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ich von den hier abgcbildctcn Barbaren weiß; denn wie würde sonst selbst Ting die Gesichter der Barbaren mil voller Wahrheit malen kön nen, wen» er die Geschichte »ichl nur ihrer selbst, sondern auch ihrer Borfahrcn nicht kenn!« Der männliche Barbar mit dem dicken Bauch hieß Forlstoff und ward mil der Zeil als Wundarzt Forlstoff berühmt"), weil er wahr scheinlich in der Armee des Barbaren-König« (von welchem ich Dir ein andermal erzählen werde) ein geschickter Feldscherer war. Forlstoff « Baler war ein gewisser Sbak oder Shake, Speare oder Spear; die Barbaren machen nämlich schrecklichen Sireiilärm über diese» zweifel. haste e. In nicht« zeigt sich die Unwissenheit der Englischen Barbaren kläglicher, al« in dem Ursprünge, den sie diesem ihrem Shak geben. Nach ihrer lächerlichen Angabe soll er, gleich dem großen Brama, au« einem Eie h»vorgcga»zen sehn am User eine« Strome«; in tausend Büchern nennen sic ihn deshalb den Schwan von Haveone (Avon). Wenn Forlstoff im späten Aller da« Stehlen nicht lassen konnte, so verdankt er diese« Laster seinem Baler Shak, der so lange gestohlen Hal, besonder« Antilopen, bis er gezwungen war, von seiner Heimath nach London, der heiligen Freistätte aller Räuber, zu stieben.") In London war er sehr arm, und da e« dorl keine Anlilvpen giebt, so mußte er sich mil anderen Thieren befreunden; er mußte nämlich die Pferde reicher Barbaren hüten, während diese in einem Tempel (Theater) am Strom-User ihre» Gottesdienst verrichteten. Lamal« machte ec Hufeisen für die Pferde, und diese Hufeisen stehen in großer Bergötte- rung bei den abergläubischen Barbaren; sic bezahlen sie mit den höchsten Preisen, nageln sic aus dir Schwellen der Häuser und Scheunen und glauben lhörichlerweise, daß dadurch weder Feuer noch anderes Uebel , über die Schwelle dringen kann. So dumm sind die barbarischen Götzendiener. Endlich wurde Shak im Tempel selbst zugelasse», und hier zeigte er sich als einen Meister der größten Kunst. Er schrieb Dinge aus Papier, die, wie man sagt, die Leitte bald lachen, bald weinen machen; die Geister vom Himmel und Teufel au» den Gewässern bewegen; die da« Herz der Menschen öffnen und sehen lassen, was darin ist; die bald die Krone vom Haupte eine« Königs reißen, bald dem Bettler Flügel verleiben. Und all diese« soll Sbak grthan haben, ohne jemals stndirt zu babcn. Nein, lieber Ting, er war nicht gleich Sing, welcher, obgleich ein armer Kubbirt, doch weise geworden ist durch da« Buch, welche« er beständig zwischen den Hörnern seiner Kuh halte, auf welcher er cinberzog. Der wunderlhätige Shak wurde durch seine Lhalen bald reich. Selbst die Barbaren-Königin lächelte ihm und warf ihm einmal gar mit glübenden Augen ihren Handschuh zu; allein Sbak, sagt man, gab zum größten Aerzerniß der Königin den Handschuh zurück, ohne weitere Rücksicht aus die verliebte Einladung. Nachdem er im reiscrcn Aller den Zaubcrstab wcggelegt hatte, kehrte er in seine Heimalb zurück und lebte da als schlichter Mensch, und, wa« einem bochmülhigen Mandarinen unglaublich scheinen mag, er hielt sich selbst, trotz der großen und vielen Wundcrlhalen, nur sür einen einfachen Menschen. Er baute sich hier ein Hali« und pflanzte sich einen Baum. Da« Hau« ist zerfallen, aber die Narren von Bar baren nabineu einzelne Steine davon, di; sie im Inner» ihrer Zimmer ausdcwahren und, ich zitiere, indem ich es »iederschreibe, so heilig hal- !»», wie wir den Altar unserer Gottheit. Der Baum ist von einem hirnverbrannten Aakir umgebauen wor den, aber die Späne desselben werden ebenfalls göttlich verehrt. Dieser Baum war ein solches Wunder, wie derjenige, welchen Deine eigenen Augen, o Ting, gesehen babcn; ich meine den Baum, dessen hcrab- gefallenc