballen sie torlhin begleilcl und umgaben sie jetzt, um ihre reichen Kleider vor der Berührung de» Pö bels und den Eckeeren der Bentelschneider zu schützen, die sie schnell genug aller Zicrralhe» und Stickereien beraubt hätten. Indessen wäre cS ihr dock nicht gelungen, so weit rorzudringen, wenn'der Capitain Pierre du Ru nicht einige ihrer Begleiter erkannt und seinen Schützen befohlen bätte, ihr Bahn durch die dichte» Massen Volke» zu brechen und sic an einen sicheren Ort zu geleiten. Er sah die Dame Katha rine zum ersten Mal, und da sic außerordentlich schön war, suchte er sich ihr zu naher» und sagte ihr, wie glücklich er sich schätze, daß cs ihm gelungen wäre, einer so edlen Fran einen kleinen Dienst zu leiste». Kalbarine Luigueboeus antwortete stolz und kalt; der Capital» zog sich gekränkt zurück, aber dennoch war es ibm nicht möglich, der Unbcka»»- tcn zu zürnen, so sehr hatte ibre Schönheit ibn entzückt. Cr hielt sich also in ihrer Nähe, um ihr Benchmcii gegen die jungen Edellcuie, die ihr zur Eskorte dienten, zu beobachten, und sah bald, daß sie sich wie eine Königin ro» ihnen auswartcn und bedienen ließ, aber es ward ibm nicht klar, ob Einer derselben der glückliche Auscrwäblie scv, mit dem sie ihren Thron tbeile. Indem er sie so unverwandt betrachtete, demcrllt er, daß sie sich lachend mit einer alten ärmlich gekleideten Frau nulerhiett, die seit zwci Stunden auf derselben Stelle neben ihr stand und nicht anshörcn wollte, zu jammern und zu wehklage». Der Capitain körte da« Gelackter der Dame und der Herren, er sab die Tbränen der Alten, und als er näher trat, um die Ursache diese« Kum mer» und jener Lustigkeit zu erfahren, vernahm er, wie die Alic zu einem ter Kavaliere sagte: „Beim heiligen Johann, Herr, ich möchte sie Euch gegenüber scheu, und ich wette, daß ihr Schnurrbart dem Eurigen Furcht machen würde, denn er ist besser aufgcstutz», al« ter aller unserer schönen, süßen Herre», die da« Gefolgt cincr Prinzessin bilden!" — „Heda, Alic!" rief Pierre du Ru, „beleidigt mir tiefe edle Dame nicht, oder ich lasse Euch von meinen Schützen festnebmen und in» Geiängniß werfen!" — „Sachte, sachte", erwicderte die Frau, „warum mischt sie sich unter uns, wenn sie nicht hierher gehört« Ist es denn übrigen« nicht schon genug, daß die Hoslcute un« unser Geld und unsere Thirre zu dem Feste nehmen; müssen sie un« auch noch von unserem Platze verdrängen, wenn wir da« Feuer sehen wollen?" — „Schweigt, Alle!" ries tu Ru, „oder.. .." — „Mein Herr", unter brach ihn Dame Katharine, „tiefe gute Frau amüstrt mich, und Sie nehme» sich der Sache eifriger an, al« man e« von Ihnen verlangt." Der Capitain fühlte sich noch tiefer gekränkt al» vorher und ge lobte sich in seinem Innern, alles Mögliche zu Ibun, nm eine Gelegen heit auszufinden, diese stolze Schönheit ein wenig zu demüihigcn. Er zog sich also auf« neue zu seine» Schützen zurück und konnte nicht hören, wie angelegentlich sich Katharine nach ibm erkundigte; den» sic war srappirl von seinrm männlicheii Gesichte, seiner ritterlichen Gestalt und Haltung und dem edlen Anstande, mit dem er die Hand auf da« Hest seines Legens stützte, als ob cr sagen wolle: „Diese gute Klinge hier bürgt für mich." Indessen war ter König Karl IX. angekommen. Ma» halte ibm eine große, zwci Pfund schwere, weiße Wachskerze, deren Griff prachtvoll mit rothem Sammet garnirl war, überreicht; Sc. Majestät waren dar auf an te» Iohannisbanm gctrclen, balle» mit höchsteigene» Hände» da» erste Reisbund desselben angczündcl und begaben sich darauf in da« Slatlhau« zurück. Nach und nach ergriff da« Feuer die hölzernen Gefäße und leeren Tonnen, die rund um den Baum hoch aufgclhürme waren, und während mm Michel Noiret, der geschworene Trompeter te«. Köniz«, mit sechs seiner Gefährten Tusch blies und die Posaunen er tönten, zeigte sich dem Volke ein Schauspiel, da« es mit lautem Iubel- geschrei begrüßte. Die Katzen, die bis dahin am Fuße des Baumes an gebunden gewesen, wurden ;ctzt frei gelassen und fingen nun an, mit kreischendem Gewimmer ängstlich hin und herzu lausen; einige kletlcrlc» an dem Baume in die Höhe und fielen dann in das lodernde Feuer herab, andere stmzlcn sich mit wilder Wuth in dic Flammen und er- boben, mil dem Tode kämpfend, ein beläubcndcS Angstgeschrci, welche« bas Geräusch der Trompelcn und Posaunen überlönle. Plötzlich schwang sich mille» aus den Flammen cinc ungeheure Katze empor, klellcrlc bis zu der höchsten Spitze te« Maste«, wars von oben herab rollcnte Feuerblicke um sich her, und in demselben Augenblicke Hörle man mitten unter dem Gelächter und Freutengeschrei der Volksmenge die Stimme einer alten Frau, die aus Leibeskräsicn schrie: „Da ist erk Martial! mein Kater, Martial! Martial! Martial!