Blatter, so wie sie den Boden berühren, Mäuse werden."'") Die Blatter des Baume«, welchen Shak gepflanzt, sind Menschen ge worden, und an einem gewissen Tage jede« Jahre« kommen sie zusam men, mit Zweigen von Maulbeerbäumen um die Häupter, in festlichen Kleidern, singen Lieder zum Lobe Shak « und trinken Wein in seinem Namen. Noch Bielcs könnte ich Dir, geliebter Ting, von diesem Sbak, dem Baler Forlstoff'«, erzählen, wenn ich nicht jetzt zu seinem berühm testen Sohne Forlstoff übergeben müßte. Dieser wurde zur dritten Stunde tc« Morgen« geboren, und bei seiner Geburt zeigte die Dicke seine« Bauche« und sein weißes Haar schon die künsiige Größe an. Bon der Geschichte seines Iugendlcben« ist nur sehr wenig bekannt. Er soll früher in den Tempeln der Barba rei, gesungen haben, sich durch seine zarte Stimme Bewunderer ge schafft, sie aber durch Uebcrlecibung verloren Hadem Nachher trieb er sich mit Taschenspielern umher, und dürste man den Barbaren, welche die Lüge sür kein Laster halten, glauben, so hätte Forlstoff aus seinen Kunstreiscn unerhörte Wunder vollbracht. So kroch er einmal durch den Ring eine« Aldermans) wie ein Wurm und wurde deshalb vom Könige befördert. Nach diesen Thaten verband sich Forlstoff mit einem gewisse» Prinzen, Sohne des Barbaren-König«, und anderen Straßenrändern. Forlstoff trieb sein anzeerblc« Dicbrclastcr so weit, daß er den KönigS- <obn damit anstecklc. Doch war dieser so klug, eine Maske vorzuncb- me», wie ein kluger Englischer Prinz immer thuli Forlstoff fiel in Un- ") Im Englischen Trete steht- Nil- buE» a- 8»rxenn i-ori-esir, wobei Jedermann leicht den Win des Wortspiels 8>r soUn mit Kurgeon erkennen kann, welchen unser Engländer im Sinuc hat. Der Briefsteller muß das Englische gut aussvrechcu, wen» er mit 8ur verwechseln konnte; da er aber 8«rl^g statt xal^raff fvriche, so hatte er wohl noch ein bischen weiter gehen und rut-tuN'lesen können, dann wäre auch der dicke Bauch bezeichnet. "> Shakesveare soll bekanntlich wegen kleiner Jagdfrevel gcnöthigt gewe- >en se»n, -eine Vaterstadt Stradford am Avon zu vertanen. «eene Navarrete'« „China" in Betreff dieses Baumes. t) S- Heinrich IV. rter Theil 2tcr Auf;, sie Scene. 316 gnade bei dem Prinze», ward von ihm zum Heere geschickt, wo er nach einem Pursy (i'oro)-) schnappe» mußte, wie früher nach einer Purse (Börse) und ihn auch wirklich erlegte; die Ehre des Siege« wollte ihm freilich der Prinz entreißen. Nach dem Kriege ging Forlstoff nach Wincer (Windsor), um mit dem Könige dorl Mittag zu speisen. Hier verliebte er sich in zwei Weiber zu gleicher Zeit, wurde von ihnen in eine» Wäschkorb gesteckt und ins Wasser geworfen, woraus er sich nur mit harter Noth durch Schwimmen rettete. Der arme verrathene Forlstoff wurde noch oben, drein zur Strafe in ein Hornvieh verwandelt, worauf er bald in Ber- zwrislung und Wahnsinn stirbt. Du wirst nun, geliebter Ting, au« den wenigen Worten nach Deiner Weisheit und Tugend da« Gemälde Forlstoff « und seiner zwei Weiber rollenden." — Wir fragen zum Schluffe den nnparleiifchen Leser, ob unser Ching in seinem Kommentar zu Falstaff nicht höher als viele Kommenta toren Shakespeare'« stcht, und ob c« unnütz wäre, wenn Lord Palmerston eine Truppe Englischer Schauspieler nach Ching s Baterlaude schickte? Bibliographie. X InRorical in<znic)t into tl>o unckangeabl» charaeter ok a rvar in 8zwin. — 2^ Sh. 8n»rlo^g»cv, nr tleo ÜNZ lienü. — Roman, von Cap. Marryat. 3 Bde. 31; Sb. lAemorisl» ot Oxtorsi. — 3 Bde. 28 Sh. Imziressinn« st Imme anü ahroafl. — Bon I. R. O'Zlanagan. 2 Bde. 21 Sh. Hie ,viüu»'.8 «siering. — Bon W. Pitt Scargill. 2 Bde. 21 Sb. 'I'rsvels in ^sleRinv and 8vris. — Bon G. Robinson. 2 Bde. 21 Sh. Narrative ok Oantain ff. k'awlcner's trsvels in >Vost-.4lrica. , — 4 Sh. PI>e Naturalist 8 librarv. Vol. XVIII. Vnreiun Lutterüies. — st Sb. Mannigfaltiges. — Genealogie des Zucker«. Ein in England so eben unter dem Titel; „Nuterhaltungen über Nalur und Kunst"") erschienenes Büchlein enthält unter Anderem einige interessante Notizen zur Ge schichle des Zucker«. Zuerst ward der Jucker i» dem Lanke angebaut, das so viele Dinge und Erfindungen früher kannte, als andere Lander, nämlich in China. In Europa ähnle man noch nichts von diesem süßen Genuß, als man in China schon zweitausend Jahre laug sich daran er quickte. Die Griechen haben ihn zwar bereits gekannt, jedoch nur als etwas sehr Kostbares und Seltenes, und zwar wohl nicht vor der Zeit des Theophrast, der seiner zuerst erwähnt. Er erhielt damals, weil man ibn wahrscheinlich nur in seiner sandarligen weißen Gestalt kannte, den Namen „Indisches Salz". Die Chinesen verstanden es jedoch auch schon, ihn zu rasfinircn, und Plinius erwähnt seiner als Zuckerkand. Bon China war er inzwischen westwärts nach Indien gewandert, doch balle er noch nicht den Gange« überschritten. In Indien erhielt er den Namen, den er jetzt »och führt, nämlich „Xuocar mit dem Bei satz .,nmmlm", d. h. „Zucker de« Bambus." Bon den Europäischen Lölkcrn de« Mittelalters waren e« die Portugiesen, die de» Zucker zuerst, und zwar in den westlichen Häfen von Indien, kennen lernlen. Nach orientalischer Weise erzählten die Indier jedoch Wunder und mystifizirten die Portugiesen über den Ursprung desselben, so daß in Europa mancherlei darüber gefabelt wurde und die Gelehrte» sich über die Erzeugung diese« süßen Produkte« die Köpfe zerbrachen. Einige berühmte Theoretiker erklärte» cs ganz einfach für morgenländi schen Honig; hiergegen wurde jedoch cingewendet, daß sich durchaus keine Spuren von Bienen, wie in jedem anderen Honig, darin ent decken ließen; da meinten denn die Herren Theoretiker, die sich Von unwissenden Praktikern nicht leicht verblüffen lassen, daß dieser Honig ohne Bienen erzeugt werde. Andere behaupteten, es sey ei»e Art von Manna, der in Indien vom Himmel herabfalle. Hiergegen ließ sich denn freilich gar nichts »wieder»; im Gegeutheile waren vielmehr die Weiße, Reinheit und außerordentliche Schmackhaftigkeit des merkwürdi gen Produkte« miwidersprechliche Beweise für diese Behauptung. Bald ging auch die Chemie an die Untersuchung des neue» Manna und er- ilärte e« für den verdichteten Ausfluß eine« Baumstammes, das sich nach Art de« Harze« der Kirschbäume bilde. Eine Erklärung war, wie man siebt, immer weiser als die andere, wozu nun noch die des ge meinen Bölkes kam, die wenigsten« den Anstrich de« Romantischen für sich hatte. Der Volksglaube hielt den Zucker nämlich für da« Werk Indischer Hexen, die ihn an den Hörnern des Mondes wahrend de« ersten Viertels einsammclien. Endlich aber setzte Marco Polo die ganze Europäische Welt in Erstaunen, als er von seinen Reise» nach Venedig zurückkehrte und mil dem Zuckerrohr in der Hand da« Ee- beimuiß der Zuckergewinnung offenbarte. Inzwischen Hatje sich auch die Anpflanzung de« Zuckerrohrs von Indien immer mehr westwärts bi« nach Arabien verbreitet, und von hier aus machte er, wie der Kaffee, die Wanderung durch alle südliche Zonen der Welt. Die Genußsucht halte sich seiner bemächtig», und diese ist bekanntlich eine viel umfassen dere Propaganda, als jede politische und religiöse. Von Arabien kam das Zuckerrohr nach Aegypten, von Aegypten nach Sicilien, von Sicilien nach Madeira, von Madeira nach Hispaniola, Brasilien und Barbados, und von hier endlich nach alle» Inseln des Britische» West-Judien- *) <to»rer-atl<>ll 00 »-eure »nck art. HrrauSgegeben von der Redaclion der Alkg. Preuß. Staats-Zeitung. Nedigir! von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.