-" Es war die alte Frau, tie neben Kalbarine stand und jetzl ihren Liebling wieder erkannt balle. Auch das Tbicr batte tie Stimme seiner Gebieterin gehörtp denn in kem Augenblicke, wo es nahe daran war, in den Flammen- wudeln zu verschwinden, sprang c« mil einem ungeheuren Satze von dem Maste herab und fiel jenseits de« Feuerkreises, ter den Baum umgab, zur Erde nieder. Die Sergeanten, die in ter Nahe waren, um die Gluch anzuschüren, wollten die Katze wieder einsangen; aber sie entwischte und fiüchlete sich, unter dem lauten Geläckler und Beifalls ruf des Hofe» und Volkes, zu ihrer Gebieterin hinüber. Aber plötzlich mischten sich Iammcrtöiie und lanie« Angstgeschrei in diese« Gelächter. Die Katze Halle sich nämlich, wahrscheinlich um vor alle» Verfolgungen sicher zu sepn, unler die Röcke der Dame Katha rina verlroche» und diese so gebissen und zerkratzt, daß die arme Frau den Edclleuten, die sic begleiteten, obnmächlig in die Arme gesunken war. AIS diese sie au« der sie umringenden Volksmasse trugen, bemerkte der Capitain du Nu, dcr sich bei diesem tragt-komischen Vorfall der boch- mülhigen Schöne» wieder genähert hatte, auf der Erde ein weiß atlas- nc« Band, das mit Silber gestickt und mit rosa Bandschlcifcn besetzt war; er hob es auf und sab, daß c» das Strumpfband ter Dame Ka tharina sey, welches die böse Katze ihr wahrscheinlich loSgcrissen, wäh rend ihre abscheuliche» Kralle» dic glättend wcichc Sammethaul der Dame zerkratzten. Du Rn steckte da« Strumpfband ein und verwahrte c« sorgfältig, ohne zu ahnen, daß er ihm einst sein Glück zn verdanken haben werde. Kalbariga von Quiqucbocuf war länger al» einen Monat an den Folgen ihre« Abenteuers trank, nick während dieser Zeit erkundigte sich der Capitain täglich nach ihrem Befinden. So viele Tbcilnahme und Aufmerksamkeit gefielen der stolze» Fran, und al» sie genesen war, er taubte sie diesem treuen Verehrer, daß er sie besuchen und ihr den Hof machen dürfe; dabei balle sic aber nnr dic Absicht, die Zahl der eifrigen Galan«, die sie umschwirrten, durch einen jungen schönen Edel mann zu vermehren; denn sie war eben so gefühllos, wie kokett. Dil Rn verschwendete also umsonst die zärtlichsten Blicke und feinsten Ga- lanteriecn; keine Belohnung ward ibm zu Theil, und scheu verzweifelte cr an dcm glückliche» Erfolg seiner eifrigen Bewerbung, al« man eine« Tage« in Gegenwart der schönen Spröden von einer Heiraih sprach, die nächsten« stailfinden sollte, und dcr jüngste dec Kavaliere ausricf: „Aber mir ist der schönste Tbeil des Festes vergönnt; denn ich werde der jungen Braut da» Strumpfband lösen."' — „Wahrhaftig", sagte Dame Katharina, mit verächtlicher Miene, „ich begreife nicht, wie eine Frau sich dieser abscheulichen Cercmonie umerwcrsen kann; ick meiner seits , ich wußte wohl mich davon frei zu machen an dem Tagt, wo iich Herrn von Quigueboens heirackrtr." Durch eine jener Inspirationen begeistert, die der Liebesgott zu weilen den treuen, aber unglückliche» Liebhabern einzuhauchen pfl.'gt, siebt du Rn auf, und er, der sich gewöhnlich nur mit einem schüch ternen, ängstlich bingeworfenen Worte in die Unterhaltung zu mische» pflegte, antwortet mit leichter, offener Miene: „Meiner Treu, Madame, wenn Eie es auch nicht an ihrem Hochzeitstage erlaubten, so ist da« doch ei» andermal geschehen; denn ich selbst besitze eine« Ihrer Strumpf bänder, das Ihne» einst ein zudringlicher Unverschämter entwandt bat!" — Dic Dame ward vor Zorn bald blaß, bald rotb, und rief au«: „Was Ihr da sagt, Herr, ist eine abscheuliche Lüge, und e« tbut mir nur leid, daß ich wcder Bruder noch Gemahl habe, die Euch für solche Groß sprecherei und Bosheit zur Rechenschaft ziehen könnten."" — „ES be darf keine« Bruder« oder Gemahl«"", riesen alte Edelleute wie cm« Einem Munde, „wir übernehmen e», den Capitain du Ru für seine lügenhaften Reden zu strafen; er soll e« wohl bereue», eine so schöne Frau beleidigt zu haben." — „Ruhig, ruhig, meine Herren", erwie« drrte tu Ru lächelnd, „wie viel Duelle werden mir denn da mit eincm- male angcboten« Siebe», glaube ich, den» Ihr scvd gerade so viele Kavaliere. Nun gut, ich nehme sie alle an, doch unter der Bedingung,